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sters Hegelmaier, der sich in dem dortigen SanatoriumKonstanzer Hof" befindet, innerhalb kurzer Zeit ganz erheblich ge­bessert hat. Es ist sicher, daß in kurzer Frist bleibende Wiederherstellung des Patienten und Wiedereintritt dessen völli­ger Leistungsfähigkeit in Aussicht zu nehmen ist. Es scheinen also diejenigen recht zu behalten, welche den Beschluß der bürgerlichen Kollegien, dem Ober­bürgermeister die sofortige Pensionierung anzubieten, als zu übereilt bezeichnelen und die Ansicht vertraten, daß vor einer definitiven Beschlußfassung der Kurerfolg in einer Spezialheilanstalt abzuwarten sei. Oberbürgermeister Hegelmaier wird dar­über nicht unglücklich sein, wenn er be­gründete Hoffnung haben darf, die von der Stadt Heilbroun zu leistende Pension noch recht viele Jahre lang (er ist erst 56 Jahre alt) in chester Gesundheit zu beziehen.

Heilbronn, 25. Jan. Als bis jetzt einziger Bewerber um die hiesige Stadtschultheißenstelle ist Landgerichtsrat Gmelin von Ravensburg aufgetreten. Sein Bewerbungsgesuch ist heute früh eingelausen.

Dessau, 26. Jan. Herzog Friedrich von Anhalt ist gestern Abend verschieden. Der Herzog stand im 73. Lebensjahr. Er regierte seit 1871. Thronfolger ist Erbprinz Leopold Friedrich, geb 1856, vermählt mit Marie Prinzessin von Baden.

Berlin, 25. Jan. Ernste und be- trübende Nachrichten sind heute aus un- serem südwestafrikanischen Gebiet einge­troffen. Ein Telegramm aus Berlin meldet: Der Kommandant des Habicht übermittelte folgendes durch einen Kaffer- läufer aus Winühoek vom 17. Jan. über- brachteS amtliches Telegramm: Windhoek ist dauernd bedroht und stark befestigt. Durch die Einstellung sämtlicher Pflich­tigen und Buren wurde die Garnison auf 230 Mann gebracht und zum Teil beritten gemacht. Die zweite Kompagnie ist vom Süden her im Anmarsch. Em Gebirgsgeschütz wurde von Rehoboth zu- rückgeforderr. Außerdem sind hier 2 Maschinengewehre. Seit dem 12. d. hat man keine Nachricht aus Okahandja. Die Entsatzversuche sind mit großen Verlusten gescheitert. Die Patrou­illen wprden sämtlich zurückgeschlagen. Am 15. Jan. war ein erfolgreiches Er­kundungsgefecht bei der FarmHoffnung". Gefalle» sind Leutnant Boysen, 1 Unter­offizier und 6 Mann. 5 Ansiedler wurden mit Frau nnd Kindern ermordet. 5 He­rerohaufen marschieren gegen Windhoek.

Der Gouverneur für Deutsch- Südwest-Afrika Oberst Leutwein wird den Oberbefehl über die gesamte Truppen­macht erhalten. Diese wird nach dem Eintreffen der Verstärkungen mehr als 20 000 Mann betragen. In den nach, sten Tagen wird die Ankunft Leutweins in der Nähe von Windhoek erwartet.

Berlin, 21. Jan. Der Kaiser ge­nehmigle die 228 Millionen-Anleihe der Stadt Berlin. Das Reichspostamt ordnete mit Wirkung vom 1. Februar die allgemeiue Einführung des Nachtdien­stes im Fernsprechwesen des Reichstele­graphengebiets unter einander und mit Bayern, Württemberg und Oesterreich an.

Berlin, 21 Jan. 100 Mk. für dos beste lyrische Gedicht setzt derDeutsche Kunstverein" in Berlin in einem Preis­ausschreiben aus, dessen Bedingungen von der Geschäftsstelle dieses Vereins

(Berlin >V., Schönebergufer 32) auf Verlangen an jedermann gratis und franko gesandt werden.

London, 21. Jan. Edison erklärte einem Besucher, er gedenke demnächst ei­nen Apparat fertig zu stellen, welcher es ermöglichen soll, daß sich die Teilnehmer eines Telefongesprächs gegenseitig sehen.

Ueber die gewaltige Feuersbrunst, der in der Nacht zum Samstag die ganze norwegische Stadt Aalesund zum Opfer fiel, liegen noch folgende nähere te­legraphische Mitteilungen, zumeist aus Christiania, vor: Der Brand in Aalesund entstand um 2'/r Uhr nachts in der Fabrik der Aalesund Präscrvering Kom­pagnie. Ein Kapitän und seine Mann­schaft waren die ersten, die das Feuer entdeckten und sofort Lärm schlugen. Schon um 3 Uhr war alles in größter Verwirrung. In nicht mehr als zwei Stunden war der größte Teil der Stadt niedergebrannt. Die Bevölkerung konnte nichts anders machen, als vorm Feuer flüchten, das sie weiter und weiter aufs Land Hinaustrieb. Das Ganze gestaltete sich beinahe vom ersten Augenblick an als Flucht, während der man anfangs versuchte, etwas zu retten. Vieles wurde auf die Straße gebracht, aber die Schnel­ligkeit des Feuers war so rapid, daß man alles liegen lassen mußte, um nur das Leben zu retten. Wie der Magistrat von Aalesund mitteilt, befinden sich 1011 000 Menschen halbnackt auf den Feldern vor der Stadt. Die Kinder sind vorläufig in einer Kirche einquar­tiert. Ein Teil der Erwachsenen ist zu­nächst bei der Landbevölkerung unterge­bracht.

