Amtsblatt Anzeiger
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I^ro. 2S.
Montag, ä. März 1903
39. Jahrgang.
Rundschau.
Tübingen, 24. Febr. In öffentlicher Sitzung des Landgerichts wurde gestern die Svruchliste der Geschworenen für das im März beginnende Schwurgericht festgestellt. Es wurden u. a. durch das Los bestimmt: H. Lemppenau, Fabrikant in Höfen, K. A b e r l e, Kaufmann in W i l d b a d.
— Die Schwurgerichtssitzungen in Tübingen werden am 16. März eröffnet. Als Vorsitzender wurde Landgerichtsrat vr. Kap ff, Rottweil ernannt.
Anläßlich des Allerhöchsten Geburtsfestes Sr. Majestät des Königs sind den beiden Holzhauern Erhardt Blaich alt, von Enzklösterle und Wilhelm Gauß von Nonnenmiß in Anerkennung ihrer langjährigen treuen Dienstleistungen in den Staatswaldungen des Forstbezirks Enzklösterle eine Geldbelohnung von je 50 Mk. aus der Forstkasse nebst Diplom verwilligt worden.
— Angesichts des Todes des Herzogs Nikolaus ist es interessant, einen Blick aus die Erbfolgeverhältnisse in Württemberg zu werfen. Die heutigen 5 Stämme des Hauses Württemberg sind zurückzuführen auf die 5 Söhne des am 17. März 1797 verstorbenen Herzogs Friedrich Eugen von Württemberg. Seine Söhne waren: 1) König Friedrich (1754 bis 1816). 2) Herzog Ludwig (1756 bis 1807). 3) Herzog Eugen (1758—1822). 4) Herzog Wilhelm (1761—1833). 5) Herzog Alexander (1771—1833). Sein Sohn Alexander hinterließ aus seiner Ehe mit Marie, Prinzessin von Orleans, Tochter König Louis Philipps, den Herzog Philipp lgeb. 1838), aus dessen Ehe mit der Erzherzogin Maria Theresia von Oesterreich die Herzöge Albrecht (geb. 1865, vermählt 1893 mit Erzherzogin Margarete von Oesterreich, Witwer seit 24. August 1902). Robert (geb. 1871, seit 1900 vermählt mit Erzherzogin Maria Raineria von Oesterreich) und Ulrich (geb. 1877) stammen. Herzog Albrecht hat 6 lebende Kinder, 3 Söhne und 3 Töchter. Die Linien 1—4 sind evangelisch, während die Linie 5 infolge der Verehelichung mit katholischen Prinzessinnen katholisch geworden ist. Da König Wilhelm II. nur eine Tochter hat, die an den Prinzen Friedrich zu Wied verheiratete Prinzessin Pauline, und die Linie 2 und 4 nicht succesiionsfähig sind, so geht nach dem Ableben des Herzogs Nikolaus und damit verbundenem Erlöschen der Linie 3 im Mannesstamm das Recht der Thronfolge auf die katholische Linie 5 über. Wegen des hohen Alters der Herzöge Nikolans u. Philipp war übrigens Herzog Albrecht schon seit
Jahren, wie gemeldet, als der präsumlive Thronfolger betrachtet worden. Er ist Generalleutnant und Kommandeur der 26. Division (1. württ.) und Oberstinhaber des 73. österreichischen Infanterieregiments und bewohnt in Stuttgart das Kronprinzenpalais.
Neuenbürg, 27. Febr. In Den- nach ist heute früh gegen Vs 2 Uhr das Haus des Postboten Kübler total niedergebrannt.
Calw, 27. Febr. Infolge der warmen Witterung sind die Krokus in Zavelstein rasch aus der Erde gekommen und haben nun ihre Blüten entfallet. Der schönste Flor wird bei gutem Wetter in 8—10 Tagen zu sehen sein. Das Vorkommen der Pflanze ist jetzt nicht nur auf Zavelstein beschränkt, auch auf anderen Markungen, wie Röthenbach, Sommenhardt, Oberkollbach wird dieselbe neuerdings gefunden.
Pforzheim, 26. Febr. Im Bür- gcrausschuß wurde einstimmig eine Er- klärung angenommen, die in der Angelegenheit des Bahnhof-Umbaus gegen die von der Generaldirektion geplante Ueber- führung und Vorrückung des Bahnhof- gebäudes um 12 Meter Stellung nimmt und dagegen die Tieferlegung des Bahn- Hofplatzes und Unterführung zwischen Eilguthalle und Arbeiterwartesaal em- pfiehlt.
