schönen Sprichwortes — ein Verbrechen und nirgends mehr als in der Armee; bei dem Lite Guards muß ein Offizier ein Privateinkommen von mindesten 16000 Mark haben, bei den Foot Guards mindestens lO OOO Mk. Bei derLinienkavallerie mag ein junger Mann mit 8000 Mark Zuschuß jährlich auskommen und bei der Linieninfanterie genügen 2000—6000 Mk. Dies» Einkommen muß der Offizier haben und ausgeben, um das RenommeedeS Regiments hochzuhalten.
— Die FrankfurterZeitungen schreiben, Herr Oberst Schiel besuchte am letzten Sonntag Abend den Palmengarten, wo das Konzert im Saal ausgeführt wurde. Oberst Schiel wurde vom Publikum bald erkannt, darauf Kapellmeister Kämpfert veranlaßt, den Burenmarsch und die Burenhymne spielen zu lassen. Das Publikum brachte dem Obersten minutenlange Huldigungen dar.
UnterHattenöes.
Am der Mitgist Wille».
Roman von Arthur Zapp.
(Fortsetzung) (Nachdruck verboten.)
Dem Bräutigam war doch etwas unbehaglich und beklommen zu Mute, als er zwei Tage später mit seiner Braut bei seinen Verwandten den offiziellen Verlobungsbesuch machte. Aber diese erste Begegnung seiner Zukünftigen mit seiner „Ehemaligen" verlief besser, als er vorausgesetzt hatte. Ada war gesellschaftlich zu gut erzogen, um c» an äußerer Höflichkeit fehlen zu lassen. Freilich, ihre Licbens- Würdigkeit hatte etwas Frostiges und Erzwungene-, das der feinfühligen Klara nicht entging. Auch konnte sie sich nicht enthalten, so oft sie sich unbeachtet glaubte, Axel's Braut mit finsteren, feindseligen Blicken zu betrachten.
„Nun, wie gefällt Dir Ada?" fragte Axel v. Düringshofen seine Braut, als er sie auf dem Heimwege begleitete.
„O, sie ist sehr hübsch," erwiderte die Gefragte ohne Enthusiasmus.
„Und ihr Wesen?"
Klara zögerte eine Weile mit der Ant- wort und erklärte dann in ihrer schlichten, ehrlichen Weise: „Du mußt mir nicht böse sein, Axel. Aber ich finde sie nicht sehr anziehend. Hast Du nicht bemerkt, wie kühl sie im Grunde gegen mich war? Ich glaube nicht, daß wir gute Freundinnen sein werden/'
VI.
Axel v. Düringshofen hatte den aktiven Di:nst quittiert und war zu den Reserveoffizieren feines Regiment über- getrcten. Nach der HoLzeit siedelte das junge Ehepaar nach Karlshagen über. Axel war der aufmerksamste, liebenswürdigste Ehemann. Die Liebenswürdigkeit war überhaupt der Grundzug seines Charakters. Klara fühlte sich unendlich glücklich und auch Axel söhnte sich allmählich mit seiner Lage aus. Als Sohn eines Gutsbesitzers und auf dem Lande aufgewachsen, hatte er ja von zu Hause aus Verständnis und Interesse für die Landwirtschaft. Unter der Leitung des alten erfahrenen Inspektors Neumann war er nun im besten Zuge, sich zu einem tüchtigen Landwirt heran- zubilden. Das Bewußtsein, auf eigenem Grund und Boden zu stehen und ein
— 390 -
gewisses Pflichtgefühl trug wesentlich dazu bei, ihm Eifer und Freude an seiner neuen Thätigkeit einzuflößen. Dank der ihm vom Konsul zur Verfügung gestellten Summe ging er nun daran, das Gut wieder in einen normalen, ertragsfähigen Zustand zu setzen. Es war eine Lust, zu sehen, wie sich der Zustand des vernachlässigten, ausgesogenen alten Stammgutes der von Düringshofen, da- fast zweihundert Jahre in der Familie war, sich allmählich wieder hob, nicht nur auf dem Wirtschaftshof, in den Ställen des wieder auf die richtige Zahl gebrachten Viehstandes, sondern auch draußen auf dem Feld« und in dem Forst.
Für Klara gab es kein größeres Ver- gnügen, als auf ihrem Reitpferd, das ihr natürlich nach Karlshagrn gefolgt war, den Gatten auf seinen JnspizierungSritten zu begleiten. Die Abende verbrachten sie regelmäßig in dem behaglichen Wohnzimmer de- ebenfalls aufgefrischten und renovierten Herrenhauses, dar jetzt einen stattlichen Eindruck machte. Entweder las Axel aus einer der Zeitschriften, auf die sie abonniert waren, vor, oder Klara musizierte. Wenn Axel besonders gut aufgelegt war — und das war nicht so selten der Fall — trug er mit seiner zwar nicht geschulten, aber doch wohlklingenden Stimme ein Volkslied oder eines der drolligen Soldatenlieder vor, zu denen er sich selbst begleiten konnte und die jedesmal Klara's herzlichste Hei- terkeit erregten.
