292

ihm zum Vorwurf, er habe Brüderlein tatsächlich als Mörder bezeichnet, während nur gewisse Verdachtsgründe gegen ihn Vorlagen, die ihn, den Angeklagten, zur Annahme nicht berechtigten, den Brüder­lein als Mörder zu bezeichnen. Der Ver« treter der Anklage beantragte angesichts des schweren Bezichts eine Geldstrafe von 159 Mk. Das Urteil lautete auf 150 Mk. Geldstrafe. Auch wurde Brüdrrlein Publikationsbesugnis des verfügenden Teils des Urteils auf Kosten des Angeklagten zugesprochen. Die noch vorhandenen Bro­schüren und Platten werden unbrauchbar gemacht,

Neuenbürg, 6. Juni. Gestern wurde hier eine Amtsversammlung unter dem Vorsitz des Oberamtmanns Hornung ge- halten, welcher auch der zurzeit im Bezirk befindliche Reg.-Präsideut v. Hofmann an­wohnte. Die Tagesordnung war eine reichhaltige und bedeutungsvolle. Von den wichtigeren Beratungsgegenständen ist hcr- vorzuheben dcr Etat, der in Einnahme mit 36700 Mk. und in Ausgabe mit 101500 Mk. abschloß. Die Amtsschadens- umlage wurde auf 65 000 Mk. festgestellt. In der Frage der Erweiterung des Be­zirkskrankenhauses entschied stL die Amts- Versammlung mit Einhelligkeit für die Er­bauung eines neuen Bezirkskrankenhauses für 40 Betten und einem Aufwand samt Einrichtung von etwa 140 000 Mk. Der Plan der Erstellung eines Anbau; an das bestehende Krankenhaus wird dadurch hin­fällig. Diese Entscheidung wurde dadurch wesentlich erleichtert, daß die Aufbringung der erforderlichen Mittel ohne wesentliche Belastung der Umlagen sich ermöglichen läßt. Der Plan eines Straßenbaus Neuen- bürg-Waldrennach wurde wiederum einen Schrittweitergebrachl, indem die Amtsver- samwlung das zur Ausführung geeignetste Projekt sestlegte. Das Maximum der Ein­lagen in die Oberamtssparkasse wurde für öffentliche Kassen von 2 000 auf 5 000 Mk. und für Privateinleger von 2 000 auf 3 000 Alk. erhöht. Die Stelle des Oderfeuer- schauers wurde geteilt, und es wurden die Gemeinden des Hinteren Amts dem Werk­meister Schnaitmann-Herreualb, die übrigen Gemeinden dem Werkmeister Braun-Neuen- bürg zngeteilt. Beschlossen wurde ferner eine Aenderung der Gehalts- und Anstell­ungsverhältnisse der Katastergeometer, so­wie die Aufstellung eines dritten Kataster­geometers. Nach Schluß der Verhand­lungen fand ein gemeinsames Essen im Gasthos z. Büren statt.

Tübingen, 7. Juni. Der Metzger G. in Mössingen welcher wöchentlich durch­schnittlich 1500 rote Würste verkaufte, ver­schaffte zu denselben erhebliche Mengen Kartoffelmehl. Die Strafkammer verurteilte ihn deshalb wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz zu 40 Mk. Geldstrafe.

Sigmaringen, 8. Juni. (Privat.) Fürst Leopold von Hohenzollern ist heute abend in Berlin, wo er aus Anlaß der Ver­mählungsfeierlichkeiten weilte, an Herz­schwäche unerwartet rasch verschieden.

