Schwester, streifte den linken Aermel seine- WaffenrockeS auf und zeigte ihr an zwanzig Wunden, die von einem Raubvogel mit Krallen herausgehackt schienen. Das war das Werk seiner Frau. Graf Moltke und Gräfin Danckelmann gingen znm Advokaten, um über Scheidungsgründe zu beraten, aber von den Wunden auf seinem Arm erwähnte Gras Moltke nicht». »Ich wollte sie schonen, sagte er später zu der Schwester. Die heutige Aussage der Gräfin Dankelmann war ein furchtbares Straf, gericht, das in der Oeffentlichkeit über Frau v. Elbe vollzogen wurde, die selbst zuerst in die Oeffentlichkeit getreten ist, um ihren früheren Gallen, den sie haßt, weil er sich von ihr hat scheiden lassen, zu vernichten. Gleichzeitig war diese Aussage eine glänzende Rehabilitierung de» Grafen Moltke. Al» sie über oen Charakter ihres Bruder» befragt wurde sagte die Gräfin mit zitternder Stimme mit neu ausbrcchenden Thränen: „Er war der Stolz unsere» Lebens", und als man sie weiter fragte, ob eS wahr sei, wie Frau v. Elbe hier behauptete, daß Graf Moltke seine Gattin mit Füßen getreten habe, rief Gräfin Dankelmann: „Das ist imrröglich!" und sie rief eS mit einem so hinreißenden Ton von Wahrheit, daß jeder dieses „unmöglich" glauben mußte, der e» gehört. Durch das Erscheinen dieser ehrwürdigen siebzigjährigen Dame im Gerichtssaal hat die große Tragödie der zwei Prozesse ein» Art versöhnenden Abschlusses gesunden. Nach so viel Schmutz und Schande hat am Ende noch der Anblick einer edlen Frau dre Seele erhoben; sie war die letzte Zeugin sie hat das Schlußwort gesprochen und diese» Schlußwort der Schwester zeugt und bürgt laut und unwiderlegbar für di« Ehre des Bruders.
Erfurt, 8. Jan. In den frühen Morgenstunden sank die Temperatur auf 2? Grad C. unter Null.
Berlin, 2. Jan. Zum Offiziersdrama in Allrnstein schreibt das Berliner Tageblatt: Der ermordete Major v. Schönebeck war in der letzten Zeit geistig nicht mehr intakt. Seine Frau ist auch iu Berlin nicht ganz unbekannt. Ihr Name wurde in Berlin bereits in einem Wucherprozeß genannt in dem mehrere Offiziere al» Zeugen auftreten mußten. Einige dieser Herren waren durch den Aufwand, den sie als Verehrer der schönen und lebenslustigen Frau machten, in die unangenehme Lage gekommen, sich an Wucherer wende« zu müssen. Die junge Frau war mit Offizieren in Zivil wiederholt in Berliner Weinlokalen. Ein Fenster des Obergeschosse» in der Villa zu Allenstein benützte sie geradezu als Signalstation für Zei« chen, die bis nach dem Stadtwäldchen hin zu sehen waren. Völlig entfremdet waren sich die Ehegatten seit einem Vorfälle, der schon mehrere Jahre zurückliegt. Major v. Schönebeck kehrte unerwartet von einem Jagdausflug in dem Augenblick zurück, als ein junger Offizier seine Wchnnng veiließ. Seit dieser Zeit machten sich die ersten leisen Anzeichen einer Geistesstörung bei dem Ermordeten bemerkbar. Die schwarze Larve, die Hauptmann v. Göben trug, wurde von dem Kriminalkommissar WannowSky in der Wohnung des Hauplmarms fast ganz verbrannt unter Asche gefunden und beschlagnahmt. Bezeichnend für die Launen der Fran v. Schönebeck ist, daß sie einmal einen jungen Offizier veranlaßte, ihr aus dem seidenen Futter seines Mantels einen Unterrock machen zu lassen.
