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Die Schuld soll, wie man hört, in gleicher Weise den Motorwagenführer und den Weichensteller treffen.

München, 19. April. Wie dieMünch. N. N." melden, sind hier Ende der ver­flossenen Woche zwei Todesfälle an Genick­starre vorgekommen. In 2 weiteren Fällen trat Genesung ein. Einen epidemischen Charakter zeigten diese Fälle nicht.

Bamberg, 18. April. Eine achtjäh­rige Heizerstochter wurde, weil sie ein Brötchen ohne Erlaubnis gegessen hatte, am letzten Samstag von ihren Eltern tot­geschlagen. Untersuchung iit eingeleitet.

Hannover, 19. April. Nach einer Meldung des Hann. Kuriers aus Braun­schweig schneit es im oberen Harz seit Mon­tag früh ununterbrochen; bei empfindlichem Nordost beträgt die Temperatur 24° unter Null. Die Post muß Schlitten be­nutzen. Touristen die am Freitag vom Torfhaus nach dem Brocken wollten, ver­liefen sich und kamen erst nach 9 Stunden an.

Berlin, 20. April. DieNordd. Allg. Ztg." schreibt: DieFrankfurter Zeitung" cntmmmt einem Pr'vatbrief eines württembergischen Hererokämpfers folgen­des:Wie wir mit der Bekleidung gestellt sind, spottet überhaupt jeder Beschreibung; zerfetzt und zerlumpt sind wir, am schlimm­sten ist es aber mit der Wäsche, die können Verschiedene nicht mehr waschen, sonst haben sie nichts als Fetzen in der Hand." Hierzu wird bemerkt: Die nach Südafrika abgehenden Mannschaften sind bei ihrer Ausreise u- a. mit folgenden Kleidungs- stücken versehen worden: einem Kordwaffen­rock, einer Kordreithose, einer langen Kord- Hose, drei Feldauzügen, einem Mantel und einem Paar Reitstiefel, einem Paar Jn- fanteriestieseln, einem Paar Lederschnür- schuhen, sechs Hemden, sechs Unterhosen, sechs Paar Strümpfen, zwei Handtüchern, einer Leibbinde, sechs Taschentüchern, vier wollenen Decken. Außerdem steht der Truppe im Schutzgebiet zur Ergänzung defekt ge­wordener Stücke der volle etatmäßige Jah­resbedarf an Bekleidungs- und Ausrüstungs­stücken zur Verfügung.

Der jugendliche Kaufmann Joses Lehrhaupt in Berlin hatte den Auftrag erhalten, für die Nutzholzhandlung Emil Stadthagen Gelder einzukassieren, bei der Bank einzuzahlen und den Rest von 2150 Wk. im Kontor seiner Firma abzuliefern. Bei der Ankunft im Bureau entdeckte er aber, daß ihm 2000 Mk. abhanden gekom­men waren. Alles Suchen nach dem fehlen­den Gelde war vergeblich, und auch auf der Bank, bei der er die Einzahlung gemacht hatte, erhielt er eine verneinende Auskunft. Aus Furcht vor den Vorwürfen und in übergroßem Ehrgefühl erschoß sich der kaum 21jährige Jüngling in einem Coupö der Stadtbahn. Zwei Tage nachher aber wurden die vermißten 2000 Mk. wieder gefunden. L. hatte von der Reichsbank sin gebündeltes Paket mit 20 Tausendmarkscheinen erhalten und es bei einer Privatbank ejügezahlt, wo es ohne Prüfung in den Tresor gelegt wurde. Auf seine spätere Nachfrage wurde das Paket mit den 20 Tausendmarkscheinen durchgeblättert, ohne daß die dem junge« L. fehlenden zwei Tausendmarkscheine ent­deckt wurden. Erst als das Banknotenpaket von der Bank geöffnet und zu einer Zahlung benutzt wurde, fanden sich darin zwei zu- farnmengekniffte überschüssige Taufendmark- scheine. Es ist nicht anders anzunehmen, als daß in der Brustlasche des L. die zwei Scheine beim Einstecken sich in das größere Banknotenbündel hineingeschoben hatten

und dort zwei Tage unbemerkt geblieben waren.

