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den vom Reichstag angenommenen Antrag,! Rickert an. Die Stimmzettel müssen 91 Centimeter im Quadrat groß und vonjl mittelstarkem weißen Schreibpapier sein , und sind von dem Wähler in einem mit ! amtlichem Stempel versehenen Umschläge, , der sonst keine Kennzeichen haben darf, i abzugeben. Die Umschläge sollen 12 Centim. im Quadrat groß und aus un- durchsichtigem weißem Papier hcrgestellt sein; sie sind am Vorstandstisch in der i erforderlichen Zahl bereit zu halten und in Empfang zu nehmen. Jeder Wähler > hat nach Empfang deS Umschlages den . bereitgestellten Nebenraum zu betreten, , wo er unbeobachtet den Stimmzettel ^ in den Umschlag legen kann. Der Wahl. Vorstand hat alle Stimmzettel zurückzu- ! weisen die nicht in dem Nebenraum in , den Umschlag gelegt worden sind. ^
— Der BundeSrat hat es abgrlehnt, > einem ihm aus Gastwirtskreisen zuge- > kommenen Gesuch zu entsprechen, aus , seiner Verordnung vom 23. Jan. 1902 die Bestimmung zu beseitigen, wonach den , Angestellten in (Gast- und Schankwirt- schäften in jeder dritten Woche, in Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern in jeder zweiten Woche eine ununterbrochene Ruhezeit von 24 Stunden zu gewähren ist.
Berlin, 25. Jan. Zu dem Vortrag des Professors Delitzsch über „Babelund Bibel" schreibt Stöckers „Volk": „Daß Professoren das Lichtlein ihres Verstandes höher einschätzen als das unumstößliche Gotteswort, ist schon oft dagewesen. Aber hoffähig sind ihre Anschauungen noch nie gewesen. Das ist leider jetzt der Fall und erfüllt jeden Christen mit tiefer Betrübnis .... Wir haben nur den einen Wunsch, daß ein Mann erstehen möchte, der die moderne Oberflächlichkeit, die sich so gerne mit einem wissenschaftlichen Mäntelchen zu drapieren liebt, gründlich aufs Haupt schlüge. Geschieht's nicht bald, dann folgt in nicht zu ferner Zeit der Revolution der Wissenschaft die Revolution der Gasse. Revolutionen haben schon oft ihren Ausgangspunkt genommen bei den oberen bevorrechteten Klassen, den Protektoren der Wissenschaft." Die Allg. Evang. Kirchenztg. schreibt, Professor Delitzsch gehöre zu denjenigen Personen, die, wenn auch wider Willen, den Sozialdemokraten die brauchbarsten geistigen Waffen lieferten. Weit schwerer aber falle ins Gewicht, daß der Hof den Delitzschen Vorträgen beigewohnt habe, so daß alles, was mit der Offenbaruug, mithin mit dem Christentum, aus gespanntem Fuße steht, hierin den Ausdruck sympathischer Teilnahme zu erblicken glaube und daraus weitgehende Schlußfolgerungen ziehe.
— Der Kaiser soll sich nach der „Danz. Ztg." über Feierlichkeiten zu seinem Geburtstag kürzlich, wie folgt, ausgesprochen haben. „Ge riß freut es mich, wenn mein Volk mir dadurch Liebe und Verehrung bezeigt, daß es zu meinem Geburtstage Extrafeste veranstaltet und die Fenster mit brennenden Lichtern bestellt. Ich meine aber, die wirtschaftliche Not und der Mangel an Arbeitsverdienst ,st so groß, daß man der Armen gedenken möchte. Ich würde mich freuen, wenn ein Teil der zu Extraausgaben bestimmten Gelder im Interesse der Armen verwendet werden würde, sei es in direkter Zuwendung oder zur Be- schaffung von Arbeitsgelegenheit. Nament-
ilich die Gemeindeverwaltungen sollen das Wohl der ärmeren Ortsinsassen aus An- Ilaß meines Geburtstags pflegen. Seit einigen Jahren wird diesem meinem Wunsch etwas entsprochen, ich wünschte aber, die Beachtung des Wunsches wäre eine ausgedehntere. Mir wäre wohler und freudiger zu Mute, wenn ich wüßte, daß die Armen an meinem Geburtstage nicht darben, als wenn das schöne Geld schließlich in nichts zerfließt."
Petersburg, 25. Januar. Aus Anlaß der Rückreise des deutschen Kronprinzen nach Deutschland schreibt das Journal de Petersbourg: Alle, die Gelegenheit gehabt haben, Sr. kaiserl. Hoheit dem Kronprinzen während seines Aufenthaltes in unserer Hauptstadt näher zu treten, haben nicht verfehlen können, unter dem Zauber seiner Person zu stehen. Man hat die Unpäßlichkeit, an der der Prinz einige Tage gelitten hat, lebhaft bedauert. Vei diesem Anlaß haben die Sympathien, die er einflößt, noch Gelegenheit gehabt, sich zu verstärken. Er hinterläßt bei seiner Abreise die besten Erinnerungen in Rußland.
Vermischtes.
