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Urs. 13.
IreiLag, 30. Januar 1903
39. Jahrgang.
Rundschau.
Stuttgart, 27. Jan. Der öffent- liche Notar Mayer von hier ist, wie ver. lautet, angeblich nach Aegypten flüchtig gegangen. Seine Frau hat gegen ihn eine Ehescheidungsklage eingereicht. Gegen Mayer soll die Voruntersuchung wegen Sittlichkeitsvergehen (H 174,1) und wegen Betrugs — verübt an seiner Ehefrau — eingeleitet sein.
Nagold, 26. Jan. Das Gasthaus zuw „Bären" hier ging durch Kauf um den Preis von 29 000 Mk. (samt Wirt schaftsinventar) an Ernst Blum, Gärtner, über. Die Uebernahme erfolgt am 1. März d. I. <
Cannstatt, 25. Januar. Ein an der Strecke Cannstatt-Untertürkheim be- diensteter Bahnwärter machte kürzlich von entfernten Verwandten in Frankreich eine Erbschaft von 19 000 Mk. Vor einigen Tagen konnte der Mann das Geld auf einer Stuttgarter Bank erheben; er hat 5 Kinder. Dieselbe Summe erbten aus der gleichen Hinterlassenschaft noch 2 weitere Personen im Oberamt Waiblingen.
HeiIbronn, 27. Jan. (G ü n st i g e r Kauf.) Dem Vernehmen nach hat seinerzeit das hiesige Bankgeschäft Gumbcl aus der Konkursmasse des ehemaligen Bankdirektors Fuchs in Heilbronn dessen Lebensversicherungspolice, lautend auf 50 000 Mk., um den Preis von 25000 Mk. gekauft. Nachdem nun Fuchs im Zuchthause gestorben, hat die Versicherungsgesellschaft dem Bankhaus Gumbel die 50 000 Mk. anheimzuzohlen.
U I m, 26. Jan. Vor einigen Tagen wurde die Leiche eines 40jährigen Mannes, der ein schweres Zementrohr um den Hals gebunden hatte, in der Donau gesunden. In dem Ertrunkenen glaubte man einen Zimmermann aus Neu-Ulm zu erkennen und rief deshalb einen Bruder und die Schwester des vermeintlichen Zimmermanns, um die Persönlich keit festzustellen. Die beiden Geschwister erkannten in dem Toten mit Bestimmtheit ihren Bruder, der schon längere Zeit nichts mehr von sich hören ließ und gaben ihre Aussagen zu Protokoll. Wie erstaunte aber die Schwester, als sie bei ihrer Heimkunft den Totgeglaubten frisch und froh in ihrer Wohnung antraf.
I s n y. Wie erinnerlich, wurde vor etwa Fünfvierteljahren der württember- gische Postwagen zwischen Röthenbach und Jsny ausgeraubt^ ohne daß der Thäter bis heute entdeckt wurde. Für den entstandenen Schaden von 10 000 Mk. muß nun nach Urteil des Landgerichts Ravensburg der damalige Posthal ter Jmmler in Jsny aufkommen.
Pforzheim, 27. Jan. In einer heute abend 8 Uhr im „Schwarzen Adler" Hierselbst stattgefundenen von ca. 1000 Personen besuchten öffentlichen Versammlung wurde über die die Interessen der Stadt eng berührende Bahnhoffrage gesprochen und ein vom Architekten Neutz angefertigtes und vorgelegtes Umbauprojekt erörtert. Die Versammlung erklärte sich einstimmig für eine Unter- führung und nahm folgende Resolution im Wortlaut an: Die heute abend im Saale des „Schwarzen Adler" tagende Bürgerversammlung erklärt 1) ihre Befriedigung mit der Absicht der Gr. Generaldirektion, die unhaltbaren Zustände am hiesigen Bahnhof abzustellen. 2) Die Versammlung hält aber die von der Großh. Generaldirektion vorgeschlagene Ueberführung mit Rücksicht auf die schon vorhandenen Steigungsverhältnisse als vollkommen unzweckmäßig, weil dadurch die Interessen sowohl der inneren Stadt, als auch des nördlichen Stadtteils, sowie der in dieser Richtung gelegenen Gemeinden verletzt würden. Geradezu Verwahrung legt sie aber ein gegen die Absicht der Generaldirektion, das Bahn- hosgebäude ca. 12 in, also nahezu bis zur Achse der Luisen- und Erbprinzenstraße in den Bahnhofplatz vorzuschieben, somit diesen zu verkümmern. 3) Die Versammlung ist nach Abwägung aller Gründe der Ueberzengung, daß nur eine Unterführung die zweckentsprechendste Lösung der Bahnhofsfrage und der Verbindung des nördlichen Stadtteils mit dem Innern bietet. 4) Mit dem von Herrn Architekt Neutz verfertigten und der Versammlung erläuterten Projekt erklärt sich die Versammlung einverstanden, weil dasselbe thatsächlich den Interessen der Stadt und ihrer Bürger, wie auch der interessierten Gemeinden dient; denn bei Ausführung desselben werden durch die Tieferlegung des Bahnhofplatzes die Steignngsverhältnisse der dahin führenden Straßen wesentlich vermindert. 5) Die Versammlung beauftragt das in dieser Sache bisher thätige Komite bei allen an der Lösung beteiligten Faktoren, insbesondere auch bei der Bürgervertretung, dahin zu wirken, daß das Neutz'sche Unterführungsprojekt anerkannt, von der Gemeinde beschlossen, und seitens der Gr. Generaldirektion auch zur end- giltigen und zwar schleunigsten Durchführung gelangt.
