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von einer Partei auf den Schild erhoben I' zu werden; es sei ihm angenehm, daß ff da» nicht so gekommen sei, denn er sei^ kein Parteikandidat, sondern ein Kandi­dat des Bürgertums. Diese» habe nun freie Bahn, nachdem eine Einigung der ^ Parteien nicht zustande gekommen sei. Die Wahl eines Stadtvorstandes dürfte ^ keine politische sein, denn auf dem Rat- i Haus komme die Sache der Bürgerschaft zur Sprache. Da betreff» des Redners i hier das Gerücht verbreitet worden war, i er sei ein Pietist und habe Theologie studiert, so bezeichnet? er das als einen i Irrtum, er habe bloß ein Jahr im Stift zugebracht und dort nur geschichtliche und philosophische Studien gepflegt. Ebenso­wenig sei er ein konservativer Reaktionär; er sei durchaus liberal gesinnt und fühle sich als fortschrittlich gesinnter Mensch. Lebhafter Beifall folgte diesen Worten. Noch mehrere Redner empfahlen hierauf den Kandidaten.

Heilbronn, 19. Febr. (Telegr.) Bei der gestrigen Oberbürgermeisterwahl wurde Reg'crungS-Assessor Or. Göbel- Stuttgart mit 1459 Stimmen gewählt- Finanz - Assessor vr. S ig e l Stuttgart er­hielt 112V, Landger.-Rat SpeidebHeil- tronn 772, Landger.-Rat Gmeli»-Ra­vensburg 262 Stimmen. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 4291.

Göppingen, 16. Febr. Zum Fall Gutmann erfährt derHohenst.", daß dieser Tage beim Amtsgericht ein Brief von Bernhard Gutmann eintras, worin er bittet, gegen seinen Bruder, al» nicht­schuldigen Teil, Milde walten zu lassen. Auch seine eigene Schuld sei nicht so groß; er sei ein Opfer der Verhältnisse geworden und führe jetzt ein ziemlich trostlose» Dasein. Der Brief trug den Göppinger Stempel und muß also hier «ingeworfen worden sein. Es wird nun zunächst festgestellt werden müssen, ob der Brief echt ist.

Hall, 16. Febr. DerHaller Da­menkrieg" findet heute abend im Sool- badsaal eine interessante Fortsetzung. Die kampfeSsreudigen Haller Damen werfen den vielen tanzunlustigen Herren den Fehdehandschuh hin. Etwa 80 Damen der Museumsgesellschaft in verschiedenen Altersstufen veranstalten einen Masken­ball ohne Herren; ein weiterer Beitrag zur Frauenbewegung.

Pforzheim, 14. Febr. Bankdirektvr August Kayser, der seit 32 Jahren un­unterbrochen dem von ihm damals mit­begründeten Pforzheimer Bankverein vor­steht, hat heute sein 70. Lebensjahr zurückgelegt.

Pforzheim, 17. Febr. Dieser Tage hob die Polizei hier wieder eine Goldhehlergesellschaft auf. Als bei einem Arbeiter einer Silberwarenfabrik nach Modellen Haussuchung gehalten wurde, fand man bei ihm auch allerlei gestohle­nes Edelmetall und Goldwaren aus Ge­schäften, in denen der Mann früher tätig war. Es zeigte sich aber auch, daß noch zwei andere Arbeiter beteiligt waren. Der eine besaß früher selbst eine kleine Fabrik. Alle drei wurden verhaftet. Es sollen noch weitere Verhaftungen im Zusammenhang hiermit bevorstehen.

Pforzheim, 17. Febr. Einen sel­tenen Fang machte gestern ein hiesiger Herr Th. W. beim Angeln. Er fing lt. Pf. A. in einem Bache zwischen Wilfer­dingen und Königsbach eine Forelle von

82 Zentimeter Länge und 15 Pfund Gewicht. Nach sackverständigem Urteil dürfte dieser Fisch ein Alter von 1012 Jahren erreicht haben.

Pforzheim, 15. Febr. Die hiesige Gold« und Silberindustrie hat auch im vergangenen Jahre einen bedeutenden Fortschritt gemacht. Die Stadt zählt gegenwärtig über 700 Bijouteriefabriken, von denen etwa 400 mit Motorkraft, in der Hauptsache mit der durch da» städt­ische Elektrizitätswerk gelieferten Kraft und mit Dampfbetrieb arbeiten. Außer­dem sind noch da sehr viele Hilfsgeschäfte, Maschinenetuisfabriken, Steinschleifereien u. s. w. in denen z. B. Tafclgeräte, Ketten, Ringe, Ohrringe, Manschetten­knöpfe, Armbänder, Broschen, Stockgriffe, Etuis aller Arten, Bleistifthalter, Feder- Halter, Bonbonschachteln, Kämme, Gürtel­schnallen, die Bedürfnisse der Toilette und viele sonstige Dinge aus Silber, Gold und Double angefertigt werden. Verschiedene der hiesigen Bijouteriefabriken beschäftigen mehrere hundert, einige davon sogar bis zu 500 Arbeiter. Die Gesamt­zahl der in sämtlichen Bijouteriefabriken beschäftigten Arbeiter beträgt nach unge­fährer Berechnung etwa 20,000, von de­nen etwa 12000 in der Stadt selbst ihren Wohnsitz haben, während 8000 täglich zu Fuß und mit der Eisenbahn vom Lande herein in die Stadt kommen.

