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Mittwoch, den 6. Juli 1904
40. Iahvgang
Rundschau.
— Se. Maj. der König hat dem Kammersänger Balluff bei dem Hoftheater in Stuttgart anläßlich seiner Zuruhesetzung das Ritterkreuz 1. Kl. des Friedrichsordens verliehen.
— Mit der Frage „ist das Kegeln ein ruhestörender Lärm, und wie lange darf gekegelt werden?" beschäftigte sich das Oberlandesgericht in Stuttgart in letzter Zeit wiederholt. Die Klage selbst war von einem Nachbar gegen den Besitzer des „goldenen Apfel" in Ulm gerichtet und nahm, nachdem der Kläger verschiedene polizeiliche Einschränkungen, wie Schließen der Türen und Fenster erreicht hatte, den Verlauf, daß in zwei Instanzen der Kläger nach Abhör von 70 Zeugen abgewiesen wurde, weil das Gericht annahm, daß der Lärm der Kegelbahn kein größerer sei, als auf allen Ul- mer Bahnen. Auf eingelegte Berufung verurteilte dann das Oberlandesgericht den Kegelbahnbesitzer bei Vermeidung einer Geldstrafe von 600 Mk. für jeden Fall der Uebertretung dazu, das Kegeln von 9 Uhr abends an einzustellcn. Der Wirt legte Revision beim Reichsgericht ein, das das Urteil aufhob und die Sache zur nochmaligen Verhandlung zurückwics.' So kam die Sache am 10. Juni und dann am 1 . Juli zur abermaligen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht. Das neue Urteil lautet: Es wird teils in Abänderung, teils in Bestätigung des Urteils des Landgerichts in Ulm dahin erkannt, der beklagte Wirt habe bei Vermeidung hoher Geld- eventuell Haftstrafe dafür zu sorgen, daß der übermäßige Lärm zur Nachtzeit unterbleibt. Nach 10 Uhr abends darf nur bei geschlossenen Fenstern und Türen, nach 11 Uhr nur mit Gummikugeln und -Kegeln gespielt werden. Der Beklagte hat b/ 4 , der Kläger der Kosten zu tragen.
Calw. Die gestern Sonntag, den 3. d. M., in Teinach abgchaltene Hauptversammlung des Württemb. Schwarzwaldvereins hatte sich eines sehr zahlreichen Besuches zu erfreuen. Insbesondere brachte der Eilzug viele Gäste von Stuttgart und Heilbronn, von denen ein großer Teil unter Führung hies. Mitglieder den Weg durch das Rötelbachtal wählte, der allgemein lobende Anerkennung fand. Die Verhandlungen wurden unter dem Vorsitz des Hauptvereinsvorstandes, Forstdirektor v. Graner, in den Räumen des Badhotels geführt. Nach den Begrüßungsansprachen des Hauptvereinsvorstandes und des Tein- acher Bezirksvereinsvorstandes, Gemeindeoberförster Stahl, erstattete Rechner Winkler in Stuttgart, den Geschäftsbericht, aus dem hervorzuheben ist, daß der Stand der Mitglieder am 31. Dez. 1903 die Zahl
5450 erreicht hatte und heute 6000 überschritten hat. Der Stand der Kasse weist ^ einen Ueberschuß von 800 Mk. und einen Vermögensstand von 4290 Mk. auf. Der Schriftleiter des Vcreiusblattes, Professor Dölker in Stuttgart, rühmte die reiche Unterstützung der zahlreichen Mitarbeiter durch Artikel und Bilder, so daß es möglich ist, das Blatt, das in einer Auflage von 1600 Expl. erscheint, jederzeit gehaltvoll zu gestalten. Von dem Kartenwerk, das gleichfalls Professor Dölker teilet, ist das Blatt Pforzheim an der Reihe; das Blatt Wildbad—Calw wird noch in diesem Jahr in neuer Auflage erscheinen. Der Vorstand der Wegkommission, Fr. Wertz in Stuttgart, macht in seinem Bericht die Mitteilung, daß der Ostweg bis Mitte Juli vollständig markiert sein wird; eine Reihe prächtiger Lichtbilder dieses Weges hat Hofoptiker Spindler in Stuttgart hergestellt. Die letzte Strecke des Ostwegs, Schwenningen—Tuttlingen, bildet ein Streitobjekt, indem nachträglich der Albverein das Recht für sich in Anspruch nahm, dieselbe zu markieren. Da dieser Verein einen Vermittlungsantrag zurückgewiesen hat, beschloß die Hauptversammlung mit 114 gegen 4 Stimmen, 'von