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und Seele ergeben, wie auch Teresa, die alte Dienerin, auf Befehl ihres Herrn zu jedem Verbrechen bereit gewesen wäre. Die nötigen Papiere konnte man sich verschaffen oder fälschen. Sobald es den Verschworenen gelang, Anthony in das Haus in Horace-Slreet zu locken, sollte er es nur als ein Wahnsinniger unter der Obhut seines Arztes und seiner Wärter wieder verlassen. Es war ein kühner, infamer Anschlag, dessen Erfolg sehr zweifelhaft war, da man das Opfer notgedrungen nach Italien bringen mußte. Wie dies geschehen sollte, erklärte Ceneri nicht deutlich — vielleicht hatte er die Einzelheiten seines Plans selbst noch nichr ganz ausgedacht — vielleicht sollte der Jüngling einen Schlaftrunk erhalten, vielleicht rechnete er darauf, daß, wenn jener den wirklichen Stand seiner Angelegenheiten erfuhr, in Toben ausbrechen würde und daß dies die Behauptung von dessen Geistesstörung unterstützen sollte.
Vor allem mußte Anthony vermocht werden, zu einer Stunde nach Horace- Street zu kommen, welche der Ausführung des Komplottes günstig war.
Ceneri traf seine Vorbereitungen, gab seinen Mitverschworenen ihre Instruktionen und schrieb dann seinem Neffen, er solle ihn abends besuchen, um seine Erklärung über den Stand der Dinge entgegenzunehmen.
Vielleicht mißtraute Anthony seinem Onkel und dessen Genossen mehr als diese geglaubt hatten; denn er lehnte die Einladung ab und schlug vor, sein Oheim solle lieber zu ihm kommen. Da wurde auf Maearis Rat Pauline znm unschuldigen Werkzeuge gemacht, ihren Bruder in das unheilvolle Haus zu locken. Ceneri äußerte, es sei ihm ganz gleichgültig, wo die Zusammenkunft itattfinde, da er aber sehr beschäftigt sei, verschiebe er dieselbe ein oder zwei Tage. Er sagte dann Pauline. daß ihn am nächsten Tage Geschäfte bis spät in die morgige Nacht hinein fernhalten würden, und daß dies eine paffende Gelegenheit für sie sei, einige Zeit mit ihrem Bruder zuzubringen; sie solle ihn also einladen, sie während CeneriS Abwesenheit zu besuchen, und da er ebenfalls mit Anthony sprechen wolle, solle sie versuchen, denselben bis zu seiner Rückkehr aufzuhalten.
Pauline schrieb arglos an ihren Bruder, daß sie bis spät abends allein sein werde, bat ihn zu kommen, oder, wenn er wolle, sie an einen Bergnügungsort zu führen. Sie gingen miteinander ins Theater, und es war Mitternacht, als er fie nach Horace-Street zurückbrachte. Wahrscheinlich bat sie ihn, noch ein wenig Hei ihr zu bleiben — vielleicht gegen seinen Willen. Das Bewußtsein, daß ihre Bitten ihn in den Tod gelockt hatten, mußte den gräßlichen Eindruck dessen, was folgte, für das arme Mädchen ver- doppeln.
Bruder und Schwester waren kurze Zeit allein gewesen, als Ceneri und seine beiden Freunde erschienen. Anthony schien von dem Zusammentreffen unangenehm berührt zu sein, doch machte er gute Miene zum bösen Spiele und begrüßte seinen Oheim höflich. Macari wandte er einfach den Rücken zu.
Nach CeneriS Plan sollte kein Ge- waltakt oder Zwang in Paulineus Gegenwart verübt werden. Was immer zu geschehen hatte, sollte in dem Augenblicke erfolgen, wo Anthony sich anschickte, das
Haus zu verlassen. Dann sollte man iyn packen und in den Keller bringen, sein Schreien sollte nötigenfalls erstickt werden. Pauline sollte nichts davon erfahren. Es waren Anstalten getroffen worden, daß sie am nächsten Morgen zu einem Freunde ihres Onkels gehen und dort einige Zeit zubringen solle, unbekannt mit der Natur der Angelegenheit, welche die Verschworenen so plötzlich abgerufen hätte.
„Pauline," sagte Ceneri, „ich glaube, du solltest zu Belt gehen. Anthony und ich haben über Geschäfte zu sprechen."
„Ich will warten, bis Anthony fort» geht." sagte sie. „Aber wenn ihr zu sprechen habt, will ich mich ins andere Zimmer begeben."
Mit diesen Worten trat sie durch die Flügeltüre ins Nebenzimmer und ging ans Piano, wo sie sich niederließ, um für sich zu spielen und zu singen.
„Es ist schon zu spät, um heute noch von Geschäften zu sprechen," sagte Anthony, als seine Schwester das Zimmer verließ.
„Du solltest dennoch diese Gelegenheit benützen, denn ich muß England morgen verlassen."
Anthony, welcher seinen Oheim ohne Rechenschaftslegung nicht entschlüpfen lassen wollte, setzte sich wieder. „Nun gut," sagte er. „Wir brauchen aber keine Fremden dabei."
„Es sind ja eigentlich keine Fremden. Es sind Freunde von mir, welche die Wahrheit dessen, was ich dir zu sagen habe, bestätigeu werden."
