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leibsentzündnng schwer erkrankt. Er mußte sich in der vergangenen Nacht einer Blinddarm« Operation unterziehen. DaS Befinden des be« kannten Parlamentarier» ist noch nicht gefahrlos.
— Der verhaftete Sohn des ermordeten Försters Schwarzenstein hat unter de, Last der gegen ihn vorliegenden Beweise ein volles Geständnis abgelegt. Er gestand ein, daß er seinen Vater auS Furcht vor Entdeckung von Wechselfälschungen aus dem Hinterhalt erschossen habe.
Berlin, 1. Feb. Die Influenza i„ Ber« lin nimmt von Tag zu Tag eine größere Ausdehnung an. Etwa der vierte Teil sämtlicher Berliner Familien ist in Mitleidenschaft gezogen. Die Berliner Aerzte sind nicht mehr in der Lage, die Behandlung von neuen Patienten zu übernehmen. Die Erkrankungsfälle nehmen jetzt vielfach einen bösartigen Charakter an. Besonder» oft tritt als Nebenerscheinung Lungenentzündung auf, aber auch andere Or» gane, wie Brustfell, Ohren, ja selbst die Augen erkranken unter der Nachwirkung der Influenza.
— Vom 1. Februar ab werden im inneren deutschen Verkehr sogenannte Fensterbriefe b. s. Briefe, bei denen.die Aufschrift nicht aus dem Umschlag, sondern auf der Briefeinlage angebracht ist und durch einen Teil des Umschlags hindurchscheint, versuchsweise zugelassen Voraussetzung ist, daß der durchscheinende Teil dt» Umschlag» keinen störenden Glanz zeigt die Anbringung einer leicht und gut haftenden Schrift gestattet, einen festen Bestandteil des Umschlags bildet, also nicht eingekledt und ferner so angebracht ist, daß die Adresse des Briefe», wie bei den übrigen Briefen, parallel zu den Langseiten des Umschlags verläuft.
— Der von nationaLiberaler Seite im preußischen Abgeordnetenhaus eingebrachte Antrag, nach dem befähigte Bolksschüler, deren Eltern unbemittelt sind, in weiterem Umfange als bisher an den höheren Schulen zu unterrichten sind, kann garnicht warm genug begrüßt werden. In den Tiefen unseres deutschen Volkes schlummert ein geistiges Kapital, das vielfach nur deshalb verkümmert, weil es nicht zu Tage gefördert und zinstragend angelegt wird. Die Wissenschaft soll frei sein; der Fähige muß iu der Lage sein, ihre Gipfel zu erklimmen und neue Bahnen zu eröffnen. Die Mittelmäßigen mögen passieren; aber die Unfähigen für die Wissenschaften, die sollen, und wenn sie aus Geldsäcken sitzen, sich Mit dem begnügen, wozu sie geschaffen sind. Das ist kein Unglück und eine Schande erst recht nicht. Jemand, dem die Wissenschaften nicht in den Kopf wollen, kann für manche Berufe d s praktischen Leben« ganz vortrefflich geeignet sein. Er braucht nicht einmal das Eiujährigen-Zeugiüs erreicht zn haben. Der preußische Handels- min ister hat ganz recht, wenn er es im Abge> ordnrtenhauje als altmodisch bezeichnen, daß ein anderer Soldat dem Einjahrig-Freiwilligen nachstehe.
Karlsbad, 4. Febr. Beim Karlsbader Mühlbrunn wurde in 7 m Tiefe ein sehr starker heiß>r Quellauftrieb erschlossen.
Petersburg, 4. Febr. Iw Stöfsel- proz-ß hielt heute der Prokureur, Generalleutnant Gorsky, seine Anklagerede, in der er ausführte, sämtliche Angeklagte hätten sich als kleinliche, wankelmütige Menschen gezeigt. Das Beweismaterial dokumentiert, oaß Port Arthur genügend Menschen und Geschosse besaß, um die Belagerung noch länger» Zeit auszuhalten. Die Kapitulation erfolgte unter den erniedrigendsten Bedingungen, dies war schon Wochen vorher von den Angeklagten vorbereitet. Die Angeklagten konnten wenigstens alt Helden sterben. Die Uebergabe einer noch haltbaren Festung sei nach dem Gesetz Verrat, worauf Todesstrafe stehe, die der Prokureur für die Angeklagten Stöffel, Fock, Reiß und Smyrnow anerkannte.
