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Lssro. 112

Mittwoch, 23. Septembev 1903.

39. Jahrgang

Rundschau.

Stuttgart. Die Polizei hat in neuerer Zeit Hunde zu ihrer Hilfe ein­gestellt, vorerst vier Stück, die an Be­amte der äußeren Reviere verteilt wur­den und in 46 Monaten ausgebildtt sein sollen. Solche Polizeihunde haben sich anderwärts, z. B. in Gent, ganz gut bewährt. Es werden nur deutsche Schäfer- Hunde verwendet von wolfsähnlichem Aussehen, von denen das Stück etwa 100 Mk. kostet. Jeder Hund bleibt stän­dig einem Bezirk zugeleilt und muß der Reihe nach mit sämtlichen dort Dienst tuenden Beamten arbeiten. Auf dem Wege zu seinem Arbeitsgebiet wird er an der Leine gehalten, und auch während des Dienstes soll er immer möglichst nahe beim Beamten bleiben. Es sei denn, daß er zur Auskundschaftung einer Oe-tlichkeit ansgesandt wird. Im Dienst trägt er einen Maulkorb, der mit einem elastischen Kautschukriemen am Halse be­festigt ist. Sobald der Hund etwas Ver­dächtiges meldet, wird der Maulkorb rasch abgestreift und hängt nur frei am Halsband. Bei Regenwetter ist der Hund mit einer wasserdichten Decke aus Segel­tuch versehen. Die Tiere sind sehr wach­sam. Sie merken und melden jedes ver­dächtige Geräusch von Einbrechern oder versteckten Personen und stellen Stromer und Messerhelden vorzüglich. Seit man in Gent Wachhunde im Gebrauch hat haben sich d e Einbrüche, Ucberfälle und nächtliche Radauszenen auffällig vermin­dert.

- In Conweiler wurde der seit einige» Tagen vermißte etwa 60 Jahre alte frühere Sägereibesitzer Friedrich Jäck erhängt aufgefunden.

Am 13. Mai schlug in Schön­bronn, Oberamts Nagold, der 16jähr. Christ. Fried. Hammann das 4jähr. Söhnchen seines Binders, Rudolf, in barbarischer Weise tot. Der Mörder stand am 18. ds. vor der Tübinger Straf­kammer, wurde aber freigesprochen, weil er schwachsinnig ist, und einer Aiistalt überwiesen. Der Mörder und sein Opfer waren miteinander nach Wildberg ge­gangen. In der Nähe- eines Wäldchens setzte sich der kleine Rudolf müde zu Boden. Hammann zog ihn aber am Arm in die Höhe und in das Wäldchen hinein, dort warf er ihn zu Boden und schlug ihn erst mit einem Stecken, dann mit einem großen Stein auf das Gesicht und Kopf und stach auch mit einem Messer auf ihn los, bis das Kind tot war. Nach vollbrachter Tat schleifte er die Leiche tiefer ins Gebüsch hinein, damit sie nichts gefunden werden sollte. Hammann er-^ zählte den ganzen schauerlichen Vorgang

vor Gericht ohne Bewegung. Auch in diese,» Fall muß man wieder fragen, j warum solche geistesschwache Leute erst dann in eine Anstalt gebracht werden, wenn sie ein Unglück angerichtet haben.

Tübingen, 17. Sept. Der Linden­wirt Matthäus Deeg in Linsenhofen OA. Nürtingen, hatte im Herbst 1902 eingestampfte spanische Trauben selbst eingekeltert und den erzeugten Wein ordnungsmäßig behufs.Versteuerung an- ! gezeigt. Die amtliche Aufnahme ergab ^09 Liter Wein in einem Faß mit 650 j Liter Eichgehalt. Bei einer späteren ^ Weinvintation wurden in jenem Faß j647 Liter Wein vsrgefunden, also 238 s Liter mehr, als Deeg gekeltert hatte. iD'e von der Weinbauversuchsanstalt ^ Weinsberg an einer Probe vorgenommene i Untersuchung stellte fest, daß der frag- , liche Wein nach einer chemischen Zusam- > mensetzung als ein stark gewässerter und stark verzuckerter Wein anzusehen sei, welcher im Extraktgehalt öen gesetzlichen Bestimmungen nicht entspreche und als Knnstwein unter § 2 Ziff. 4 des Reichs- strafgesetzes vom 24 Mai 1901 falle. Vom Kameralamt Neuffen wurde dem Deeg deshalb wegen Umgeldsgefährdung die Strafe von 130 Mk. uebst 16 Mk. 63 Pfg Kosten auferlegt. Gegen diesen Straf­bescheid stellte Deeg den Antrag auf ge­richtliche Entscheidung mit der Begründ­ung, er habe sich keiner strafbaren Hand- lung schult ig gemacht, da die in jenem Faß mehr Vorgefundenen 238 Liter Wein davon herrührten, daß er mit früher schon versteuertem Weinbestand jenes Faß voll gefüllt habe. Dieser Angabe schenkte die hiesige Strafkammer auf Grund der Beweisaufnahme keinen Glau­ben und verurteilte, der Tüb. Ehr. zu­folge, den Angeklagten zu der Geldstrafe von 150 Mk. nnd Tragung der Kosten.