Pforzheim, 27. Februar. Der Billardkünstler Hugo Kerkau aus Berlin, wird am Samstag im „Kollosseum" auf- treten. Kerkau machte auf einem Riesen- turnier auf 21000 Points mit Jean Bruno 7156 Karambolagen hintereinan, der. Er schlug seinen eigenen bisherigen Weltrekord um fast 3000 Points. Fünf Tage spielte Kerkau bei diesem Turnier, ohne daß sein Gegner zum Stoße kam, diese Leistung erscheint geradezu phänomenal. In diesem Turnier spielt Kerkau die schwierige Grand Cadre-Partie (1 Ball im Cadre), wogegen es seinem Gegner gestattet ist, unter zwei Drittel Vor- gäbe, auch noch freie Partie zu spielen.
Frankfurr a. M., 27. Febr. Die älteste, (schon 287 Jahre bestehende) Zeitung Deutschlands, das „Frankfurter Journal", nationalliberales Partei-Organ für die Provinz Hessen Nassau, wird zum 1. April 1903 ihr Erscheinen einstellen.
München, 26.Febr. Nachdem sich der Prinzregent unmittelbar nach Beendigung der Ministerkrisis ins Gebirge begeben, nimmt man in hiesigen dem Hofe nahe> stehenden Kreisen wieder einmal an, daß Prinzregent Luilpold thatsächlich regierungsmüde ist und am 12. März, seinem Geburtstage, von der Regentschaft zurück- trete», wird. Für diesen Fall soll in
parlamentarischen Kreisen Geneigtheit bestehen, sofort eine Verfassungsänderung vorzunehmen und den Prinzen Ludwig zum König zu proklamieren.
München, 28. Febr. Wie uns aus Salzburg gemeldet wird, ist die Prinzessin Luise von Toskana bereits in Lindau am Vodensee einzetroffen, um in der Villa Toskana Wohnung zu nehmen. Ihre Mutter, die Großherzogin von Toskana, ist heute vormittag nach Lindau abgereist.
— Wie norddeutsche Blätter berichten, ist bei dem Fallissement des Bankiers Burghalter in Potsdam, Herzog AI brecht von Württemberg insofern von einem beträchtlichen Schaden verschont geblieben, als er bald nach seinem Weggang von Potsdam etwa 2 Millionen Mark, die er dem genannten Bankgeschäft anvertraut hatte, zurückzog.
Lokcrkes.
Wildbad, 2. März. Die auf gestern abend in den Gasthof z. „Sonne" einbe- rufene Versammlung, in welcher statt des angekündigten Herrn Th. Böcklen, Herr Redakteur Ehrler vom Handelsvcrtiags- verein aus Stuttgart sprach, war nur mäßig besucht. Wir werden auf die Aus- führungen des Redners, der ungeteilte Zustimmung erhielt, in ausführlichem Berichte zurückkommen.
Vermischtes.
— Ein köstlicher Satz befindet sich in einer kürzlich ergangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts in Celle. Das Gericht hatte über eine Beschwerde wegen eines gepfändeten Schweines zu entscheiden. In dem Erkenntnis heißt es: „Das Beschwerdegericht hat die Identität des gepfändeten Schweines mit dem Richter erster Instanz als erwiesen an, genommen.
— Wie die „Magdeb-Ztg." berichtet, begann in Newyork dieser Tage eine neue Agentur, die es sich zur Aufgabe gemachr hat, das Geld von faulen Schuldnern einzutreiben, ihre Thä- tigkeit; sie hat ein etwas sensationelles Mittel gewählt, um auf die säumigeu Leute einzuwirken. Die Gesellschaft verwendet große rote Wagen mit der Aufschrift „Sammler schlechter Schulden", die auf jeder Seite weithin sichtbar aufgemalt ist. Diese Wagen fahren vor das Haus des Schuldners und stehen dort vor der Thür, während ein Agent bei dem Schuldner vorspricht. Bei jedem folgenden Besuch bleibt dann der Wagen länger stehen, bis die ganze Schuld eingetrieben ist. Das Erscheinen der Wagen erregte allenthalben große Heiterkeit.