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Begrüßungsansprache, die in dem Wunsch gipfelte, daß die heutige Feier die Anwesenden für die Idee des Friedens, der Liebe und Brüderlichkeit erwärmen und begeistern möge. Hierauf wickelte sich das Programm rasch und ohne jede Störung ab. Daß bei einer Feier deS Liederkranzes der Männerchor den größten Raum einnimmt, ist ganz selbstverständlich. Vom einfachsten Velkslied (Am schwarz und blauen Bande" u.Falsche Zungen") bis zur Stufe des Kunstgesangs (Festge- sang a« die Künstler, v. Mendelssohn) bewegten sich die vorgetragenen Chöre. Ueberall zeigte sich die vorzügliche Schul- ung des Vereins. Alle Chöre waren bis ins Einzelne durchgearbeitet und wurden frisch, präzis und mit feiner, dynamischer Abwechslung vorgetragrn. Der Dirigent des Vereins, Herr Lächele, darf mit höchster Befriedigung auf den gestrigen Abend zurückblicken. Auf dieser Höhe hat sich der Liederkranz noch nie gezeigt. Außer Männerchören wies das Programm noch aus ein Tenvrs ol o(An der Weser v. Presset), vorgetragen v. Hrn. Lächele, ein Duett v. Kücken, eine Original- Ssloszene (Internationales Waren­haus), vorgetragen v. Hrn. Chr. Schmid und last nor laust das komische Sing­spielES muß eine Frau ins Haus", wo Frl. Staudenmaier und die Herren Fuchslocher u. Treiber aufs schönste zusammenwirkten. Der Grundelhuber" des Hrn. Fuchslocher war lebenswahr, bodenwüchfig, gesanglich wie darstellerisch eine Glanzleistung. Sein Sohn Schorichel, der schüchterne, etwas linkische Liebhaber, wurde von Hrn. Treiber trefflich wie­dergegeben und die Braut endlich, das frische, brave, lustige Dirndl, hätte keine beffere Vertreterin als Frl. Stauden­maier finden können. Mit herzerquicken­der Natürlichkeit und vorzüglicher Mimik spielte sie ihre Rolle. Sie verfügt über eine recht ansprechende, weiche Stimme, so daß auch ihr Gesang lobenswerte Erwähnung verdient. Ihre Dreingabe Blume und Schmetterling" wurde dank­bar und mit großem Beifall ausgenom­men. Punkt 11 Uhr war das ganze Programm abgewickelt; die Abgabe der Gewinnste erfolgte in kürzester Zeit, so daß schon um */-12 Uhr die ganze Feier beendigt war, über die man nur die eine Stimme hörte:Es war schön gewesen."

Wilddad, 27. Dez. Eine besondere Weihe und Bedeutung erhielt die am Stephansfeiertag in der Turnhalle abge­haltene Weihnachtsfeier des Mili­tär-VereinsKönigin Charlotte" da­durch, daß gleichzeitig das 25jährige Be- stehen des Vereins gefeiert wurde. Im schönsten Festgewande zeigte sich die Turn­halle, der Feier entsprechend würdig ge­schmückt und dicht besetzt. Große Freude herrschte unter den Festteilnehmern, daß sich auch Se. Exzellenz Herr von Schott, Generalleutnant a. D. und General L 1» saits S. M. des Königs, Herr Oberst­leutnant a. D. von Moltke, mit Fami­lien, und als Vertreter des Württ. Krie- gerdundes der Bezirksobmann, Herr Fabrikdirektor Loos von Neuenbürg, zu der Feier eingefunden hatten. Nach einem einleitenden Musikstück begrüßte der Vor­stand des Vereins, Herr Hotelier S,chm id, die Anwesenden mit folgenden trefflichen Worten : Excellenzen, sehr geehrte Damen und Herrn, liebe Kameraden, die verehrten eingeladenen Gäste, heiße ich im Namen des Militärvereins herzlich willkommen und

