nale Gewissen angernfen, kann an die besten und edelsten Seiten der Volksseele apelliert werden. Das hat sich bei den letzten ReichS- tagSwahlen in einer Weise gezeigt, die der deutschen Wählerschaft zur Ehre gereicht. (Leb­hafter Beifall rechts, Widerspruch im Zentrum und bei den Sozialdemokraten.) Im Reiche werden die großen Verbrauchsabgaben erhoben, an denen jeder Konsument mehr oder weniger beteiligt ist. In den Einzelstaaten dagegen besteht die direkte Besteuerung. Jedenfalls be­steht in Preußen kein Bedürfnis, einer auf dem Prinzip des Klassenkampfes beruhende^ Partei noch weiteren Spielraum zu gewähren. (Sehr richtig I rechts und Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Das Streben der Sozial­demokratie nach dem Reichstagswahlrecht in Preußen ist ja wohl verständlich. Sie braucht eS zur Erregung von Unzufriedenheit, sie braucht es für den Apell an alle materiellen Instinkte und eine skrupellose Agitation. Ihr ist nur mit dem allerradikalsten Wahlrecht ge­dient. Weniger verständlich ist mir das Ein­treten der bürgerlichen Linken für das Reichs­tagswahlrecht. (Sehr- richtig! rechts.) Sie können doch nicht im Zweifel darüber sein, daß die Einführung des gleichen, geheimen, direkten und allgemeinen Wahlrechts in Preußen nur auf Ihre Kosten erfolgen kann. Darüber muß Sie die Zunahme der Sozialdemokratie in den Großstädten doch bereits genügend aufge­klärt haben. Ein Teil der Linken rechnet so: Gewiß werden wir bei der Einführung des Reichstagswahlrechts in Preußen von der sozial­demokratischen Flutwelle zunächst verschluckt' werden; aber das ist nur ein Uebergangssta- dium und der lieberale Einfluß wird bald wie- der steigen. Die Melodie, die Theorie, kenne ich. Sie ist mir auch anderswo begegnet, auch in Frankreich, wo man sie dieRote Meer- Theorie« genannt hat. Erst kommt der Radi- kalismus und dann kommt das gelobte Land, darinnen Milch und Hoiug fleußt. Ja, so liegts doch vielleicht nicht. Was nicht Moses und Aaron zugehört, das pflegt im Roten Meer zu ersaufen. (Stürmische Heiterkeit). Weiter ist eS merkwürdig, daß in den Reden für die Einführung des ReichstagSwahlrechts in Preußen meist das eine übersehen wird: Jede radikale Richtung des preußischen Wahl­rechts führt mit zwingender Logik zu der Frage, ob denn das Wahlrecht in den Gemeinden noch aufrecht erhalten werden kann. (Sehr richtig!) Die preußische Städteordnnng begeht in diesem Jahr ihre Zentenarfeier Sie hat sich glänzend und voll bewährt unter einem überwiegend liberalen Regime, dar fast in allen große-, Kommunen zur Herrschaft gelangt ist. Dorum kann sich die preußische Regierung nicht leichten Herzens zu einer radikalen Reform des Landtagswahlrechts entschließe», die eine vollkommene Umwälzung auf kommunalem Ge­biete nach sich ziehen könnte. Stellen Sie sich einmal eine Berliner Stadtverordnetenversamm­lung vor, die auf Grund des gleichen, geheimen, direkten und allgemeinen Wahlrechts gewählt ist! (Heiterkeit) Dann werden Sie selbst (nach links) wünschen, daß das Kommunalwahl, recht nicht infolge der Reform des preußischen Wahlrechts ersetzt wird zu Gunsten einer Par­tei, die die unduldsamste aller Parteien, der Todfeind der bürgerlichen Gesellschaft und des nationalen Staates ist. (Lebhafter Beifall rechlS.) Und nun das geheime Wahlrecht! Ich habe noch vor wenigen Jahren dem Reich das geheime Wahlrecht mit starken Kantelen umgeben und bin also gewiß kein grundsätzlicher Gegner des geheimen Wahlrechts. Ich habe freilich erklärt, daß die preußische Staatsregie­rung die Reformbedürstigkeit des preußischen Wahlrechts anerkennt und daß sie eine gründ­liche Verständigung über eine auf richtiger Grundlage beruhende, für Preußen geeignete Wahlreform wünscht und zur Ausführung bringen wird. Aber wir lehnen Forderungen ab, die den prenßischen Staat erschüttern wür­den, den preußischen Staat, der das Volk zur Einheit, zur Macht, zur Größe geführt hat. (Stürmischer Beifall.) Den preußischen Staat, ohne den es ein deutsches Reich nicht geben würde. (Erneuter Beifall.) Der Abg. Bebel hat hier vorgestern geäußert, eS würde kein Un­

