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Durch Eingabe vom 17. Febr. ds. Js. bit­tet der hiesige Naturheilverein um ein unver­zinsliches Darlehen von 1000 Mk. aus der Stadtkasse zum Zwecke der Erweiterung des von ihm auf dem Areal des .Gasthauses zur UhlandShöhe erbauten Licht-, Luft- und Son­nenbads auf die Tauer von 3 Jahren. Er begründet sein Gesuch damit, daß andere Kur­orte derartige Einrichtungen auf öffentliche Kosten getroffen hätten und solche z. Zt. allge­mein als eine unentbehrliche Ergänzung der sonstigen Kurmittel eines Kurortes angesehen werden. Da die bürgerl. Kollegien durch die seitherige Frequenz des Licht-, Lu, t- und Son­nenbads zu der Ueberzeugung nicht gelangen können, daß sich eine derartige Anstalt in der hiesigen Badestodt als lebensfähig erweisen wird, wird das Gesuch abgelehnt.

Die vom Stadtschultheißenamt und der Stadtpflege mit der Kgl. Badverwaltung unterm 2. März ds. Js. getroffene Bereinbarung über Einsührung der Abwässer des neu zu erbauen­den Schwimmbades in die städt. Kanalisation wird genehmigt. Es folgen Dekreturen, Schätz­ungen und kleinere Gegenstände.

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Der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin hat seinen Onkel, den Herzog Paul Friedrich von Mecklenburg-Schwerin und dessen Gemah­lin, eine geborene Prinzessin von Windischgrätz durch das Hausministerium unter Kuratel stel­len lassen. In eingeweihten Kreisen hat man einen derartigen Ausgang voransgesehen, da die Schuldenlast des Herzogs allzu groß war. Der 53 Jahre alte Herzog Paul Friedrich von Mecklenburg ist der älteste Vatersbruder des jetzigen Großherzogs. Er verheiratete sich 1881 mit seiner Cousine, einer Prinzessin von Win­dischgrätz und verpflichtete sich, seine Kinder in deren Religion, also katholisch, erziehen zu lassen. Darauf erhielt er als preußischer Of­fizier seinen Abschied. Ja sein Onkel, Kaiser Wilhelm 1. wollte ihn sogar vor ein Kriegs­gericht stellen lassen. Der Herzog gehört auch heute noch nicht der preußischen Armee an, sondern ist mecklenburgischer General. Seine Kinder sind katholisch. Er mußte infolgedessen auf die Erbfolge verzichten, d. h. weder er noch seine Nachkommen sollten, solange irgend rin protestantisches Mitglied der Familie be- stände, erbberechtigt sein. Seine Tochter Ma­rie Antoinette wurde vor einigen Monaten als wahrscheinliche Braut des Königs von Spanien viel genannt. Von seinen Söhnen verunglückte einer als Marineoffizier bei dem bekannten Untergang eines Torpedoboots, ein anderer, Herzog Heinrich Borwin, steht als Leutnant bei den Zieten-Husaren in Rathenow.

Mnter Haltendes.

Herz und Ehre"

Erzählung von Arthur Zapp.

9) (Nachdruck verboten.)

VI.

Professor Wollmar ging seinem Sohne ent­gegen, als dieser mit fragendem Blick eintrat.

Nun? wie erträgt sie es? forschte der

Leutnant und sah seinem Vater voll Spannung ins Gesicht.

Tiefer Kummer sprach aus den Mienen des alten Herrn.

Sie ist außer sich, sie sträubt sich gegen die Aufhebung der Verlobung.

Habt Ihr denn alles gesagt?"

Freilich. Mama und ich, wir beide haben uns dieser schweren Aufgabe unterzogen. Aber mit dem Kinde ist nichts auSzurichten."

Claus Wollmar blieb eine Weile nachdenk­lich mitten im Ammer stehen.

Ich werde mit ihr sprechen," sagte er endlich.

Er fand Else in ihrem kleinen Gemach, auf dem Sofa sitzend neben der Mutter, die die Weinende mit beiden Armen umschlungen hielt. Als Else den Bruder gewahrte, sprang sie auf und eilte auf ihn zu. Claus winkte seiner Mutter zu gehen.