„Ich will nicht, daß man über meine Angelegenheiten vor einem Menschen wie dieser hier, verhandelt," sagte Anthony mit einer verächtlichen Bewegung gegen Macari.
Die beiden sprachen in gedämpftem Tone. Pauline war nicht weit davon entfernt und keiner von beiden wollte sie durch laute Worte oder durch Anzeichen eines bevorstehenden Streites beunruhigen, aber Macari hörte die Bemerkung und sah die Gebärde. Seine Augen blitzten und er beugte sich gegen den jungen March vor.
„In wenigen Tagen werden sie vielleicht geneigt sein, mir freiwillig die Gunst zu gewähren, welche Sie mir unlängst verweigert haben," sagte er.
Ceneri bemerkte, daß die rechte Hand des Sprechers unter dem Rocke versteckt war; da dies aber eine Licblingsstellung desselben war. dachte er nichts dabei.
Anthony würdigte ihn keiner Antwort. Er wandte sich mit einem Blicke unsäglicher Verachtung von dem Menschen ab, mit einem Blicke, welcher ohne Zweifel Macari vor Wut fast non Sinnen brachte.
„Bevor wir von was anderem reden," sagte er zu seinem Onkel, „werde ich darauf bestehen, daß Pauline von jetzt an unter meine Obhut gestellt werde. Weder sie noch ihr Vermögen sollen die Beute eines ungebildeten, bettelhaften italienischen Abenteurers wie dieser Mann, Ihr Freund hier, werden." (Forts, f.)
Gemeinnütziges.
— Ueber den Nahrungswerl der Milch ist es von Wichtigkeit zu wissen, daß Eiweiß und Käsestoff, also stickstoffhaltige Bestandteile, dann Butter und Milchzucker, stickstofflose Kohlenwasser, stoffverbindungen darin enthalten sind. Der einzige Grund, weshalb die Milch
von vielen schwer verdaut wird, liegt wohl darin, das manche mit einem Male dem Magen zu viel Milch zuführen, statt dieselbe in kleineren und abgesetzten Schlucken zu genießen. Trinkt man mit einem Male ein volles Glas Milch aus, so bildet sich eine große zusammenhängende geronnene Masse im Magen, welche für die Verdauungssäfte undurchdringlich, undurchmischbar und überhaupt schwer zugänglich ist. Die Langsamtrinker, welche ein Glas Milch etwa in 3 Minuten konsumieren, haben den gesundheitliche» Vor- teil, daß sich die käsige Masse im Magen gut verteilt, in kleineren Stücken gerinnt und da die Magendrüsensäfte sich damit zu mischen vermögen, die Milch ganz leicht verdauen. Ungekochte, besonders frische Milch von der Kuh, ist Gesunden am besten bekömmlich. Die Aufbewahrung frischer Milch in luftdicht verschlösse- nen Kannen wirkt sehr nachteilig und verderblich auf die Qualität und Nährfähigkeit der Milch ein. Die wohltätige Wirkung der hinzutretenden reinen frischen Luft gipfelt in dem Umstande, daß durch das Lüften der frisch gemolkenen Milch eine lebhafte Wasservünstung veranlaßt, hierdurch aber Verdunstungskälte erzeugt, wobei der Fortschritt der Milchsäüregär- ung aufgehalten und vermindert wird. Allgemein aber werden auch durch guten Luftzutritt fremdartige, von der Milch leicht absorbierbare Gerüche anderer Keller- und Küchenlagerstoffe ferngehalten, welche sowohl die Qualität der Milch verringern und die hieraus gefertigten Produkte verschlechtern könnten. Die Milch darf uach dem Melken keinen Moment im Stalle hingestellt werden, muß im Hause oder Keller an geruchsfreiem Orte aufbewahrt werden. Ganz besonders empfänglich ist die Milch, aber auch emfind- lich für die Gerüche des Tabaks, des Terpentins und des Kampfers. Selbst in der Speisekammer muß die Milch vor jedem flüchtigen Riechstoff behütet werden. Die Krankenzimmerluft hat nicht nur einen schädigenden Einfluß auf den Geschmack, sondern auch auf den Nährwert der Milch und es empfiehlt sich, Milch, welche versehntlich wenige Minuten in der Schlafstube, im Krankenraume oder in der Nähe von mit scharfen Gerüchen behafteten Substanzen gestanden, wegzugießen, weil der Genuß solcher Milch stets gesundheitlich nachteilige Folgen hat, sie selbst dem Magen Gesunder nicht ohne Gefahr zugeführt werden darf.
StcrnöesbulH-GHvonik
der Stadt Wildbad vom 26. Mai bis 2. Juni 190s. Geburten:
25. Mai. Mayer, Gottlob Georg, Schrriner-
meister hier, 1 Tochter.
26. „ Zündel, Gottlieb Friedrich. Taglöh-
ner in Kohlhäusle, 1 Sohn.
24. „ Bauer, Valentin, Fuhrknecht hier, 1
Tochter.
Wetterbericht.
(Nachdruck verboten.)
— Bei vorherrschend westlichen Win- den und etwas kühlerer Temperatur ist für Samstag und Sonntag noch vorwiegend bewölktes, aber nur noch zu ver' einzelten Niederschlägen geneigtes Wetter zu erwarten.