umher, bis man die Wärter auf den Nor« fall aufmerksam machte.
Ravensburg, 20. Dez. Nachdem jetzt die gesamte Abrechnung vorliegt, kann festgelegt werden, daß das heurige Schwä- bische Sängerbundesfest, das im Juli hier abgehalten worden ist, einen Ueberschuß von 3850 Mk. ergeben hat.
Pforzheim, 20. Dez. Im Gcschäfts- und Verkaufslokal des Büchsenmacher Jung. Bleichstraße hier, entstunden heute Nachmittag 4 Uhr aus noch nicht aufgeklärter Ursache heftige Explosionen. Pulver, Patronen, namentlich große Massen Feuerwerkskörper, die für den Verkauf zur Neujahrsnacht angehäuft waren, entzündeten sich und veranlaßten einen Höllen- spektakel. Die Dämpfe und der Rauch verbreiteten sich rasch in dem 4stöckigen Anwesen. Mehrere Personen mußten durch Leitern ins Freie gerettet werden. In- folge der Explosion wurden die Laden- scheiben hinausgeschlagen. An den Schau- nenstern befindliche Gewehre, Revolver, hebst der Einrichtung wurden ebenfalls linausgeschleud?rt. Der Laden und das sanstoßende Cabinet sind ausgebrannt, auch ein Teil des 2. Stockes wurde durch Feuer stark beschädigt. Einige Feuerwehreule erlitten durch Glassplitter Verl etz- ungen, andere Personen Brandwunden. Die Sanitätskolonne bekam reichlich Arbeit. Die freiwillige Feuerwehr mit der Weckerlinie waren rasch zur Stelle. Der Schaden dürfte mindestens 10 000 Mark betragen.
Karlsruhe, 19. Dez. Die Witwe des Dichters Scheffel, geb. Freiin v. Malsen, ist am 17. Dezember nach langem Leiden in Meran gestorben. Die Beisetzung findet in aller Stille in München statt. Die Verstorbene erreichte ein Aller von 71 Jahren.
Heidelberg, 21. Dez. Die Rcin- hardtsche Millionen-Erbschaft, auf die sich seit einigen Jahren im Odenwald und auch anderwärts zahlreiche ..Reinhardts"- Hoffnung machten, ist zu Wasser geworden, denn die Nachforschungen der Großh. badischen Regierung und des deutschen Auswärtigen Amtes in England hatten ergeben, daß eine solche Erbschaft überhaupt nicht existiert.
Wiesbaden, 21. Dez. Der Bade- kommiffar von Langenschwalbach, Oberstleutnant a. D. Hinnius, wurde im hin- teren Nerotal als Leiche aufgefunden.
Ko bürg, 21. Dez. Die verwitwete Herzogin Alexandrine von Sachsen-Ko- burg-Gotha ist gestern abend 11'/t Uhr auf Schloß Kallenberg gestorben. Die Herzogin, bekanntlich die Witwe des 1893 verstorbenen Herzogs Ernst II., hatte am 6. Dez. ihr 84. Lebensjahr vollendet. Durch ihren Tod wird auch das badische Fürstenhaus in Trauer versetzt. Der greife Großherzog von Baden verliert in der Herzogin seine einzige Schwester.
Berlin, 20. Dez. Nach einer gestern aus eine Anfrage bei dem Oberkommando der Schutztruppe eingegangenen telegraphischen Meldung sind seit dem Beginne des Krieges bis Ende November von der Schutztruppe an Typhus erkrankt 977 Mann; davon sind gestorben 184 Mann, in die Heimat gesandt 67 Mann, in Be- Handlung 441 Mann und dienstfähig zur Truppe entlasten 282 Mann.
Lübeck, 19. Dez. Die Bürgerschaft genehmigte heute den Lotterie-Verlrag mit Preußen, durch welchen die Lübecksche
StaatSlottere aufgehoben und das Spielen in außerpreußischen Lotterien vom 1- Juli ab unter erhebliche Strafe gestellt wird. Dafür bezahlt Preußen an Lübeck jährlich 175000 Mark
Wien, 19. Dez. Die östreichischen Fachminister sind aus Pest zurückgekommen und es verlautet, daß sich die östreichischen und ungarischen Unterhändler morgen nach Berlin begeben werden, wo am Mittwoch die neuen Handelsvertrags- Beratungen beginnen.
London, 13. Dez. Arnold Förster, der Staatssekretär deS Krieges, teilte gestern in einer Rede in Newcastle eine Stelle aus einem Brief des Generals Hamilton mit, der der japanischen Armee beigegeben ist. Dieser General sagt: Dieser Krieg hat mir brennend zum Bewußtsein gebracht, daß der Zustand unserer Armee eine furchtbare Gefahr für die Existenz unseres reichen Landes ist. Ich habe gemerkt, daß nur das Allerbeste genügt; wir haben aber das Allerschlechteste.
Tokio, 20. Dez. Von Port Arthur wird gemeldet, daß die Japaner am 18. d. abends 11 Uhr 50 Min. nach vorausgegangenen stundenlangen Sturmangriffen das Nordostfort von Tunkikwanschan er- oberten. Fünf Feldgeschütze, zwei Maschinenkanonen und eine große Menge Munition fielen den Japanern dabei in die Hände.
LokaLes.
