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Eigentumsvorbehalt belastet war, seitens eines Goldwarenhändlers Widerspruch erhoben wurde.
Leipzig, 29. Dez. Die „Leipziger Zeitung" meldet, der Grund der Kronprinzessin, die Beziehungen zu ihrem Gemahl und dem Königshause abzubrechen, ist, wie wir auf Grund zuverlässiger Informationen mitteilen können, in seiner Entstehung ebenso wie in seiner schließ- lichen Ausführung, was durch inzwischen aufgefundene Belege re. untrüglich nach- gewiesen ist, einzig und allein auf das unerlaubte Verhältnis zurückzuführen, das die Prinzessin mit dem seit Anfang dieses Jahres im Kronprinzlichen Hause angestellt gewesenen, aus Belgien stammenden Lehrer unterhielt.
Berlin, 27. Dez. In militärischen Kreisen verlautet, wie das „Bert. Tgbl." zuverlässig erfährt, daß zum Geburtstage des Kaisers auf dessen Initiative ein Erlaß erfolgen soll, wonach sämtliche Sergeanten die sich tadellos geführt haben, nach 9jähriger Dienstzeit Vizefeldwebel werden sollen.
— Die Hinterbliebenen des verunglückten ReichstagSabg. Friede! erhielten vom preußischen Eisenbahnfiskus eine Entschädigung von 182 500 Mk. Friede!, ein Brauereibesitzer aus Oberkonnersreuth bei Bayreuth, verlor im Mai vorigen Jahres bei dem Eisenbahnunglück von Zschortau das Leben, als ec eben im Begriff war, zu den Reichstagssitzungen nach Berlin zu reisen.
Wien, 29. Dezember. Die heutige amtliche Wiener Abendpost wird eine kaiserliche Entschließung veröffentlichen, wonach der Kaiser den Verzicht des Erzherzogs Leopold auf Rang und Stellung genehmigt, seinen Austritt aus dem Heeresverbande und die Streichung aus der Liste der Ritter des Goldenen Vließes anordnet und die Annahme des Namens „Leopold Wölfling" gestattet.
— In Paris wurde kürzlich ein Aktenstück versteigert, welches den Entwurf zu der anmaßenden Erklärung in der französischen Abgeordnetenkammer enthält, welcher nach kurzer Zeit die Kriegserklärung folgte. Der Pariser „Temps" schreibt ehrlich und offen anläßlich einer Besprechung dieses interessanten Aktenstückes: Man kann den verbrecherischen Wahnsinn der kaiserlichen Regierung nicht verstehen, wenn man bedenkt, daß wir nach einer Erklärung so drohenden Tones jede erforderliche Ge- nugthuung erhalten hatten, auch die formelle Zurückziehung der Kanditatur des Prinzen von Hohenzollern, — eine Zurückziehung, die unter solchen Umständen einen wahren Rückzug Preußens bedeutete und all unsere Eigenliebe zufrieden stellen mußte! Und dieser selbe Herzog von Gramont war es, welcher im Einverständ- nis mit dem Kaiser und um der Kaiserin einen Gefallen zu thun, ein zweitesmal den Gesandten Benedetti zum Preußenkönig geschickt hat, nachdem alles zu unserer Genugthuung erledigt war — und zur Hellen Verzweiflung Bismarcks! All unser Unglück ist daher gekommen." — Wie offen und ehrenwert ist diese bittere französische Selbstanklage gegenüber der von dem Sozialistenführer Liebknecht unter die deutsche Arbeiterschaft geschleu- dcrien und von „deutschen" Sozialdemokraten immer wieder verbreiteten Lüge, die von einer „verbrecherischen Schuld des Fälschers der Emser Depesche" reden. Von Paris aus müssen viele Tausende
verblendeter deutscher Arbeiter die Wahrheit über die Entstehung des Krieges von 1870—71 erfahren!
WntörHattenöes.
Der kleine Lord.
Bon
Franccs Hodgson Burnett.
(20. Forts.) (Nachdruck verboten.)
Aller Augen richteten sich auf die schlanke Gestalt in schwarzer Kleidung, die den Fußweg herauf kam. Sie hatte den Schleier zurückgeschlagen, so daß man das süße, liebliche Gesicht und das lockige Haar, das weich und schimmernd unter dem Hute der jungen Witwe hervorquoll, deutlich sehen konnte.
Sie nahm die Leute nicht wahr, die sie anstarrtcn — sie dachte an Cedrik und seine Besuche, sein Glück über den eignen Pony und an sein liebes strahlendes Gesicht. Nach .einiger Zeit aber ward sie sich doch bewußt, daß sie der Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit war. Zuerst fiel ihr eine alte Frau in einem roten Mantel auf, die ihr einen Knicks machte, dann kam eine andre, die desgleichen that und dazu „Gott segne, Mylady!" sagte, und alle Männer nah. men die Hüte ab, als sie vorbeiging. Im ersten Augenblicke begriff sie die Sache nicht recht, dann aber ward ihr klar, daß diese Art von Huldigung der Mutter des kleinen Lords gelte, und ziemlich schüchtern und leife errötend erwiderte sie die Grüße und sagte mit sanfter Stimme zu der Frau, die ihr Segen gewünscht hatte.- „Ich danke Ihnen." Für jemand, der sein lebenlang im Hasten und Treiben einer amerikanischen Großstadt gestanden hat, waren diese ländlichen Ehrfnrchts- bezeugungen befremdend und fast peinlich, schließlich thaten sie ihr aber doch wohl «nd die Wacmherzigkeit, von der sie zeugten, rührte sie.
