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Uro. 22.

Ireitag, öen 19. Aebrucrr 1904.

40. Jahrgang

Rundschau.

Stuttgart, 16. Febr. Die in den letzten Wochen von dem Kontrolleur und der Kriminalpolizei in Stuttgart und Umgebung vorgenommenen Untersuchun­gen haben Weinfälschungen und Verfehl­ungen gegen das Weingesetz in großem Umfang zu Tage gefördert. In zahl­reichen Fällen sind Beschlagnahmungen des vorhandenen Weinlagers erfolgt, die nach oberflächlicher Schätzung insgesamt über 100000 Liter betragen. Es sind vorwiegend mittlere Weinhandlungen, bei denen ein Einschreiten notwendig wurde. Ein Fall betrifft ein Weinlager von etwa 32 000 Liter neuen Weinen, die nach dem Eingeständnis des Inhabers durch Bei­gabe von 6070°/o Wasser und einer großen Menge Zucker und verbotener Chemikalienverbessert" wurden. In diesen Fällen wurden die Keller polizei­lich geschlossen. Den vorhandenen Wein­vorrat wird man nach Beschluß des Ge­richts voraussichtlich laufen lassen müssen.

Stuttgart, 16. Febr. Der heutige Maskenumzug der Karnevalsgesellschaft Möbelwagen", der sich von der Gewerbe­halle aus durch eine große Anzahl von Straßen bewegte und fast 3 Stunden unterwegs war, wies gute Gruppen aus, wie überhaupt das Bestreben, dem Um­zug ein künstlerisches Gepräge zu geben, von Jahr zu Jahr immer mehr zur Geltung kommt. Trotz der naßkalten Witterung hielt eine große Menschen­menge die Straßen besetzt, auch hatte der Umzug viele Fremde uach Stuttgart gelockt. Eröffnet wurde der Zug von der Kleppergarde und von Fanfarenblä­sern, anschließend folgten humorvolle Gruppen, in welchen Ereignisse der jüng­sten Zeit ironisiert wurden. In erster Linie war es natürlich die Stuttgarter Hundesperre, die humoristisch in dem Hundesühnegericht" dargestellt war. An weiteren Gruppen wies der Zug auf: Transportables verschiebbares Doppel- theater für Oper und Schauspiel,Die Lusthausruine auno 1914". Kehrichtver­waltungsgesellschaft, Alkoholiker und Antialkoholiker im Kampf. Der Aufstand der Hereros kam gleichfalls zur Darstell­ung, ebenso die Gutmannaffäre in der Gruppe Die Ehrung des Gutedelsvon Göp­pingen". Besonders schön ausgestättet war der Prunkwagen der Göppinger Mineral­quellen zum 500jährigen Jubiläum und der PrunkwagenStuttgartia". Während des Umzuges herrschte in den Straßen ein lebhaftes Faschingstreiben.

Neuenbürg, 15. Febr. Ueber den bereits gemeldeten Totschlag des Land­wirts Joh. Schroth von Grunbach ist noch Folgendes nachzutragen: Die Ehe

