gelang e« die Turnhalle des dortigen Schul- lehrer-SeminarS verfügbar zu machen, in wel­cher sich ca. 300 Hunde geschützt unterbringen lassen, für deren Beurteilung kompetente Richter in Aussicht genommen find.

Schön mald, 20. März. Das Gasthaus zurSonne," Besitzer Johann Strauß, ist ror- letzte Nacht vollständig abgebrannt. Die Be­wohner konnten nur mit Mühe das nackte Leben retten. Man vermutet, daß das Heuer infolge eines Kamindefekter entstanden ist. Der Gcsamtschaden beziffert sich auf etwa 25 000 Mk.

Kommerzienrat Ludovici in München, an dem der große Erpressungsversuch gemacht wurde, hat dir Prämie auf die Ergreifung der Erpresser von 2000 Mk. auf 5000 Mk. er­höht, da täglich neue ErpieffungSbriefe mit Drohungen bei ihm emiaufen. Die Kriminal­polizei ist der Ansicht, baß München zur Zeit von einer auswärtigen Erpresserbande heimgc- sucht wird. Täglich erhalten reiche Leute solche Erpressungsbriefe.

Die dem Professor S chnitzer gestellte Frist für Widerruf seiner Lehre ist, einer Meldung aus München zufolge, abgelaufen. Schnitzer erklärte, ohne seinem Gewissen Zwang anzutun, nicht widerrufen zu können. Er glaube da- reine Wort gelehrt und geschrieben zu haben. Zweifellos wird nun über ihn der große Kirchenbann verhängt werden.

Mannheim, 20. März. Wegen Beleidig­ung einer Telephonistin zu 15 Mk. Geldstrafe verurteilt wurde ein hiesiger Metzgermeiste». Er hatte die daS Telephon bedienende Dame, da ihm die Verbindung nicht schnell genug er­folgte, eine ,alte Kuh" genannt. Als die Telephonistin erwiderte, sie werde sich wegen der Beleidigung beschweren, antwortete ihr liebenswürdiger Partner:Da haben Sie ganz recht; ich kann eS Ihnen noch einmal sagen, wenn Sie es hören wollen, daß Sie ein altes Rindvieh sind." Diese Bezeichnung war in jeder Hinsicht unangebracht, denn die betreffende Telephonistin ist, wie derMannh. General- anz." bemerkt, gar nicht alt, sondern jung uvd hübsch, wie sich das Schöffengericht überzeugen konnte, daS die Beleidigung zu sühnen hatte. Der Metzgermeistcr leugnete, der Missetäter gewesen zu sein, ein anderer müsse seinen Namen mißbraucht haben; es half ihm jedoch nichts; er mußte berappen, und das von Rechts wegen.

Berlin, 24. März. Die Versammlung der RrichstagSjournalisten nahm folgende Ichlußresolution an:Die Journalisten der Reichstagstribüne nehmen Kenntnis von der unter dem Druck der Fraktionen des Reichsta­ges abgegebenen Entschuldigung des Abg. Gröber. Sie erkennen an, daß dornst das Hau» sich bemüht hat, die Verfehlung eines Mitglied» den Journalisten gegenüber zu süh- nen, und nehmen mit Rücksicht auf die Interes­siert de« Landes und des Parlaments von Dounerstag an die Arbeit wieder auf."

Die Erklärung des Abg. Gröber, die dieser am Schluß der heutigen Plenarsitzung abgab, hatte folgenden Wortlaut:In der Sitzung des Reichstag» vom 18. Mörz hat der Abg. Erzberger in einer Rede über dir Kolo- nialpolitik gesagt:Der Eingeborene ist auch ein Mensch, auSgestattet mit einer unsterblichen Seel« und zu derselben ewigen Bestimmung berufen, wie wir." Nach Anhörung dieser Worte, wie ich ausdrücklich hervorhebe, -ver­zeichnet derunkorrigierte amtlichestenographische Bericht:Unruhe und Zurufe von der Jour- nalistentnbüne; lebhafte Entrüstung aus der Mitte; Glocke des Präsidenten." An den leb­haften EntrüstungSrufen aus der Mitte war auch ich beteiligt. Das Gelächter von der Journalistentribüne war so auffallend, daß ich mit anderen Kollegen den Eindruck gewonnen habe, es handle sich um eine Verhöhnung des Inhalts der Ausführung des Redners. Ich möchte hinzufügen, daß ich wenige Tage vorher nämlich in der Abendsitzung vom 16. März, durch einen Zuruf von der Journalistentribüne gestört worden bin, einen Zuruf, der dann vomPrä- fidenten gerügt worden ist. Der stenographische Be­richt über die Sitzung vom 19. März bestätigt, daß solche Störungen von der Journalistentribüne auch sonst wiederholt erfolgt sind. Wenn ich in Erinnerung an diese Vorgänge der letzten Zeit und angesichts des Ernste» der von dem

Redner behandelten Frage meiner Entrüstung über das Gelächter einen unparlamentarischen Ausdruck gegeben habe, io bitte ich um Ent­schuldigung."