glück sein, wenn der preußische Staat verschwinde. DicseAenßeruagstandganzauf derHöhe derBemer» kung, die der Abg. Bebel auf dem internationalen sozialistischen Kongreß in Amsterdam gemacht haben soll, nämlich, daß es kein Unglück sein würde, wenn Deutschland auf dieselbe Weise zur Republik gelange wie Frankreich, nämlich auf dem Wege einer großen auswärtigen Nie­derlage. Solche Aeußerungeu bereiten allen Feinden und allen Neidern des deutschen Vol­kes in der Welt immer die innigste Freude. Dem gegenüber will ich betonen, das Reich kann Preußen nicht missen, aber Preußen kann auch das Reich nicht entbehren. In dieser Einheit liegt die Zukunft der Nation. Diese Einheit, das betone ich nicht nur vor dem Jn- lande, sondern auch vor dem AuSlande, diese Einheit wird weder durch auswärtige Angriffe, noch durch innere Krisen je wieder zerstört wer­den können. (Stürmischer erneuter Beifall).

Für die 1227 Kilometer lange Fahrt von Berlin nach Venedig hatte der Kaiser rund 30 000 Mk. an die Eisenbahnen zu zahle,.'. Der kaiserliche Sonderzug bestand aus elf Wagen, und zwar aus drei Salonwa­gen (zwei für das Kaiserpaar und einer ge­meinsam für den Prinzen August Wilhelm und die Prinzessin Viktoria Luise), aus zwei Spei- sewagen, drei Gefolgwagen, zwei Gepäckwagen und einem sog. Schutzwagen. Die elf Wagen zählten 54 Achsen. Die Länge des Zuges mit Lokomotiven betrug etwa 300 Meter.

New-Aork, 27. März. Aus Mexiko wird gemeldet: In der vergangenen Nacht ist die etwa 15 000 Einwohner zählende Stadt Chipala im Staate Guerrero (Lüd-Mexiko) durch Erdbeben vollständig zerstört worden. Nachdem infolge der Erdstöße die Häuser ein­gestürzt waren entstand in den Trümmern Feuer, und nun steht die ganze Stadt in Flammen. Von der Bevölkerung sucht jeder, der am Leben geblieben ist, in Verzweiflung sein Heil in der Flucht. Bis jetzt ist eS un­möglich, die Zahl der Umgekommeuen auch nur aunähernd zu bestimmen.

Am SM «nd Umgehung.

Wildbad, 31. März: Die außerordent- liehe Generalversammlung der Bergbahn Wildbad A.G. fandamSamstag vorm.tmhies.Rathaussaal statt.DerVorsitzendedesAufsichtSratS Stadtschult- heißB ätzner, begrüßte die Erschienenen und er­stattete Bericht über den Stand des Unterneh­mens. Danach ist die Betriebseröffnung der Bahn, mit der eine Eröffnungsfeier verknüpft werden soll, -auf Mitte Mai in Aussicht zu nehmen. Die gesamten Anlagekosten der Bahn beziffern sich nach den neuesten Aufstellungen auf annähernd 450 000 Mk., wovon 200 000 Mark durch das bereits volleingrzahlte Aktien­kapital, 150 000 Mk. durch ein hypothekarisches Anlehen auf die Bahn samt Zubehörden und dem RestaurationSgebäude auf dem Sommer­berg und weitere 100000 Mk. durch ein Bank­darlehen auf den Neubau am Schulplatz und die zum Verkauf bestimmten Parzellen, sowie gegen eine zweite Hypothek auf die Bahn be- schafft werden. Die Darlehen sind bereits zu­gesagt. Die Vorschläge der Verwaltung über Aufnahme dieser Darlehen werden von der Generalversammlung einstimmig genehmigt. Die Ueberschreitungen der gegenüber dem Pro­spekt angegebenen Baukostensumme werden da­mit begründet, daß durch Einführung des di. rekten elektrischen Antriebs an Stelle der Wafserbelastung ein Mehraufwand von 80 000 Mark, durch Erbauung einer Wirtschaft auf dem Sommerberg 25 000 Mk., durch nicht ver- kaufte entbehrliche Liegenschaften und den Neu« bau des Gebäudes 8 53 70 000 Mk. (letztere sind jederzeit veräußerbar und werden durch die Mietserträgnisse verzinst), ferner durch Ge. ländeschwierigkeiten, Verlängerung der Bahn um 10 m, die Uebersetzungen von Straßen weitere 30 000 Mk. Mehrausgaben entstanden. Der Vorsitzende des Vorstands, Fabrikdirektor Schnitzer,berichtethierauf über die Feststellung der Fahrpreise, Ausführung einer Wasserlei­tung auf den Sommerberz, Vergebung der Re- iklame in den Stationsgebäuden und den Wa« jgen, Fertigstellung einer OrientierungSkarte

