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B;e rrnischtes.
— Zu den Sold a ten-Mißhan d- lungen schreibt ein Offizier a. D. Nach Einführung der zweijährigen Dienstzeit ist die Infanterie „überlastet und nervös" geworden. Was früher mit Aufbietung aller Kraft i» 3 Jahren erreicht wurde, soll jetzt bei der Infanterie und Feldartillerie in 2 Jahren geleistet werden, wobei die Anforderungen nicht etwa herabgesetzt, sondern im Gegenteil erhöht worden sind. Unaufhörliche, das ganze Jahr durch sich hinziehende Besichtigungsn greifen störend in die Ausbildung ein und lassen die Offiziere aller Grade nicht zur Ruhe kommen; unausgesetzt wird der Wetteifer gesteigert, jeder will das Beste leisten, und hierdurch wird ei» Zustand der Unruhe, der Aufregung, der Nervosität geschaffen, der nicht zum Besten des Heeres dient und der leider dadurch klar zu Tage tritt, daß jedes Jahr die Zahl der durch nervöse Herzleiden und andere Nervenleiden dienstuntauglich gewordenen Offiziere und Mannschaften in geradezu erschreckender Weise anwächst. In früheren Zeiten, d. h. bis mitte der achtziger Jahre, war es selten, daß junge Offiziere wegen Krankheit den Dienst verlassen mußten, heutzutage werden jedes Jahr 150—18p Leutnants dienstuntauglich, ein unumstößlicher Beweis für die Ueberiastung. Diese ewigen Besichtigungen und dieser ewig spielende Wetteifer haben aber die weitere Folge, daß bei wenig günstigen Leistungen jeder Vorgesetzte immer wieder den Nächstniederen hiefür verantwortlich macht, so daß am Ende der Stufenleiter der Kolporalschaftsführer für das Ungeschick seiner Leute verantwortlich ist. Hat nun der Unteroffizier einige geistig oder körperlich weniger gut beanlagte Leute, so sollen auch diese in der Ausbildung nicht Zurückbleiben; sie müssen nachgebcacht werden, und nun kommt der psychologische Moment, in welchem sich der Unteroffizier nicht mehr zu helfen weiß und zu Ueberanstrengungen der Leute oder zu Mißhandlungen sich Hinreißen läßt. Durch diese ewigen Besichtigungen ist eine Unruhe in das Offizierskorps getragen worden, die zum größten Schaden des Dienstes wirkt; kein Hauptmann ist in gegenwärtiger Zeit seiner Zukunft sicher, für alles und jedes soll er die Verantwortung tragen; kein Wunder, daß auch er die Anforderungen an die Unteroffi ziere und Mannschaften auf das höchste steigert. Soll dieser schädliche Zustand aufhören, so müssen in erster Linie die Besichtigungen aus das notwentigste beschränkt werden, was ohne weiteres ausführbar ist, da die höheren Vorgesetzten stets Gelegenheit haben, durch kurze Anwesenheit bei den verschiedenen Hebungen die Untergebenen in ihren Leistungen kennen zu lernen. Die Infanterie muß wieder ruhiger werden, die Nervosität muß verschwinden. In vielen Fällen werden sich die gewöhnlichen Mißhandlungen, welche zumeist aus Anlaß des Nachexerzierens u.s.w. Vorkommen, durch ununterbrochene Ueberwachung vermeiden lassen, wobei aber das Aufsichtspersonal frisch sei» muß und nicht durch vorangegangenen langen Dienst erschöpft und mißmutig gemacht sein darf. Ein Hauptmittel aber wäre es, wenn die körperlich und geistig besonders schlecht beanlangten Leute, denen man ihre Fähigkeit schon
im Gesicht ablesen kann, nicht ausgehoben, sondern der Ersatzreserve überwiesen würden. Jede Kompagnie und jede Batterie erhält jährlich 2—3 solcher Leute, wenn nicht mehr, und diese Leute haben alsdann infolge ihrer Ungeschicklichkeiten am meisten zu leiden und erschweren den Unteroffizieren den Dienst. Solche Leute gehöre» nicht zur Truppe; wir haben jedes Jahr eine Menge von Ueberzähligen, so daß es gar keinem Anstand unterliegt, diese Leute nicht einzustellen. Dann wird mancher Stein des Anstoßes aus dem Weg geräumt sein.
— Aus Stuttgart schreibt der „Fr. Ztg." ein Leser: Vor mehr als 35 Jahren war auf der hiesigen Hofbank der Geh. Hofrat v. Keller als erster Direktor angestellt. Der Zufall wollte es, daß der Hühneraugenoperateur H. ehemals sein Mitschüler gewesen war und der Fußdoktor ließ es sich absolut nicht nehmen, den Bankdirektor stets und so oft er nur irgend konnte, mit „Rudolf" und „Du" anzureden. Er machte von diesem „Recht" einen so ausgiebigen Gebrauch, am liebsten wenn hochgestellte Persönlichkeiten in der Gesellschaft des Herrn Geheimen Hofrats waren, daß es diesem schließlich doch lästig wurde. Eines Tages nun, als der Schulkamerad wieder mit der Anrede: „Nun Rudolf, wie gehts Dir?" begann, ersuchte ihn Rudolf, in die Nebenstube zu treten. Dann beauftragte er einen Angestellten, eine Flasche Sekt zu bringen. Erstaunt fragte der Operateur den befreundeten Direktor, was denn das eigentlich zu bedeuten habe, war aber schwer enttäuscht, als dieser, mit dem Glase anstoßend, sagte: „Lieber Freund, wir wollen uns von jetzt ab wieder Siezen!"