— Die einstige Wiener Sängerin Wanda Blaustem, die durch ihre in Wien geschlossene Ehe mit dem Grafen Pius Chamar die Anwartschaft ans dessen Vermögen erhielt, ist jetzt in ihren Hoffnungen bitter getäuscht worden. Bald nach der Trauung starb Chamare und seine Frau erbte das von ihm hinterlaffene, mehrere Millionen betragende Vermögen. Da
mit waren aber die Geschwister des Grafen nicht einverstanden und strengten einen Prozeß um die Erbschaft an. Da mehrere ärztliche Sachverständige erklärten, Gras Chamare habe sich bei der Trauung in einem Zustande geistiger Störung befunden, der die freie Willensbe» stimmung ausschloß, hat das Oberlandesgrricht in BreSlau die Erbschaft den Klägern zugesprochen. Gegen das Urteil legte die Gräfin Chamare Revision ein, die jedoch gestern vom Reichsgericht verworfen wurde.
Im Königsmord in Portugal.
— König Karl von Portugal war ein sehr befähigter Mann. Er beherrschte sieben Sprachen, sprach fünf davon fließend. In seinem Palaste in Lissabon hatte er reichhaltige Sammlungen angelegt, die er Besuchern mit l Stolz zeigte. Besonders erregte eine große Sammlung von verschiedenartigsten Fischen aus allen MeereSgebieten und aus den Tiefen des Ozeans mit ihren oft so wunderlichen Formen daS Interesse. Neben diesem Ozeanographischen Museum barg der königliche Palast einen Schatz in der Bihliolhek, in der König Karl als begeisterter Sammler eine Reihe hervorragender Seltenheiten zu vereinigen gewußt hatte. Bekannt ist, daß sich der König auch als Maler vielfach betätigte. König Karl galt im persönlichen Verkehr als ein außerordentlich liebenswürdiger und jovialer Mann, und von Jugend auf zeigte er auch eine besondere Vorliebe für körperliche Hebungen, die auch in späteren Iah- ren, als der König korpulent geworden war, kaum nachlieh. Er galt stets als ein außerordentlicher Schutze; es gab in Portugal niemand, der es hierin mir dem König hätte aufnehmen können. Als in Portugal die Wogen des po- litiichen Kampfes immer höher schlugen, ist es dem König Karl mehr als einmal nahe gelegt worden, sein Land auf einige Monate zu verlassen. eine Reise nach Brasilien zu unternehmen und sich nicht den Anschlägen eines politischen Fanatikers anszusetz-n. Er hat solche Ratschläge avgelehnt. Er harrte aus als ein mutiger Mann und wußte das königliche Ansehen zu wahren. Und da» imponierte. Er zeigte sich dem Volk nicht nur, wie der Air, begleitet von einer rasselnden Eskorte, nicht nur hinter den schützenden Gittern eines Spaliers von Polizisten. Er ist meist allein uusgcfahren, so oft auch sein Erscheinen mit Pfeifen und Johlen begrüßt wurde. Und als verbreitet wurde, er halte den Kronprinzen in strengster Haft aus einem Landschloffe, schickte er den Tronsolger osten- taiio im offenen Wagen durch Lissabon. Der König hat sich während der ganzen politischen Knüs als ein tapferer uner'chrockener Mann gezeigt, und als solcher ist er auch gefallen.
— Minister Franco sprach bei seinem Amtsantritt die Hoffnung auS, in zwei Jahren soweit Ordnung g schaffen zu haben, daß er Corteswahien ausschreiben nnd wieder mit einem Parlament werde regieren können. Die parla- mentslose Z it für Portugal wäre also iw Mai 1908 zu Ende gewesen, und tatsächlich hatte Franco bereits Neuwahlen ausgeschrieben. König Karl hatte noch einen besonderen Grund, seinem Freunde, Franco, die Treue zu halten. Denn Francos Eingreifen verdankte er auch eine gründliche Ordnung der eigenen Finanzen. Die von der königlichen Zivilliste genommenen großen Vorschüsse konnten zuiückgezahlt werden und die Zivilliste selbst erfuhr eine wesentliche Vermehrung de- Einnahme. Auch das Defizit in der Staatskaffe verminderte sich erheblich, da zahlreiche Schmarotzer kaltgestellt wurden. Als Franco die Regierung übernahm, betrug das Defizit 30 Millionen; im letzten Jahre nur noch 10 Millionen, und für das nächste Jahr rechnete der Finan Minister sogar einen Ueber- schuß heraus. Portugal hatte also alle Ursache, dem König und seinem Minister dankbar zu sein.
