Wader Mimik

Amtsblatt

für öie Stadt Wiköbaö.

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Anzeiger

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Nr. 36.

Donnerstag, den 26. März 1908,

44. Jahrgang

Wrinöschcrrr.

Stuttgart, 24. März. Die vor eini­gen Wochen hier verstorbene Frau Pfarrer Kapff Witwe hat dem Württ. Tierschutzverein ein Legat von 30 000 Mk. hinterlassen, welche zum Ankauf alter, kranker Pferde, sowie zu Prämien für Landjäger, Schutzleute und Pfe» deknechte bestimmt ist. Auch anderen Tie» schutzvereinen hat die Verstorben« verschiedene Vermächtnisse im Gesamtbetrag von etwa 25000 Mk. hinteclassen; außerdem hat sie auch noch eine Anzahl von WohltätigkeitSan- stalten mit Legaten bedacht.

Stuttgart. Die Zahl der Automobile in Deutschland hat im vergangenen Jahre um 9000 Stück zugenommen. Ihre Zahl beträgt 36 000. Die Zahl der Motorräder ist um 3800 auf 19570 gestiegen. Unfälle ereigneten sich 4864. In 1214 Fällen trat gerichtliche« Strafverfahren et».

Neuenbürg, 24. März. Die Trauer» kund» von dem am Sonntag abend in Stutt­gart erfolgten Ableben eines unserer besten Männer, de« in weiten Kreisen beliebten und hochgeachteten Kommerzienrats Ferd. Schmidt rief hier und in der Umgebung lebhafte Teil­nahme hervor. Mit ihm ist ein Mann aus dem Leben geschieden, der im Geschäftsleben sowohl als auch auf den verschiedensten Ge­bieten de« öffentlichen Lebens hervorragend tätig war und an dem die Stadtgemeinde Neuenbürg, ganz besonders die Firma Hau­eisen und Sohn und deren Angestellte und Arbeiter viel verloren haben. Nach seinem Abgang vom Polytechnikum widmete sich Schmidt seiner praktischen Ausbildung im In- und Ausland mit der ihm eigenen Gewissenhaftig­keit und Umsicht; 1865 trat er bei seiner Ver­heiratung als Teilhaber in die Firma Hau­eisen und Sohn ein. An der Spitze des großen und verzweigten Unternehmen» der hiesigen Sensenfabriken war er lange Jahre unermüdlich tätig und hat an dessen Ent­wicklung hervorragende» Anteil. Bei der Hundertjahrfeier der Sensensabriken im Jahr 1903, bei welchem Anlaß er sich Von der GeschästSleitung zurückzog, trat seine markante Persönlichkeit mit dem hochherzigen, edlen und schlichten Charakter besonders hervor. Die Grundsätze seiner strengen Ehrenhaftigkeit und Rechtlichkeit, gepaart mit Milde und wahrer Herzentgüte, haben ihn bei seinen Angestellten und Arbeitern und allen, die mit ihm in Berührung kamen, außerordentlich beliebt ge­macht. Seine hervorragenden Eigenschaften stellte er auch in den Dienst de« öffentlichen Lebens. Der Handelskammer Calw gehörte er 30 Jahre ununterbrochen als Mitglied an und lange Zen war er Mitglied des Gesamt» krllegiums der Zentralstelle iür Gewerbe und Handel. ^Ferner bekleidete er viele Ehren«! stellen; so wurde er berufen in den Vorstand der Sektion III der Eisen- und Stahlberufs, genoffcnschaft und in den Vorstand der Ge­nossenschaft selbst, in den Ausschuß der Der» ficherungsanstalt Württemberg der Württ. Privatfeüerverficherung und der Lebensversicher­ung«- und ErsparniSbank u. a. Mit ganz

besonderer Hingabe verfolgte der Verstorbene die wirtschaftliche Möglichkeit des Ausbaus der schon frühzeitig vorhandenen Wohlfahrtsein­richtungen der Sensenfabrik. Diese ist anderen vorangegangen und umfaßte schon vor Jahr­zehnten alle jene Zweige der Arbeiterfürsorge, welche durch die Reichsgesetzgebung in jüngerer Zeit ringeführt worden find bezw. noch ange» strebt werden. Hecvorgehoben zu werden verdient die große Opferwilligkeit de« Verlekiten, die er bei derErrichtung deSBezirkskraiikenhanse«, derTurn- Halle nnd bei manchen anderen wohltätigen Veranstaltungen betätigte. Daß der Geber hiebei nicht besonders erwähnt sein wollte, ent­sprach so ganz seinem Wesen. Anläßlich der 100-Jahrfeier der Sensenfabrik wurden von dem Entschlafenen und seiner Familie erhebliche Summen der Bruderbüchse der Sensenfabrik­arbeiter zugewendet. Ein lebhafte« Interesse hatte der Verstorbene jederzeit für die deutsche Partei, ohne jedoch jemals eine Kandidatur die für ihn aussichtsreich gewesen wäre, an­nehmen zu wollen. Die Stadtgemeinde Neuen, bürg hat die Verdienste des Verstorbenen bei der Hundertjahrfeier durch Verleihung des Ehrenbürgerrechts geehrt. (Schw. M.)

Vaihingen a. E., 24. März. In der sog. Seemühl» in Roßwag ist heute früh 1 Uhr Feuer ousgebrochen. Dasselbe konnte bis mit­tag noch nicht gelöscht werden, so daß wohl das ganze Anwesen dem verheerenden Element zum Opfer fallen wird. Der Schaden soll sich auf etwa 90000 Mk. belaufen.

