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sicherheit. Dann ist das Defizit da; der badische Steuerzahler aber kann in die Taschen greifen und das zulegen, was an billigen Fahrpreisen, Kilometerheften, höheren Gehältern und Bau schlecht reu- tierender Nebenlinien verpulvert wurde. In den langen Kammerdebatten über das Eisenbahnbndget ist es deutlich zu­tage getreten, daß die badischen Bahnen auf einem unhaltbaren Stand angekom­men sind. Von weiteren Aufbesserungen der Löhne der Angestellten, von neuen Linien, Tarifverbilligung und dergleichen kann keine Rede mehr sein. Statt dessen muß dis äußerste Sparsamkeit eintreten, sowie eine Hebung des Güterumsatzes, der am besten durch eine Vereinbarung mit der preußisch-hessischen Eisenbahn­gemeinschaft zu erreichen wäre. Bereits > ist in der Kammer das Wort gefallen, daß uns die Verschlechterung der Eisen­bahnrente bald keine andere Wahl mehr lassen wird, als der preußisch hessischen Gemeinschaft beizulreten. Hessen hat seit seinem Beitritt gute Geschäfte ge­macht. Man glaubt, daß es mtt Baden (und gewiß auch mit Württemberg) ebenso sein würde. Die Frage der Gemeinschaft wird jedenfalls nicht mehr von der Tages­ordnung verschwinden.

Frankfurt a. M., 25. Juni. Der bekannte DichterOr. Wilhelm Jördanist ist heute vormittag stslO Uhr gestorben.

Mainz, 22. Juni. Mit Hinter- lassung gewaltiger Schulden ist der Wein­großhändler Fritz Haas, Inhaber der Firma Fritz Haas u. Co., verschwunden.

Trier, 23. Juni. Der Sieger im Gordon-Dennet-Rennen, Thöry, ist auf der Rückreise nach Frankreich verunglückt. In der Nähe von Kirchdorf stürzte er mit seinem Automobil in den Chaussee­graben und brach einen Fuß. Er setzte die Reife mit der Eisenbahn fort.

Berlin, 24. Juni. Am 2. Juli werden 14 Offiziere und 2 mobile Kom­pagnien der Eisenbahntruppen sowie viel Eisenbahnmaterial nach Sudwestafrika ab­gehen. Die am Waterberg vereinigten Hereromasseu sind jetzt von 3 Seiten um­faßt. Obigem Transport wird die Auf­gabe zufallen behufs Schließung des Rings an der noch offenen Nordwestsei c eine Bahnlinie zwischen Karibik und Outjo herzustellen. General v. Trotha hofft dann den Feind zur Annahme eines ent­scheidenden Kampfes zwingen zu können.

England hat längst gewußt, was in Ostasien bevorstand. Das wird durch das Folgende bewiesen: Gegenüber von Port Arthur liegt Weihaiwei, das von den Engländern besetzt wurde, als die Russen Port Arthur Wegnahmen, und zwar vereinbarte England mit China, Weihaiweih solle so lang englisch bleiben, als Port Arthur in russischen Händen sei. China kann also von Großbritan­nien, wenn Port Arthur fällt, die Rück­erstattung Weihaiweis fordern und hierin liegt der Schwerpunkt diese Möglichkeit hat man schon vor anderthalb Jahren in London ins Auge gefaßt. Die britische Regierung weigerte sich, die Hafenarbeiten, für dis das Parlament 80 Millionen Mark bewilligt hatte, aus­zuführen. Sie wußte also ganz genau, was kommen würde, und scheint auch das russische Heer und die russische Flotte richtig beurteilt zu haben.

Petersburg, 24. Juni. Die Ja- paner haben Ssenitscheu eingenommen

und die dort stehenden russischen Trup­pen nach Kaitschou zurückgetrieben.

Tokio, 25. Juni. (Telegr.) Admiral Togo berichtet: Am Donnerstag fand bei Port Arthur eine Seeschlacht statt, worin 1 russisches Schlachtschiff gesunken ist, 1 russisches Schlachtschiff und 1 russ. Kreuzer wurden gefechtsun­fähig gemacht. Die japanischen Schiffe sind im wesentlichen unbeschädigt.

Lokakes.

Wildbad, 22. Juni. DemSchwäb. Merkur" wird vvn hier u. a. geschrieben: Der Hingang des Grafen Dillen-Spiering in Dätzingen berührt auch Wildbad nahe. Als Besitzer des Hotel Bellevue brachte er einen großen Teil des Jahres, beson­ders die Monate während der Kurzeit hier zu. Sein Hotel war früher beson­ders von vornehmen Engländern bevor­zugt, die zahlreich an unseren Quellen Heilung suchten. Seine glänzendste Zeit hat das Hotel bei dem 3maLigen Besuch der verewigten Kaiserinmutter von Ruß­land in den Jahren 1856, 1857 und 1860 gehabt. Unter dem Namen einer Gräfin Anamenskaja kam sie mit ihrem Sohn, dem Großfürsten Michael, ihrer Tochter, der Kronprinzessin Olga, unserer nach­maligen Königin und dem Kronprinzen Karl hieher. Eine große Zahl fürst­licher Personen fand sich aus diesem An­laß hier ern. Das war wohl die glän­zendste Zeit, die Wildbad erlebt hat, und ältere Wildbader wissen noch heute von dem großartigen Leben jener Tage zu reden. Auch später hat das Hotel noch hervorragende Gäste beherbergt, in den letzten Jahren den ff preußischen Finanz- minister Miguel, den ff Reichskanzler Fürsten von Hohenlohe-Schillingsfürst und den unvergeßlichen Prinzen Weimar, der wenige Wochen vor seinem Hingang hier weilte und dessen ungebeugte, echt fürstliche Erscheinung seinen nahen Tod nicht ahnen ließ. Wiederholt ist die Frage erwogen worden, ob das Hotel nicht von der k. Domänenverwaltung zur Herstellung von Conversationsräumen in großem Stil erworben werden solle. Seine Lage neben dem König-Karlsbad und gegenüber der Trinkhalle, würde es dazu besonders geeignet machen. Der Plan scheiterte wohl an der Höhe der Kauf- summe und der voraussichtlichen bedeu­tenden Kosten des Umbaus. Es wird sich zeigen, ob dem Gedanken jetzt wieder näher getreten werden kann.