—. (Aus der Reichshauptstadt.) Die Hilfsbereitschaft der Berliner zeigte sich dieser Tage wieder einmal recht deutlich. In der Potsdamer Straße hatte ein Droschkenkutscher das Unglück, gegen einen großen Korb mit Blumentöpfen, der gerade verladen werden sollte, anzufahren, sodaß der Korb umfiel und die Pflanzen größtenteils beschädigt wur- den. Der Eigentümer verlangte Ersatz und der Droschkenkutscher mußte schweren Herzens sämtliche Blumen kaufen. Da trat ein älterer Herr plötzlich an die Droschke heran, nahm einen Blumentopf und bot ihn dem Verkauf aus. Eine Dame erwarb die Pflanze; das Publikum drängte sich heran, und innerhalb weniger Minuten war der gesamte Vorrat geräumt. tzDer eigenartige Verkauf hatte sogar noch einen Ueberschuß ergeben und der Kutscher fuhr freudestrahlend von dannen. — Eine trotz des ernsten Hintergrundes sehr erheiternd wirkende Geschichte erzählt die „Pankower Ztg." von den Freuden eines Hausbesitzers." Sie schreibt: Ein Herr R., der sich in der verlängerten Koloniestraße ein Haus gebaut hat, hatte das zweifelhafte Vergnügen, eine aus Stube und Küche bestehende Wohnung an einen sogenannten „Fünfminuten-Arbeiter" unter der Bedingung der Pränumerands-Mietezahlung zu vermieten. Leider ließ der ueue Mieter sich gar nicht erst aus Mietezahl, ung ein, und da alle Mahnungen auf schriftlichem Wege und durch den Hausreiniger kein Gehör fanden, fühlte sich der Hauswirt vor einigen Tagen selbst veranlaßt, ihm morgens seinen Besuch
abzustatten. „Wat, Miete berapen?" kam es fast mit Enrrüstung aus dem Munde des Genannten. „Nich in die Tüte!" „Ja, dann muß ich Sie exmittieren!", sagte Herr R. „Packen Sie Ihre Sachen und ziehen Sie morgen bis mittag." Der Mieter brach in Lachen aus, öffnete die Küchenlür und rief seiner besseren Ehehälfte zu, indem er mit dem Daumen über die Schulter hinweg auf den Hausherrn zeigte: „Mutter, der sagt, wir sollen ziehen:" „Ziehen?" sagte die Gattin. „Der hat wohl 'nen Nagel? Wir ziehen nich'" — »Dann werfe ich Sie hinaus, und die Sachen bleiben hier," entgegnete der Wirt, „Männeken, det lassen Se man sindt" bemerkte der Mieter kaltblütig. „Wat, Sie woll'n Hauswirt sind und kennen nich enmal det Gesetz? Nischt kennen Sie mich nehmen, reene jar nischt, wat ick habe, brauche ick!" Der Hauswirt biß sich auf die Lippen. Ehe er sich zu einer Antwort fassen konnte, trat der kaltblütige Mieter auf ihn zu und sagte; „Wissen Se wat, Herr R., jeden Se mich zehn Meter, denn ziehe ick heute noch!" Herr R. trat erstaunt einen Schritt zurück. „Zehn Mark wollen Sie obendrein von mir noch haben?", rief er. „Das wäre ja noch schöner!" „Wenn nich denn nich!" entgegnete der Mieter gleichgültig. „Verklagen Se mir, und ehe ick nich von't Gericht gezwungen werde auszuziehen, eher jehen wir nich. Schmeißen Se mir aber eigenhändig 'raus, jehe ick mit meiner Familie nach det Zentralhotel und logiere dort auf Ihre Kosten." — Der Hauswirt griff in die Tasche und holte die verlangte Summe hervor. „Bong, machen wir!" sagte der Mieter, „ick bin en Mann von Wort." Hierauf öffnete er das Fenster und pfiff seine beiden Jungen. „Willem! August! kommt mal schnell ruff, wir ziehen!" — Eine Stunde später fuhr ein bepackter Handwagen von dem Hause des Herrn R. hinweg.
Gemeinnütziges.
— Feigen üben einen heilsamen Einfluß auf Magen und Eingeweide aus und empfehlen sich stets bei Verdauungsstörungen. Aber auch alle, die an den Atmungsorganen leiden, sollten sich der Feigen als Hausmittel bedienen. Einen ausgezeichueten Brusttee erzielt man durch Abkochung von gewöhnlichen Gersten und Feigen und einer Hand voll Rosinen. Bei Zahngeschwüren werden schon seit langer Zeit Feigen angewendet; die Feigen werden dabei der Breite nach durchgeschnitten, in lauwarmer Milch aufgeweicht und aufs Geschwür gelegt.
(Heißes Wasser als Heilmittel.) Ein englischer Arzt schreibt: Geringe Kopfschmerzen hören bei gleichzeitiger Applikation von heißem Wasser auf den Nacken und die Füße bald auf. Eine in heißes Wasser getauchte, rasch eingewundene Serviette auf den Magen gelegt, wirkt fast augenblicklich gegen Kolik. Nichts kuriert rascher eine Lungenkongestion, eine Halsentzündung oder einen Rheumatismus wie Heißwasser-Kompres- sen. Eine mehrfach zusammengelegte, in heißes Wasser getauchte und dann ausgewundene Serviette auf die schmerzhafte Stelle gebracht, bringt bei Zahnschmerzen und Neuralgien rasch Erleichterung.
Redaktion, Druck und Verlag von A. Wildbrett in Wildbad'
Telephon Nro. 33.