sich aus die Strecke zu markieren. Nachdem noch als nächstjähriger Festort Altensteig bestimmt wurde, schritt man zur Wahl des Hauptvereinsvorstands, wobei an Stelle des seitherigen Vorstandes, der wegen Geschäftsüberhäufnng eine Wiederwahl ablehnte, Rektor Or. Salz- mann in Stuttgart mit Einstimmigkeit gewählt wurde. Das Festessen, an dem sich auch ein Kranz von Damen beteiligte wurde gewürzt durch eine Reihe von To- asten- Namens der Badverwaltung begrüßte der Badearzt Or. Sauberschwarz die Gäste. Rektor Or. Salzmann brachte das Köniashoch aus. Frhr. von Moltke- Wildbad dankte dem seitherigigen Vorstand für seine Tätigkeit, dieser brachte ein Hoch auf den Schwarzwald aus. Professor Döl- ker-Stuttgart feierte den Festort Teinach, Oberamtsrichter a. D. Mezger-Stuttgart die Damen. Ein an den Protektor des Vereint, den König, abgesandes Telegramm wurde huldreich erwidert. Nach dem Essen unternahmen die Rüstigsten einen Aufstieg nach Zavelstein, wo sie sich bei einem Picknick in der Schloßruine vereinigten ; die Mehrzahl zog es vor, in den schattigen Anlagen de- Badhotels zu verweilen und den Klängen der Kurkapelle zu lauschen. Die Abendzüge entführten die Mehrzahl der Gäste: die Zurückgebliebenen, die die Abendstunden in geselliger Vereinigung auf dem Kurplatz zubrachten, wurden noch erfreut dnrch die wohlgelungene Beleuchtung der Schloß
ruine Zavelstein. Das schöne Fest wird allen Teilnehmern in gutem Andenken bleiben.
Liebenzell, 2. Juli. Anläßlich der Auszeichnung unseres Stadtvorstands am 300jährigen Jubiläum und der Ueber- sendung wertvoller Geschenke von dem König haben die bürgerlichen Kollegien an Se. Majestät eine Dankdepesche abgehen lassen und zugleich angefragt, ob Se. Majestät gestatte, daß die städtischen Kuranlagen künftig sich den Namen „König Wilhelms-Anlagen" beilegen. Von Schloß Friedrichshafen lief gleichen Tags die Antwort ein, daß Se. Majestät die Danksagung mit besonderem Wohlwollen entgegengeuommen habe und sehr gerne gestattet haben wolle, daß die städtischen Kuranlagen künftighin die Bezeichnung „König Wilhelms-Anlagen" führen dürfen. Se. Majestät, Allerhöchst welche an den Besuch in Liebenzell die angenehmste Erinnerung bewahre, erblicke in diesem Beschluß der bürgerlichen Kollegien eine erneute Aufmerksamkeit, für welche er (der Kabinettschef) den freundlichsten Dank Seiner Majestät zu übermitteln beauftragt sei.
Degerloch, 1 . Juli. Gegen den flüchtigen früheren Gemeindepfleger Wilhelm Frech von Degerloch, der nach Amerika entwichen war, aber nach Deutschland zurückgekehrt ist und zuletzt am 28. Mai in Frankfurt a. M. gesehen wurde, wird vom K. Landgericht Stuttgart der Steckbrief erneuert. Die Gemeinde Degerloch hat auf Frechs Ergreifung eine Belohnung von 200 Mk. auS- gesetzt. Die Veruntreuungen Frechs sollen sich, soweit sie bis jetzt festgestellt werden konnten, auf über 20 000 Mk. belaufen.
Riedlingen, 2. Juli. Gestern wurde aus Buchau der Metzger Josef Schwarz von Binzwangen eingeliefert. Derselbe soll eingestanden haben, das Mädchen in Ofterdingen überfallen und niedergestochen zu haben. Heute soll der Bursche seinem Opfer, dem es bis jetzt gut geht, gegen-- übergestellt werden.
Buchau, 1. Juli. Ein Metzgeraus Binswangen hat sich gestellt und als derjenige bekannt, der das Mädchen aus Ofterdingen angefallen' und dnrch Schnitte in den Hals und durch Stiche verletzt habe. Er wurde sofort dem Amtsgericht Riedlinzen übergeben. Das Geständnis soll so eingehend den Vorfall schildern, daß ihm der Glauben nicht versagt werden könne.
Baden-Baden, 4. Juli. Ebenso wie die großherzoglichen Babanstalten- kommission im Einverstäpdnis mit dem großherzoglichev Ministerium des Innern sämtliche Kurmittel des Kurortes dem