Ulm. 22. Jan. Ueber württembergische Grotzschiffahnspläne sprach heule abend in einer vom hiesigen Handelsverein und der «Sektion Ulm, Neu-Ulm des Vereins für Hebung der Fluß- und Kanalsch'ffahrt veranlaßten Ver­sammlung Bauinspektor Eberhardt»Stuttgart, der mit der Ausarbeitung der Pläne für die württembergischen Kanäle betraut worden ist Es ist das erstemal, daß diese Pläne einer größeren Versammlung vorgelegt werden. Be­kannt ist das Projekt des Neckar-Donaukanal-, der von Neckarrems über Waiblingen, Schorn­dorf, Gmünd, Aalen, Heivenheim. Herbrechtingen Giengen bis Laningen führt, wo er in den Donaukanal mündet. Der Kanal benutzt die Rems, den oberen Kocher und die Brenz. Er ist 18 Meter breit an der Sohle. 30 Meter breit am Scheitel und 2,2 Meter tief geplant und würde für 600 Tonnen-Schiffe fahrbar sein. Der Kanal ist also zweischiffig mit Aus­nahme der drei Tunnel. Seine Länge ist 112 Kilometer mit 23 Haltungen, der Aufstieg zur Scheidehaltung beträgt 213 Meter, der Abstieg zur Donau 52 Meter. Zur Ucberwindung der Gefälle sind 15 Schleusen und 8 Hebewerke mit gleitender Ebene'vorgesehen, die ersten, die für so große Schiffe zur Anwendung kommen würden. Neben diesen Bauten find 10 Kanalbrücken, 77 Straßenbrücken, 5 Eisenbahnbrücken und 70 kicherheitstorc notwendig. Die Gesamtkosten werden auf 112 Millionen Mark veranschlagt. Ueber den Kanal von Ulm nach dem Boden­see wachte der Vortragende folgende Angaben: Der Kanal führt unterhalb der Friedrichsau bei Ulm die Bahn entlang bei Biberach durch das Rißtal, wendet sich dann mittelst eine» Hebewerkes von 19,4 Meter westlich auf die Höhe nach Schussencied, Aulendorf und fällt mit einem Hebewerk von nicht weniger als 132 Meter hinab zur Schüssen, deren Lauf er folgt bis zur Mündung in den Bodensee bei Langenargen. Der Aufstieg von Ulm zur Scheidehaltung beträgt 111 Meter, der Abstieg nach dem Bodensee 180 Meter. Zur Speisung ist der Federsee, der bis aus 4000 da ver­größert werden und über 100 Mill. Kubikmeter Wasser aufnehmcn soll, auserseheu. Die Länge des Kanals, der gleichfalls für 600 Tonnen- Schiffe bestimmt ist, beträgt 103 Kilometer. Die Baukosten sind» auf 80 Millionen Mark veranschlagt.

Zum Zweck der Gewinnung von Mitteln zu Erwerbung de» Kernerhauses in Weinsberg ist dem Justinus Kerner-Verein die Erlaubnis zur Veranstaltung einer Geldlotterie unter Ausgabe von 80 000 Losen zu 2 Mk- erteilt worden. Zur W edechlrstellunz und Vollen­dung der Marienkirche in Reutlingen wurde eine vierte Geldlotterie unter Ausgabe von 100 000 Lose: zu 3 Mk. genehmigt, ferner wurde dem Kirchengemeinderat Klein-EiSlinge» OA. Göppingen d>e Erlaubnis zur Veranstaltung einer Lotterie unter Ausgabe von 100 000 Losen zu 1 Mk. zu Gunsten der neuen evang. Kirche in Klein-Eislingen erteilt.

Dresden, 26. Jan. Infolge des Nieder­gangs der sächsischen Industrie mehrt sich die Zahl oer ArbeiiSloien von Tag zu Tag. In P auen i. V. zählte man bis gestern 3000, in Dresden und Leipzig 1500 Arbeitslose. Viele sächsische Behörden beabsichtigen, um der drück- e dslen Not abzutp lfen, No standsarbeiten ein- znrichien. Die Arbeitslosen veranpalten viel­fach Umzüge.

Berlin 29. Jan. Die Budgetkommission d's Reichstag» begann dir Beratung des Etats des Reichsam's des Innern und des NachlragS- >tal<-, der 400000 Mk. zur Förderung von Versuchen auf dem Gebiet der Motoiluftschiff- fahil fordert. Die Position des ordentlichen Etats m>t 2150000 Mk. für Gewährung einer Enisckädigung an den Grafen Z ppelm und zum Erwerb der beiden von ihm erbauten Luftichiffe wurden bewilligt. Die Komm.ifion bewilligte ferner u. a. 440 000 Mk. zur Er- richtung eines wettertelegraphsichcn Dienstes u. 36000 Mk. zur Fortführung de« Grimmschen deutschen Wörterbuchs,