— Wildbad. Am 24. Dezember wird der Schalter des hiesigen Postamts um 6 Uhr abends geschloffen.
— Wie in früheren Jahren erhielten auch Heuer wieder die Arbeiter der Papierfabrik Wildbad, anläßlich des Iah- res-Geschäfts-Abschlnffes einen Wochen- lohn als Renumeratiou ausgezahlt. — Denjenigen Arbeitern, welche 10 Jahre im hiesigen Betriebe tätig sind, (es ist dies die Hälfte des Arbeiterpersonals), wurde heute gleichfalls, wie bislang, als Weihnachtsgeschenk je ein Betrag ausge- händigt, der den Jahresbeitragsleistungen zur Fabrikkrankenkasse entspricht.
— Wegen mehrfacher Fälle von Diphtherie in Sprollenhaus, hat der Oberamtsarzt die Schließung der Schule bis auf Weiteres verfügt.
Atnte vhattend es.
Der Diamanlstein.
Erzählung von O. Elster.
29) (Nachdruck verboten.)
Plötzlich stockte ihr Fuß, und eine leichte Blässe überzog ihre Wangen. Aus einer versteckt liegenden, verwilderten Laube drang ein halbunterdrücktes Schluchzen.
Liselotte erkannte die Stimme Käthes. Einen Augenblick horchte sie auf ... . Da sprach die Stimme Jürgens mit wei- chem innigem Klang: „Lebewohl, Käthe — vergiß mich nicht ganz — wenn es in meiner Macht stände, bei Gott, ich zerbräche diese Fesseln!"
»Jürgen — lieber Jürgen . . s „Willst Du, Käthe, daß ich Alles von mir werfe, was mich bindet? — Willst Du mein sein? — Willst Du mit mir fliehen — weit fort — in die Welt hinaus? — Sprich, mein geliebtes Mäd- chen . . ."
»Jürgen, Jürgen, sprich nicht solche furchtbaren Worte . . . ."
Länger hielt sich Liselotte nicht mehr zurück. Sie trat näher — da sah sie Jürgen zu Füßen Käthes knien, sie umschlungen haltend, und Käthe hatte da- -- Köpfchen auf seine Schulter gelegt und weinte heftig.
Sie bemerkten die Eintretende nicht. Erst als Liselotte mit ernster Stimme Jürgens Namen nannte, fuhr Käthe mit einem Schreckensschrei empor. Auch Jürgen erbleichte und erhob sich rasch.
Wortlos stand er da, während Käthe in heißer Scham die Hände vor das Antlitz geschlagen hatte.
„Ist es schon soweit gekommen, Jürgen?" fragte Liselotte nach einer kleinen Weile mit tiefem Ernst. „Konntest Du Deine Leidenschaft nicht mehr bezähmen. Mußtest Du dieses Kind in einen solchen Kampf stellen?
Jürgen schwieg und blickte finster zur Erde nieder. Da wandte sich Liselotte zu ihrer Schwester.
„Käthe, meine liebe, kleine Käthe . ." sprach sie mit unendlich weicher, mitleidsvoller Stimme.
Und Käthe fuhr empor, sah sie mit großen, schmerzerfüllten Augen an, und als Liselotte die Arme nach ihr ausbreitete, da stürzte sie sich zu Füßen der Schwester, umklammerte deren Knie und schluchzte herzzerbrechend.
„Verzeihe mir, Liselotte — ich weiß ja selbst nicht, wie das Alles über mich gekommen ist ... ."
Liselotte hob sie sanft empor und bettete di» Weinende an ihrem Herzen.
„Ich habe Dir Nichts zu verzeihen, meine Käthe — es mußte ja Alles so kommen. Nicht Du trägst die Schuld — ich allein, die ich ohne Liebe einwilligte, Jürgeus Weib zu werden ..."
„Liselotte?" — Käthe blickte mit erschreckten Augen zu ihr auf.
,Du — Du — liebst ihn nicht. . .?"
Liselotte schüttelte mit trübem Lächeln das Haupt.
„Ich erzähle Dir später einmal, wie Alles zusammenhängt. Jetzt beruhige Dich, mein Herz, ich mache Dir keinen Vorwurf — Niemand soll Dir einen Vorwurf machen — hörst Du, Niemand!
! Dafür werde ich sorgen. — Und nun geh' — trockne die Augen — laß Niemand sehen, daß Du geweint hast — thu', als ob nichts vorgefallen wäre."
„Aber, Liselotte . . . ."
„Laß mich für Alles sorgen — ver- traue mir — ich weiß jetzt, was ich zu tun habe. Und nun geh', meine kleine Käthe, und sei wieder froh und vergnügt, es wird Alles noch gut werden."
Sie küßte Käthe zärtlich, strich ihr die wirren blonden Locken ans der Stirn und führte sie hinaus.
„Geh', meine Käthe — später sage ich Dir Alles."
Langsam, mit schwankenden, zögernden Schritten entfernte sich Käthe, während Liselotte in die Laube zurückkehrte.
Tort saß Jürgen auf der Bank, den Arm auf das Knie gestützt und die Stirn in die Hand gelegt.
Eine Weile ruhte das Auge Liselottes mit leichtem Lächeln auf ihm.
„Jürgen," sprach sie dann, „was soll nun werden?"
Er schüttelte den Kopf.
„Ich weiß es nicht . . ."
„Nun, so will ich Euch Helsen!"