sage Ihnen für Ihr Erscheinen herzlichsten Dank. Wiederum wie seit einer Reihe von Jahren haben wir uns heute Abend zusam­mengefunden um Weihnachten zu feiern; in diesem Jahre tritt aber noch eine weitere Feier hinzu, unser 25jähriges Jubiläum. Im Jahre 1879 am 11. Februar haben sich auf meine Einladung 36 beurlaubte Soldaten zusammengefunden um den jetzt bestehenden Militärverein zu gründen. Leider sind seit dieser Zeit auch Lücken zu verzeichnen. Es gereicht mir «nd den übrigen Kame­raden zu besonderer Freud», immerhin noch 24 Kameraden als Jubilare beglück­wünschen zu dürfen. Bescheidene Mittel standen uns in den ersten Jahren zur Verfügung, aber wie ich ganz beson- ders hervorheben möchte der weisen Sparsamkeit sämtlicher Vorstandsmitglie­der ist es zu verdanken, daß der Verein trotz bedeutender Kosten, wie der Bundes­tag im Jahre 1887 und unsere kostspielige Fahnenweihe im Jahre 1896 heute noch ein Vermögen von 3000 Mk. aufzuweisen hat. Durch unsere in Ehrfurcht geliebte Königin wurde uns die Gnade zu Teil, dem Verein seit dem Jahre 1889 den NamenPrinzessin Wilhelm zu Württem­berg" und seit 1892Königin Charlotte" beilegen zu dürfen. Daß Ihre Majestät jederzeit ein besonderes Interesse an dem Gedeihen des Vereins hegt, dürfte das gestern Morgen aus dem Kabinett einge­troffene Schreiben, wie auch das gleich­zeitig übermittelte Andenken, (3 silberbe- schlageneWeinkrüge) welches hier zurBesich- tigung aufgestellt ist, beweisen. Gestalten Sie mir, daß ich das Kabinettschreiben vorlefe: Stuttgart, den 24. Dezbr. 1904. Geehrter Herr Vorstand! Ihre Majestät die Königin haben die Mitteilung von der am 26. Dezember stattfindenden Feier deS ^jäh­rigen Jubiläums deS Militärvereins WildbadKönigin Charlotte" mit gnädig­stem Wohlwollen entgegengenommen. Ihre Majestät freuen Sich mit dem Verein über diesen Ehrentag und lassen zur Feier ein Andenken in besonderer Sendung über­mitteln. An dem Gedeihen des Vereins nehmen Ihre Majestät wie bisher so auch fernerhin lebhaften Anteil mit Allerhöchst- ihren besten und huldvollen Wünscken. Hochachtungsvoll der Vorstand des Ka­binetts I. Maj. der Königin, Kübel. An den Vorstand des Militär-Ver­einsKönigin Charlotte" Herrn Gustav Schmid, Wildbad." Aber nicht blos unserer erhabenen Landesmutter, sondern auch unserem in Ehrfurcht gelieb­ten König wissen wir Dank, ist doch unser König alle Zeit derjenige, wel­cher durch Genehmigung von Geldlot­terien und sonstigen Zuwendungen dazu verholsen hat, das Vermögen des Württ. KricgerbundeS und insbesondere der Witwen- und Waisenkaffe auf die jetzige Höhe von 440000 Mk. zu bringen. Kameraden, was kann es am heutigen Abend erhebenderes für uns geben, unsere Gefühle der Dankbarkeit und Verehr­ung zu bekunden, als indem ich Sie ein­lade Ihre Gläser zu ergreifen und mit mir in den Jubelruf einzustimmen, Seine Majestät unser in Ehrfurcht geliebter König Wilhelm II. und unsere geliebte Landesmutter, die hohe Protektorin unseres Vereins, König«, Charlotte, sie leben hoch. Nach dem begeistert aufgenommenen Hoch übergab der HerrBezirkSobmann im Aller­höchsten Aufträge die von Seiner Majestät dem Verein verliehene silberne Erinner­ungsmedaille,welche an die Vereinsfahne an­