Pforzheim, 8. Juni. Die Beweg­ung im Maurergewerbe ist glücklich been­digt worden. Durch Vereinbarung von Organisation zu Organisation wurde einem Ausstand oder einer Aussperrung dcdurch vorgebeugt, daß für dieses Jahr als Min- destlohn 46 Pfg., für das nächste 48 Pfg. und als Arbeitszeit für die gegenwärtige Saison 11 Stunden und für die nächst­jährige 10 Stunden festgesetzt wurden. Die über das Geschäft von Sieber ver-

hängte Sperre wurde sofort aufgehoben. Die Versammlungen der Arbeitgeber, wie der Arbeitnehmer haben das Abkommen, letztere einstimmig mit Einschluß der Ita­liener, die ganz auf Seiten der deutschen Arbeiter standen, genehmigt.

A d elsh ei m (Baden), 10. Juni. Ge» stern Abend ereignete sich aus dem badi­schen Bahnhof Osterburken ein Eise n- b a h n u n f a l l. Der um halb 7 Uhr früh aus der Richtung Heidelberg kom­mende Güterzug mit 2 Lokomotiven hatte Verspätung und sollte mit einem Schnell­zug hier kreuzen. Dabei lies der Güterzug aus ein sog. totes Geleise. Eine der Lo­komotiven entgleiste und wühlte sich tief in die Erde ein. 10 Wagen wurden zuin Teil beschädigt, die Puffer wurden ein­gedrückt und die Bremshäuscheu zer­trümmert. Personen sind nicht verun­glückt. Von Lauda traf ein Hilsszug ein. Das Geleise wird jetzt wieder frei gemacht. Das Unglück ist dadurch entstanden, daß Arbeiter, die mit dem Neubau eines zwei­ten Geleises beschäftigt sind, die Weiche umstellten, aber vergaßen, sie wieder in Ordnung zu bringen.

Frankfurt a. M.,8.Juni. Der Ban­kier Schwarzschild, welcher vor einiger Zeit mit Hinterlassung bedeutender Verbindlich­keiten von hier verschwnndeu ist, ist im Stadt­wald bei Geroldsau, Gde Lichtental, erschossen aufgefunden worden.

Berlin, 9. Juni. Aus Petersburg wird dem .,Lokalanzeiger" gemeldet: In hiesigen hohen Rcgierungskreisen wird der Gedanke eines Friedensschlusses im gegen­wärtigen Zeitpunkt mit Entschiedenheit zu­rückgewiesen. Rußland wolle keine Ver­mittlung und werde sie auch nicht in An­spruch nehmen, so sehr man sich auch in England und Frankreich nach dieser Rich- ung bemühe. Die Gerüchte, daß Friedens­verhandlungen bereits eingeleitet seien, blieben an maßgebender Stelle ohne Ein­druck; ebenso das Verlangen großer Teile der Bevölkerung, daß dem Krieg möglichst rasch eüi Ende gemacht werden soll. Der Zar beharit auf seinem Entschluß, den Krieg um jeden Preis fortzusetzen, und wird sich hierin weder durch Volksbeweg­ungen, noch durch auswärtigen Einfluß irre machen lassen. Graf Lambsdorff er­mächtigte die Regierung, aus die Anfragen beim auswärtigen Amt zu erklären, Ruß­land habe keinem seiner Botschafter im Ausland aufgetragen, irgend welche amt­lichen oder nichtamtlichen Schritte zu tun, um Japans Friedensbedingungen zu er­fahren. Alle Meldungen nach dieser Rich­tung hin seien gänzlich unwahr.

Bern, 7. Juni. In vergangener Nacht hat es tüchtig über die Berge ge­schneit; Neuschnee liegt bis zur Höhe von 1700 irr und ist daselbst die Temperatur auf den Gefrierpunkt gefallen.

Stockholm, 8. Juni. Der heute früh unter dem Vorsitz des Königs stattgehabte Ministerrat beschloß einstimmig das Verhal­ten des norwegischen Storthing als ungesetz­lich zurückzuweisen und in einem Ultimatum dieAufrechtcrhaltung der Union zu verlangen.

