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Helm und erwiderte mit folgendem Trink­spruch: Von tiefer Dankbarkeit erfüllt bitte ich Ew Majestät, in Gnaden deu Ausdruck meines innigsten Dankes ent­gegennehmen zu wollen. Für die freund­lichen Worte, mit welchen Ew. Majestät mich soeben bewillkommnet haben, sowie für den herzlichen und glänzenden Em­pfang, den mir die stets gastfreie und ewig schöne Kaiserstadt an der Donau Ew. Majestät Residenz bereitet hat. Nichts konnte mir willkommener sein, als dem Wunsche Ew. Majestät entspre­chend hieherzueilen, um meinen in Ehr­furcht geliebten erhabenen Freund und Bundesgenossen zu begrüßen. Der An­blick Ew. Majestät stolzer Regimenter war mir eine Herzensfreude, denn deu Bund unserer Länder tragen und festigen unsere beiden Heere zum Wohle des Friedens und Europas. Wenn ich mein Glas nunmehr auch auf das Wohl Ew. Majestät erhebe, bitte ich zugleich, der Dolmetsch der Gefühle aller Deutschen im Reiche sein zu dürfen, wenn ich dem Wunsche Ausdruck gebe: Gott segne und erhalte Eiv. Majestät und Ihr erlauchtes Haus! Seine Majestät der Kaiser und König Franz Joseph Hurrah! Tie Ver­sammlung stimmte begeistert ein. Um 8'/s Uhr fuhren beide Majestäten zur Festvorstellung in die Hofoper.

Wien, 18. Sept. Kaiser Franz Joseph ließ dem Reichskanzler Grafen Bülow sein von Hovowitz gemaltes, lebensgroßes, Bildnis überreichen. Der Reichskanzler Graf Bülow stattete nachmittags dem Grafen Goluchowski einen 1^2 stündigen Besuch ab.

MntearHotl-ten-es.

Im Banne der Rache.

Von O. Elster.

1) ^Nachdruck verboten.)

Freudiger Art schienen diese Gedanken nicht zu sein. Er hatte m früher Jugend schwer um sein Leben zu kämpfen gehabt. Sein Vater, der Historienmaler Rudolf Peukert, war früb gestorben. Eine ideal angelegte Natur hatte er wohl, einen guten künstlerischen Ruf, aber wenig materielle Güter hinterlassen und seine Witwe mußte zu dem Erwerb einer Zimmervermieterin greifen, um sich und ihre drei Kinder durchzubrmgen. Ihr ältester Sohn Gustav war zur Marine gegangen; ein unbezwinglicher Drang hatte ihn in die Welt Hinausgetrieben, jetzt war er Maschinist in der Kaiserlichen Marine und befand sich auf einem Kriegs­schiff in Ostasien. Ihre Tochter Emma heiratete einen Kaufmann, Eduard Schulz, der in der Neuen Friedrichstraße eine kleine Droguen-Handlung betrieb. Ihr jüngster Sohn Johannes hatte das Talent seines Vaters geontet. Unterstützungen wohlhabender Verwandten und ein Sti­pendium ermöglichten Johannes den Be- such der Akademie; sein Talent ver­schaffte ihm einige Gönner, er arbeitete in den Ateliers berühmter Künstler, er verkaufte auch einige Bilder, aber der Beruf eines ernst strebenden Künstlers war von jeher ein dornenvoller. Auch Johannes erfuhr manche bittere Ent­täuschung. er mußte sein Talent in den Dienst des Kunsthandwerks stellen, wollte er sich und seine kränkelnde Mutter auf anständige Weise durchs Leben bringen. Er gab Zeichenunterricht, er arbeitete für kunstgewerbliche Geschäfte, er machte das

Zeichenlehrerexamen, um sich um eine Anstellung an irgend einer Schule be­werben zu können.

Es war ein mühevolles, arbeitsames Leben, welches er führte. Nur die Hoff­nung, doch noch die Höhen der freien Kunst zu erreichen, sowie ein schöner Idealismus und die Liebe zu seiner Mutter, die alle Entbehrungen, alle Mühe in sorgender Treue mit ihm teilte, hielten ihn aufrecht. Ein hell leuchtender Son­nenstrahl fiel in sein dunkles Leben, als er Cläre von Helden kennen lernte.

Er gab Zeichenunterricht in einem vornehmen Pensionat des Westens. Cläre von Helden war seine Schülerin. Sie war die Tochter eines höheren Negier- ungsbeamtcn, eines stolzen, vornehmen Mannes. Eine Mutter bcfiß sie nicht mehr; ihre ältere Stiefschwester war an einen Hauptmann a. D. von Oettekint verheiratet, in dessen Hause sic nach dem Tode ihres Vaters Aufnahme fand. Cläre von Helden, ebenfalls eine künstlerisch angelegte Natur, und Johannes lernten sich kennen und lieben. An eine Verbindung war aber nicht zu denken, solange Jo­hannes sich nicht eine selbstständige, an­gesehene Stellung in der Welt erworben hatte. Die Familie von Helden gehörte der vornehmen Gesellschaft Berlins an, ebenso Hauptmann von Oettekint, dem man freilich nachsagte, daß er Schulden halber seinen Abschied aus dem akciven Dienst hatte nehmen müssen. Der Haupt­mann hätte vielleicht der Werbung Jo­hannes keine allzngroßen Hindernisse in den Weg gelegt, er war gutmütig, ein wen'g leichtsinnig. Seine Gattin jedoch, Amalie von Helden, war von einem Hoch­mut auf ihren Namen und Stand beseelt, der jede Annäherung eines armen Künst­lers und Zeichenlehrers unmöglich machte.