gebracht wurde. Er hielt dabei eine packende Ansprache, in welcher er an die Zeiten vor und nach 1870 erinnerte und daran, wie sich seitdem der politische Himmel geklärt, welch wohlorganisirtes Heer unter sicherer Leitung wir haben, dar Schild und Hort für das Vaterland sei, die Bedeutung der Kriegervereine dabei hervorhebend und an das Wort des Kaisers erinnernd, unscrn Blick stets auf das Große, Ganze zu richten. Er er­mahnte am Schlüsse seiner Rede, daß auch wir diese Worte allzeit im Auge behalten mögen. Freudig erbrauste da­rauf das LiedDeutschland, Deutschland über alle-." Herr Bankdirektor Bätzner überreichte sodann an 24 Kameraden und auch dem Vereinsvorstand in Anerkennung 25jähriger treuer Pflichterfüllung im Verein ein würdig und geschmackvoll auS- gestattetes Diplom, den Wunsch ausspre- chcnd, daß die Kameraden noch weitere 25 Jahre dem Verein treue Mitglieder bleiben möchten, und ließ die Jubilare hochleben. Im weiteren Verlauf des Festes verlas der Vorstand die auf das abgegangene Huldigungstelegramm an die Königin eingelaufene huldvolle Antwort, folgenden Wortlauts:Ihre Majestät die Königin danken freundlichst für die Aller- höchstderselben dargebrachte Huldigung, KabinetsratKübel." und forderte zu einem Hoch auf die hohe Protektorin des Vereins ,auf, welches stürmischen Wiederhall fand. Zum Schluß des offiziellen Teils sprach der Herr Bezirksobmann noch den Wunsch aus, der Verein möge seine Mitglieder noch lange Zusammenhalten und seiner patriotischen Aufgabe stets eingedenk sein, hoffte für den Verein auch ferner Blühen und Gedeihen und schloß mir einem Hoch auf denselben. Für den geselligen Teil sorgte ein in allen Teilen wohlgelunge­nes, abwechslungsreiches Programm, dessen Ausführung von großem Fleiß und vieler Mühe der Mitwirkenden zeugte. Klang­volle und klangfrische Männerchöre (Das deutsche Lied, Ade, Abschied vom Walde) unter der stets bewährten Leitung des Herrn W. Wörner, humoristische Szenen aus dem Soldatenleben (Die Mobilmachung von Stoffelburg, Auf Feldwache, Der verweigerte Kirmeßurlaub) wurden von den Mitwirkenden gesanglich und mimisch vorzüglich wiedergegeben. Die Darstellenden (Treiber, Bechtle, Eisele, Eitel, Krauß, Gall, Proß, Horkheimer, Kuch, Bohnenberger Fräulein Bott) ernteten stürmischen Bei­fall ; von köstlicher Wirkung war auch das humoristische TerzettDrei lustige Stra­ßenkehrer" (Eisele, Schmid, Eitel). Ein Baryton-Solo:Das Grab auf der Heide", von Werkmeister Hammer mit sympatischer Stimme vorgetragen, ebenso die schönen Concertstücke der Ka­pelle fanden allseitige wohlverdiente An­erkennung. Daß di« lebenden Bilder aus der Urgeschichte Wildbads, die Huldigung der Marine an den Kaiser u. an den Dichter Uhland Herz und Auge ganz be­sonders entzückten, ist keine Frage. Die lieblichen Kinderbilder waren so erhebend und reizend gestellt, daß der Arrangeur derselben, Herr Krimmel, welcher auch den begleitenden Text sprach, in dem mächtigen Jubel der Anwesenden wohl den besten Dank gefunden haben wird. ES war rührend anzusehen, wie die lie- ben Kleinen sich ihrer Aufgabe bewußt zeigten, mit welcher Ausdauer und mit welchem Ausdruck sie die prächtigen Bil-