Berlin, 24. Jan. Mannschaften in der neuen Felduniform sind, wie dieMil.-pol. Ko'-respondenz" meldet, den kommandierenden Genciäleii, die am 1. und 2. Januar in Ber­

lin waren, vom Kaiser vorgestellt worden. Diese Leute hatten statt der langschäftigen Stiefel Schnürschuhe und Gamaschen angelegt, wie sie jetzt den Offizieren zum Tragen sreige- geben sind. Man wird deshalb wohl nicht sehlgehen, wenn man annimmt, daß die Tage der bisherigen Fußbekleidung der Infanterie, die sich als nicht praktisch gezeigt hat, gezählt sind, und daß Schnürschuhe mit Gamaschen an ihre Stelle treten werden, Die Marschfähig- kcit der Infanterie wird durch diese Verbesserung der Fußbekleidung wesentlich gesteigert, Marsch­verluste, wie sie sich im vorjährigen Kaiser- anvöver vorübergehend gezeigt haben, werden hoffentlich nach Einführung der neuen Fußbe­kleidung nicht mehr in dem gleichen Maße ein- treten.

Aus Mt unt lliMdung.

X WiIdbad, 28. Jan. Allwärts in deut­schen Landen gedachte man gestern de» Ge- burtssesteS unseres Deutschen Kaisers, der nun bald 2 Jahrzehnte hindurch in kraftvoller Weise seines hohen und verantwortungsreichen HrrrscheramtrS waltet. Auch die hiesige Stadt feierte diesen Tag in festlicher Weise durch ein Bankett im Gasthof zumOchsen", wozu Herr Stadtschullheiß Bätzner die Bürgerschaft ein­geladen hatte. Die zahlreich erschienenen Gäste wurden durch den Stadtvorstand begrüßt, der seiner Freude darüber Ausdruck gab, daß auch bei uns in Württemberg die Herzen höher schlagen, wenn es gelte, das Geburtsfest des deutschen Kaisers zu feiern, deS Mannes, der als ein wahrer Landesvaler für das Wohl des großen deutschen Vaterlandes Sorge trag». Herr Oberförster Hopfen gär tu er, der so­dann das Wort ergriff, rühmte unfern Kaiser al» einen Mann, der, gleich tüchtig in Wort und Tat, dem deutschen Volk ein wahrer Se­gen sei. Das Volk habe allen Anlaß, seinem erhabenen Reichsoberhaupt dankbar zu sein u. zu wünschen, daß die Gesundheit desselben noch viele Jahre hindurch eine feste, »«geschwächte bleiben möge. Herr Sladtpfarrer A u ch betonte in seiner von warmem Patriotismus durchhauch­ten Rede, daß den Einzelstaaten des Deutschen Reichs das belassen sei, was ihnen mit Recht gehört ihre Eigenart. Das schwäbische Volk, das nicht die letzte Stelle im Reich einnehme, halte stets treu zu Kaiser und Reich uno unser vielgeliebter LanbeSvater, König Wilhelm, sei das leuchtende Vorbild eines treuen, unentweg­ten Bund'sfüisten. Redner endete seine bei- fällig auigenommeuen Worte mit einem Hoch aus unfern LandeSvoler, dar begeisterten Wi­derhall fand. Als letzter Redner trat Herr Forstamtmann Neunhöifer aus. Er feierte das deutsche Volk als das Volk in Waffen. Er erinnerte an die große Zeit von 1870/71, in weicher sich die vorzüglich organisierte deutsche Kriegsmacht und die deutsche Tapferkeit ein großartiges, unvergängliches Denkmal gefetzt haben. Sein Hoch galt dem deutschen Heer. Im Laufe des Abends, der durch patr. Ge- sänge und musikalische Borträge gewürzt wurde, brach die echt schwäbische Gemütlichkeit sich Bahn, und eist in vorgerückter Stunde trennten sich bie meisten der Fe-eilt en. Es ist immer eine scböne Sache an patriotischen Gedenktagen sich zusammcnzuftiiden, sich das Herz von vater- ländischer Glut und Begeisterung durchwärmen zu lassen. Ader der schönste Schmuck eines Staatsoberhaupts und seine herrlichste, reinste Freude bleibt immer ein arbeitsfmudiges, tat­kräftiges, fr edlievcndes und wohlgesittetes Volk. Diesen Gedanken wollen wir auch in Zukunft festhaltcn, damit nufer eihabelier Kaiser auch kundig mit väterlicher Freude und berechtigtem Stolz auf seine große deutsche Familie blicken darf!

Wildbod, 28. Jan. Bei den während der letzten Monate vor der Handwerkskammer Reutlingen stattgehabten Meisterprüfungen haben insgesamt 36 Kandidaten die Prüfung be­standen und sich damit das Recht zur Führung des Meistertitels erworben. Auf die einzelnen Berufe verteilten sich die Prüflinge folgender» maßen: 5 Bäcker, 2 Flaschner, 2 Maler, 1 Maurer, 1 Mechaniker, 14 Metzger, 2 Sattler und Tapeziere, 1 Schund, 3 Schreiner, 1 Weiß­

gerber, 4 Zimmerer. Unter den jungen Meistern befinden sich u. a. von Wildbad: Karl Güth ler, Flaschnermeister, B rachhold Friedr., Maler- Meister, Wandpflug Friedr., Metzgermstr. Von Calmbach: Bott, Gz. Friedr., Schreiner- meister.

