280
Aufschwung genommen und wo das konstatiert werden kann, braucht man nicht bange um die Zukunft zu sein. An festlichen Veranstaltungen, Volksbelustigungen rc. ist, wie aus dem veröffentlichten Programm ersichtlich auch kein Mangel und wenn der Himmel ein Einsehen hat, was wir zuversichtlich hoffen, so dürfte Pforzheim während der Ausstellung zu einer wahren Fremdenstadt werden und diejenigen, die in ihr einkehren und einige Tage Aufenthalt nehmen, werden ihr beim Scheiden das beste Zeugnis ausstellen und ein gutes Andenken bewahren. DiePreise zum Besuch der Ausstellung, der Konzerte rc., werden durch die Presse später bekannt gegeben.
Karlsruhe, 13. Juni. Der Schah von Persien mit Gefolge ist gestern Abend 11 Uhr 30 Min. mittelst Sonderzuges von Frankfurt über Schwetzingen hier eingetroffen. Am Hauptbahnhof hatte sich der persische Generalkonsul, Herr Leopold Millstätter, eingefunden, der im Waggon von dem persischen Gesandten in Berlin, Feldmarschall Mirza Reza Khan, em- pfangen wurde und meqrere vorher bestellte Früchte-Arrangements übergeben ließ. Nach kurzem Aufenthalt fuhr der aus 7 preußischen Salonwagen nebst zwei Gepäckwagen bestehende Sonderzug nach dem Mühlburgerthor, wo derselbe in der Nähe der Jahnstraße bis heute früh stehen blieb. Um 5 Uhr heute früh kehrte der Zug in den Hauptbahnhof zurück und fuhr 5.15 Uhr nach Basel weiter. Der Schah begiebt sich zum Gebrauch der Mineralquellen über Epinal nach Eon- trexeville bei Mirecourt in den Südvogesen. Er wurde gestern Vormittag schon hier erwartet, unterwegs aber von einem Unwohlsein befallen, welche» die Weiterreise verzögerte.
Frankfurt«. M., 15. Juni. Ueber den Erbprinzen Friedrich zu Wied, der sich im Herbst 1898 mit der Tochter des Königs von Württemberg vermählt hat, tauchten im Frühjahr 1899 allerhand Gerüchte auf, die vom Biertisch ihren Weg auch in die Zeitungen fanden. ES hieß, der Prinz, der als Leutnant im 3. Garde-Ulanen-Reg. in Potsdam steht, habe im,Klub der Harmlosen" Millionen verspielt,»r unterhalte Beziehungen zu einer verheirat. Frau, sei durch sein ausschweifen- des Leben erkrankt und die Prinzessin beabsichtige, ins Elternhaus zurückzu, kehren. Als diese Gerüchte von dem Kaufmann Oskar Götze! in Neuwied weiter erzählt wurden, ging man der Sache nach. Götze! gab als Quelle den Wirt Alfred Heitzmann in Frankfurt an, und so erhob die Staatsanwaltschaft im öffent- lichen Interesse gegen den letzteren Klage wegen Beleidigung. Heitzmann ist der Sohn eines langjährigen Kammerdieners des Fürsten zu Wied; nach der Verheiratung des Erbprinzen trat er als Koch bei diesem in Dienst, wurde aber schon nach einer Woche mit Entschädigung entlassen, weil er den Haushalt zu großartig führen wollte. Beim Erbprinzen habe es nichts als Pellkartoffeln mir Hering gegeben, erzählte er neben dem Uebrigen seinen Bekannten, und der Hering mit den Pellkartoffeln ist das einzige, was an dem Gerede wahr ist. Während der Dienstzeit des Heitzmann hat es im erbprinz- lichen Hause zu Potsdam wirklich einmal Pellkartoffeln mit Hering gegeben. Alles
andere Gerede aber erwies sich im Lichte der vor der hiesigen Strafkammer des Landgerichts dieser Tage geführten Ver- Handlung als müßige oder böswillige Erfindung. Mit dem berüchtigten „Klub der Harmlosen" hat der Erbprinz niemals auch nur das geringste zu thun ge- habt, das Geschwätz von seiner Krankheit wurde durch ein ärztliches Zeugnis wider- legt, und die Liebesabenteuer, wobei er von dem betrogenen Ehemann überrascht worden sein sollte, waren ebenso aus der Luft gegriffen, wie die Behauptung der König von Württemberg habe beabsichtigt, seine Tochter zurückzuholen. Das einzige, was den angeklagten Wirt einigermaßen entlasten konnte, ist der Umstand, daß er nicht der Erfinder dieser verläumderischen Gerüchte war, sondern nur weiter erzählt hat, was ihm, wie es scheint, aus Stutt- gart von einem inzwischen verstorbenen Gaste zugetragen worden war. Dieser Umstand veranlaßte das Gericht, nicht ans Gefängnis zu erkennen, sondern auf 600 Mk. Geldstrafe.