Armes Kind!" sagte er und streichelte seiner Schwester die bleicben Wangen.Schwe­res ist über dich gekommen. Ich will dir hel­fen, es ist zu tragen."

Ihre Augen, in denen noch die Tränen perlten, sahen voll herzzerreißenden Flehens zu ihm auf.

Ja, Claus," rief sie,hilf mir! Lieber, guter Claus, du wirst nicht dulden, daß sie mich von ihm losreißen, daß sie uns trennen. Ich liebe ihn ja so sehr, ich liebe ihn über alle Maßen."

Der Offizier fühlte, wie weh ihm wurde.

Laß uns einmal vernünftig sprechen, Schwesterchen!" sagte er.Du weißt doch, was er getan hat?"

Ja, Mama hat es mir erzählt. O, wie sehr muß er gelitten haben! Nun muß ich ihn noch viel mehr lieben, Claus!"

Der Leutnant konnte eine Bewegung des Erstaunens nicht unterdrücken. Eine Nuance van Mißbilligung und Unwillen lag in dem Ton seiner Stimme, als er erwiderte:Noch viel mehr? Ja, macht es denn gar keinen Eindruck auf dich, wenn du dir sagen mußt, er ist ein Unwürdiger, er hat eine Handlung begangen, aus der eine ehrlose, niedrige schlechte Gesinnung spricht?"

Schlecht? Nein Claus, schlecht ist er nicht. Ich weiß nicht, warum er es getan hat, aber das weiß ich, daß er es aus ehrloser, niedri­ger Gesinnung nicht getan haben kann. Du kennst ihn nicht, Claus, wenn du behauptest, er sei schlecht."

Sie ergriff seine beiden Hände, beugte sich zu ihm hinüber und sah ihm voll aufleuchten­der Hoffnung ms Gesicht.

Nicht wahr, Claus, sagte Else Wollmar mit leidenschaftlicher Eindringlichkeit zu ihrem Bruder,du stehst mir bei. Du sprichst mit Papa. Ich könnte es nicht ertrage», wenn nun unsere Verlobung zurückginge, wenn ich Vik­tor nicht mehr sehen sollte. Ich würde daran sterben, Claus. Ich könnte ja nie mehr froh und glücklich sein."

Wieder überströmten ihre Augen. Der Offizier drückte bewegt, voll Mitgefühl, die Hände der Schluchzenden. Sie hatten immer so innig Gemeinschaft gehalten von Kind auf nnd ihre kleinen Leiden und Freuden getreu miteinander getragen und geteilt. Und nun mußte er helfen, ihr den ersten großen Schmerz ihres Lebens zuzufügen. Er zog sie an sich heran und bettete ihren Kopf an seiner Schul­ter und strich ihr liebevoll über Slirn u. Scheitel.

»Fasse dich, armes Kind", tröstete er be­wegt.Du wirst es überwindeu. Sieh, du kannst doch unmöglich glücklich werden mit einem Menschen, de» du ja doch nicht mehr achten kannst."

Ihr Kopf schnellte mit jähem Ruck in die Höhe.

Nicht mehr achten? Warum denn nicht! Ich sollte ihm das, was er vor langen Jahren verschuldet, nicht verzeihen? Ich, die ich ihn liebe! Dann wär' ich ja grausam, dann wär' ich ja herzlos, dann müßte ich mich selbst ver­achten und hassen. Wenn lch nun seine Frau wäre, müßte ich dann nicht nach dem göttlichen Gebot alles mit ihm tragen?! Nein, Claus, ^ das könnt ihr im Ernst nicht verlangen, daß ich ihn nun herzlos und treulos im Stich

ließe. Mich geht es nichts an, wie er früher war. Ich liebe ihn ja doch, wie er jetzt ist. O Claus, mein lieber, guter Bruder, du wirst mich nicht verlassen, du wirst nicht wollen, daß ich unglückl ch werde. Du wirst mir helfen, Papa zu erweichen."