s ufw. Seine Anträge, wurden von der Gene' ^ralversammlung ohne wesentliche Aenderungen einstimmig angenommen. Die Fahrpreise wur­den folgendermaßen festgesetzt: Fahrt zum Panoramaweg 35 Pfg., von diesem bis Som. merbergstation 50 Pfg., ganze Fahrt bis zur Sommerbergstation 70 Pfg., Retoursahrt 50 Pfg., ganzes Retourbillct 1 Mk. Abonnements: auf 14 Tage 6 Mk., Zusatzabonnement für ein Familienangehöriges auf 14Tage4Mk, Abon­nement auf 4 Wochen 10 Mk., Zusatzabonnement für eins Familienangehöriges 6 Mk., Generalabon­nement für die ganze Saison 15 Mk., 10 Bil­lette für Hin- und Rückfahrt 9 Mk., lO Billete für Bergfahrt 6, 10 Billette für Talfahrt 4 Mk.

Neue^n bürg. (Bezirksraissitzung am 27. März.) Genehmigt wurden die Wirtschafts- konzessionSgesuche von Hvtelsekretär Heinzer­ling zumgold. Roß« in Wildbad und Bernhard Ackermann zur Sonne in Dobel. Julius Funk, Kaufmann und Konditor in Wildbad erhielt die persönliche Erlaubnis zum Betrieb einer Gartenwirtschaftbeim Kurthea, ter in Wildbad, desgleichen Privatier Treiber daselbstzumBelriebderGartenwirtschaftz.Rosenau in den K. Anlagen. Das Gesuch des Bäckers und Konditors Rom et sch in Wildbad um die Erlaubnis zum WeinauSschank in seinem Neubau Geb. Nr. L 77 der König Karl-Straße wurde mit Beschränkung auf die Zeit vom 1. Mai bis 30. Sept. alljährlich genehmigt. Der Voranschlag sür den Haushalt der AmtSkör. perschafl für das Rechnungsjahr 1908 wurde geprüft und die Unzulänglichkeit auf 82000 Mark festgcstellt welche im Wege einer AmtS- körperschaftSumlage gedeckt werden soll. Die von der W. Kohlhammerschen Buchhandlung als Sonderabdruck aus dem Landjägerverord- nungsblatt herausgegebenev" Mitteilungen für württ. Polizeiorgane« sollen für sämtliche Ge­meinden des Bezirks auf Rechnung der Amts­pflege beschafft werden. (Enzt.)

Neueubürg, 27. März. In den näch­sten Tagen werden aus hiesigem Bahnhof 2 weitere Bahnsteigsperren eingerichtet, welche einesteils zur Bewältigung des starken Ar- beiterverkehrS dienen sollen, andererseits den Unannehmlichkeiten de- seitherigen Andrangs in den Bahnhofräumlichkeiten über die Zeit des Verkehrs der Arbeiterzüge abhelfen werden.

Neuenbürg, 30. März Am gestrigen Sonntag nach Abgang des letzten Zugs nach Pforzheim in Engelsbrand um 8.41 abends wurde von dem Wärter daselbst im Gleis liegend, etwa 50 m unterhalb des Warteraums ein schwer verletzter Mann aufgefunden. Nach, dem ihm der nötigste Verband zur Verhütung einer Verblutung vom Wärter zu teil gewor- den war, wurde der BerunglMkte bei vollem Bewußtsein auf den Bahnhof Neuenbürg auf einer Tragbahre verbracht, wo sich bei Ankunft auch der sofort herdeigerufene Bahnarzt, Hr. Oberamtsarzt Dr. Härlin, bereits eingefunden hatte. Derselbe stellte fest, daß dem Verun­glückten der rechte Fuß oberhalb des Knöchel- ganz abgefahren war; ferner wurde ein dop­pelter Bruch des linken Oberschenkels und eine schwere Verletzung der linken Leistengegend festgestellt. Es handelt sich um den 27jähr. verheirateten Kaufmann Alfred M^yer in Pforzheim. Nachdem dem Schwerverletzten ärztliche Hilfe geleistet worden war, wurde er in dem von Pforzheim herbeigerufenen Kran­kenwagen etwa um r/sl Uhr nachts in das städtische Krankenhaus nach Pforzheim verbracht. Auf dem Transport dahin ist er gestorben. Auch seinem Hund wurde ein Fuß abgefahren, so daß dieser nachträglich erschossen werden mußte. Die Frau des Verunglückten befand sich im gleichen Zuge wie ihr Mann. Inwie­weit ein Verschulden vorliegt, ist noch nicht be­kannt^(Enzt.)

Der geheimnisvolle Mord in/Tole

von Uiscvmhe.

Von Conan Doyle.

Autorisiert. Nachdruck verboten.

(Fortsetzung.)

Ich kann mir kaum einen Fall denken,/ bemerkte ich,wo alle Umstände so bestimmt auf den Täter Hinweisen, wie hier.«