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Zentralkomitee der deutschen Vereine j vom Roten Kreuze für die verwundeten und erkrankten Afrikakrieger unentgeltich zur Verfügung gestellt hat, so hat sie ebenfalls den russischen und japanischen Verwundeten und Erkrankten die gleichen Begünstigungen durch Vermittlung der betreffenden Zentralkomitees in Peters­burg und Tokio angeboten. Außerdem haben, It.Str. Pst/', die Aerzte, Zahn­ärzte und Apotheker, die Sanatorien, die Gasthofbesitzer und Inhaber von Pensio­nen sich bereit erklärt, den hierherkommen­den Offizieren und Mannschaften Vor­zugspreise bezw. unentgeltliche Aufnahme, Verpflegung und Behandlung einznräu- men.

Karlsruhe, 3. Juli. Heute vormit­tag 11 Uhr fand die feierliche Enthüllung des Bismarck Denkmals statt. Der Feier ging in der städtischen Festhalle ein Fest­akt vorauf, bei welchem Geh. Hofrat Pro- fessor Or. Oechelhäuser die Festrede hielt. Chorlieder und Musikstücke leiteten die Feier ein und beendeten sie. Vor dem Denkmal, das vor der städtischen Fest- Halle aufgestellt ist, übernahm Oberbür­germeister Schnetzler mit einer Rede das Denkmal in die Obhut der Stadt. Dar­auf gab Prinz Max, welcher der Feier ebenfalls beiwohnte, den Befehl zur Ent­hüllung des Denkmals. Die Festversamm­lung stimmteHeil Dir im Siegerkranz" an. Namens der Stadt, verschiedener Be­hörden 'und Vereine wurden sodann am Denkmal zahlreiche Kränze niedergelegt.

Ein Tuchgeschäft in Augsburg hatte von einem Schneidermeister 492 Mark zu fordern und ging nach länge­rem Zuwarten mit gerichtlicher Klage vor. Im Termin bot der Schuldner^ Abschlagszahlungen von 1 Mk. für den Monat an. Die Schuld würde danach erst nach 41 Jahren beglichen worden sein. Es kam aber doch noch zu einem Vergleich, wonach der Schneider monat­lich 10 Mk. zu zahlen versprach, wobei, vorausgesetzt, daß er Wort hält, der Gläubiger auch erst im Juli 1908 befrie­digt sein wird.

Frankfurt a. M., 5. Juli. Das Kriegsgericht verurteilte den Unteroffizier Pocket vom 87. Infanterie-Regiment in Mainz wegen Mißhandlung zu 8 Mona, ten Gefängnis und Degradation. Es wurde in 40 Fällen Mißhandlung, in 168 Fällen vorschriftswidrige Behandlung festgestellt.

Das neueste geheimnisvolle Ele­ment Radium, das zu Anfang dieses Jahres 40000 Mk. pro Gramm kostete, will man auch in den warmen Kochsalz­quellen von Bad Nauheim entdeckt haben. Am häufigsten fand man es bisher im Verhältnis freilich auch noch außer­ordentlich selten, im Joachimstal in Böh. men.

Hamburg. Eine gesunde, praktische Gasthausreform zur Durchführung zu bringen, hat der Guttemplerorden als eine seiner Aufgaben von jeher erachtet. Zu den zahlreichen hervorragenden alkohol- freien Restaurants, die er mit seinen Logenhäusern in vielen Orten geschaffen hat, gehört als schönster das soeben auf dem Moorkamp in Hamburg eröffnete Haus, das als Muster eines Reformgast. Hauses uud alkoholfreien Hotels ange- sehen werden kann. Interessant ist die Tatsache, daß die Stadt Hamburg auf dem Grundstücke 40000 Mk. unverzins­lich stehen läßt und bei der Eröffnung

dieses außerordentlich vornehm eingerich- teten Hauses offiziell vertreten war. Das Logenhaus besitzt außer drei großen Sä­len, Restaurationsräumen, Kegelbahnen und Fremdenzimmern eine eigene Bäckerei und Konditorei.

Der Bezirkshauptmann von Mürz. Zuschlag Franz Hervay v. Kirchberg hat stch vor einigen Tagen erschossen, weil er sich von einer Hochstaplerin hatte be­tören lassen und sich mit ihr verheiratet hatte. Die Frau, eine Tochter des be­kannten Zauberkünstlers Bellachini, hat eine sehr bewegte Vergangenheit, sie ist mehrfach verheiratet gewesen, zum Teil sind die Ehen geschieden, z. T. auch nicht. Das letztere soll jetzt der Fall gewesen sein, sodaß also ihre Ehe mit Herrn v. Kirchberg überhaupt ungültig gewesen wäre. Die Frau heiratete zunächst einen Champagnerfabrikanten, der sie aus dem Hause jagte, und wurde dann Schauspie- erin. Als solche lernte sie den Journa­listen Baron v. Lückow kennen, bekannt aus dem Tausch-Lcckert-Lückow-Prozeß, und heiratete ihn. Auch diese Ehe ging wegen ehelicher Untreue von feiten der Fxau in die Brüche. Dem Baron Lückow folgte eia früherer Redakteur, der ihret- wegen seine Stellung und vieles andere verlor, sich aber noch rechtzeitig von ihr frei machte. Sie heiratete nunmehr einen Großindustriellen, die Ehe ging wegen Betrugs und Hochstapelei von seiten der Frau auseinander, die bereits längere Zeit in Haft war und gutgläubige und für Frauenreize empfängliche Männer­seelen um Tausende von Mark erleichterte. Hoffentlich wird ihr jetzt das Handwerk für immer gelegt werden. Der Fall er- regt allerwärts das größte Aussehen.