Essen a. R-, 17. Febr. Wie durch Anschlag an den Krupp'ichen Werken be­kannt gegeben wird, stellte Frau Geheim­rat Krupp anläßlich des Geburtstages ihres verstorbenen Gatten 500000 Mk. zum Weiterausbau der Jnvaliden-Kolonie Altenhof" zur Verfügung und stiftete gleichzeitig für jeden Kruppschen Arbeiter mit 25jähriger Dienstzeit, z. Zt. rund 2000 Personen, ein Geldgeschenk von 100 Mk. und ein Erinnerungszeichen.

Berlin, 16. Febr. Gouverneur Leutwein telegraphiert heute folgendes: Am 16. und 19. Januar hatte die Kompagnie Outjo Gefechte südlich und östlich des Platzes. Der Feind wurde zurückgeschlagen. Verwundet sind Haupt­mann Kliefoth und Feldwebel Glatzel. Als ermordet werden gemeldet die An- siedler Karl Behre aus Eutin, Peter, Farmer von Petersdorf, Franz Böttcher- Hamburg, Schwarz, Peter Hoy, früherer Eisenbahnunteroffizier. Frau Hoy wurde gerettet. Outjo ist nicht direkt bedroht. Gobabis ist infolge des Rückzugs des Feindes frei. Nach Outjo ist die ge­plante Expedition im Gange. Die nach Gobabis abgesandte Expediton setzt ihren Marsch dorthin behufs Säuberung des ganzen Distrikts fort.

Berlin, 17. Febr. Gouverneur Leutwein meldet unterm 16. Febr.:Die unter dem Befehl des Oberleutnants v. Winkler stehende Abteilung hat auf dem Marsch nach Gobabis am 11. Febr. die Farm Ausis überfallen und zahlreiches Vieh erbeutet. Der Feind hatte mehrere Tote. Unsererseits gefallen Dieffots, ver­wundet der Unteroffizier Bredow, der Reiter Liebe. Eine Sicherungsabteilung der Kompagnie Fische! vom Marinein­fanteriebataillon wurde auf dem Marsch nach Seeis überfallen. Der Angriff wurde indes mit einem diesseitigen Ver­lust von 3 Toten und 2 Verwundeten abgewiesen, deren Namen mir noch nicht > von der zuständigen Kommandostelle ge- ^ meldet sind.

Petersburg, 17. Febr. DerRuff. Telegr.-Agentur" wird aus Port Arthur von heute gemeldet: Nach dem Kampfe bei Port Arthur hat sich das japanische Geschwader mit einem Verlust von drei Schiffen nach dem Süden und nach Tschemulpo zurückgezogen.

Petersburg, 16. Febr. In hohen Kreisen in Petersburg klagt man dar­über, daß in der jetzigen Zeit der Not Rußland über keinen Mann verfügt, der in schneller Entscheidung mit eisernem Willen und klarer Ueberlegung die Dinge leitet, sondern auf eine Anzahl Bureau- kraten dritten Ranges angewiesen ist, denen jede Befähigung ebenso wie das Gefühl der Verantwortlichkeit mangelt, und daß selbst die Maßnahmen, welche die zuständigen Stellen in Ostasien auf Grund ihrer Kenntnis der Dinge treffen, durch Befehle von Petersburg aus ge­ändert werden können. Der Geschäfts­gang ist jetzt folgender: Alle Telegramme vom Statthalter Alexejew werden nicht nur dem Zaren persönlich behändigt, sondern auch in seiner Gegenwart de­chiffriert. Wenn der Zar sie gelesen hat werden sie dem Sekretär des Oftasia­tischen Komitees, Abazza mitgeteilt. Prä­sident des Komitees ist der Zar. Nach­dem Abazza von den Meldungen gebüh­rend Kenntnis genommen hat, werden sie dem Vizeadmiral Avellan und dem Kriegsminiller General Kuropalkm zuge­stellt. Erst auf Umwegen gelangt ihr Inhalt allmählich zur Kenntnis des Ministers des Auswärtigen. Andererseits ist Admiral Alexejew trotz seiner Würde eine Vizekönig» von Ostasien gezwungen, vom Admiral Avellan und dem General Kuropatkin, welche die Lage an Ort und Stelle nicht kennen, jeden Augenblick Befehle entgegenzunehmen. Diese Führ­ung der Geschäfte hat auch bereits ihre Folgen gezeitigt. So wird von Perso- nen, welche die Dinge ausgezeichnet kennen, versichert, daß die drei russischen Kriegsschiffe, die bei dem japanischen Angriff auf Port Arthur kampfunfähig gemacht wurden, im Außenhafen vor Anker lagen, gemäß den au» Petersburg vom Admiral Avellan gekommenen Weis­ungen, und nicht auf Anordnung des Admirals Stark, des Befehlshabers des Geschwaders.

SLanöesbrttH-GHronik

der Stadt Wildbad vom 12. bis 18. Febr. 1904. Geburten:

16. Febr. Fischer. Gottlob Friedrich, Taglöhner hier, 1 Sohn.

15. Febr. Härter, Jakob Friedrich, Holzhauer in Sprollenhaus, 1 Sohn.

Ehes chließungen:

13. Febr. Großhans, Robert Christian, Fuhr­mann hier und Wildenmann, Luise Karoline hier.

13. L»br. Gall, Christian Heinrich, Hausmeister

hier und Nothacker Auguste Wilhel­mine in Calmbach

Au i g e b o t e:

15. Febr. Fischer. Karl Gustav, Gipsermeister hier und Holzäpfel, Christiane Bar­bara von Simmozheim. Gestorbene:

11. Febr. Sixt, Philipp Friedrich, Kgl. Forst- wart in Rollwasser, 49 Jahr> alt

14. Febr. Mayer, Karl Robert, Sohn des Zim­

mermanns Karl Robert Mayer hier, 8 Monate alt.

I Der beste ist und bleibt der

I echte L»81«r!vI»1Lve.