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wird dem „Schwarzw. B." geschrieben:
Wildbad, 5. Febr. Ein an die Adresse des Hofrats Dr. Distler gerichteter Artikel im „Neuen Tagblatt" über daS Stuttgarter Wasserversorgungsprojekt sucht verschiedene Punkte unserer Ausführungen über das Projekt in Nr. 26 ds. Bl. zu entkräften. Hofrat Dr. Distler hat sich bekanntlich im „Schwäbischen Merkur" für Herstellung einer Wasserversorgung Stuttgarts aus dew Bodensee ausgesprochen und dabei die vollständig berechtigte Beiürchtung geltend gemacht, daß das Enztalprojekt für Stuttgart wieder keine genügende Wasserversorgung bringe. Hierauf erwidert der Stuttgarter Artikel:
„War nun das für die Undurchführbaikeit der Eaztalanlage ganz besonders angeführte Moment der Unzulänglichkeit der Wassermenge anbelangt, so ist dazu folgendes zu sagen: Die Enztalwasserversorgung soll auf einen Verbrauch von durchschnittlich 300 Sekundenliter angelegt werden. Die Leistungsfähigkeit soll auf 500 Sekundenliter gesteigert werden können, wenn im Hochsommer große Hitze einen vermehrten Wasserverbrauch zur Folge hat. Im Winter aber wird der Verbrauch auf etwa 150 Sekundenliter zurückgehen. Durchschnittlich wird also die Menge von ZOO Sekundenliter nicht überschritten werden. Bei Zugrundelegung dieser Wassermenge wird dem Enztal noch lange nicht alles Wasser entzogen werden. Im Gegen- teil, eS soll dabei sogar die für die jetzt vorhandenen Triebwerke nötige Wasserkraft erhalten bleiben."
Auf jeden ruhigen Beurteiler muß es einen kuriosen Eindiuck machen, wie hier um die Ziffern des mutmaßlichen Wasserbedarfs Stuttgarts (150—500 Sekundenliter) ein Eiertanz aufgeführt wird. Es beweist dies, daß man in Stuttgart selbst von der Leistungsfähigkeit der geplanten Anlage im Enztal nicht voll überzeugt ist, daß man dort selbst die Befürcht ng hegt, zeitweise nur ca. 150 Sekun- denliter dem Enztale entziehen zu können.
Und in der Tat verhält es sich so! Kommt das Enztalprojekt je zustande, so muß seitens der Regierung für die Badestadt Wildbad und die Enztalwasserwerke ein „Existenzminimum" an Wasserzufluß anbedungen rcsp. garantiert werden. Dieses Existenzminimum wird solange durch die Talsperre aufgebracht, als sie hiezu imstande ist. ^Nachher geht es aus Kosten des nach Stuttgart abfließendkn Wasserquantums. Und da haben wir in unserem Artikel in Nr. 26 ds. Bl. klar und deutlich bewiesen, daß Stuttgart bei den heurigen Witterungsverhält- nissen seit Oktober 1907 ohne Wasser wäre. Zahlen beweisen! Die Stadt Stuttgart möge doch einmal mit den Resultaten ihrer Wasser- standsanfnahmen, die sie seit 1906 am Ort der geplanten Talsperre mittels einer selbstreg,st- rierende» Pegelvorrichtung macht, an die Oeffent- lichkeit treten!
Jede Stadtverwaltung kann ein Lied darüber fingen, daß der in den Entwürfen der Techniker herausgerechnete Wasserbedarf der Ge- mernden sich stets als unzulänglich erwiesen hat. Stuttgart wird es nicht anders gehen. 300 Sekundenliter kann für Stuttgart niemals zureichen! Wenn ein zur Großstadt sich entwickelnde- Gemeinwesen, wie Stuttgart, 12 Millionen für seine Wasserversorgung aufwendet, muß es hinsichtlich seines Wasserverbrauchs aus dem Vollen schöpfen können und muß für ein paar Hundert Sekundenliter Mehrverbrauch von vornherein nach jeder Hinsicht vorgesorgt sein. Das kann aber mit dem Enztalprojekt niemals erreicht werden.
Den höchsten Wasserverbrauch mit 500 Se- kundenliler sieht der Stuttgarter Artikclschreiber für den Hochsommer vor, wenn große Hitze einen vermehrten Wasserverbrauch zur Folge hat. Erfahrungsgemäß haben aber die Enz und die .Enztalquellen gerade im Hochsommer ihren geringsten Wassersland und es ist nicht daran zu denken, daß zu dieser Zeit Stuttgart dem Enztal bis zu 500 Sekundenliter entziehen kann. Außer acht gelassen ist hiebei auch di» hervorstechendste Eigenschaft sämtlicher Enztal-
quellen, schon wenige Tage nach eingetretener Trockenheit in ihrer Ergiebigkeit rapid nachzulassen, was wohl seinen Grund in der großen Durchlässigkeit des das Enztal umgebenden BuntsandsteingebirgeS hat.