Allenstein, 2. Jan. Hauptmann v. Göben legte das Geständnis des Morde- an dem Major v. Schönebeck dem Kriminalkom- missar WannowSkr ab, olS dieser ihm den Rest der Larve vorzeigte, den er in einem Ofen des HauptmannS gefunden halte. Als der Hauptmann den Rest diffe» Masken- stückeS, das er gänzlich verbrannt zu haben glaubte, erblickte, bewies sein GcsichtSauSdruck dem Kriminalkommissar sofort, daß der bis herige zähe Widerstand gegen die Ablegung eines Geständnisses gebrochen war. Der kräftige schneidige Offizier brach geradezu zusammen unter der Wucht dieses stummen Zeugen der Tat und schilderte, nachdem er sich erholt hatte, den Vorgang folgendermaßen: „Er war in
letzter Zeit von Frau v. Schönebeck mehr und mehr bestürmt worden, er müsse sie von ihrem Gatten befreien. Anfangs sträubte sich der Hauptmann gegen derartige Zumutungen. Allmählich unterlag er aber den immer dringenderen, suggestiven Bitten der Frau und schließlich hatte das verbrecherische Paar einige Tage vor dem Weihnachtsfest verabredet, wie der Major beseitigt werden sollte." Hauptmann v. Göben scheute sich aber doch, dem bisherigen Kameraden und Freunde vor die Augen zu treten. Er wollte unerkannt die Mordtat begehen. Er band sich deshalb die an dem Tage vorher gekaufte Larve vor das Gesicht, durchschritt den Hof und stieg durch das Fenster in den Korridor «in. Göben muß hiebei Geräusch gemacht haben, denn als er in die Stube deS Major- trat, war dieser bereits aufgewacht und hatte seinen Revolver aus dem Gewehrschrank geholt. Zweimal drückte der Unglückliche um. sonst ab, che der Vermummte dicht an ihn herangekommen war und ihn durch den Schuß in die Stirn zu Boden streckte. Der Mörder floh sofort auf dem gleichen Wege, aus dem er gekommen war, nach seiner Wohnung, steckte die Larve in den Ofen, in dem noch Kohlenglut war und meinte, daß sie dort verbrenne.
Allenstein, 1. Jan. Unmittelbar nach dem Geständnis des HauptmannS von Göben wurde Frau von Schönebeck zur Vernehmung abgeholt. Das Verhör erstreckte sich auf ihre Beziehungen zu dem Hauptmann. Ihre Aussage im Verein mit dem Geständnis v. Gäben- lassen keinen Zweifel daran übrig, daß sie in näherer Beziehung zu ihm gestanden hat. Die Verhaftung der Frau v. Schönebeck erfolgte unter dem dringenden Verdacht der Anstiftung znm Morde.
— AuS aufgefundenen Briefen in der letzten Zeit vor dem Mord, geht zweifellos hervor, daß v. Göben sich in dieser Zeit in einem Zustande wahnsinniger Nervenüberreizung befunden hatte. Ob er in strafrechtlichem Sinne unzurechnungsfähig ist, kann noch nicht gesagt werden. Frau v. Schönebeck ist nach Ansicht ihres Hausarztes schwer hysterisch und Morphinistin. Die Eröffnung des von dem Major v. Schönebeck bereits 1902 abgefaßten Testaments fand vorgestern statt. Der Major hinterläßt ein Barvermögen von rund 85 000 Mk. welches ohne Abzug zu gleichen Teilen den beiden Kindern zusällt.
Rom, 30. Dez. Hiesige Blätter melden, daß der Wasserbauingenieur Caminada einen Plan für die Erbauung eines großen Kanals auSgcarbeitet habe, der die Alpen durchschneiden und Genua mit dem Bodensee verbinden soll. Der Kanal soll eine Länge von 591 Kilometer haben, wovon 260 Kilometer auf bereits vorhandene Wasserstraßen entfallen. Es sollen Schiffsladungen bis zu 600 Tonnen befördert werden können. Der jährliche Durchgangsverkehr wird auf 15,000,000 Tonnen geschätzt
Lokales.
Sitzung der bürgerlichen Kollegien
vom 28. Dezember 1907.
Die Feuerwkhrabgabe derjenigen feuerwehr- pflicht'gen Einwohner, welche sich dem Dienste in der freiwilligen Feuerwehr entziehen, wird von den bürgerlichen Kollegien für die nächsten 5 Jahre 1908/13 auf die seitherigen Beträge von 3 Mk., 6 Mk. und 10 Mk. festgesetzt. Die Einteilung der Pflichtigen in diese 3 Abgabestufen erfolgt durch den Gememderat noch Maßgabe der Vermögens- ,Einkommen», und sonstigen, die ökonomische Leistungsfähigkeit bestimmenden persönlichen Verhältnisse der Einzelnen. Auf dieselbe Zeitdauer wird die von der Gemeinde zu erhebende Hundeab-abe aus 20 Mk. von jedem Hunde festgesetzt. Für Hunde in den Parzellen und in den enilegenen Wohnsitzen Uhlandshöhe, BahnwarthauS, Hechingerhof und den Häusern in der Heslach sind nur 10 Mk. zu entrichten. Für beide Beschlüsse ist noch die Genehmigung de- Kgl. Ministeriums de» Innern erforderlich, welche erngeholt werden wird. Die Hundesteuer ertrug > 1907/8 2581 Mk. 20 Psg. Durch die Erhöh- iung von 15 auf 20 Mk. ist für die nächsten
Jahre ein Erträgnis von ca. 3000 Mk. zu erwarten.
