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Rro. 7-L.

Areeitag, 26. Juni 1903

39. Jahrgang.

Rundschau.

Tie Wahl des Maurermeisters Karl Pfeiffer, Rothensol, O.A. Neuenbürg, zum Schultheißen dieser Ge­meinde wurde bestätigt.

Stuttgart, 23. Juni. Nach einer zweitägigen teilweise sehr lebhaften De­batte, in welcher gegen Baden, Bayern und die Schweiz sowie auch gegen Preu­ßen schwere Vorwürfe erhoben wurden dahingehend, daß diese Staaten die würt- tembergischen Eisenbahnen durch Umlei­tung des Verkehrs konkurrenzieren würden, ist heute einstimmig ein von den ver­schiedenen Parteien eingebrachter Antrag angenommen worden, in dem die Kammer die Regierung ersucht, das Interesse Württembergs an der gleichartigen Ent­wickelung des Eisenbahn-Verkehrs den anderen Eisenbahnverwaltungen gegenüber mit aller Entschiedenheit zu verfolgen und auf eine Beseitigung des derzeitigen sowohl dem Sinn und Zweck des Artikels 42 der Reichsverfassung als dem Grund­sätze einer einheitlichen deutschen Wirt­schaftspolitik wie dem Anspruch aller Bundesmitglieder auf Schutz gegen künst­liche Unterbindungen ihres Verkehrs durch andere Bundesstaaten widersprechenden Zustandes hinzuwirken. Sodann wurde noch mit 55 gegen 18 Stimmen ein An­trag auf Einführung der Kilometerheste angenommen.

Calw. Aus Anlaß der hier statt­findenden Landesversammlung desDeut­schen Lehreroereins für Naturkunde" wurde im neuen Schulhause in verschie­denen Schulsälen eine Ausstellung veran­staltet, die jedem Naturfreunde durch ihre Reichhaltigkeit und schöne Anord­nung etwas Ansprechendes bieten dürfte. Die Ausstellung ergänzt und illustrirl die bei der Versammlung gehaltenen Vorträge:Der Tannenwald, eine Le­bensgemeinschaft" und diegeognostischen Verhältnisse des Bezirks Calw." Ein großer Teil der Ausstellung ist darum dem Wald gewidmet. Ein richtiger Tan­nenwald mit allen einheimischen Nadel­hölzern, mit seinen charakteristischen Pflan­zen und Tieren ist im Schulsale einge­pflanzt, belebt von ausgestopften Tieren. Auch die menschliche Betriebsamkeit im Walde kommt zur Geltung. Eine prächtige Sägemühle und ein Floß beleben das Schwarzwaldtal, ein Kohlenmeiler mit Köhlerhütte und eine Blockhütte zieren seine Höhen Wie die Erzeugnisse des Waldes, insbesondere das Holz, verwen­det werden, das zeigenSichlers Stoff­sammlung," die halb- und ganz fertigen Fabrikate der Papierfabrik Höfen. Ferner sind ausgestellt sämtliche Holzarten, die Torfmoorpflanzen des Schwarzwaldes,

eine prächtige Geweihsammlung, sämtliche Farne, Moose, Pilzen und Flechten, große Jnsek ensammlungen (Käfer und Schmet­terlinge) Mineralien etc. Die Ausstell-^ ung bleibt noch bis Montag geöffnet Werktags von 35 Uhr, am Sonn- und Feiertag von 114 Uhr.

Altensterg, 22. Juni. Seit der Heb­ung von 5 Wohnhäusern durch Bauunter­nehmer Rückgauer aus Stuttgart herrscht hier eine rege Bautätigkeit, die sich noch steigern wird, da an der neuen Straße von der unteren zur oberen Stadt und nach Altensteig-Dorf noch eine Reihe von Neubauten erstellt werden. Sämtliche an der Straße liegenden Grundstücke sind als Bauplätze angekauft worden. Mehrere stattliche Gebäude in diesem neuen Stadtteil waren während des vorigen Sommers von Luftkurgästen be­wohnt. In Altensteig-Dorf wird die Kirche, eine der ältesten des Landes, gänzlich umgebaut.

