Amtsblatt

für öie Stadt Witöbaö.

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Anzeiger

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Nro. 38.

Montag, den 2-ch März 1904,

40. Jahrgang

Rundschau.

Gestorben: 24. März zu Hall Prof. Reik, Zeichenlehrer am Gymna­sium und der Oberrealschule, 67 I. a., und Oberamtspfleger Fr. Krumrey, früher Oberamtssparkassier und Gemein­derat, Ritter 2. Kl. des Friedrichsordens; zu Nagold Ingenieur Cletus Klingler, Elektrizitätswerkbesitzer.

Befördert wurden u. a.: Postassi­stent Blanz in Wildbad zum Postsekre- tär daselbst, Postpraktikant Schwiz gä­be le zum Postafsistenten daselbst und Eisenbahnpraktikant 1. Klasse Hohen­acker zum Eisenbahnassistenten in Frie­drichshafen.

Tübingen, 22. März. (Sckiwurge- richt.) Als 2. Fall kam zur Verhandlung die Strafsache gegen den Steinbrecher Friedrich Herb von Loffenau, O.A. Neuen­bürg, wegen Verbrechens des versuchten Totschlags, Körperverletzung und Wider­stands gegen die Staatsgewalt. Am Stefansfeiertag 1903 kam der Angekl. abends betrunken in die Adlerwirtschaft in Loffenau. Bald geriet er mit den Gästen in Wortstreit, wobei er äußerte: Wer mich heute Abend anrührt, der ist kaput." Mit Eintritt der Polizeistunde entfernten sich die Gäste aus der Wirt­schaft und mit ihnen auch der Angeklagte. Auf der Haustreppe blieb er jedoch, während die übrigen vorausgingen, stehen, zog seinen Revolver und feuerte den Vorausgehenden 2 scharfe Schüsse nach, ohne indes zu treffen. Von Pflä- sterer Lehmann auf das Gefährliche seines Treibens aufmerksam gemacht, machte der Angekl. Miene, auf Lehmann loszugehen. Dieser versuchte ihm den Re­volver zu entreißen, beide wurden Hand­gemein, und im Ringen schoß Herb den Revolver noch zweimal ab. Eine Kugel drang dem Lehmann in die linke Achsel­hüfte ; das Geschoß sitzt heute noch fest. Die Behauptung des Angeklagten, er habe in Notwehr gehandelt, blieb uner- wiesen. Herb wurde hierauf wegen fahr­lässiger Körperverletzung und Widerstands zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt, unter Anrechnung der Untersuchungshaft von 2^- Mon. Die Wirte Karl Die» terich in Erkenbrechtsweiler und Ludwig Ganter in Tischardt, O.A. Nürtingen, haben sich im vorigen Herbst gegen das Weingesetz und gegen das Nahrungsmit- telgesetz vergangen. Dieterich hat einem Quantum von 500 Liter Wein 156 Liter Zvckerwasser und Ganter 170 Liter Wein 53 Liter Zuckerwasser beigemengt; den so vermehrten Wein brachten sie zu 60 und 70 Pfg. das Liter in ihren Wirtschaften zum Verkauf. Die Angeklag­ten machten geltend, der Zuckerzusatz sei

zur Verbesserung der Weine notwendig gewesen. Der Weinsachverständige behaup­tete aber das Gegenteil. Das Gericht stellte hienach fest, es haben die Ange­klagten durch Zusatz von wässeriger Zucker­lösung Wein in erheblicher Menge un­statthafter Weise vermehrt, denselben als Naturwein feilgeboten und verkauft und zum Zweck der Täuschung in Handel und Verkehr verfälschte Genußmittel unter Verschweigung dieses Umstandes ver­kauft. Hieraus wurde gegen Dieterich neben Einziehung des Weins auf 40 Mk. und gegen Ganter auf 20 Mk. Geld­strafe erkannt.

Tübingen, 23. März. (Schwurge­richt.) Eine Anklagesache wegen Münz­verbrechens, die sich gegen den verheira­teten Agenten und Kommissionär Johann Georg Kemmler in Reutlingen richtete, bildete den Gegenstand der heutigen Ver­handlung. Der Angeklagte war beschul­digt, er habe im Dez. v. I. oder anfangs Januar d. I. zu Reutlingen nachgemach­te» inländisches Metallgeld, nämlich eine Anzahl in derselben Form gegossener, aus Zinnkompofition bestehender, deutscher Zweimarkstücke mit dem Prägungszeichen