Schließlich möchten wir noch auf folgendes aufmerksam machen: Nach Mitteilungen von kompetenter Seite hat Stuttgart im Falle der Erbauung der Talsperre sich für allen Schaden haftbar zu machen, der aus der Anlage für die Thermalquellen Wildbads erwachsen könnte. Die Thermen Wildbads entspringen dem Urgestein, einem stark zerklüfteten Granit, der die Sohle des Enztales bildet und sich vom Ursprung der Thermen bis zu der ca. 3 Kilometer entfernten künftigen Talsperre bei der Guldenbrücke erstreckt. Der Zusammenhang dieses Granitgeschiebes an beiden Stellen kann also nicht bezweifelt werden und es gehört nicht zu den Unmöglichkeiten, daß infolge des von dem 5fls Millionen ebm fassenden Staubecken ausgeübtei, Druckes vermittels der Gra- nitspalken Wasserdurchbrüche in das Wildbader Ouellengebiet erfolgen könnten, die eine Ver- säusung der Thermen oder ihr völliges Ausbleiben zur Folge hätten. Ein ziffermätzig gar nicht zu bemessender Schaden würd'e hiedurch entstehen, dessen Vergütung die Stadt Stuttgart dem Ruine nahe bringen müßte.
Und wie steht es mit der Haftbarkeit Stuttgarts im Falle eines Bruches der Staumauer? Nach dem Wassergesetz wäre Stuttgart auch hier schadeneriatzpflichtig! Zerstörungen von Talsperren sind schon häufig vorgekommen, so 1864 des Dammes von Bradfield, wo 238 Menschenleben und 800 Häuser zum Opfer fielen, 1890 des Wallnutgrove Dammes in Arizona (150 Menschenleben,) 1889 des Sam- melweihers von Johnstown (4000 Menschenleben und unberechenbarer Schaden an Eigentum,) 1887 der Staumauer der Hebra-Sperrr in Algier (400 Menschenleben,) 1885 der Staumauer bei Grand Cheursas. 1895 Sperrmauer von Bonzei in Frankreich (90 Menschenleben) u. a.
Da mit der Möglichkeit solcher Zerstörungen — auch infolge von Erdbeben — also zu rechnen ist, hat es bisher vernünftigerweise als Grundsatz gegolten, Talsperren in solchen Tälern nicht zu bauen, welche zahlreiche menschliche Ansiedlungen, teure industrielle Anlagen, wertvolle Kulturen und dergleichen aufweisen.
Ein Durchbruch der geplanten Enztalsperre hätte ein unermeßliches Verhängnis, Vernichtung von Tausenden von Mentchenleben und Zerstörung von Hab und Gut bis ins badische Land Hienein zur Folge. Auf Hunderte von Millionen würde sich die Schadenersatzpflicht berechnen,- der Ruin Stuttgarts wäre besiegelt! Wie stellt sich die Einwohnerschaft Stutlgaris zu dieser Seite des Enztalprojekrs? Ist sie geneigt, diese ungeheure Verantwortung zu tragen, die für alle Zukunft wie ein Damoklesschwert über ihr schweben würde?
LokcrLes.