Christiania, 24. Jan. Beim hies. deutschen Generalkonsulat ist gestern abend vom deutschen Kaiser ein Tele­gramm eingegangen, das etwa folgender­maßen lautet:Ich bin tief erschüttert durch die Nachricht von dem Unglück, das Aalesund betroffen hat. Hilfe ist orga­nisiert. Generaldirektor Ballin wird morgen einen Dampfer von Hamburg abgehen lassen mit Krankenpflegerinnen, Proviant, Kleidern, Verbandsstoffen usw. Ich bitte Sie, mich davon zu unterrichten, wessen man am meisten bedarf."

CH ristiania,25. Jan. Der deutsche Kaiser richtete an den hiesigen Konsul ein Telegramm folgenden Inhalts: Die Phönica" ist Nachmittags 3 Uhr abge­segelt. Sie bringt alles Nötige mit zur Lebenserhaltung und Hilfe für 4000 Menschen, sowie Zelte, Baracke» und große Vorräte Bauholz. Ferner Zimmer­leute zur Herstellung provisorischer Ge­bäude. Für Lebensmittel für Frauen und Kinder ist speziell Fürsorge getra­gen. 3 Aerzte, 12 Krankenpfleger und 10 Schwestern sind an Bord.

Der Kaiser teilte Herrn Balling mit, daß er für die Hilfsaktion 10000 Mark aus seiner Privatschatulle beisteuerte.

Aalesund, 25. Jan. Die Verteilung der Lebensmittel am Quai geht unter gewaltigem Andrang vor sich. Es fehlt allen Gesellschaftsklassen an Lebensmittel. Heute wird man bereits warme Kleid­ung austeilen können. Die Hilfsangebote werden mit dankbarer Begeisterung an­genommen, und viele sind zu Tränen ge- rührt über die Hilfe des deutschen Kai­sers. Während der Auswanderung aus der Stadt kamen mehrere Personen zu Schaden. Einige Kranke wurden von Schlaganfällen betroffen und starben.

Ein dicker, übelriechender Rauch hüllt die Brandstätte ein.

Kopenhagen, 25. Jan. Das Ma­rineministerium hat ein Kriegsschiff mit Proviant, Kleidungsstücken und Decken nach Alesund abgesandt. Das Kriegs­ministerium sendet heute abend 520 Zelte und Proviant ab. Unter dem Vorsitz der Kronprinzessin Louise hat sich hier ein Hilfskomite für Aalesund gebildet.

Der Prozeß der Gräfin Lonyai gegen ihren Vater, den König der Bel­gier, wegen der Hinterlassenschaft der Königin Henriette soll am 9. Februar in Brüssel beginnen. Wird die Güterge­meinschaft der Eltern nachgewiesen, so dürfte sich der Anteil der Gräfin auf rund 15 Mill. Frcs. belaufen. Angeblich will die Gräfin auch gegen die von dem König vollzogene Schenkung seiner Güter an das belgische Volk Einspruch erheben,

Grziehung im <Aeer.

(Schluß.)

Für den Württemberger liegt es nahe, an eine im ganzen Land wohlbekannte Geschichte sich zu erinnern, wie einmal abends unser König einen biederen Ka­nonier der den Landesherrn nicht er­kannte und ihn um Erlaubnis zum Mit­fahren bat, da er so spät daran sei und deshalb Arrest riskiere aus seinen Jagdwagen auflud und rechtzeitig zur Kaserne in Ludwigsburg brachte.

Weniger bekannt ist folgender Fall: Als im Hohenlohischen vor einigen Jah­ren die Manöver waren, erblickte der Adjutant des Königs unter den Zuschau­ern den früherenBurschen" desselben aus der Zeit, da der König als Oberst Dienste tat. Der Offizier meldete es dem König, und vor der ganzen Volksmenge begrüßte der König seinen einstigen Bur­schen aufs freundlichste. Heute noch er­zählt der ehemaligeBursche" des Prin­zen Wilhelm und jetzige wohlhabende Gastwirt seinen Gästen, wie ihn der- begrüßt habe.

In den genannten Fällen haben sich­erlich die beteiligten Fürsten ihrer Würde nichts vergeben, wohl aber durch ihre Freundlichkeit das monarchische Gefühl bei den zunächst Beteiligten und darüber hinaus in weiten Kreisen gestärkt und gesichert.

So sollte auch unser Offiziers- und Un­teroffizierskorps dasVolk in Waffen" behandeln und dadurch die militärische Autorität stärken. Jeder Truppenführer hat es in der Hand, in dieser Weise gün­stig auf seine Untergebenen einzuwirken. Auch hievon einige Beispiele:

Der Oberst N. eines württembergischen Regiments hielt bei seinen Mannschaften stets aufs eiserne Manneszucht und strengste Pflichterfüllung und gab ihnen, den schwäbischen Weingärtnern, Bauern und Arbeitern, namentlich manch kräftige Staadrede über ihrSaufen" zu hören. Aber gerecht und wohlmeinend war er. Als er die Reservisten entließ, da sprach er ihnen gegenüber es offen aus, wie er gerne mit ihnen ins Feld gezogen und sicher gewesen wäre, daß das Regiment seine Schuldigkeit getan hätte. Wer etwa im Lauf seiner Dienstzeit auch die Strenge des Dienstes und des Kriegsgesetzes er­fahren habe, solle nun im Zivilberuf es wieder gut machen. Jedenfalls sollen sie ihr altes Regiment stets in Ehren hal­ten und auch ihren alten Oberst nicht vergessen. Ein donnerndesAdieu, Herr