— Das schöne, von der Natur reichgesegnete Portugal ist beinahe so groß wie Bayern und Württemberg zusammen und hat 5'/e Millionen Einwohner. Mehr als ^/» derielben können weder lesen noch schreiben. Von 8,6 Millionen Heklar anbaufähigem Boden liegen 3,8 Millionen Hektar völlig brach. Die Hälfte der Landbevölkerung lebt jahraus, jahrein von
ungesundem Maisbrot. Besonders traurig sind die finanziellen Verhältnisse des Landes. Das Gold ist aus dem Verkehr völlig vei schwunden, es kann nur noch durch Bezahlung von Aufgeld erworben werden. Größere Silbermünzen sind selten, Nickelmünzen und namentlich Papiergeld das gewöhnliche Zahlungsmittel. Während die Verzinsung der Staatsschuld jährlich 96 Millionen Mark veifchlingt, werden für Kirche, Schule und Rechtspflege nur 5 Millionen Mark ausgegeben. In den letzten Jahrzehnten nahm die Landflucht furchtbar überhand. Bei der jetzigen Geschäftsstockung gibt es deshalb in der Hauptstadt Lissabon viele Tausende von Arbeitslosen. Alljährlich wandern etwa 25000 der Einwohner nach Brasilien aus um in diesem Tochteriand Portugals eine neue Heimat zu finden. Der Krebsschaden des Landes ist ein Heer von Beamten und Berufspolitikern, welche die Staatskassen in der unverschämtesten Weise plündern. Minister Franco wollte hierin Ordnung schaffen, fand jedoch bei den Parteien keine Unterstützung. Daß ihm der König eine solche gewährte, wurde mit dem Königsmord belohnt.
L i js a b o n, 3. Febr. Wie sich jetzt heraus» stcllt, ist das Gelingen des Attentate» auf den König und den Kronprinzen auf eine Verfehlung de» Oberhosmarschalls zurückzuführen. Kurz bevor nämlich das Königspaar die Fahrt nach Lissabon antrelcn wollte, erhielt der Hos- marschall von dem Chef der Lffsaboner Poli- zei die Mitteilung, daß eine weitverzweigte Verschwörung bestehe, die gegen das Leben des KönigSpaares gerichtet sei und daß die Ausführung eines Attentats bei der Rückkehr des Königspaarcs nach der Hauptstadt geplant sei. Der Oberhofmarschall aber unterließ es, von d>eser Mitteilung die Polizei in Kenntnis zu setzen. Die Polizei hatte keine Maßregeln zum Schutze der königlichen Familie getroffen. So war es möglich, daß eine große Zahl von Ver schwörern in den Straßen dem Köniz auflaucrle und auf ihn in aller Form ein Gcwehrseucr eröffnen konnte. Der Hofmarschall hat gleich nach dem Attentat Selbstmord v.rübt, weil er sich eine Schuld an dem Tode de» Königs und de» Kronprinzen beimaß.
— Man gewinnt aus den einlaufenden Meldungen in Madrid immer mehr den Eindruck, daß die Lissaboner Mörder Helfershelfer unter den Polizisten hatten, sonst hätten sie sich nicht dort aufstellen können, wo sie sich bei Begehung der Tat befanden. Sie waren offenbar von Politikern bezahlt worden, es ist erwiesen, daß zahlreiche Politiker sich tief in Ver- schwörungspläne eingelassen haben, viele portugiesische Familien darunter auch zahlreiche R pub ikaner, sind nach Spanien gcflüchiet.
Liisabon, 4. Febr. Der gestern unter dem . Vorsitz des Königs Manuel II. stattgcfun- dene Staatsrat beschloß die Aufhebung von allen unter der Diktatur FrancoS eilasse- nen Ausnahmegesetze.
Berlin, 5. Febr. lieber Madrid wird aus Lissabon erst jetzt bekannt, daß bei dem Atien- tat am Samstag 4 Soidaten und mehrere Palastbeamte und Privatpersonen verwundet worden sind. Aus Badajoz wird telegraptz ert, daß die Ruhe nur scheinbar sei. Die R vo- lntionäre planen weitere Abschläge, um die Republik ausz. rufen. Außeidem geht immer noch in Madrid das Gerücht, daß der poriu- gieüsche Kriegsminister ermordet worden sei. Nach einer werteren Drahtung aus Madrid stimmen jetzt alle Lesarten darin überein, daß der Königsmord in Lissabon ein poliiifches Verbrechen gewesen ist und zwar die Tat einer weitverzweigten Verschwörung, die zuerst bezweckte, mit Feuerwaffen und Bomben die Munizipalgarde anzugreisen, Franco abzufangen oder zu töten, die Königsfamilie auszu- weisen und die Republik anszurufen. Dieser anfängliche Plan schlug infolge einer Anzeige fehl. Es wurden nach einem blutigen Putsch die Haupträdclssührer gefangen genommen. Eine verzweifelte Schaar von etwa 15 Mann beschloß alsdann, ihr Leben einzusetzen, um eine» großen Coup zu wagen und die Kön-gS- familie mit Ausnahme der Königin niederzuschießen. Wie verlautet, ist König Manuels Verwundung schwerer, als anfangs gemeldet wurde.