Dennoch würde Johannes diese An­näherung versucht haben, schon um Cläres willen. Aber diese selbst bat ihn instän­dig von jedem Versuch einer solchen An­näherung abzustehen und der Gedanke an diese Weigerung Cläres, ihr Vechält- niß zu veröffentlichen, bereite Johannes manche trübe Stunde.

Welchen Grund hatte Cläre, ihre Verlobung so geheim zu halten? Wenn sie das mündige Alter auch noch nicht erreicht hatte, so war sie doch alt genug, um selbstständig über sich verfügen zu können. Sie war allerdings abhängig von ihrer Schwester und ihrem Schwager, da sie selbst kein nennenswertes Vermö­gen besaß. Aber Johannes fühlte sich stark genug, auch für sie noch zu sorgen, seine Verhältnisse hatten sich in den letzten Jahren wesentlich gebessert, er war ständiger Mitarbeiter an mehreren illust- rirten Blättern geworden und hatte be­gründete Aussicht, eine feste Anstellung als Zeichenlehrer zu erhalten. Er durfte mit Stolz von sich sagen, daß er sich durchgerungen hatte, daß er festen Boden unter den Füßen fühlte, daß er sein Ziel, eine selbstständige, ehrenvolle Stellung in der künstlerischen Welt in nicht allzulanger Zeit erreichen würde.

Und dennoch die Weigerung Cläres, ihr Geschick ihm anzuvertrauen! Er hatte die Empfindung, als ob ein Ge­heimnis hinter dieser Weigerung verbor­gen sei, als ob Cläre nicht ganz offen und wahr zu ihm wäre, als ob sie ihm etwas verbergen wollte, das bestimmenden Einfluß auf ihr Leben besaß.

Als er in Gedanken versunken dasaß, f nahmen nicht weil von ihm ein Herr und eine Dame Platz. Der Herr, in einen feinen Pelzüberrock gehüllt, mochte die Vierziger kaum überschritten haben. Sein gelblich blasses Gesicht zeigte einen klugen, fast verschmitzten Ausdruck, der durch ein leicht spöttisches Lächeln noch erhöht wurde, das um seine Lippen schwebte. Die Dame war eine stattliche Erscheinung, von einigen dreißig Jahren. In ihren dunklen Augen glühte eine innerliche, gewaltsam beruhigte Leiden­schaft; eine nervöse Hast lag in allen ihren Bewegungen und um ihre scharf geschnittenen Lippen zuckte es oft, wie in anfflammender Grausamkeit. Ihr dunkles Gesicht war von einer dämonischen Schön­heit, die aber nicht erwärmen konnte, sondern ein Gefühl der Scheu, eine Empfind­ung der geheimen Furcht vor dem Ausbruch einer verderblichen Leidenschaft erweckte.

Der Herr und die Dame sprachen leise zusammen, ohne auf Johannes Rück­sicht zu nehmen. Johannes ward auf­merksam auf das Paar durch ein spötti­sches Auflachen der Dame, er blickre hinüber und schrak leicht zusammen. Er erkannte Frau von Oettekint, die Schwe­ster Cläre von Heldens.

Frau von Oettekint kannte den jungen Künstler nicht, dieser brauchte daher einer Begegnung mit ihr nicht auszu­weichen, aber er fühlte instinktiv, daß diese Frau mit den scharf gezeichneten Zügen, den leidenschaftlich aufflammenden schwar­zen Augen, mit dem spöttischen Lächeln um den Mund, seine natürliche Gegnerin sein mußte, und tiefer drückte er sich in den Winkel hinein, so daß der Scharten der Säule, an welcher sein Tischchen stand, ihn fast vollständig bedeckte.

Bon dem Gespräch des ihm fremden Herrn und der Schwester Cläre's ver­stand er kein Wort. Nur als sich die Beiden erhoben, hörte er, wie der Herr sprach:Aber nehmen Sie sich mit dem Mittel in Acht, gnädige Frau. Es ist nicht ungefährlich."

Man könnte wohl einen Menschen mit ihm tödten?" fragte Frau von Oette- kint lächelnd.

Allerdings, meine Gnädige," enr- gegnete der Herr ernst.

Es war Johannes, als leuchte es in den dunklen Augen der Dame unheimlich auf und zucke es über ihr Antlitz, wie ein blitzartiger Gedanke. Doch im näch­sten Augenblicke reichte sie dem Herrn lachend die Hand und sagte:Unbesorgt, lieber Doktor. Ich werde ihre Tinktur sicher aufbewahren."

Dann verließen beide das Cafö, ohne auch nur einen Blick auf den einsam dasitzenden Johannes geworfen zu haben.

(Fortsetzung folgt.)

Vermischtes.

(Ueber Lebenslauf und Ende eines vielgenannten Aben­teurers) wird aus München berichtet: Eugen Pfannenstiel, der frühere Geheim­sekretär des Fürsten Ferdinand von Bul­garien, ist vorige Woche in Prüfening bei Regensburg an Lungenschwindsucht gestorben. Pfannenstiel war der Sohn eines hohen fürstlichen Turn- und Taxis- schen Beamten. Er besuchte in Regens­burg das Gymnasium, mußte aber schlim­mer Streiche wegen die Anstalt verlassen. Nachdem er sich zu Hause in neueren Sprachen ausgebildet, ging er nach Sofia