Heber die neue Personentarifreform auf den deutschen Eisenbahnen geht dem Berl. Tagbl." folgende Mitteilung zu: Man ist bis jetzt in den beteiligten Ver­waltungen nach langem Hin- und Herbe­raten zu folgenden Fundamentalsätzen über­eingekommen: 1) Die einfache Fahrt kostet die Hälfte der bisherigen Rückfahrkarten. 2) Für Schnellzüge wird ein Zuschlag von 50 Pfg. erhoben. Der Kilometersatz steht noch nicht ganz fest, wahrscheinlich wird er 2/s bis '/< Pfg. betragen. 3) Die Ein- führung des neuen Tarifs soll im Frühjahr 1906 erfolgen."

Basel, 20. April. Riesen-Schnellzugs« lokomotiven, wie sie in Baden schon seit einigen Jahren eingeführt sind, werden nun auch in der Schweiz erprobt. In der letzten Woche fuhr eine solche Maschine (18 Meter lang, 4 Meter hoch, 110 Tonnen schwer) auf der Strecke Winterthur Romans- Horn. Ans dem Wege Winterthur-Romans- horn fuhr sie in Leerfahrt und wurde da­bei auf alle Gangarten bis zur höchstzu­lässigen Fahrgeschwindigkeit von 100 km pro Stunde geprüft. Für den Rückweg wurde ein Güterzug im Gewicht von 450 bis 500 Tonnen angehängt, um sie auch auf ihre Zugkraft erproben zu können. Die Maschine Hot ihre Probefahrt, glänzend bestanden. Es sollen in rascher Reihenfolge 12 solcher Kolosse beschafft werden. Sie sind zur Beförderung der direkten Schnell­züge Genf-Brieg (Simplou), Genf-Basel und Genf-Bern Zürich bestimmt.

Aus der Schweiz. Der Bundesrat beantragt, bei der Bundesversammlung die Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von Samaden aus den Piz Ot (Grau­bünden), deren Kosten auf 1,700000 Fr. veranschlagt sind, ferner die Konzession einer Drahtseilbahn vom Dorf Engelberg nach dem Grand Hotel Terraffo, die 64000 Fr. kosten soll.

Einer zahlreichen Nachkommenschaft erfreut sich die Lehrerswitwe Eva Jahrde in Wien. An ihrem 99. Geburtstag, wurde ihr als 99. lebendes Familienglied ein Urenkel geboren.

Aus T r i e st meldet man der N. Fr. Pr. folgendes Gaunerstückchen: Ms am Mittwoch die wohlhabende Frau Marie del Moro beim Frühstück saß, klopfte es an ihrer Tür und sine Stimme rief: Oeffnen im Namen des Gesetzes!" Als die Frau öffnete, erblickte sie einen Poli­zeikommissär in voller Uniform und drei andere Herren, welche erklärten, eine Haus­durchsuchung vornehmen zu müssen. Die Frau eihob erst Einspruch gegen die Haus­durchsuchung, gab zum Schluß dem Drängen nach. Zwei der Männer blieben an der Tür als Wächter stehen, während der an­gebliche Polizeikommiffär mit einem Ge- nassen die ganze Wohnung einer genauen Untersuchung unterzog; sie entnahmen einer eisernen Kaffe mehrere Schmuckgegenstände und Wertpapiere. Als sie sich entfernten, erklärten sie der Frau, sie möge sich um 11 Uhr bei der Polizeidirektion ibre Sachen abholen. Als Frau Moro um 11 Uhr bei der Polizei erschien, erfuhr sie, daß sie von Gaunern betrogen worden war. Ihr Schaden beziffert sich auf ungefähr 5000 K.

