Amtsblatt

für öie Slaöt Wiköbaö.

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Llro. -4-S

Dienstag, öen 28. April 1905.

41. Jahrgang.

Rundschau.

Die Stelle des Reallehrers an der Latein- und Realschule in Alten steig wurde dem Hilfslehrer Roll an der Real­schule in Sindelfingen übertragen.

Stuttgart, 19. April. Die Regie­rung hat den Ständen einen Gesetzentwurf vorgelegt, durch den das Finanzministerium ermächtigt wird, der im September v. I. durch Mandschaden heimgesuchten Stadt- gemeinde Binsdorf Darlehen bis zum Ge­samtbeträge von 250000 Mk. zu geben.! Die Darlehen sind auf drei Jahre unver­zinslich und auf vier weitere Jahre zu 2 Prozent zu gewähren.

Wie derSl.-Anz." hört, werden die Postanstalten künftig im Hinblick dar- auf, daß durch die Gesetzgebung der deut­schen Bundesstaaten das Spielen in außec- deutschen Lotterien, sowie der Verkauf und Vertrieb von Losen solcher Lotterien ver­boten ist, offene Drucksachensendunsen, bei deren Durchsicht wahrgenommen wird, daß der Inhalt außerdeutsche Lotterien betrifft, auf Grund des Z 5, I der Postordnung in Verbindung mit Art. 16 Abs. 5 des Welt­postvertrags als unbestellbar behandeln.

Herrenalb, 19. April. Im Hause des Wilhelm Stoll in der benachbarten Parzelle Gaistal wurde gestern nachmittag ein Einbruchdiebstahl verübt, wobei dem Täter mehr als 400 Mk. znfielen.

Liebenzell, 19. April. Der hiesige Krieger- und Militärverein begebt am 4. Juni d. I. die Feier seines 25jährigen Jubiläums. Mit der Feier wird eine Fahnenweihe verbunden.

Ragold, 22. April. Im Laufe der letzten Wochen wurden in Nagold 78 Lehr­linge der verschiedensten Gewerbe geprüft und zwar 73 von der Handwerkskammer und 5 von der Metzgerinnung. Der von der Handwerkskammer aufgestellte Vorstand der hies. Prüfungskommission war Flasch­nermeister Kehle von hier. Sämtlichen Geprüften konnten Diplome verabreicht werden. Leider ließen sich nur 25 in den Schulfächern (Aufsatz, Rechnen und Zeich­nen) prüfen; auch die Prüfung in Buch­führung kam für alle diejenigen Prüflinge in Wegfall, welche statt der gewerblichen die allgemeine Fortbildungsschule besuchten, die Zahl der letzteren ist 28. Beteiligt waren im ganzen 18 Schreiner, 8 Schuh­macher, 6 Buchdrucker. 6 Schneider, 6 Metzger, 5 Maurer (Steinhauer) 5 Kon- ditoreu, 4 Küfer, 3 Schmiede, 3 Zimmerer, 3 Bäcker, je 2 Sattler, Schlosser, Maler und Gipser, sowie je 1 Mechaniker, Kupfer­schmied und Flaschner. Nach Beendigung der Prüfung konnten an 5 Nagolder Fort­bildungsschüler, welche sich freiwillig in sämtlichen Schulfächern prüfen ließen, in­

folge der befriedigenden Resultate Geld­prämien verteilt werden.

Tübingen, 20. April. Der Bauer Jakob Schlichter von Neusten, welcher auf der Heimfahrt einem 20jährigen Menschen vom Fuhrwerk herunter die Wagenlaterne ins Gesicht schlug und das linke Auge der- art verletzte, daß dieser auf demselben das Sehvermögen verlor, wurde gestern zu 6 Monaten Gefängnis und 13000 Mk. Buße an den Beschädigten verurteilt.

Eßlingen a. N., 19. April. Hier findet am 21. Mai d. I. die IV. allgemeine ^ Ausstellung von Hunden aller Rassen statt. Meldeschluß 13. Mai. Programme u.Anmel- de-Scheine durch Herrn Fritz Winterle, hier.

Göppingen. 20. April. Das Lau-! desschützcnfest beginnt am 1. Juni (Him-j jmelfahrtstag) und schließt am 5. Juni. Der Landesschützen tag, der sich u. a. mit der Neuwahl des Landesschützeumeisters zu befassen hat, ist auf den 2. Juni festgesetzt worden. Für das Schieße« find schon verschiedene wertvolle Ehrenpreise gestiftet bezw. in Aussicht gestellt.

Bietigheim, 20. April. Der 19Jahre alte Metzgerbursche Gotthilf Scheible aus Groß-Bottwac, welcher beim Adlerwirt Dictz dahier in Arbeit stand und mit dem Sohn seines Dienstherrn in der Wurstküche beschäftigt war, lief so unglücklich mit der Brust in das Messer des letzteren, daß er^ sich binnen einer halben Stunde verblutete.