der Jahreszahl 1891 und dem Bild­nis Kaiser Wilhelms II., in Kenntnis ihrer Unechtheit sich verschafft und hievon in Reutlingen um dieselbe Zeit 6 Stücke in Verkehr gebracht, indem er bei Ein­käufen von Nahrungsmitteln und in Wirtschaften solche als echt an Zahlungs­statt hingab. Auf Grund des Wahr­spruchs der Geschworenen wurde der Angeklagte wegen Münzverbrechens zu der Gefängnisstrafe von 10 Monaten verur­teilt, unter Anrechnung von 2 Monaten der Untersuchungshaft. Die 5 falschen Zweimarkstücke wurden eingezogen. Wegen Vergehens der Gefährdung eines Eisenbahntransports auf der Bahnstrecke Rottenburg-Niedernau wurde heute der ledige Hammerschmied Johannes Walz in Rottenburg, gebürtig von Walddorf, O.A. Nagold, zu der Gefängnisstrafe von 1 Jahr verurteilt. Der Angekl. hat, wie er nach anfänglichem Leugnen einräumte, am 31. Januar d. I. abends zwischen 7 und 8 Uhr auf das Schienengleise der erwähnten Bahnstrecke mindestens 17 Stück teilweise bis zu 25 Kilo schwere Kalksteine, die er aus dem neben der Bahnlinie befindlichen Steinbruch der Lan­desgefängnisverwaltung herbeischaffte, nie- dergelegt, so daß die Entgleisung der beiden zwischen 8 und 9 Uhr fälligen Bahnzüge ermöglicht war. Der Angekl. will nicht an eine Entgleisung gedacht, eine solche auch nicht beabsichtigt haben, er habe nur ^ dem Bahnwärter etwas zu schaffen machen

wollen. Kurz vor 9 Uhr abends, als schon ein Bahnzug die Strecke passiert hatte, entdeckte der Bahnwärter Saile die Hemmnisse, fand auch mehrere Stücke eines zerbogenen Schienenräumers und Eisen­teile der Maschine. Der Schaden an dieser ist zu 15 Mk. veranschlagt. Da- mit hatte die Tagung dieser Session ihr Ende erreicht.

Der 17. Bundestag des Württem- bergischen Kriegerbundes findet am Sonn­tag, den 5. Juni in Ulm statt. Dabei werden die nunmehr von dem König ge­nehmigten neuen Bundessatzungen zur endgültigen Beschlußfassung beraten wer­den. Diese sehen an Stelle der seitherigen Vereinsdelegrerten zum Bundestag eine Versammlung vor, die in der Hauptsache aus den 64 Bezirksobmännern gebildet wird. Dadurch soll eine wirklich sachge­mäße Erörterung und Beschlußfassung ermöglicht werden, in der die einzelnen Vertreter des Landes zum Worte kommen können. Den Vertretern der einzelnen Vereine soll die Teilnahme an den Ver­handlungen mit beratender Stimme ge­stattet sein. Die Vertreter solcher Vereine, die Anträge zum Bundesrat eingebracht haben, werden jederzeit zu den Verhand- lungen zugelassen werden. Der Bundes­ausschuß soll ganz aufgehoben werden. Dafür wird das Bundespräsidium in ein geschäftsführendes, das in seiner Zusam­mensetzung dem bisherigen entspricht, und in ein Gesamtpräsidium verwandelt wer­den, das durch Hinzuziehen von 8 aus­wärtigen Mitgliedern, 2 aus jedem Kreise, gewonnen wird. In jedem Oberamt sollen Bezirksverbände gebildet werden, an deren Spitze die Bezirksobmänner stehen. Da­mit soll eine möglichst gleichheitliche und lebensfähige Organisation geschaffen wer­den.

Berlin, 25. März. Nach einem Telegramm des Gouverneurs Leutwein vom heutigen Tage hat Major von Estorff ab Wasserfall Okambita am 23. März gemeldet, daß er am 24. März in Okahandja eintreffen werde. Am 16. März sind am Omatakoberge die Hereros mit diesseitigem Verluste von 2 Toten und 2 Verwundeten zurückgeworfen wor­den. Die Verluste des Feindes betrugen 10 Tote. Am 19. März wurde ein Hererolager überrascht. 255 Rinder und 530 Stück Kleinvieh wurden erbeutet. Die Gegend nördlich von Okahandja bis zum Omuramba ist frei vom Feinde. Große Massen Hereros befinden sich am Waterberg und am unteren Omuramba und am oberen Swakop.

Der Kaiser hat das Seine getan,

; daß die Militärkapellen den Zivilmusikern keineSchleuderkonkurrenz" machen. Die