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Amtsblatt

für die Stadt Wikdbaö-

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Hirzu: Illustriertes Sonnlagsblatt und während der Saison: Amtliche FremdenlistH.

Nr. 2. I SamStag, den 4. Januar 1908,

! 44- Jahrgang

Wegen des ErschrinungSfesteS wird die nächste Nro. dr. Bl. am Mittwoch aus- gegeben und die folgende Nro. am Samstag.

Wrrndschcrrr.

Stuttgart. 2. Jan. Die Gemeinde- ratS-Wahl hatte folgendes Ergebnis: Abgege- den wurden für die Deutsche Partei 59 832. für die Konservative Partei 22 741, Sozial, demokratische Partei 75104, Bolkspartei 25 098, Zentrumspartei 15 603 Stimmen. Gewählt find Handschuhfabrckant Sperka (Soz.) mit 16 994, Graveur Würz (Soz.) mit 16 646, Verbandsvorsitzender Dietrich (Soz.) mit 15 771, Hofwerkmcister Haußer (D. P > mit 13 742, Professor Weitbrecht (D. P.) mit 8479, Archi­tekt Heim (D. P.) mit 7106, Wirt Theurer (Vp.) mit 4204, Bäckermeister Kälberer (Kons.) mit 5324. Rechtsanwalt Dr. Schmidt (Ztr.) mit 2581 Stimmen. Deutsche Partei gewann 3 Sitze, Konservative und ZentrumSpartei je 1 Sitz, die Volkspartei verlor gegenüber dem seitherigen Gesamtbestand 5 Sitze, während die Zahl der soz. Vertreter im Gemeinderat unverändert bleibt. Im ganzen wurden von 27 297 Wahlberechtigten 20 737 Zettel abge- geben. Im Gemeinderat befinden sich nunmehr 6 Dcutschparteiler, 2 Konservative 9 Volkspar, ieiler 10 Sozialdemokraten und 1 Vertreter der Zentrumspartei.

Neuenbürg, 1. Jan. In Schömberg wurden während des Abendgottesdirnstes meh­rere Fenster der Kirche von böswilligen Men­schen eingeschlagen.

Neuenbürg 31. Dez. Gestern fand in Schömber« die feierliche Einsetzung des neuge- wählten Schultheißen Herrmann in seine Aem- ter statt und in Verbindung damit wurde zu« gleich das 35jährige Amtsjubiläum des von seinem Amte altershalber zurückgetretenen Schultheißen Rentschler gefeiert. Nach Be. endigung der Amtshandlung auf dem Rathause vereinigten sich die bürgerl. Kollegien und eine Anzahl weiterer Gäste und Freunde der beiden, Jubilare zu einem Festessen im Gasthaus z. Linde, in dessen Verlauf eine Reih« von An­sprachen der Begrüßung des neuen und der Verabschiedung des alten OrlSvorsteherr galten. Insbesondere fanden die Verdienste de» um sein» Gemeinde treu besorgten alten OrtSvor- stehcrs Anerkennung und Würdigung und eS kam die» auch in den Gaben zum Ausdruck die dem Jubilar zuteil wurden.

Dürrmenz-Mühlacker, 29.Dez. Schlecht abgeschnitten haben die Gläubiger beim Konkurse des früheren Bahnhofrestaurateurs Hugo Beni­ner hier. Da die Höhe der angemeldeten Forderungen 51 603.37 Mk., die verfügbare Masse, von der aber noch die nicht unbeträcht­lichen Kosten in Abzug kommen, dagegm nur rund 2300 Mk. beträgt, jo dürften kaum 4 Prozent zur Verteilung gelangen.

Marbacha. N., 1. Jan. In der Sylvester, nacht saß die Familie de» Schiffwirts Haag um den Tisch, den Beginn des neuen Jahre- erwartend. Der 22jährige Sohn untersuchte einen Revolver, um damit das neue Jahr an- zuschieben, plötzlich entlud sich derselbe und die

neben dem Bruder sitzende 13jährige Schwester sank von der Kugel iu den Kopf getroffen laut­los zu Boden. Trotzdem ärztliche Hilfe in kurzer Zeit zur Stelle war, verschieb das Kind nach einigen Stunden.

Gmünd, 31. Dez. Goldsachen im Werte von über 40000 Mk. wurden in der letzten Nacht in der Goldwarenfabrik von Hugo Böhm u. To. vermittels Einbruchs geraubt. Im Kontor öffnete er die dort befindlichen Muster- kofstr, denen er einen großen Posten von Goldwaren, u. a. Brillantringe, Uhrketten, Krawattennadeln usw. entnahm. Allem An­schein nach handelt es sich nicht allein um einen sehr sachkundigen, sondern auch mit den Ge- schäftSräumlichkeitcn vertrauten Einbrecher, der aus den von ihm geöffneten Musterkoffern nur die teuersten und kostbarsten Gegenstände raubte.

Friedrichshafen, 29. Dez. RrchnungS- rat Müller vom Reichsamt des Innern «n Berlin hat kürzlich dte durch den Sturm be­schädigte Reichsdallonhalle einer Besichtigung unterzogen und den Schaden zu 50000 Mk. geschätzt. Die Vorarbeiten zur Hebung der Halle sind im Gang, die Hebung selbst dürfte erst in 3 Wochen mit Hilfe einer Pionierab­teilung erfolgen. Vom Luftschiff, welches durch den Sturm ebenfalls beschädigt wurde, sind 48 Meter demontiert worden, und dieser Teil wird vollständig neu angefernat. Viele mit Wasserstoffgas gefüllte Eiseuflaschen, welche beim Sinken der Halle auf den Seegruud rollten, werden zurzeit aufgefischt. Wer den Schaden zu tragen hat, dar Deutsche Reich oder die Firma Alb. Buß in Wyhleu (Baden,) welche die Halle anfertigte, dürfte eine strittige Frage werden.