Claus Wollmar wandte sein Gesicht ab. Es war ihm unmöglich, den Blicken, die sich in innigem Flehen mit so gläubigem Vertrauen auf ihn richteten, zu begegnen. Sein Atem ging schwer und mühsam.

Du verlangst Unmögliches von mir, liebe Else," enigegnete er gepreßten, dumpfen Tones. Weißt di denn nicht, welches Opfer es mich kosten würde, würdest du Viktor Lehnhards Frau?"

Sie sah ihn mit wirren, fragenden Augen an . . .

Ich würde," erklärte er,meinen Abschied nehmen müssen."

Deinen Abschied? Ist das auch wirklich wahr, Claus?"

Er nickte und sagte mit feierlichem Ernst und Nachdruck:Ich gebe dir mein Ehren­wort, daß ich nicht länger Offizier bleiben könnte, reichte meine Schwester einem Manne die Hand, der eine solche Vergangenheit hinter sich hat. Und das füge ich noch hinzu: Darüber gib dich keiner Täuschung hin, nie­mals würde ich ihn als meinen Schwager be­trachten. Deine Verheiratung mit Lehnhard würde mich nicht nur meinen Beruf, sie würde mich auch meine Schwester kosten?"

Claus!" schrie die Unglückliche verzweifelt auf und schlug die Hände vor ihr tränenüber- strömtes Gesicht. Sich mit dem Oberkörper aus die Sofalehne werfend, brach sie in ein erschütterndes Schluchzen aus.

Der Offizier saß schweigend daneben. Sein Gefühl als Bruder kämpfte einen harten Kampf mit der Liebe zu seinem Beruf, mit seinem Ehrgeiz, mit seinen Idealen, mit dem Besten, was in ihm war.

Plötzlich schnellte Elses Oberkörper wieder in die Höhe und sie legte ihre beiden Hände dem Bruder auf die Schultern. Mit Blicken voll heißer Angst und voll leidenschaftlichen Flehens sagt sie, zugleich vor Scham erglühend : Claus, mein lieber, lieber Claus, wüßtest du, wie ich ihn liebe, du würdest Erbarme» mit mir haben. Sieh, Claus, du kannst gewiß auch in einem anderen Berufe glücklich werden, für mich aber gibt es kein Glück mehr ohne Viktor. Zürne mir nicht, Claus, verdamme mich nicht! Schilt mich nicht lieblos gegen dich! Ich kann ja nicht dafür, daß ich ihn lieb habe, mehr als alles andere in der Welt!" (Forts, folgt.)

SlanüesbrrcH-KHronik

der Stadt Wildbad vom S7. Febr. bis 6. März.

Geburten:

27. Febr. Magenreuter, Wilhelm Friedrich, Schuhma­cher in Sprollenhaus, l Sohn.

3. März. Seeber, Wilhelm Friedrich, Kurtaxeneinneh-

mer hier, 1 Sohn.

5. März. Wolfs, Wilhelm Gustav, Buchbinder hier, 1 Sohn.

Eheschließungen:

5- März. Allgayer, Karl Otto, Kaufmann in Pforz­heim u. Treiber, Sofie Mathilde, Ladnerin von hier.

A ufgebo te:

7. März. Bernhard, Gottfried Franz, vr. meä.

prakt. Arzt in Ziemetshauien, u. Schreiner, Barbara Christine in Wattenheim, Bayern. Gestorbene:

4. März. Zimmer, Pauline, Privatiere hier, 63 Jahre

alt.

5. März. Gantenbein, Anna Marie, Tochter des Holz­

setzers Christian Gantenbein hier, 1 Jahr alt.

6. März. Krauß, Christine geb. Ottmar, Ehefrau des

Holzhauers Jakob Heinrich Krauß hier, 60 Jahre alt.

MS" Hiezu 1 Beilage betr.:Die Arbeite» und Aufgaben des württemb. Landtags und Fragen der Reichspolitik."

von Lllr. 1.10 an

ksrtigs Llussn! Aluetsr unä ^uevalrlsn an zsäermann!

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