Stockholm, 9. Juni. Die politische Krisis ändert nichts an dem Aussehen Stockholms. Die große Masse ist völlig gleichgiltig gegen die Auslösung der Union. Nur die Minderheit sieht der Zukunft mit Unruhe entgegen. Der größte Teil empfin­det reges Mitgefühl mit dem betagten Monarchen. Dieses Gefühl fand in vie­len Huldigungstelegcammen an den König Ausdruck. Wie sich die Krisis entwickeln

wird ist ungewiß, so viel läßt sich jedoch sagen, daß Schweden keine Gewalt gebrau­chen wird nnd nur wünscht, daß die Union selbst, nur in gemäßigter Form aufrecht erhalten wird.

Christiania, 8. Juni. Das Stor- thing hat in der gestrigen Abendsitzung eine Proklamation an das norwegische Volk beschlossen, in der es nach einem Uebcrblick über die bisherigen Vorgänge heißt:Wenn der Gang der Entwicklung, der mächtiger war, als die Wunsche und der Wille der einzelnen, die Schritte ge fordert hat, die das Storthing getan hat so ist es unsere sichere Hoffnung, daß das norwegische Volk das Glück haben wird in Frieden und in gutem Einvernehmen mit allen Völkern und nicht zum minde­sten mit dem schwedischen zu leben, mit welchem wir durch so viele natürliche Bande verbunden sind. In der sicheren Ueberzeugung, daß das norwegische Volk sich mit dem Stocthing und der Regier­ung vereinigen werde zur Festhaltung der vollen Selbständigkeit des Reiches unter Bewahrung derselben Festigkeit, Besonnen­heit und würdigen Ruhe, welche bisher unser Auftreten gekennzeichoet hat, und daß es willig Opfer tragen werde, die ver­langt werden sollten, erwartet das Storthing, daß jeder Untertan sich vollständig nach den Anordnungen und Vorschriften richten werde, ebenso daß alle Beamten, zivile, militäri­sche und geistliche, der Regierung ui jeder Hinsicht den Gehorsam zeigen, den zu ver­langen sie auf Grund der Gewalt, welche ihr das Storthing im Namen des norwe­gische» Volkes übertragen hat, ein Recht hat.

London, 9. Juni. Die Morning Post meldet aus Washington von ge­stern: Japan will unter keinen Umständen die Bedingungen, unter denen es Frieden schließen würde bekanntgeben, ehe die Be­vollmächtigten zusammen getreten sind. Die Bedingungen werden nur bekannt gemacht werden, wenn die Beauftragten beider Mächte persönlich zusammentreten. Diele Einzelheiten müssen noch geordnet werden, aber der Präsident glaubt zuversichtlich, daß ein Einvernehmen Zustandekommen wird und hofft man in Washington d ie amtliche Bekanntmachung desselben könne in kurzer Zeit erfolgen.

Eriwan, 9. Juni. Am 5. feuerten Muhamedaner in dem Bazar aus A r m e- n i e r. Dabei wurden über 20 Perso­nen getötet oder verwundet, worunter 2 Tartaren. Die Läden wurden sofort geschlossen. Am folgenden Morgen wurde das Schießen fortgesetzt, an? den Häusern und von den Dächern wurde geschossen. Die Armenier gingen ihrerseits zum An­griff vor. Es wurde eine B ombe n ex- plosion gehört. Die Kugeln flogen in die Häuser und schwirrten über die Köpfe der die Straßen durchziehenden Kosaken. Am 7. wurde über die Stadt der B e- l a g e r u n g S z u st a n d verhängt.

der Stadt Wildbad.

Geb urten:

31. Mai. Heselschwerdt, Ludwig Jakob, Holzhauer in Sprollenhaus, 1 Sohn. Eheschließungen:

3. Juni. Roth, Moritz, Handelsmann und Re­chenmacher in Gausbach und Haag, Phllippine Marie in Kohlhäusle Gde. Wildbad.

3. Juni. Hüll, K. A-, Bahnwärter hier u. Nonnen­macher, Reg. Dorothea von Gärtringen.