Kaum war sie in die kleine Kirche getreten, als das große, mit so viel Spannung erwartete Ereignis vor sich ging: Der Wagen vom Schlosse bog um die Ecke.
„Sie kommen," flog es von Munde zu Munde.
Thomas stieg ab, riß den Schlag auf, und ein kleiner Junge in schwarzem Samt mit einer schimmernden, blonden Mähne sprang heraus.
„Auf und nieder der Kapitän," hieß es unter den älteren Zuschauern. „Sein leibhaftiger Vater."
Da stand er im Hellen Sonnenscheine und beobachtete mit der liebevollsten Sorgfalt, wie Thomas dem alten Herrn beim Aussteigen half, und sobald er die Gelegenheit gekommen glaubte, streckte er ihm die Hand hin und bot seine Schulter zur Stütze, als ob er sieben Schuh hoch wäre — Angst hatte der nicht vor seinem Großvater, so viel war gewiß!
Stütz dich nur auf mich!" hörte man ihn mit seiner Hellen Stimme sagen. „Wie sich die Leute freuen, wenn sie dich sehen, und wie sie dich alle kennen!"
„Nimm deine Mütze ab, Fauntleroy," sagte der Graf. „Das Grüßen gilt dir."
„Mir?" rief Cedrik, riß die Mütze im Nu herunter und drehte sich mit leuchtenden, verwunderten Augen nach allen Seiten, um doch gewiß jeden Gruß zu erwidern.
„Gott segne eure Herrlichkeit," sagte die alte Frau, die vorhin seine Mutter
angeredet hatte. „Gott schenke Ihnen langes Leben!"
Als Fauntleroy dann neben dem Großvater in dem großen Kirchenstuhle mit den roten Kissen und Vorhängen saß. entdeckte er sofort mehreres, was ihn freute und ,,'tressierte". Erstens, daß seine Mutter ihm gerade gegenübersaß und ihm zulächelte, und dann zwei ganz wunderliche in Stein gehauene knieende Figuren, mit einer Tafel darüber, auf der er die Worte entziffern konnte:
I1IU. KVMM VLK. DLVL. VON. OLLOOKIV8. ä.U.VÜVL,. LK8VLN. OLä.k'LN. VOKINOOVLT. VNO. ä.VOU. OLL. VON. ^I80NL. LIU- VLO^.Kll'18. 8LINLL. 0ÜLI8DIU- 08LN. LllLkR^VLN.
„Darf ich leis' was sagen?" fragte er den Grafen, unfähig, seine Neugierde länger zu beherrschen.
„Was denn?" versetzte der Großvater.
„Wer sind denn die dort?"
„Zwei von deinen Vorfahren, die vor mehreren hundert Jahren gelebt haben."
„Vielleicht," dachte Cedrik, die ihm so merkwürdigen Vorfahren mit Ehrfurcht betrachtend, „Hab' ich von denen meine O'thographie geerbt."
Als die Musik begann, stand er auf und sah mit einem sonnigen Lächeln zu seiner Mutter hinüber. Cedrik hatte große Freude daran, und Herzlieb und er sangen oft viel miteinander, so stimmte er nun herzhaft mit ein und wie ein Vogelstimm- chen drang der klare liebliche, Helle Ton durch den Raum. Ec vergaß sich und seine Umgebung darüber und dem Grafen, der, halb hinter seinem Vorhang verborgen, den Jungen beobachtete, ging es schier ebenso. Das große Gesangbuch in den kleinen Händchen, das Gesichtcheu mit strahlendem Ausdrucke empor gerichtet, stand Cedrik da und sang so andächtig und so laut er konnte, und durch eine der kleinen farbigen Scheiben stahl sich ein Sonnenstrahl herein und spielte auf seinen goldnen Locken. Als seine Mutter zu ihm hinüberblickte, Zog es wie ein heiliger Schauer durch ihr Herz, aus dem ein heißes Gebet zum Himmel aufstieg, daß die sonnige Reinheit seines Kinderglückes und Kinderherzeus dauern möge, und daß jenes neue, seltsame Schicksal, das ihm zu teil geworden, ihm keinen Schaden thun möge an seiner Seele.
„O, Ceddie," hatte sie gestern abend bei dem langen, innigen Gutenachtküsse zu ihm gesagt: „O, Ceddie, wie möcht ich um deinetwillen klug und weise sein, um dir viel, viel Wichtiges sagen zu kennen. Sei nur immer gut, mein Herzenskind, gut und wahr und treu, dann wirst du keinem wehe thun und dein Leben wird vielen zum Segen werden und die ganze, große, weite Welt wird ein wenig besser, weil mein Kind gut ist. Denn weißt du, Ceddie, das ist das Allerbeste und Allerhöchste, daß es allen zu gute kommt, wenn ein einzelner Mensch von Herzen gut ist."
Fauntleroy hatte daheim dem Großvater diese Worte wiederholt und hinzugesetzt: „Da Hab ich natürlich an dich denken müssen und habe Herzlieb gesagt, daß die Welt viel besser geworden sei durch dich und daß ich suchen wolle, einmal gerade so zu werden wie du."
„Und was hat sie daraus gesagt?" hatte der Graf mit einigem Unbehagen gefragt.
„Das sei recht," hat sie gesagt, „und wir sollen immer an andern das Gute