Axel erstaunte oft über sich selbst. Hin und wieder zwar zog noch ein leises Sehnen, eine gelinde Wehmut durch seine Seele, wenn er der flotten, lustigen, wilden Leutnantszeit gedachte, im Ganzen aber hatte er sich ihrer mit der Elastizität seiner frischen, anbequemungsfähigen Natur rasch entwöhnt und in das einförmige, häusliche Stillleben gut hineingcfunden. Zuweilen, wenn er der Worte des Konsuls gedachte, mußte er im Stillen bei sich lächeln. Der alte Herr hatte recht gehabt und sich als ein feiner Menschenkenner erwiesen. Das war sicher, wäre er — Axel — beim Regiment geblieben, Klara hätte sich wohl nicht halb so glücklich und zufrieden gefühlt wie jetzt. Der Kreis der Kameraden hätte ihn Wohl gefesselt und nicht so leicht losgelassen und er hätte seiner Frau nur halb angehört.
So verstrich ein halbes Jahr, ohne daß auch nur die geringste Mißhelligkeit den ehelichen Frieden des jungen Paares gestört hätte und ohne daß für Klara eine Veranlassung gewesen wäre, sich zu beklagen und ihre Wahl zu bereuen.
Eine Veränderung trat erst ein, als Klara's Gesundheitszustand anfing, ein schwankender zu werden. Es war ja nichts Beunruhigendes, sondern nur die natürliche Begleiterscheinung eines Zustandes, der in der Folge das Glück des jungen Ehepaares erst zu einem vollständigen machen und den kleinen Familienkreis erweitern und ihnen die ersehnte, beglück- ende Elternwürde verleihen sollte. Aber verdrießlich war es doch für Axel, daß Klara nun nicht mehr zu Pferde steigen und ihn nach dem Felde begleiten durfte, daß er ihr nicht mehr mit stolzer Genuz- thuung die Fortschritte seiner Thätigkeit zeigen konnte.
„Siehst Du dort das Brachland! Da werden sich im nächsten Sommer gelbe fruchtstrotzende Aehren wiegen!"
Oder : „Dort auf dem kahlen sandigen Strich, da lass' ich eine Schonung anlegen und in fünfundzwanzig Jahren, wenn wir unsere silberne Hochzeit feiern, strecken stolze grüne Tannen und Fichten ihre Kronen zum Himmel!" . . .
Am ärgerlichsten war es ihm, wenn sich die leidende Klara am Abend niederlegte und er einsam im Zimmer sitzen mußte, gelangweilt, unfähig, sich allein zu unterhalten. Die Einsamkeit bedrückte ihn und machte ihn melancholisch. Er war nicht daran gewöhnt und wußte nicht, was beginnen, Der Gesang erfreute ihn nicht, wenn niemand zuhörte. Für sich allein zu lesen, war ihm ebenfalls kein Vergnügen. Er war eine gesellige, heitere Natur und brauchte Anregung und Gesellschaft. Da fiel ihm eines Tages ein, daß gelegentlich eines Besuches auf seinem Nachbargut Klitschdorf, das einem Rittmeister a. D., einem Herrn v. Olten gehörte, die Rede gewesen war von Zusammenkünften, die die Herren zwei- oder dreimal wöchentlich in der Kreisstadt hätten: Da wurde gemütlich geplaudert, pokuliert und wohl auch ab und zu ein kleines Spielchen gemacht, gerade wie cs die Herren meist in der Garnison zu thun gewöhnt gewesen.
Da hatte er ja gleich, was er brauchte, Gesellschaft und Zerstreuung. Was frommte seiner Frau sein Zuhausebleiben, wenn sie im Schlafzimmer ruhte, während er allein übellaunig, verdrießlich im Wohnzimmer hockte?
Und so ließ er denn eines Spätnachmittags anspannen und verabschiedete sich von Klara heiter, frohgelaunt.
»Adieu, Kind! Habe allerlei zu besorgen in der Stadt. Du wirst mich ja nicht vermissen, gehst ja doch wohl zeitig zu Bett. Und — beunruhige Dich nicht, wenn ich etwas spät nach Hause kommen sollte."
Im Hotel „Kronprinz" traf er in einem für die Herren Gutbesitzer und einigen Honoratioren der Stadt reservierten Hinterzimmer eine lustige Gesellschaft. Man empfing ihn mit ungeheu- chclter, biederer Herzlichkeit. Und Herr v. Olten, mit dem er als seinem nächsten Nachbar bereits etwas vertrauter geworden, rief ihm mit einem listigen Augenzwinkern und in humoristisch-spottendem Ton zu: „Na Düringshofen, endlich einmal Urlaub erhalten? Dachte schon, wir würden auf das Vergnügen verzichten müssen, Sie an unserer lustigen Tafelrunde im Kronprinzen begrüßen zu können. Die gnädige Frau führt wohl ein strenges Regiment, wie?"
Die andern lachten laut und Axel v. Düringshofen biß sich im Stillen auf die Lippen, denn es ärgerte ihn, daß man ihn für einen Pantoffelhelden zu halten schien. Doch er ließ sich seinen Verdruß nicht anmerken, sondern nahm den Scherz mit guter Miene hin und war bald einer der Fröhlichsten. Er verlebte einen heiteren gemütlichen Abend. Es wurde wacker gezecht, dazu wurde lebhaft geplaudert, zumeist über landwirtschaftliche Fragen. Zuletzt wurden Reminiszenzen aus der Militärzeit ausgekramt und lustige Schnurren erzählt die, je weiter der Abend vorschritt, desto gewagtere Pointen hatten. Es war schon zehn Uhr, als sich Axel auf den Weg machte und erst um Mitternacht langte er in Karlshagen an.