— Mit dem 1. Januar haben bekanntlich die Nickelz wanzigpfenniz- stücke die Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels verloren. Es wurden von ihnen in den letzten Monaten noch ganz beträchtliche Summen aus dem Verkehr gezogen. Man wird annehmen können, daß der noch im Verkehr befindliche Teil der überhaupt zur Ausprägung gelangten (5 Millionen) Nickelzwanzigpfennigstücke, vergegenwärtig etwa 16pCt. ausmacht, sich noch etwas verringern wird. Von den übrigen zur Einziehung gelangenden Münzsorten haben in der Zwischenzeit noch die silbernen Zwanzigpfennigstücke, von denen insgesamt für 5,7 Millionen Mark ausgeprägt waren, aus dem Verkehr einen Betrag von etwa 200 000 Mk. abgegeben. Bei den letzten zur Einziehung gelangenden Münzsorten, bei den goldenen Fünfmarkstücken, hat sich der noch im Verkehr befindliche Teil nicht geändert. Er beträgt immernoch 3,7 Millionen Mk. der von der ganzen zur Ansprägung gelangten Summe in Höhe von 27,9 Millionen Mark, etwa l3pCt.
— Einem eigenarrigen Falschmün- zertrik ist man in Berlin auf die Spur gekommen. Hier ist eine Anzahl Zwanzigmarkstücke beschlagnahmt, denen Gold im Werte von 3 Mk. entnommen worden war. Die Goldstücke sind vom Rand aus angebohrt, sodann vom inneren Kern der Münze eine Quantität Goldes im Werte von 3 Mk. herausgenommen, die Oesfnung mit Blei und Zinn gefüllt und der angebohrte Rand vergoldet. Die entwerteten Münzen sind am Klang und Gewicht leicht erkennbar.
(17000 Mk. Finderlohn.) Aus Wien berichtet die „N. Fr. Pr.": In Folge einer dieser Tage ergangenen Entscheidung des obersten Gerichtshofs mußte die Postverwaltung einem Soldaten des , Infanterieregiments Nr. 23 den stattlichen Finderlohn von 20000 Kronen ausbezah- len. Dieser Soldat fund eines Tages, als er mit dem Wachrapport in die Kaserne ging, auf der Straße einen mit Bindfaden umwundenen und versiegelten Sack.
Der Soldat hob den Sack auf, um ihn auf der Stationswache abzugeben. Unterwegs kam atemlos ein Postbedienstcter daher, der mit dem Ausrufe: „Gott sei Dank, da ist ja der Postbeutel!" dem Soldaten den Sack abnehmen wollte. Allein der Soldat gab denselben nicht aus der Hand, indem er erklärte, er müsse den vorgeschriebenen Dienstweg einhalten. Auf der Stationswache, wo der Soldat die Meldung erstattete, wurde der Postbeutel amtlich eröffnet, und es fand sich in demselben die stattliche Summe von 200000 Kronen. Der Postbeutel war unterwegs aus dem Postwagen herausgefallen. Der Infanterist reklamirte den gesetzlichen lOprozentigen Finderlohn, der ihm aber von der Postverwaltung mit der Begründung verweigert wurde,daß es sich hier nicht um einen Fund handle, da der Postbedienstere noch auf dem Wege den Postbeutel bei dem Soldaten entdeckte. In dem Prozesse, den der Soldat gegen die Verwaltung anstrengte, vertrat der klägerische Anwalt den Rechtsstandpunkt, daß nicht der Postbedienstete, sondern der Soldat als der Finder anzusehen sei. Wenn der Postbedienstete den Postbeutel „fand", so habe er ihn eben erst bei dem Finder gefunden. Alle Instanzen entschieden zu Gunsten des Soldaten, und durch das Urteil des obersten Gerichtshofes wurde die Post nicht nur zur Zahlung des Finderlohnes von 20 000 Kronen sondern auch zur Tragung der Prozeßkosten von 2400 Kr. verurteilt.
(Von der Sicherheit der russischen Eisenbahn. Das russische Eisenbahnwochenblatt „Shelesnja Nedelja" teilt folgende Scene auf der Permschen Bahn mit: Der Bahnwächter geht mit Signalen und Hammer bewaffnet seine Distanz entlang. — „Wohin?" fragte ich. — „Dort hat sich ein Riß in einer Schiene gebildet," antwortet der Wächter, indem er in die Ferne deutet. „Vor zwei Monaten etwa," fügt er hinzu, „die Schiene ist aber an den Enden noch heil." — So muß sofort der Bahnmeister davon informiert werden," rufe ich eilfertig. — nur nicht so hitzig! Wer wird sich selber schädigen! Warten wir lieber, bis die Schiene ganz aufplatzt, dann gibt es eine Belohnung," höre ich zur Antwort. — Auf mein Erstaunen erklärt der Mann, daß für das Auffinden eines Risses in einer Schiene keine Belohnung gezahlt wird, wohl aber für eine definitiv geborstene Schiene. Dafür gebe es drei, ja fünf Rubel Belohnung. — Man läßt die Schienen also ruhig aufplatzen, bis sie für die Gratifikationsansprüche reif sind!
(Verzweifeltes Mittel.) A., (Nachts auf dem Marktplatz): „Mensch: was machst Du denn hier unter dem Springbrunnen?" — B.: „Ach, ich habe mich um eine Stunde verspätet und da muß ich meiner Frau einreden, es hätte so furchtbar geregnet!"
(Backfischweisheit.) Lehrerin.- „ Was wissen Sie von Alexander dem Großen?" — Backfisch: „Er ging beständig auf Eroberungen aus!"
(Unangenehm.) — „Warum hast Du Deine Verlobung mit Fräulein Amalie zurückgehen lassen?" - „Ich habe nachträglich erfahren, daß sie ihre ganze Mitgift auf Wohlthätigkeitsfesten zusammengeküßt hat."