Berlin, 24. März. Die Beratung des Etats des Reichskanzlers und der Reichskanzlei wird fortgesetzt. Reichskanzler Fürst Bülow weist zunächst auf die Union interparlamentaire hin, die sich im Oktober in Berlin vereinigen soll. Er sei gern bereit, bei dem Empfang der Herren, die die Eintracht unter den Völ­kern zu fördern suchen, in Berlin mitzuwirken. Uebergehend auf Marokko sagt der Reichskanz­ler, von den heutigen und gestrigen Rednern sei die sehr unbefriedigende Lage in Marokko berührt worden. Er freue sich, daß dies in ernster, ruhiger Sachlichkeit geschehen sei, wenn auch mehr oder weniger Zweifel darüber ge­äußert wurden, ob daS französische Vorgehen vereinbar sei mit dem Geist der Älgecirasakle. Es sei richtig, daß wir darauf zu achten haben, daß dir wirtichastliche Gleichberechtigung nicht verletzt und unsere wirtschaftlichen Interessen m Marokko nicht mißachtet werden. Anderer­seits lasse sich nicht verkennen, daß die Aus­führung wichtiger Bestimmungen der Akte durch die Unruhen in Marokko, namentlich durch die dortigen Thronstreitigkeiten, gehemmt sei. Die französische Regierung könne uns nicht vorwerfen, daß wir in Verkennung dieser Umstände di« AlgeciraSakte in kleinlicher oder engherziger Weise ausgclegt haben. Wir werden das auch künftig nicht tun, erwarten aber, daß Frankreich in gleicher Weise die Akte friedlicher und freundlicher Weise aner­kennt und beachtet.Auf die marokkanische Polilik Deutschlands und unser Verhältnis zu Frankreich brauche ich heute nicht näher einzugehen, nachdem ich mich hierüber eingehend ausgesprochen habe." Der Redner wendet sich dann zu Mazedonien. Man habe die Lage in Mazedonien mit einem Feuerherd verglichen, den außer dem Landl Shcrrn sechs Großmächte zu löschen sich bemühten, vergeblich und ohne Erfolg, weil von außen immer neue Scheite in» Feuer geworfen wurden. Der Grund des UebeiS liege nicht ausschließlich und nicht ein­mal verwiegend in dem Gegensatz zwischen Christen und Muhamevanern, sondern noch mehr in den erbitterten Kämpfen der verschie­denen christlichen Nationalitäten, von denen sich jede die Oberhoheit in Mazedonien und für den Fall der Beseitigung der Suprematie der Pforte einen möglichst gr»ßen Anteil an dem Gebiet zu sichern suche. Gegenüber diesen trüben, tatsächlichen Zuständen bilde daS Haupt­ziel der Erhaltung des status quo einea eini­genden Punkt, von dem aus die Mächte die Lage der Dinge zu verbessern suchen. An der Aufrechterhaltung des status quo sei Deutsch­land nicht am nächsten, aber mindestens ebenso ehrlich interessiert wie irgend eine andere Großmacht. Eine internationale Grundlage bildet der Berliner Vertrag. Wir haben das österreich-ungarische Projekt der Verlängerung der bosnischen Bahn bis Mitrowicza mit Sym­pathie begrüßt, denn unser Bundesgenosse macht lediglich von dem Recht Gebrauch, daS ihm in völkerechtlichem Vertrag verliehen wurde. Gegenüber den vonverschiedenenSeiten erwähntep falschen Gerüchten wolle er ausdrücklich feststellen, daß wir in dieser Frage.Oesterreich-Ungarn unfern Rat und unsere Unterstützung weder aufgedrängt noch von Ocstereich-Ungarn darum angegangen worden seien. Aus dem Grundsatz der Erhal­tung des statuts quo ergebe sich, daß unsere Anstrengungen gerichtet seien einerseits auf die Erhaltung der Einigkeit unter den Mächten, andererseits auf die Zustimmung der Pforte zu den Forderungen der Machte. Man könne von uns keinen Enthusiasmus von Vorschlägen erwarten, die wir nicht für wirksam, oder die wir gar für gefährlich halten. Zu den letzteren rechnen wir die Neuerungen, welche die Landes­hoheit des Sultans gefährden und dadurch die türkische und muhamedanische Bevölkerung zu äußerstem Widerstand reizen würden. Aber noch viel unertäglicher erscheine ihm der Gedanke, daß wegen der von Heft gem Hader durchwüte­ten VilajetS die Mächte untereinander verun­einigt und ein heftiger Krieg entzündet werden könne. Er glaube, daß diese Anschauung bei allen Mächten prävaliere. Deshalb stehe zu

hoffen, daß das europäische Konzert aufrecht erhalten bleibe.