Neuenbürg, 27. Jan. Die recht unbe­friedigenden Verhältnisse auf dem Gebiete der Pferde-Versicherung haben bei den Pferdebe­sitzern den Wunsch rege werden lassen, einen eigenen PferdeverstcherungS-Verein für den Bezirk Neuenbürg ins Leben zu rufen. Die Leitung des landw. Vereins Hai sich seit eini­ger Zeit in vorbereitender Weise mit der Frage befaßt. Unter Zuziehung sachkundiger Pferdebesitzer wurde ein Satzungs-Entwurf au<- gearbeitet und den Pferdebesitzern durch Ver­mittlung der Ortsvorsteher zur Kenntnis ge­bracht, auch Erhebungen über eine etwaige Beteiligung an einer Bezirks-Versicherung an­gestellt. Obwohl diese Erhebungen kein vollständiges Bild über die Beteiligung erga­ben weil die meisten Pferdebesitzer noch ander­wärts persichert sind, so ließen sie doch eine genügende Beteiligung erkennen, um au eine Vereinsgründung Herangehen zu können. Die auf gestern nachmittag in den Gasthof zum Bären hierher einderufene Versammlung der Pferdebesitzer hat sich nun mit der Vereins- gründung befaßt. Nach einer eingehenden Er­örterung der Frage und einer Besprechung des SatzungSentwurfs durch Oberamtmann Horn­ung und Oberamtspfleger Kübler wurde der Satzungsentwurf für gut befunden. Die Satz­ung sieht einen Verein aus Gegenseitigkeit vor mit dem Zweck der Versicherung seiner Mit­glieder gegen diejenigen Verlust», welche ihnen in unverschuldeter Weise durch den Tod oder durch das notwendig gewordene Töten ihrer Pferde infolge von gänzlicher dauernder Un­brauchbarkeit derselben verursacht werden. Die Entschädigung ist auf 75°/o de» Ver­sicherungswerts bemessen und es betragen di« Jahresbeiträge der Mitglieder bis auf weiteres jährlich 3,60/o deS Versicherungswert» der Pferde. Für Pferde, welche einer größeren Berlustgefahr auSgesetzt sind, soll der Jahres­beitrag 5°/» betragen. Hinsichtlich der Pro­sperität desBereinS wurdedurchauSnicht verkannt, daß die ungünstigen Terrainverhältniffe deS Be­zirks wie auch die zum Teil großen Anforderungen an die Arbeitsleistung der Pferde das Risiko des Vereins wohl vermehren, daß aber das Bestreben darauf gerichtet sei, di: sogen. Pferde­schänder und alle sonstigen unsauberen Elemente dem Verein fernzuhalten. Bei der besseren Kenntnis der örtlichen und persönlichen Ver­hältnisse und bei der gegenseitigen Kontrolle der Pferdeb sitzer werde die Fernhaltung wohl leicht möglich sein und es komme namentlich auch zu statten, daß die Verwaltungskosten im Verg eich zu anderen größeren Versicherungs- ge ellschaften ganz minimale sein werden. Da sämtliche anwesenden Pferdebesitzer bereit waren, dem Verein belzu retcn, so wurde alsbald die Konstituierung des Vereins vorgenommen, der vorliegende Satzung:-Entwurf definitiv ange­nommen und der Beginn der Wirksamkeit auf 1. März d. I. festgesetzt. Bei den nachfolgenden Wahlen wurden gewählt: als Vontand: Eugen Seeger, Neuenbürg; al« Ausschußmitglieder: R. Sichereren, E Ochner und Karl Kaiser, Neuenbürg; Karl Mater und Albert Hilden- b rand, Wildbad; Goul. Rentschler, G>un- bach und Sritz Keller, Calmbach. Zum Vereins- Tierarzt wurde Oberamtstierarzt Böpp>e und zu dessen Stellvertreter Liadttlerarzt Siöckhert in Herrenalb bestellt. Es ist kein Zweifel, daß der Verein wenn er gut geleitet und der Schwierigkeiten Herr wird eine segens­reiche Wirksamkeit entfalten kann und wir wünschen ihm deshalb einen guten Anfang und eine gedeihliche Entwicklung. (Enzt.)

Bei der an, letzten Dienstag statlg-- habten Wahl zur Handelskammer Calw wurden gewählt: Fabrikant Koch-Rohrdorf mit 200, Fabrikant M ü n st e r-Baiersbronn mit 196, Kfm. Rüdige r-Hcrrenberg mir 166 und Kfm. Dreiß-Calw mit 108 Stimmen. Weitere Stimmen erhielten: Kunstmühlebes. Pfau-Wildbad 68, Fabrikant Schmidt- Neuenbürg 47 Stimmen.