Petersburg, 19. April. Nach einer Meldung desPetit Journal" seien gestern abend 60000 kugelsichere Panzerhemden für Infanterie nach dem Kriegsschauplatz abgegangen.

, Der in Moskau wegen Ermor­

dung des Großfürsten Sergej zum Tode verurteilte Iwan Kalajew ist identisch mit dem gleichnamigen Studenten, welcher im Jahre 1902 aus Szakowa nach Mys- lowitz kam, vom Grenzzollamt wegen des Betriebes anarchistischer Schriften ange­halten und von der preußischen Polizei nach Rußland ausgeliefert wurde. Abge­ordneter Gradnauer brachte hierüber seiner­zeit im Reichstage eine Beschwerde vor.

New York, 12. April. Präsident Roose- velt ist jetzt auf seiner Jagdtour im Staate Oklahoma mit eurer Meute von 40 Hun­den auf der Wolfshatz. Der Präsident ist der Führer der Jagdgesellschaft und beweist dabei die größte Verwegenheit. Gewehre werden bei der Wolfsjagd nicht benützt, sondern nur Messer, obgleich für die Jäger die Gefahr besteht, daß sie von den Wölfen angefallen werden, falls diese nicht sofort von den Hunden niedergerissen werden. Die Jäger haben bereits drei Wölfe zur Strecke gebracht. Sie fingen außerdem einen Bären lebendig, der viele Hunde getötet und mehreren Mann Verletzungen beigebracht hatte. Der Bär wird jetzt in einem Käfig gehalten und erst zur Jagd- Parade gestellt, dann wird er freigelassen und erhält einen einstündigen Vorsprung, worauf der Präsident mit seinen Begleitern und der Meute zur Verfolgung aufbricht. Auch auf der Bärenjagd werden keine Feuerwaffen benutzt.

Newyork, 17. April. Präsident Roose- velt und seine Jagdgesellschaft sind im inneren Colorados eingeschneit. Es trat plötzlich kaltes Wetter ein, begleitet von einem schweren Schneesturm, der den ganzen Jagdbezirk mit einer dichten Schneedecke überzog und die Gesellschaft zwang, im Lager zu bleiben. Das Zelt des Präsidenten ist völlig eingeschneit.

Kirrlev hcrl'lsrrdes.

Meine offizielle Frau.

Von Col. Richard Henry Savage.

(Forts.) (Nachdruck verboten.)

Gelasseu ging ich ins Bureau des Gast­hofes und sagte dort, meine Frau bleibe wegen des Jgnatiefschen Balles noch hier. Dann trat ich in den Hof, stieg in einen Wagen und ließ den Kutscher nach der Bahn fahren, mit dem Bedeuten, ec habe noch mehr als genug Zeit dazu, denn die russischen Droschken fahren gewöhnlich so drauf los, daß ich fürchtete, der Mensch bringe mich noch nach dem Bahnhof, ehe der Einuhrzug abgefahren sei, obgleich nur noch zwanzig Minuten an der Zeit fehl­ten. Glücklicherweise aber war ein leichter flockiger Schnee gefallen der erste in diesem Winter uno hemmte das kleine Kosakenpferd einigermaßen in seiner Ge­schwindigkeit, so daß gerade der gellende Pfiff des abfahrenden Zuges ertönte, als mein Wagen am Bahnhof hielt. Nun war das Gitter der Mausefalle wieder für wei- tere vierundzwanzig Stunden hinter mir zugefallen. Ich muß gestehen, daß mich bei diesem Gedanken ein Schauder überlief, doch schüttelte ich dies Gefühl der Nieder­geschlagenheit rasch ab und kicherte vor mich hin:Eine Ueberrafchung für Sie, Herr Sascha und auch für Sie, Frau He­lene ein unerwartetes Erscheinen des beleidigten Gatten!"

In Ausführung meines Planes fluchte ich auf den Kutscher hinein, daß er zu langsam gefahren sei. hieß ihn nach dem Gasthof zurückkehren und trat dort eine halbe Stunde später ins Bureau, wo ich