Pforzheim, 25. Jan. Der auf dem hiesigen Hauptbahnhof beschäftigte ledige Bahnarbeiter Philipp Vogel kam beim Rangieren und Ankuppeln der Wagen zwischen die Puffer, wodurch ihm j der Brustkorb eingedrückt wurde. Der
Verunglückte, welcher 25 Jahre alt ist wurde sofort nach dem Spital geschafft, wo er bald nach seiner Ueberführung starb.
Frankfurt a. M. Der Gesundheitszustand Wilhelm Jordans läßt seit einiger Zeit, wie dem „Hannov. Kur." gemeldet wird, recht viel zu wünschen übrig. Der greise Dichter, der noch bis vor Kurzem durch seine straffe Haltung auffiel, kann sich nur schwer mehr fortbewegen ; seine gewohnten Spaziergänge hat er ganz aufgeben müssen, und es ist ein ungewohntes Bild, Jordan in einem Krankenwagen sitzend, durch die Straßen der Stadl fahren zu sehen.
F r a n k f u r t, 28. Jan. Die „Franks. Ztg." meldet aus Newyork von heute: Im Vorortsverkchr ereignete sich gestern abend in der Nähr von Westfield (New- Jersey), 30 Kilometer von hier, eine gräßliche Bahnkatastrophe. Der von hier abgegangene Schnellzug einer in Verbindung mit der Jersey-Zentralbahn betriebenen Linie, der eine Fahrgeschwindigkeit von 100 Kilometer in der Stunde hatte, rannte in den eine Viertelstunde vorher abgegangenen Lokalzug hinein. Letzterer sollte auf ein Seitengeleise gebracht werden, um die Vorbeifahrtdes Schnellzugs abzuwarten, konnte indes dort nicht einfahren, da ein verspäteter Frachtzug ihn hinderte. Der Führer des Schnellzugs beachtete das Haltesignal nicht. Die Zahl der Toten beträgt annähernd 30, von denen 24 gefunden worden sind. 60 Personen sind schwer, 100 leicht verletzt. Die Verunglückten sind fast alle in Newyork beschäftigt.
Dresden, 28. Jan. Das zum Austrag der Eheirrung zwischen dem Kronprinzen und der Kronprinzessin eingesetzte besondere Gericht wurde heute vormittageröffnet. Wie verlautet, hat dasselbe auf Scheidung erkannt und ausgesprochen, daß die beklagte Partei die Schuld trägt. Da die Kronprinzessin als der allein schuldige Teil befunden wurde, hat sie keinen recktlichen Anspruch auf Alimentation. Doch hat ihr der Kronprinz eine jährliche Rente von 30000 Mk. bewilligt.
Hanau, 23. Jan. Das Fabrik- anwesen der Dunlop Pneumatik Company — es ist dies die Filiale der englischen Fabrik — ist fast vollständig ausgebrannt. Reiche Nahrung fanden die Flammen in den in der Fabrik benutzten Benzinvorräten. Der Schaden ist sehr groß.
Berlin, 27. Jan. Graf Ballestrem ist heute zum erblichen Mitglied des Herrenhauses ernannt worden.
Berli n, 26. Inn. Der Antrag des Reichskanzlers auf Aenderung des Reichstagswahlreglements zur Sicherung des Wahlgeheimnisses ist dem Bundesrat zugegangen; er lehnt sich durchweg an