Heilbronn, 19. März. Vor dem hiesigen Schöffengericht fand gestern ein intereffanter Brleidigungsprozeß statt. Kläger war Haupt­mann Wiest im 4. württ. Infanterieregiment Nr. 122; als Angeklagter hatte sich der Reisen» de Eugen Mäule in Heilbronn zu verantworten. Die Beleidigungsklage stützte sich auf einen Artikel, den der Beklagte mit Namensunter­schrift imBeobachter" veröffentlicht hatte und worin gegen Hauptmann Wiest der Vorwurf erhoben worden war, daß er die Landwehr­leute der 4 Landwehrkompagnie in Münfingrn im September 1907 unwürdig behandelt habe. Dieser Vorwurf war durch eine Reihe von Beispielen begründet. In seiner Rede beim Dienstantritt der Landwehrleute habe Haupt­mann Wiest ausgesührt, sie (die Landwehrleute.) seien jetzt Soldaten und hätten ihre Pflicht zu tun. Es sei ihm egal, wenn auch Artikel im »Beobachter" oder in derTagwacht" kämen, die Gesellschaft, die solche Sachen in die Blätter bringe, kenne man schon. Ein weiterer Vor­wurf, der gegen Hauptmann Wiest erhoben worden war, betraf die übermäßige Anspannung der Kompagnie, die nach siebenstündigem Vor- mitta,-dienst und nach kurzer Mittagspause zu eineinhalbstündiger Gewehrinstruktion be­fohlen worden sei, und diese Instruktion sei stehend aus der Sonnenseite abgehalten worden, so daß einige Leute ohnmächtig wurden. Lei der heutigen Vcrhandlnng meinte der Anklage­vertreter, Staatsanwalt v. Moser, der Ange­klagte sei offenbar Antimilikarist. DerBe­obachter" sei ein Organ, das solche Beschwerden, deren Grundlosigkeit die heutige Verhandlung

ergeben habe, wahllos aufnehme. Er beantrage eine Gefängnisstrafe. Bemerkens­wert ist übrigens eine Aeußerung des Staats­anwalts bezüglich einer Zeugenaussage de« Lehrers Löffelhardt von Waldenbuch, OA. Oeh- ringen, der als Unteroffizier in der 4 . Land­wehrkompagnie stand. Ihm gegenüber hat Haupimann Wiest einmal den Ausdruck ge­braucht,Sie Simpel." Dazu bemerkte Staats, anwalt v. Moser: Es frage sich, ob der Zeuge Löffelhardt eine solche Rüge nicht verdient habe. Das Urteil lautete auf 50 Mk. Geldstrafe eventl. 10 Tage Gefängnis; auch wurde dem Kläger die Publikotionsbesugni« imBeobach­ter" zugesprochtn. Die Beleidigung wurde darin erblickt, daß der Angeklagte in seinem Artikel im allgemeinen behauptete, der Neben­kläger habe die Mannschaften unwürdig und inhuman behandelt nud sei zur Führung einer Landwehrkompagnie ungeeignet. Hinsichtlich der AusdrückeKerle" undGesellschaft", die der Hauptmann gebraucht habe, sei der Lahr» heitSdeweiS gelungen. Der Schutz des Para» graph 193 ist dem Angeklagten nicht zugebilligt worden, weil er nicht berechtigte Interessen habe wahrnehmen, sondern eine vermeintliche Unbill an seinem Vorgesetzten habe rächen wollen.

Biber«ch. Die Meinung, daß im Unter­grund der menschlichen Seele eine Ahnung kom­mender Dinge schlummere, wird anscheinend durch nachstehenden, wahren Vorfall bestätigt. Die jugendliche Frau des Bierbrauereibefitzer« Hardtmannzum Biber" hier sollte sich vor kurzem einem operativen Eingriff unterziehen, zu welchem Zweck deren Betäubung nötig war. Vor völligem Eintritt der Narkose, im Halb­schlummer, sprach die Frau ohne Unterlaß, im Wahn, ihr kleines Kind vor sich zu haben, die Worte:Nicht wahr, wir geben unseren Papa nicht her, er darf nicht sterben!" Der junge Gatte stand, während seine kranke Frau so sprach, in voller Gesundheit an deren Kranken­lager vier Tage nachher wurde er begra­ben. Am Tage nach dem Vorfall überfiel ihn »ine schwere Krankheit, deren Opfer er nach kurzer Frist geworden ist. So hat sich die anscheinend in somnambulem Zustande geäußerte Ahnung der nun wieder m der Genesung be­findlichen Frau in grausamer Weise bewahr, heilet.

Vom Bodensee 14. März. Zum ersten­mal wird Heuer eine Sportwoche auf dem Bo­densee veranstaltet. Die Initiative hat der deutsche Motor-Aacht-Klub ergriffen. Neben zahlreichen Preisen von seilen der Fremdenin­dustrie stehen den Veranstaltern 2 Wanderpreise im Betrag von 10000 Mk. zur Verfügung.

Nagold, 24. März. Ein Gewinn von 2000 Mk. aus der Rote-Kreuz-Lolterie wurde von der hier wohnenden Gewinnerin dem katholischen Stadtpfarramte zu kirchlichen Zwecken überlassen.

Der Verein Pforzht imer Hunde- sporl veranstaltet am 20. April (Ostermon­tag) in Nagold eine Wanderausstellung von Hunden aller Rassen verbunden mit einer Rattensängerprüsung. Als AuSsteüungslokal