(Schwurgericht.) Tübingen, 22. Juni. Für die heutige Schlußsitzung standen drei Fälle auf der T.O. Der 1. Fall betraf die Strafsache gegen den verh. Zimmergesellen Christian Herrmann von Dettingen O.A Rottenburg wegen Verbrechens wider die Sittlichkeit. Der Angeklagte war geständig. Die Geschwo­renen versagten demselben mildernde Umstände, worauf H. neben Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren zu der Zuchthaus­strafe von 4 Jahren verurteilt wurde. Im 2. Falle hatte sich wegen Meineids zu verantworten der verh. Schreiner­meister Gustav Schmid von Tübingen, jetzt Sägewerkbesitzer in Mösiingen O.A. Rottenburg. Schmid hatte in einem Zivilprozetz die Echtheit seiner Namens- unterfchrift bestritten und dies durch einen ihm zugeschobenen Eid bekräftigt. Die Verhandlung führte zur Freisprech­ung des Angekl. Der 3. von: Sams­tag auf heute vertagte Fall betraf die Strafsache gegen den verh. Zimmermei­ster Gottlieb Gaiser von Nebringen O.A. Herrenbe^g wegen Meineids. Auch hier erfolgte die Freisprechung des Angeklag­ten. Damit sind die Verhandlungen des Ouartals beendigt.

Ravensburg, 20. Juni. Gestern wurde dem Bierbrauereibesitzer Lutz in Zußdorf von einem bis jetzt unbekannten Täter Seife ins Bier geworfen, wodurch etwa 5000 Liter unbrauchbar gemacht sind.

Pforzheim, 23. Juni. Vorgestern abend stürzte das 4jährige Töchterchen des Goldarbeiters Gottlieb Stoll von einer 7st'r Meter hohen Einfriedigung

auf die es geklettert war, ab und war sofort tot.

Lindau, 22. Juni. Trotz eingeh­endster Untersuchungen ist es bisher noch nicht gelungen, die Ursache der Typhus-Erkrankungen in unserer Stadt festznstellen. Im übrige» scheint die Epidemie ihren Höhepunkt erreicht zu haben, nachdem sämtliche in den letzten 10 Tagen angemeldete Erkrankungsfälle auf zwei Wochen zurückdatieren. Die Gesamtzahl der Typhus-Erkrankten ein­schließlich der Typhusverdächtigen be- trägt 24. Gestorben sind an der Epi­demie 3 Personen.

Dresden, 14. Juni. (250000 Mk. verteilt.) Einer letztwilligen Verfügung des verstorbenen Kommerzienrats Bruno Naumann zufolge wurden gestern unter die Arbeiter der Firma Aktien-Gesellschaft vormals Seide! und Naumann 250000 Mark verteilt. Auf ein Jahr Tätigkeit entfielen je 16 Mk. Mancher langjährige Arbeiter erhielt bis zu 500 Mk. Am gleichen Tage ist eine Arbeiter-Jnvaliden- und Pensionskasse in Tätigkeit getreten, aus welcher Arbeitern, die 30 Jahre ununterbrochen in der Fabrik gearbeitet und das 65. Lebensjahr vollendet haben, eine lebenslängliche Rente von 600 Mk. jährlich ausgefolgt wird. Wer nach zehn­jähriger Arbeit in der Fabrik arbeits­unfähig wird, bekommt eine fortlaufende Unterstützung bis zu 300 Mk. jährlich. Auch kranke Arbeiter werden aus der Stiftung unterstützt. Ihr Grundkapital beträgt ebenfalls 250000 Mk. In dieselbe fließt jährlich ein Prozent des Reinge­winns der Firma. Die Arbeiter sind von der Beitragsleistung befreit.

Berlin, 23. Juni. Nach einer Ber­ner Depesche des Lokalanzeigers beabsich­tigt Leopold Wölfling in etwa 14 Tagen Fräulein Adamowitsch zu heiraten. Er will sich bemühen, das Schweizer Bürger­recht zu erwerben.

Königsberg, 23. Juni. Im Pro­zeß wegen Beleidigung des Hofpredigers Stöcker wurde der Redakteur Noske zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Der Gerichtshof nahm an, daß Stöcker Ewald objektiv etwas Unwahres gesagt habe. Es sei aber in keiner Weise erwiesen, daß er wissentlich oder fahrlässig einen Meineid ^geleistet habe. Mit Rücksicht auf d:e Schwere der Beleidigung sei wie geschehen, erkannt worden.

London, 21. Juni. Ein Augen­zeuge bei der Explosion erklärt, die De- lonation war furchtbar. Das ganze Dach der Fabrik hob sich in die Luft, und Wol- ken gelben Qualmes brachen hervor. Eine Fontäne von enormen Trümmermassen flog nach allen Richtungen und stürzte