Der der Wilhelm Eitel, AmtSdienerS Witwe hier und deren Kindern gehörige HauS- anteit an Geb. Nr. 8 38 fällt in die Baulinie der projektierten Bätznerstraße und ist, nachdem die beiden andern Anteile an dem fraglichen Gebäude des Robert Krauß. Maurermeisters und der Erben der verst. Christoph Friedrich Schill, Maurer- Witwe hier für die Stadtgem inde bereits' käuflich erworben wurden, von der Stadtpflege vorbehaltlich der Genehmigung der bürgerlichen Kollegien um die Summe von 8200 M. für die Stadlge- meinde angekauft worden. Der Hausaiiteil besteht in: Stockwerkseigentum an Geb. 8.38, 8. 38 8>, 8. 38 b, die Hälfte an Parz. Nr. 270 u. ^ im Gesamtflächengehalt von 3 s 76 gm im Straubenberg. Es wird beschlossen, die käufliche Erwerbung deS Eitel'schen AnteilS an Geb. 8. 38 für die Stadtgemeinde um 8200 M. zahlbar auf 1. April 1908 zu genehmigen.
Dir hiesige Gtadtgemeinde hat nun behufs Erbauung der Bätzner- und Parkstraße im Laufe des letzten Jahre» folgende in die Baulinie dieser Straßen fallenden Liegenschaften käuflich erworben
Geb. Nr. 8 113 von Karl Friedrich Eisele, Baddieners Erben hier um 25000 Mk.
Geb. Nr. 8 S8, 8 38 u. 8 38 b, Parz. Nr. 270 und und zwar: Anteil der Christof Friedrich Schill, Maurer- Witwe hier um ...... 5000 Mk.
Anteil des Robert Krauß, Maurermeisters hier um. 5000 Mk.
Anteil der Amtsdiener Wilhelm Fried- rich Eitel Witwe hier um . . 8200 Mk.
Geb. Nr. 55 u und Parz. Nr. ^ von Hermann Pfau, Schreinermeister hier uw
12000 Mk.
Parz. Nr. ^ von Georg Wacker, Metzgers Kindern hier um. . . 1500 Mk.
Ferner: Zur Erbauung des Realschulge- bäudeS:
Parz. Nr. 861 von Sonnenwirt Weber hier um . . . . . . 9000 Mk.
Zur Bezahlung dieser Kaufschillinge von zus. 65,700 M. ist die Aufnahme eines vorübergehenden Darlehens erforderlich, bis der Ge- samtdarleheuSbedars der Gemeinde zum Zwecke der Erbauung obiger Straßen und deS Realschulgebäudes festgrstellt sein wird und ein Gesuch um Genehmigung der Schuldenaufnahme an die Kgl. Krei-re-ierung unter Vorlage der bis jetzt noch nicht ganz fertiggestellten Entwürfe gerichtet werden kann. Es wird daher beschlossen, die Stadlpflege zu ermächtigen, bei der hiesigen Dercinsbank ein vorübergehende» Darlehen von 65 000 M. verzinslich L 5°/, zur Bezahlung obiger Kaufschillinge aufzu- nehmen.
Als OttSschätzer werden für die Steuetjähre 1908—10 vom Gememderat gewählt: Hermann Groß mann, Flaschnermeistec und Karl AKerle, Kaufmann hier; als Ersatzmänner: Gustav Riexing er, Buchbinder und Albert Hauber, Gastwirt hier.
Zur Anschaffung von Spielgerätschaften für das Lehrlingsheim werden 20 Mk. auS der Stadtkaffe bewilligt und dem Schuldiener Chr. Rath für die Beaufsichtigung des Lehrlings- heims an den Sonntagen des Winterhalbjahrs 1907/8 eine Belohnung von 20 M. ausge-
Itntei Haltendes.
Späte Rache.
Bon Conan Doyle Autorisiert. Nachdruck verboten.
Fortsetzung.
„ES war eben ein sinnlos betrunkener Mensch," jagte er, „den wir hätten auf die Polizeiwache bringen müssen, wären wir nicht anderweitig beschäftigt gewesen."
„Aber Sie werden doch sei» Gesicht, seinen Anzug gesehen haben," rief Holme- ungeduldig.