Aus Madrid schreibt ein ehema- liger Pforzheimer dem dortigen Anzeiger: Zu Nutz und Frommen derjenigen, die noch nicht alle werden, trotzdem die deut­schen Zeitungen fast täglich vor den spa­nischen Schatzschwindlern warnen, sei ihnen mitgeteilt, daß kürzlich wieder 2 deutsche Herren, Brüder, die in Deutsch­land gemeinsam ein Hotel betreiben, hier in Madrid ankamen, um einen Schatz zuheben", zu ihrem Glück aber gleich am Bahnhof von der Polizei, die darin nachgerade Uebung hat, als Hereingefal­lene erkannt wurden. Mit Hilfe eines Dolmetschers über den Zweck ihrer Reise befragt, erklärten sie nur geschäftshalber gekommen zu sein, gestanden aber bald, das sie Gelegenheit hätten, gegen 8000 Mark einen Schatz von 70000 Pesetas emzutauschen, der wie gewöhnlich irgend, wo in einein Handkoffer verborgen sei, dessen Eigentümer ungerechterweise im Gefängnis sitze. Nachdem ihnen die Augen entsprechend geöffnet, reisten beide Herren wieder ab, jedenfalls froh, noch so glimpflich davongekommen zu sein. Unbegreiflich ist es aber, daß sich immer wieder Leute finden, die an derartigen Schwindel glauben, vor dem immer wie­der und eindringlich gewarnt sei. Un­angenehm für die in Madrid ansässigen Deutschen sind diese sich immer wieder­holenden Fälle auch deshalb, weil das ganze deutsche Volk zur Zielscheibe des Spottes der Spanier wird, die sich dar­über freuen, daß es in einer Nation, die sie als hoch über ihnen stehend aner­kennen, doch auch noch Dumme genug gibt.

Nicht ohne Sorge blickt man in Holland auf den russisch-japanischen Krieg.

Weiß man doch nur zu gut, daß im Fall des endgültigen Sieges der Japaner den holländischen Sunda-Jnseln die gelbe Ge­fahr droht, da die dadurch begründete Vorherrschaft Japans im Stillen Ozean zu einer Ausdehnung der Interessensphäre des Jnselreictis über Formosa hinaus nach Süden führen müßte. Die hollän- dische Presse täuscht sich über die Gefahr nicht. 'Sie beklagt in bitteren Worten, daß die Kriegsflotte der Niederlande nicht auf der Höhe der Zeit gehalten, und damit die Möglichkeit genommen sei, den Kolonialbesitz in Südostasien gegen Japan zu schützen. Im Ernstfall wäre Hollands Schicksal dort draußen in der Tat besiegelt. Weder Frankreich, noch England, noch die Vereinigten Staaten würden ihm beistehen, da sie den Nieder­ländern denreichenKolouialbesitz mißgönnen und zudem den kaufmännischen Wettbe­werb des geschäftstüchtigen Holländers im indisch-pacifischen Handelsverkehr lästig empfinden. In diesem Zusammenhang fordert der diplomatische Scharfblick der Engländer die Anerkennung heraus. Sie haben durch den Abschluß des Bündnisses mit Japan die Gefahr einer die staatliche Existenz bedrohenden Ueberflutung ihrer australischen Besitzungen durch die gelbe Rasse zum mindesten abgeschwächt. Den Niederlanden aber steht keine Großmacht als Bundesgenosse zur Seite. Die ein­zige in Ostasien engagierte und ihnen freundlich gesinnte ist Deutschland. Noch hat sich freilich nichs ereignet, was dar­auf schließen lassen könnte, daß ein auf Ostasien bezüglicher Rückversicherungsver. trag Hollands mit Deutschland in die Wege geleitet werden soll. Doch die Ad- sicht Kaiser Wilhelms, nach der Rückkehr von der Nordlandrerse von einem Kriegs- schiffsgeschwader begleitet, der Königin von Holland einen Besuch abzustatten, wird ohne Frage in politischem Sinn ge­deutet werden von denen, die den Deut­schen ebensowenig gewogen sind, wie den Holländern, und das eben sind die Ja­paner. Mit seinem Schutzgebiet Kiaut. schou ist Deutschland sozusagen eingekeilt in die mongolischen Interessensphären. Es würde seine ohnehin nicht lerchte Po­sition unhaltbar machen, wenn es den Boden absoluter Neutralität verlassen und sich zum Schutzherrn Hollands einer drit- ten Macht gegenüber aufwerfen wollte.

London, 4. Juli. Der Dampfer Norge" auf der Fahrt von Kopenhagen nach New-Iork wurde am vergangenen Dienstag anscheinend aus seinem Kurse gerissen und stieß auf die Klippen deS Rockhallriffes, 200 Meilen westlich von den Hebrideninseln. Der Kapitän Grun­del ließ die Maschine sofort rückwärts arbeiten, der Dampfer hatte aber in der Seite ein so großes Leck, daß das Wasser m>t großer Gewalt eindrang und alles überflutete, sodaß jede Hoffnung auf Rettung schwand. Die 8 Boote des Schiffes wurden darauf zu Wasser ge- lassen, von denen 3 an der Bordwand zerschellten. Von den übrigen 5 Booten, die mit Passagieren gedrängt besetzt wa- ren, gelang es nur 2, vom Schiffe abzu- kommen. Das Meer war mit um ihr Leben kämpfenden Menschen bedeckt. Viele schwammen zu den Booten, die jedoch bereits überfüllt waren. Zwischen den Insassen der Boote und den im Wasser Schwimmenden kam es zu gräßlichen Szenen. Die ersteren trieben die Her­anschwimmenden, die sich in die Boote