Bruchsal, 21. April. In der vorigen Woche wurde aus dem hiesigen Männer­zuchthaus ein Mann entlassen, der über 7 Jahre unschuldig in der Strafanstalt ver- bringen mußte. Der Beklagenswerte war wegen Brandstiftung zu 8 Jahreu Zucht. Haus verurteilt auf Grund der Aussage eines Zeugen, der sich jetzt nach so langer Zeit selbst des Meineids anklagt. Eine Geldentschädigung wird dem Manne nach dem Gesetze zuerkannt werden.

Karlsruhe, IS. April. Sicherem Vernehmen nach trifft der Kaiser am 6. > Mai zu zweitägigem Aufenthalt hier ein.

Baden-Baden, 18. April. Der Erbprinz und die Erbprinzessin von Mei­ningen werden am 1. Mai zu längerem Aufenthalt hier eintreffen und im Hotel Regina absteigen.

Dürrheim, 22. April. Bei der Zwangs­versteigerung des zur Konkursmasse Wirthle in Todtmoos gehörigen Kur- und Salinen­hotels wurde dasselbe von den Herren Dr. Sütterlin von Lörrach und Thiergärtner von Baden-Baden um den Preis von 381000 Mk. erworben. Der amtliche Anschlag betrug 636000 Mark.

Mannheim, 19. April. Die Sensa- tion der gegenwärtigen Schwurgerichts-! Periode bildete die Anklage, über welche! gestern das Schwurgericht 13 Stunden

lang verhandelte. Drei verheiratete Män- , ner, Familienväter, hatten sich wegen Not- zucht zu verantworten. Der Flößer Jo­hann Roos, der Maschinist Philipp Kron- auer und der städtische Bademeister Adam Löffel trieben seit längerer Zeit den Sport, im Jndustriehaiengebiet Liebespärchen auf­zulauern, die Burschen zu vertreiben und dann die Mädchen zu vergewaltigen. Der schwerste Fall war die brutale Vergewal­tigung einer 17jährigen Handelsschülerin, eines durchaus unbescholtenen Mädchens, das sich von einer größeren Gesellschaft Spaziergänger abgesondert batte. Roos war der gewalttätigste. Das Urteil lautete gegen ihn auf 9^/s Jahre, gegen Kronauer auf 7si- Jahre, gegen Löffel auf 3'/s Jahre Zuchthaus und je 7 Jahre Ehrverlust.

Ein schweres Eisenbahnunglück kam am 17. ds. Mts. in Schiffer st adt in der Pfalz vor. DiePf. Presse" meldet darüber: Der zwischen Neustadt und Lud­wigshafen verkehrende Motorwagen fuhr kurz vor einem Nebengeleise, wo er still­halten sollte, die Weiche schneidend auf das Geleise, auf dem jeden Augenblick der von Neustadt fällige Güterzug erscheinen mußte. Der Weichensteller rief den Führer des Motorwagens zurück und stellte ihm zu diesem Zweck die Weiche. Dies war aber kaum geschehe», als der Güterzug schon mit Volldampf angebraust kam. Ehe dem Zug noch das geringste Zeichen gegeben werden konnte, fuhr er auf ein totes Ge­leise, gegen den Prellbock, diesen zerschmet- ternd, und weiter ins Wicsenfeld, wobei sich die Lokomotive tief in den Boden ein» grub und die nachfolgenden 18 Wagen sich übereinander türmten, einige davon sich ineinanderschachtelten. Der ganze Zug bildete einen riesigen Trümmerhaufen, aus dem heraus einzelne Hilfe- und Schreckens­rufe ertönten. Leider waren diese auch nicht unbegründet, denn es stellte sich bald heraus, daß der Heizer Darnstein aus Neustadt unter der Maschine völlig zer­malmt lag, während das Fahrpersonal mit leichteren oder schwereren Verletzungen davonkam. Der Lokomotivführer Georg Weber von Hambach hatte die Geistesge­genwart, im letzten Moment auf der rech­ten Seite von der Maschine herabzuspringen, so daß er sich retten konnte und nur an den Händen und im Gesicht starke Brand­wunden davontrug. Der Zugführer erlitt erhebliche Quetschwunden an einem Bein, ein Wagenwärter solche an beiden Beinen. Unbedeutend hauptsächlich am Kopfe wurden viele Insassen der Bremshäus- chen verletzt, die jedoch alle verhältnismäßig glücklich davonkamen, Heute morgen gelang es erst, den getöteten Heizer unter den Zugtrümmern hervorzuholen. Die ganze Nacht hindurch wurde sieberhaft gearbeitet.