Badenweiler. Die Fischzuchtanstalt des Herrn Konrad Haeck in Schw-ighof ist durch Kauf an Herrn Rentier und Gutsbesitzer Kurt Schotte au» Berlin übergegangen. Der Kauf« preis betrug 65000 Mk. Herr Schotte wird die Anstalt vergrößern, sowie eine Nutzgeflügel­zuckt größeren Stils anlegen.

Nus einem Teiche in der Nähe von Eichstätt in Mittelfranken brachen 14 Schul­mädchen auf dem Eise ein. Der anwesende Hilfslehrer Jung rettete alle 14 Kinder vom sicheren Tode. Schließlich geriet der brave Mann selbst in Lebensgefahr. Er versank unter einer Eisscholle und konnte nur mit Mühe und großer Anstrengung gerettet werden.

Berlin, 3. Jan. (Prozeß Moltke-Harden.) Harden wurde zu 4 Monaten Gefängnis und Tragung der Kosten, auch des ersten Prozesses, verurteilt.

Berlin, 3. Jan. Wie dem Berliner Tage« blatt von unterrichteter Seite mitgeteilt wird, dürfte Graf Kuno Moltke sofort nach der Ur- teilStällung im Prozeß Harden reaktiviert werden. Der Kaiser beabsichtige, den Grafen Moltke durch eine ganz besondere Ehrung aus- zuzeichnen und ihn auf einen der höchsten mili­tärischen Posten zu berufen. Er soll sich dabei um eine Stellung in der unmittelbaren Um­gebung des Kaisers handeln.

Zu der Aussage der Gräfin Dankelmann im Harden-Prozeß tragen wir noch nach.

Nach der Verlesung der Aussagen des Ehe­paars Schwenninger kam, so schreibt ein Bericht­erstatter, daS ergreifendste, was dieser an Auf. regungen doch so reiche Prozeß bisher gebracht hat die Aussage der Gräfin Danckelmanu, der Schwester des Grafen Moltke. Das ganze Wesen dieser Frau atmet Würde, Wahrheit und Güte, und als heute die ersten Laute ihrer tiefen Stimme erklangen, wurde es totenstill im Saal, und alles hing an ihren Lippen. Sie erzählte die Geschickte der Ehe ihres Bruders. Es war eine Erzählung, die niemand ver­gessen wird, der ihr beiaervohnt hat und von der kein Bericht einen Begriff zu geben vermag. Die Szenen aus dem Drama der Ehe des Grafen Moltke wurden lebendig und übten eine tiefe Wirkung, nicht nur, weil eS Szenen waren, so packend, wie sie nur ein Dramatiker erdacht hat, sondern vor allem, weil man an» jedem Ton der Erzählung hörte, wie das Herz der Erzählerin selbst bei diesem Drama geblutet hat und heute noch blutet. Man erfuhr, wie Graf Moltke und seine spä­tere Gattin sich fanden, wie die junge und schöne Frau de« allen Junggesellen eroberte, indem sie ihn glauben machte, daß sie ihn liebe, und wie Graf Moltke beseligt seiner Schwester schrieb: ,ES ist beinahe zu viel Glück für einen alten Knaben." Trotzdem wäre da» Verlöb­nis beinahe gelöst worden, weil die Braut dem Bräutigam ohne jeden Anlaß ein beschimpfen­des Telegramm nach Wien schickte, aber auf die flehenllichen Bitten der Braut führte Grä­fin Danckelmann die Versöhnung herbei. Als sie die» berichtet hatte, erhob die Gräfin die Hand und fugte aus ihren Bruder deutend: Dies war die schwerste Schuld meines Le­bens, denn dadurch leidet er rief." Tränen erstickten ihre Stimme, sie vermochte eine Zeit lang nicht weiter zu reden. DaS Auditorium war erschüttert und manche Zuhörer und Zu­hörerinnen weinten. Das Drama entwickelte sich weiter. Es kam die Hochzeit, bei welcher Gräfin Danckelmann Mutterstelle bei der Braut vertrat, weil diese ihr erklärt hatte, ihre Mut­ter sei nicht präsentabel. Und bald nach der Hoch­zeit kam, wie sich die -^Gräfin Dankelmann auSdrückt, die erste große Nachtszenc. An sol­chen Nachtszenen, die in stundenlangen Wut­ausbrüchen der Gräfin Moltke bestanden, war die Ehe de» armen Grafen Moltke reich. Die erste Szene dieser Art spielte sich ans dem Schloß Peierwitz ab, daS der Gräfin Danckel­mann gehörte.DicGräfin Moltke gebärdete sich wie rasend, weil der Graf am nächsten Morgen abreisen sollte, um den Kaiser auf der Nord- landsrcise zu begleiten. Sie warf sich gegen die Türen, wobei sie wohl die blauen Flecke sich zugezogen hat, von denen sie später be­hauptete, daß sie von den Mißhandlungen ihres Manne» herrührten, sie schrie und tobte ent­setzlich; dann verschwand sie im Park und wurde nach langem Suchen in der Nähe der Fami­liengruft gefunden. Der Vater der G äfin Danckelmann sei ihr erschienen, sagte sie u >d die Gräfin Danckelmann schloß ihren heutigen Bericht über die Ereignisse mit den Worten: Auch die Tote» läßt diese Frau nicht ruhen!" Einige Zeit später kam Graf Moltke zu seiner