Wildbad, 8 Febr. In der letzten Kur- verernssitzung wnrde hauptsächlich Stellung genommen zu der projektierten Talsperre im oberen Enztal. Dabei wurde auch die Frage' gestreift, ob nicht diese Anlage eine Schnake» plage für Wildbad im Gefolge haben könnte. Die Larven der Schnaken leben bekanntlich im Wasser, in welches das geflügelte Insekt seine Eier abgelegt hat. Es ist eine feststehende Tatsache, daß diese Larven zu ihrer Entwicklung einen gewissen Wärmegrad des Wassers notwendig haben. Das Wasser der Enz sagt nun bei seiner geringen Temperatur diesen Tierchen nicht zu; höchstens jene Partien am Flußbett, welche bei einem Hochstand des Wassers überflutet werden und die bei zurückgehendem Wassecstand in keiner Verbindung mit dem bewegten Wasser stehe», die sogenannten Altwasser, können zu Brutstätten für die schädlichen Sauger werden, weil sie eine bedeutend höhere Temperatur anuehmen als das fließende Wasser. Deshalb werden manche Gegenden des Rheins und anderer Ströme von oieser Plage besonders getroffen. Auch ziehen diese Tierchen stehendes Wasser dem fließenden
weit vor. Ob nun diese Bedingungen durch den projektierten Stausee geschaffen werden, ist eine Frage, die nicht sicher entschieden werden kann. Gewiß ist nur, daß die Vermehrung dieser Tiere umso eher einlreten wird, je kleiner der Stausee gemacht wird, da die Erhöhung d?r Wassertemperatur wächst im Verhältnis der Oberfläche des Sees zu der in demselben enthaltenen Wassermenge. Das wird allerdings vorauszusehen sein, daß im Sommer solche Wassertümpel am obern, leer werdenden Teil des Sees sich bilden, welche die geeigneten Existenzbedingungen für alle möglichen schädlichen Lebewesen bieten. Durch geeignete Ablöschung der Ränder des Sees könnte freilich dieser Gefahr begegnet werden. Das schwerwiegendste Bedenken vom hygienischen Gesichtspunkt aus ist aber meiner Ansicht nach das Zurücktreten des Sees in der wärmeren Jahreszeit, da ja eben dann der Stausee die fehlenden Wassermengen talabwärts senden soll. Der See soll gefüllt werden hauptsächlich durch die Wasser der Schneeschmelze und Gewitterregen. Die Zuflußmengen dieser Art sind es aber,welche feinsteErdpartikelchen in Masse mit sich führen und in dem Stausee werden dieselben als Schlamm niedergeschlagen. In diesem entwickeln sich Organismen, sowohl pflanzlicher als auch tierischer Natur. Verliert nun im Juni, Juli u>ld August der See viel Wasser, so ist der Schlamm dem Einfluß der Sonnenstrahlen ausgesetzt und eine Zersetzung der pflanzlichen und tierischen Stoffe beginnt, die von einer schlechten Ausdünstung begleitet ist. Aehnliche Beobachtungen können ja in regen- armen Sommern an der Enz gemacht werden, der manchmal an heißen Tagen keine gar angenehmen Dünste entsteigen. Unsere Stadtverwaltung begegnet diesem Uebel, indem sie von Zeit zu Zeit das Enzbett durch rasches Durchfließenlassen der Enz mittelst des am Lautenhof gespannten Wassers reinigt. Dieses Mittel versagt aber in jenem Teil des Stauweihers. Es ist dies einer jener Punkte, welche gegen das Projekt sprechen, und welcher verdient hcrvorgehoben zu werden, da dieser Uebelstand sicher eintreten wird bei der verhältnismäßig geringen Tiefe und der großen Ausdehnung des SeeS.
Wildbad. Auf die in den letzten Togen erschienene Bekanntmachung deS Stadischul^ heißrnamts betreffend die Auflegung der Gebäude-Verzeichnisse zum Zweck der Einsicht, nähme Seitens der Gebäudebesitzer machen wir noch an dieser Stelle aas.nerksam. Infolge Einführung der neuen Steuergesetzgebung werden die Gebäudestcuer-Anschläge des ganzen Landes revidiert. Die bisherige Gebäudestcuer- Einschätzung datiert vom Jahre 1874. Seit dieser Zeit sind die Kapitalwerte der Gebäude bedeutend in die Höhe gegangen, weshalb auch die Steuer Antchläge des größten Teils der Gebäude eine den derzeitigen Wertsverhältnissen entsprechende Steigerung (von einem Drittel und mehr) erfahren haben. Diese neu festgesetzten Steueranschläge bilden vom 1. April 1909 an die Grundlage zur Berechnung der Gebäudesteuer. Es liegt sehr sin Interesse der Gebäudebesitzer, sich über die Steuereinschätzung ihrer Gebäude zu orientieren, da gegenüber den alten Anschlägen Angesichts der großen Werts- Verschiebungen in manche» Fällen wesentliche Differenzen zu Tage treten werden und infolgedessen die Leistung an Gebäudesteuer in Zu- kunft eine entsprechend höhere sein wird.
Unter Hc» ttendes.
Späte Asche.
Autorisiert. Nachdruck verboten.
Von Conan Doyle
(Fortsetzung.)
Der tapfere Mann hätte sich jeder offenen G'sahr kühn entgegengestellt, aber das düstere unheimliche Verhängnis, da» über ihm schwebte, erschütterte seine starke Seele und flößte ihm Grauen ein. Zwar verbarg er seine Furcht vor der Tochter und tat, als lege er der ganzen Sache nicht viel Wert bei, allein, mit dem scharfen Auge der Liebe erkannte Lucy nur zu deutlich die Unruhe in seinem Gemüt.