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Holzmassen bedeckten ein Geviert, das 250 Meter in der Länge, 60 Meter in der Breite maß nnd an manchen Stellen war der Rhein fast von Ufer zu Ufer von dieser hölzernen Brücke bedeckt. Die stattlichen Stämme repräsentieren einen Wert von 80 000 bis 85 000 Mk. Als Reisegesellschaft fanden sich auf dem schwimmenden Tannenwald die Holzliefe­ranten der Firma zusammen, die weither aus den Wäldern von Oberösterreich und Niederbayern herbeigekommen waren, um einmal die Stämme, die sie geschlagen, aus ihrer Fahrt in das rheinisch-west­fälische Industriegebiet zu begleiten. Zwei Tage lang fuhr man vorbei an Burgen und Klöstern, Kirchen und Kapellen, Städten and Dörfern, Bergen und Wäl­dern. Wie im Fluge schwanden die Stun­den. In Camp, dem Schifferdorf, gegen- über von Boppard, wurde Nachtrast ge­halten, zum Teil an Land, zum Teil im Wasser auf dem Stroh. Frühmorgens ging es dann weiter durch Nebel und Wind, bis dann um Mittag die Sonne siegreich das Gewölk durchbrach und die fröhliche Gesellschaft bis Köln geleitete, wo man spät abends landete.

Aus der Pfalz, 28. Mai. Die Ausgrabungen des Historischen Vereins der Pfalz im neolithischeu Dorf Wallböhl werden in letzter Zeit mit Erfolg fortge­setzt. Aufgedeckt sind bis jetzt 11 Hütten mit Feuerherden, die überall dieselbe Konstruktion aufweisen. Hat man jüngst das Inventar eines Dorischmiedes aufge­deckt, der allerdings statt Eisen Stein bearbeitete, so Ende letzter Woche die Stätte eines Töpfers. Zahlreiche Brocken von rotem, gelbem, weißem Bolus oder Ocker, ebenso ein Hämatitbrocken, ferner feine, zum Glätten und Herstellen von Ornamenten anwendbare Werkzeuge lassen auf eine zerstörte Töpferwerkstätte schlie­ßen. Die bis jetzt rätselhaften Schalen­steine fanden sich in großer Anzahl. Zu der plastischen Fabrikation gehört die Gestalt eines Vierfüßlers aus gebranntem Ton, voraussichtlich Kinderspielzeug. Be­merkenswert ist ferner eine prächtige, mit einem Widerhacken versehene Harpune aus glasig glänzendem schwarzen Flint­stein. Sie ist fein gemuschelt und mit großer Kunst hergestellt. Offenbar diente das Werkzeug zum Fischfang. Von den Mahlzeiten der Neolithiten, die hier auf den Dünen vor 45 Jahrtausenden hausten und lebten, künden weiterhin zahlreiche aufgeschlagene Ticrknochen. Nach deren Zähnen gehören diese zum Teil dem ge­waltigen Auerochs, dem Los xrimiAOinus an. Mahlplattrn und Kopfsteine deuten fernerhin an, daß dieser Urbewohner der Rheinlande bereits den Bau der Feld- flüchte ausgeübt haben. Dies beweist auch der Fund von zwei geschliffenen Bodenhacken.

Neustrelitz, 31. Mai. Der Groß­herzog, der an einem Blasenleiden litt, war schon viele Monat bettlägerig. Gestern nachmittag verschlimmerte sich plötzlich sein Zustand und es trat ein rapider Kräftezerfall ein. Von ungefähr 7 Uhr an war der Großherzog bewußtlos. Gestern vormittag 11 Uhr fand die Vereidigung der Truppen auf den neuen Landesherrn statt-

Berlin, 1. Juni. DasBerl. Ta- gebl." erfährt, in der Konitzer Mord­affäre sei eine neue überraschende Wend- ung eingetreten. Die letzten Nachforsch­ungen ergaben den gravierendsten Verdacht

gegen den Arbeiter Massloff aus Könitz und dessen Angehörige auf Grund aufge­fundener halbverkohlter Ueberreste der Kleidungsstücke Winters. Massloff sei dieser Tage in einer Halberstädter Fabrik ermittelt und von einem eigens zu diesem dorthin gereisten höheren Beamten ver­haftet worden.

Berlin, 1. Juni. Aus London über­mittelt der Draht folgende Meldung der Times aus Weihaiwei: General Stößel erhielt den Auftrag, jeden Zoll Land zwischen Port Arthur und Kintschou zu verteidigen, um den Hauptvorstoß der Japaner in der Mandschurei zu verzögern, da jetzt Zeitgewinn alles für Kuropatkin bedeutet. Stößel errichtete daher in Eile eine Reihe von befestigten Stellungen hinter einander; von diesen hat General Oku nach sechstägigem Kampfe nur die erste mit schweren Verlusten genommen.

Zürich, 2s. Mai. Der oft genannte russische General Stöffel, welcher gegen­wärtig mit seinen Truppen Port Arthur verteidigt, ist aus Zürich gebürtig. Sein alter Vater lebt noch in Wülflingen bei Winterthur und ebendaselbst hat er noch einen Bruder als Gemeindeschreiber und in Orlikon einen zweiten Bruder, Beam­ter der Maschinenfabrik. Bis 1888 war General Stößel Ingenieur in der Loko- motivfabrik Winterthur, dann nahm er eine Stelle in der gouvernementalen Geschützfabrik in St. Petersburg an und 1890 wurde er russischer Bürger und trat in die russische Armee. Alle zwei Jahre kam er in die Schweiz und ver­lebte Kseineu Urlaub in Gyrenbad. Der Expräsident Krüger ist gestern in Clärens angekommen und hat die für 5 Monate gemietete Villa Dubochet bezogen.