war keine glückliche. In den ersten Jah­ren gsng es zwar leidlich, dann aber lebten die Eheleute fast immer in Un­frieden. Der Mann wurde von seiner Frau beschuldigt, er halte mehr zu seinen Kindern erster Ehe. Er soll ein recht­schaffener und fleißiger Mann gewesen sein, der allerdings ab und zu im Unmut über die häuslichen Zwistigkeiten zu viel trank. Die Frau mar als jähzornige Natur bekannt. Der grauenhairen Tat waren auch Streitigkeiten vorausgegangen. Die Nacht vorher brachte die Frau mit ihren 2 Knaben iw Stalle des Nachbar­hauses zu, angeblich weil ihr Mann sie hinausgeschlossen habe. Morgens beklagte sie sich beim Ortsvorsteher, der dann in das Schrothsche Haus ging um Frieden zu stiften, freilich ohne Erfolg. Etwa um 10 Uhr vormittags ging Schroth in das Gasth. z. Löwen und verblieb dort bis abends 7 Uhr. Der Wirt begleitete« ihn vorsichtigerweise nach Hause, weil er mit epileptischen Anfällen behaftet und auch etwas angetrunken war. Der Streit ging von Neuem los, und die Frau, die beim Nachtessen saß, schlug ihrem Mann, der angeblich auf sie zugehen wollte mit einem Kehrwisch so lange auf den Kopf, bis er niederstürzte und liegen blieb. Nachdem sie die Küche besorgt hatte, ging sie mit ihren Kindern zu Belt und be­waffnete sich mit einer sog. Ofenkrücke wie sie zu den Kindern sagte für den Fall, daß der Vater ihr etwas tun wolle. Nachts etwa 12 Uhr stand der Mann vom Boden auf. Als er Licht machen wollte, schlug ihn die Frau rück­lings mit der Ofenkrücke nieder, veran- laßte ihre beiden Knaben zur Beihilfe und schlug zunächst mit der Ofenkrücke und dann mit einem Rohrstiefel so lange auf den Mann ein, bis er kein Lebens-' zeichen mehr von sich gab. Die bis zur Unkenntlichkeit zugerichtete Leiche schleifte die Frau unter Beihilfe der beiden Kna­ben etwa 70 w weit vom Haus weg und warf sie in einen Wafferkandel. Nach der Rückkehr warf sie alles, was nicht niet- und nagelfest war, zum Fenster hinaus. Gegen Morgen weckte sie den Ortsvorsteher und sagte ihm,ihr Mann daheim werfe alles zum Fenster hinaus"; darauf weckte sie den Polizeidiener und sagte diesem, sie habeden alten Teufel totgeschlagen und ins Wasser gezogen." In der Mitte des Zimmers zeigte eine mit Stroh bedeckte Blutlache das Ent­setzliche, das geschehen war. Bei der Konfrontation mit der Leiche zeigte die Täterin keinerlei Reue. Aus ihren wir­ren Reden ist'wohl zu schließen, daß sie sich in eine Art Raserei hineingesteigert hat und die furchtbare Tat in unzurech­

nungsfähigem Zustande ausführte. Aus­geschlossen ist aber allerdings nicht, daß die Tat eine wohl überlegte und von langer Hand vorbereitere war. Die psychiatrischen Beobachtungen werden Licht in das Dunkel bringen.

Ein bedauerlicher Unglücksfall hat sich am Samstag in Unterreichen­bach durch das Scheuwerden von Pferden zugetragen. Ein Knecht fuhr einen Wagen voll Holz von der Betz'schen Sägmühle durchs Dorf, als die Pferde unruhig wurden und durchgingen. Dabei wurden sowohl der Knecht, als auch die Besitzerin des Holzes, Frau Pfrommei, überfahren. Der Knecht, der 40 Jahre alte Kärcher von Liebenzell, der in vier Wochen Hoch­zeit halten wollte, ist so schwer, besonders am Kopfe, verletzt, daß man an seinem Wiederaufkommen zweifelt. Die Frau hat einen Fuß zweimal gebrochen.

Eb Hausen, 15. Febr. Obgleich hier sehr viele Obstbäume sind, werden doch fast jedes Jahr ca. 800 Ztr. ausländi­sches Mostobst eingeführt; um nun das Geld hiesür künftig in der Gemeinde behalten zu können, hat Schultheiß Deng- ler kürzlich ca. 500 Obstbäume bestellt und an die Einwohner zum Selbstkosten­preis abgegeben. Es ist dies eine er­freuliche Tatsache, welche den Bürgern großen Nutzen bringen möge.

Cannstatt, 16. Febr. Die hiesigen Zahnärzte haben sich erboten, eine Un- tersuchung der Volksschulkinder auf Mund- und Zahnpflege klassenweise und zunächst unentgeltlich vorzunchmen und die Be­handlung im Fall des elterlichen Ein­verständnisses ebenso zu übernehmen. Die bürgerlichen Kollegien haben sich mit dem Anerbieten zunächst auf ein Jahr einverstanden erklärt.

Heilbronn, 15. Febr. Im Falken­saal fand heute eine Versammlung der Freunde der Kandidatur Göbel statt, die sehr gut besucht war. Konditor Gemein­derat Mössinger begrüßte die Erschiene­nen und gab seiner Freude darüber Aus­druck, daß alle Schichten der Bürgerschaft in der Versammlung vertreten seien. Sodann empfahl er den Kandidaten Dr. Göbel, da derselbe nicht bloß ein sehr tüchtiger Berwaltungsmann sei, sondern auch das Herz auf dem rechten Fleck habe. Dr. Göbel sei der einzige gewesen, der auch der Handwerker in seinem Programm gedacht habe, und er könne auf Grund seiner Erkundigungen in Stuttgart den Kandidaten der Handwerkerschaft bestens empfehlen. Dr. Göbel erschien später selbst noch in der Versammlung und wurde leb­haft begrüßt. Er gab seiner Freude über die zahlreiche Versammlung Ausdruck und betonte dann, er hätte befürchtet,