Tettnang, 20. Sept. Ein in der ganzen Umgebung bekannter Kegelmaier aus R. hatte aus der Kegelbahn einem Obsthändler durch Wetten 500 Mk. abgespielt und soll einige Tage darauf in Meckenbeuren vom gleichen Obsthänd­ler über 1000 Mk. gewonnen haben. Der Brandschatzte konnte infolgedessen das aufgekaufte Obst nicht mehr bezahlen.

Innsbruck, 16. Sept. Aus einer kleinen Gemeinde am Eingang des Zil­lertals wird der Frkf. Ztg. folgendes heitere Jagdstücklein berichtet: Letzten Sonntag ging der Gastwirt auf die Reh­jagd. Am Reitherkogel schoß er einen Bock an, der aber davon lief nnd von den Hunden verfolgt, sich gegen St. Gest- traudi wandte, wo ihn wieder die Orts­jugend verfolgte. In seiner Not rannte er in ein an der Straße stehendes Gast­

haus und m die Wrrtsstube, wo er ßch unter dem Tisch versteckte. Die Wirtin und die Kellnerin waren ob des seltsamen Gastes nicht wenig erstaunt, noch mehr aber der heimkehrcnde Wirt, der in dem Tiere seinen entlaufenen Bock wiederfaud.

Berlin, 18. Sept. Die Schneefälle im Gasteiuer Tal haben nach einer Wie­ner Depesche des Lokalanzeigers das er­wartete Ende der Wafferkatastrophe nicht herbeigeführt. Diese dauert mit immer größerer Gewalt fort. Gastein ist im vollsten Sinne des Wortes abgesperrt Es kann kein anderer als telegraphischer Verkehr mit Bad Gaslein stattfinden. Die höher als Gastein gelegenen Ort­schaften sind von den Einwohnern ver­lassen, welche auf die Pableuberge flüch­teten. Der Ort Uggowitz im Ronaltale ist vom Hochwasser gänzlich vernichtet. Die Häuser sind buchstäblich unter Schutt nnd Geröll begraben. Der Ort Gmünd ist, da die Brücke über die Liescr abge­rissen wurde, abgesperrt. Auf der Lieser schwimmen offene Särge und Totenae- beine, welche von den Fluten auf den Kirchhöfen ausgewühlt wurden. Vollstän­dig vernichtet ist Leoben im Hatschtale. Dort wurden 32 Häuser von den Fluten weggerissen. Im Maltatale ist ein Förster­haus mit 9 Insassen fortgeschwemmt worden.

Amsterdam, 19. Sept. Expräsident Krüger begrebt sich zum Winteraufenthalt nach Mentone. Expräsident Steijn wird sich nach Südsrankreich begeben. Seine Gesundheit geht langsam vorwärts. Er kann wieder sehen und in beschränktem Maße gehen.

' Wien, 18. Sept. Bei der hentigen Galatafel in der Hofburg brachte Kaiser Franz Joseph folgenden Trinkspruch aus: Herzlich Willkommen heiße ich Ew. Ma­jestät und gebe der aufrichtigsten Freude Ausdruck, den treuen Freund und Bundes­genossen heute in unserer Mitte zu em­pfangen. Ew. Majestät sind durch Ihre Hierherkunft dem von mir gehegten Wunsche des Wiedersehens mit einer Be­reitwilligkeit entgegengekommen, die in mir das Gefühl warmer Erkenntlichkeit wachruft und das schon so feste Gefüge unserer gegenseitigen Beziehungen gewiß mit neu erhöhter Kraft ausstatten wird. Von dieser Zuversicht durchdrungen, bitte ich Ew. Majestät zu gestatten, daß ich dieses Glas auf Ihr Wohl und auf unsere unerschütterliche Freundschaft er­hebe und dabei ausrufe: Seine Majestät Kaiser Wilhelm lebe hoch! Die Anwe­senden stimmten begeistert ein nnd die Musik intonierte das Heil dir im Sie" gerkranz: Alsbald erhob 'ich Kaiser Wil-