Unterhaltendes.

Aus Nacht zum Licht

von Hugh Conway.

57) (Nachdruck verboten.)

Wann gehen Sie fort?" war alles, waL sie sagte. Nicht ein Wort über meine Wiederkehr!

Mit der Mittagspost. Wir können noch einige Stunden zusammenbleibsn. Da es zum letztenmal ist, wollen wir noch einmal nach der Waldlichtung gehen?"

Liegt Ihnen etwas hieran?"

Wenn Sie eS wünschen. Uebrigens habe ich mit Ihnen über Sie selbst zu reden von Geschäftsangelegenheiten," fügte ich hinzu, um anzudeuteu, daß sie das Zusammensein nicht zu fürchten habe.

«Ich gehe mit," sagte sie, indem sie rasch das Zimmer verließ.

Ich wartete. Da erschien Priscilla und warf mir zornige Blicke zu, als ob sie mich mit denselben erdolchen wolle, was ich wenigstens von ihr nicht verdient hatte. Ihre Stimme war barsch und schnarrend wie einst, wenn ich als Kind irgend ein kindliches Verbrechen begangen hatte, welches sie zum Zorne gereizt.

Miß Pauline läßt Sie bitten. Sie möchten vorausgehen und sie bei der Waldlichtung erwarten."

Ich nahm meinen Hut und schickte mich an, das Verlangen zu erfüllen. Priscilla hatte nichts gesagt, was ver­raten hätte, daß sie etwas von meiner bevorstehenden Abreise wisse, aber als ich aus dem Hause treten wollte, sagte sie mit zornbcbender Stimme:

Master Gilbert, Sie sind noch ein größerer Narr, als ich dachte."

Eine solche Bemerkung konnte ich doch selbst von einer alten Dienerin nicht ru­hig hinnehmen, und ich wandte mich um, dagegen zu protestieren. Priscilla aber schlug mir einfach die Haustüre vor der Nase zu.

Ich ging fort; der Vorfall war im Vergleich mit allem andern Kummer, der mir bevorstand, nicht der Rede wert, und ich konnte eigentlich von Priscilla nicht erwarten, daß sie auf meine Gefühle ein­zugehen und die zarte Beschaffenheit mei­ner Stellung zu würdigen vermöge. Ueb­rigens wollte ich vor meiner Abreise noch eine lange Unterredung mit ihr haben.

Die Lichtung, wie wir es nannten, war eine Stelle der nahen Hügelgruppe, die wir auf unseren Svaziergängen fast zufällig entdeckt hatten. Ein selten be­tretener Pfad führte durch den Wald an eine Stelle, wo die Bäume und das Ge­sträuch ausgerodet waren und von wo man eine entzückende Aussicht auf die gegenüberliegenden Hügel und den sich durch das Tal schlängelnden Strom hatte. Es war mein Lieblingsplätzchen. Hier war ich stundenlang im Gespräch mit Pau­line gesessen und hier hatte ich in meinen Träumen die Liebesworte ausgesprochen, welche ich ihr zu sagen verlangte und hier sollte ich ihr nun lebewohl sagen für immer.

Ich war in trübster Stimmung, als ich die Lichtung erreichte, warf mich auf den ansteigenden Boden nieder und rich­tete meine Augen auf den Pfad, den sie kommen mußte, während ein umgestürzter Stamm hinter mir ein Lager für mein Haupt bildete. Die Bäume rundum rauschten in dem sanften Wind, das ein­tönige Plätschern des Stromes unter mir tönte beruhigend und einschläfernd und ein paar weiße Wolken, zogen lang­sam am Himmel hin. ES war ein stiller, träumerischer, schöner Morgen. Ich hatte in den letzten Nächten fast nicht geschlafen. Was Wunder, daß meine Augen sich schloffen und für ein Weilchen aller Kum­mer und alle Enttäuschung durch den Schlummer, dessen ich so sehr bedurfte, verscheucht wurden?

War es ein Schlummer? Ja, denn man kann nur im Schlafe träumen. Ach, wäre dieser Traum Wirklichkeit, wie schön wäre das Leben? Ich träumte, daß meine Gattin an meiner Seite sei, daß sie meine Hand ergriff und leidenschaft- lich an ihre Lippen drückte, daß ihre Wange fast die meinige berührte, daß ich ihren sanften, süßen Atem fühlen konnte. So greifbar und deutlich erschien das Ganze, daß ich mich auf meinem harten