Wien, 31. Mai. Nach Meldungen aus Belgrad erhielten die gegenwärtig in München lebenden Schwestern der ermordeten Königin Draga aus dem 300000 Dinars betragenden Nachlasse Dragas nur 27 000 Dinars; alles übrige verrechnete der Advokat für Kosten und angebliche Bestechungen. Die Schwestern Dragas leiteten einen Prozeß gegen den Advokaten ein.

Im schottischen Hochlande ereignete sich, wie die Tägl. Rdsch. berichtet, Samstag abend das sehr seltene Unglück, daß ein kleines Kind von einem Adler entführt wurde. Das Kind, ein Mädchen im Alter von 18 Monaten, spielte vor der in der Nähe des Bahnhofes Jnvers- hin gelegenen Hütte seines Vaters, als plötzlich ein großer Adler erschien, der es mit seinen Klauen ergriff und nnt ihm davonflog. Einige Stunden später wurde der tote und verstümmelte Körper der Kleinen in den Bergen von einem Wild- Hüter gesundeu. Der Anblick war schreck- lich. Beide Augen waren ausgehackt, ein großes Stück Fleisch fehlte von der Backe, und auch die Arme und der Hals waren schrecklich zugerichtet. An den Kleidern sah man die Spuren von den Klauen des Raubvogels, und in der einen Hand fand sich ein Büschel Federn.

Tokio, 31. Mai. Die Russen räu­men Dalny Hals über Kopf, nachdem sie versucht haben, die Stadt zu zerstören. Wie japanische Patrouillen berichten, sind mehr als hundert Gebäude, Kasernements, Depots, Eisenbahn- und Telegraphenbu­reaus beschädigt worden. 200 Eisenbahn­wagen wurden unbeschädigt vorgefunden. Die Russen zerstörten den großen Quai

und sperrten die Einfahrt zum Hafen- basfin durch versenkte Dampfer. Die Anlegebrücke hat nicht gelitten.

General Oku meldet, daß eine japanische Abteilung Dalny am 30. Mai besetzte.

In demselben Maße, wie man in England die Russen .haßt, freut man sich über die Siege der Japaner, und in dem Uebermaße dieses Haffes und dieser Freude ist man völlig blind geworden und sieht nicht, daß die Vernichtung des europ. Ansehens und der europ. Macht in Ost­asien auch die Erschütterung der britischen Macht im Stillen Weltmeer bedeutet. Die Japaner bedienen sich der britischen Deckung, so lange sie ihnen nützlich sein kann. Daß sie sich indeß als die Erben Großbritanniens im pazifischen Meere be­trachten, darüber kann wenig Zweifel sein. Hierauf bezüglich brachte die Liver- pol Daily Post kürzlich eine Unterredung, die vor etwas mehr als 2 Jahren ein englischer Weltreifender mit dem Marquis Togo hatte.Japan/ so erklärte der letztere,muß kämpfen. Wir empfinden sehr bitter jene europ. Intervention, die zur Geltung kam, als wir China in unserer Gewalt hatten. Unser natürlicher Gegner ist Rußland. Angenommen wir schlagen Rußland. Tatsächlich werden wir um die Herrschaft über China kämpfen. Die Chinesen werden sich leicht von den Ja­panern leiten lassen. Sie sind Sieger, aber keine Führer. Zusammen bilden wir ein unwiderstehliches Heer, um die ganze Welt überschwemmen zu können. China ist jedoch dicht bevölkert, und Japan braucht ein Land für seine überschüssige Bevölkerung. Korea wird eine zeitlang dem Bedürfnis entsprechen, aber das genügt nicht. Geographisch liegt unsere natürliche Ausdehnungslinie über Austra­lien hin. Australien wird nicht immer britisch sein. Die dortige neue Generation wünscht ein unabhängiges Reich zu bilden. Hat Australien sich von England getrennt, so kann es seine ungeheure Küstenlinie nicht beschützen. Seine Bevölkerung ist in der Verminderung begriffen, und mit seinem Mineralreichtum wird es in 50, in 80, in 100 Jahren ebenso eine Pro­vinz Japans sein, wie Indien heute eine Provinz Englands ist. Die Sache ist unvermeidlich. Australien wird darauf bestehen, frei zu sein, und nach 5 Jahren der Freiheit wird Australien japanisch sein". Die Frage ist vielleicht nicht un­berechtigt, ob die Japaner, sobald sie sich stark genug fühlten, mit der Eroberung Australiens überhaupt warten würden, bis dieses sich von England unabhängig erklärt hätte. Der heiße Wunsch der Mehrzahl des englischen Publikums, die Japaner auf den Trümmern der russischen Macht am pazifischen Meere triumphieren zu sehen, scheint also allermindestruS et­was unvorsichtig zu sein.

MrrterHattenöes.

Aus Nacht Mm Licht.

von Hugh Conway.

47) (Nachdruck verboten.)

Und jetzt galt es, diesen feinen Plan auszufübren aber wie? Macari, Rache brütend für die ihm wiederfahreue Unbill, war bereit, in jeder Art Hilfe zu leisten und Petroff, der Mann mit der Narbe im Gesichte, war dem Doktor mit Leib