Ueber einen erfreulichen Erfolg der deutschen Industrie in Abessinien erfährt die Franks. Ztg. au» Breslau: Der reichsdcutsche Privatmann Arnold Holtz erhielt vom NeguS Mellelik die Konzession, in ganz Abessinien Automobillinien für den Lasten- und Personen­verkehr einzurichten, die dazu nötigen Straßen und Brücken herzustelle», Wege- und Brücken­zölle zu erheben und Handelsniederlassungen einzurichten. Ferner erhielt Holtz »as Mono­pol für drahtlose Telegraphie, sowie di« Gin- richtung ein«» Postvcrkehrs zwischen Diredaua und ÄdoiS-Abeba. Um diese Konzessionen hat­ten sich England nnd Frankreich vergeblich be­müht.

Berlin, 21. März. Aus St. Petersburg meldet das Berliner Tageblatt: Gestern wurde der begnadigte General Stöffel zur Verbüßung seiner 10jährigen Hast dnrch den Platzkoniman- danten nach der Peter-Pauls-Festung verbracht, Es zeigte sich, daß keine Zelle für Stöffel frei war. Nach stundenlangem Warten wurde Stöffel in einer 8 Quadratmeter messenden Zelle neben dem Admiral Nebagatoff unterge- bracht. Stöffel hofft zuversichtlich darauf, daß sein Gesuch um volle Begnadigung bewilligt werden wird.

Die Münznovelle wird in dieser Woche den BundeSrat beschäftigen und demnächst dem Reichstag vsrgelegt werden. Der Gesetzentwurf bezweckt: 1. Die Schaffung eines 25-Pfen- nigstückS in Gestalt einer nicht duichloch ten dünnen Platte ans reinem N ckel mit einem Durchmesser von etwa 23 Millimeter. Die Größe der neuen Münze steht also zwischen dem 20- und dem 1-Markstück. 2. Die Erhöh­ung der Silberausprägungsquote von 15 auf 20 Mark für de» Kopf der Bevölkerung. 3. Eine Reihe münzpolizeilicher Vorschriften. Von der Regierung abgelehnt und nicht i» den Ent­wurf ausgenommen ist dagegen^die Wiederein­führung de» Talers oder die Ausprägung eines Dreimarkstückes.

Dresden, 23. März. Ein ergreifendes Familiendrama hat sich in einem vielbesuchten Hotel der inneren Neustadt ereignet. Der Rats- sekretär Lehmann beim Rate zu Bischofswerda traf am Samstag nachmittag mit feiner Ehe­frau und zwei im Alter von 8 und 7 Jahren stehenden Kindern, einem Knaben und einem Mädchen, in Dresden-Neustadt ein. Die Familie nahm sogleich Wohnung in einem Ho­tel und zwar seltsamerweise im selben, in dem der Ratssekretär ,m>t seiner Frau vor einem Jahrzehnt seine Hochzeit gefeiert hatte. Die Familie nahm im gemeinsamen Zimmer die Abendmahlzeit ein, die letzte, denn der Sekre­tär hatte das Abendessen vergiftet. Die ganze Familie ging sofort nach Einnahme der ver­gifteten Speisen zur Ruhe. Als am Sonntag Morgen auf mehrmaliges Klopfen sich niemand zeigte, schöpfte das Hotelpersonal Verdacht. Man öffnete die Türe und fand die ganze Familie tot in den Betten, Nach hinterlaffenen Briefen sind die Eheleute unter gegenseitigem Einverständnis in den Tod gegangen. Als Beweggrund gibt der Ehemann Schwermut an, in die er durch Ueberarbeitung verfallen sei. Seine Vorgesetzte Behörde schildert ihn als einen pflichtgetreuen, zuverlässigen Beamten

Ein Liffaboner Blatt versichert, die eng­lische Regierung habe dem portugiesischen Ka­binett mit der Abberufung des englischen Bot­schafters von Lissabon gedroht, wenn die Regierung nicht energisch gegen die in den Königtmord von 1. Febrnar verwickelten Of­fiziere vorgehe. Es sei jetzt offenes Geheimnis und de» Behörden längst bekannt, daß an der Verschwörung die zur Ermordung des Königs und de» Kronprinzen führte, zahlreiche höher« Offiziere beteiligt waren, gegen die die Regie­rung nicht vorzuqehen wagt. England dringe aber darauf, daß Portugal sich nicht in eine Reihe mit Serbien stelle, und fordere, daß al- len Verschwörern der Prozeß gemacht werde.

Lokales.

Wildbad, 26. März. Herr Georg Rath hier kaufte von Frau Hanselmann We. deren Anwesen in der Olgastraße samt Inventar um die Summe von 165 000 Mark.