— (Au» den bayrischen Bergen.) Die Abstürze im Hochgebirge scheinen sich Heuer rasch zu folgen. In Garmisch wird seit Pfingstsonntag der Regierungs- accefist Sand aus München, der dort dienstlich auf kurze Zeit beschäftigt, an ge- nanntem Tag ohne Führer die Dreithor- spitze besteigen wollte, vermißt, so daß zumal auch von 3 Führern aus Garmisch und 3 solchen auS Partenkirchen ange- stellten Nachforschungen bis jetzt erfolglos waren, wohl anzunehmen ist, daß Sand, der sonst als geübter Hochtourist bekannt war, verunglückt ist. — Auch in Berchtes- gadeu werden seit Pfingstmontag zwei Studenten von der Universität München, die im Unterkunftshause am Watzmann sowie auf der Mittagsspitze sich noch ins Fremdenbuch eintrugen und den schwierigen Abstieg nach der Seite des Königsees versuchten, vermißt, und es ist, da wohl hier Nachforschungen nach ihrem Ver- bleiben erfolglos waren, anzunehmen, daß auch diese Beiden verunglückt sind.
Berli n, I b.Juni. Unter den mancherlei Anfragen, die aus der Heimat an die Regierung in Kiautschau gerichtet werden, befindet sich auch, so lesen wir im „Ostas. Lloyd" die eines Fabrikanten, der gern chinesische Hausgötzen Herstellen und auch als Ausfuhrartikel einführen möchte. Er erbittet sich zu dem Zwecke der Anfertig, ung das Modell eines Götzen. Man denke sich unsere Lloyddampser, die unten Kisten mit diesen in Deutschland verfertigten Hausgötzen bergen und oben Missionare nach China führen, die gegen den Götzendienst predigen!
Hamburg, 13. Juni. Der Kaiser richtete an die Direktion der Hamburg- Amerika-Linie auf ihren telegraphischen Glückwunsch zur Annahme der Flotten- Vorlage folgende Antwort: „Ich danke Ihnen für Ihr Telegramm. Ich that mein Bestes und bin dankbar und hocherfreut, zum Ziele gelangt zu sein. Der treuen und unermüdlichen Hilfe aller meiner Mitarbeiter lasse ich dabei in Dankbarkeit alle Anerkennung widerfahren. Nun aber weiter, daß unsere Flotte auch bald wirklich achtunggebietend auf dem Meere erscheinen kann, um als Kräftezuwachs in meiner Hand der Welt den Frieden zu bewahren. Wilhelm.
Berlin, 14. Juni. Die Vossische Zeitung meldet aus London: Es geht das Gerücht, daß 25 000 Gewehre und zwei Millionen Patronen, welche die chinesische Regierung im vorigen Jahre in Deutschland bestellt hatte, gegenwärtig im Besitze der Rebellen seien.
Paris, 15. Juni. Ein Wiener Drechsler, namens Anton Hanslian, ist in Paris augekommen, nachdem er den ganzen Weg zu Fuß zurückgelegt und seine 28jührige Frau und sein 4jähriges Kind im Schubkarren vor sich hergestoßen hat. Die Reise dauerte einen Monat. Unterwegs verdiente die Familie ihren Unterhalt durch den Verkauf von Ansichts karten.
— Ein über Shanghai seingegangenes Telegramm an die „Times" aus Tientsin berichtet, daß bei Peking ein ernster Kampf zwischen den internationalen Truppen und denen des Generals Tungfuhsiango stattfand. — Die Londoner Blätter bringen ein Telegramm aus Shanghai, wonach die japanische Gesandtschaft in Peking niedergebrannt worden ist. — Der amerikanische Konsul telegraphierte aus Tientsin, daß Pöbelhaufen jetzt Herren der Stadt sind. Die Behörden scheinen nicht im Stande zu sein, etwas gegen sie zu unter- nehmen, doch seien die Ausländer in Tientsin noch wohlbehalten.
London, 13. Juni. Die „Times" melden aus Peking vom 12.: Soldaten der Leibwache der Kaiserin ermordeten den Kanzler der japanischen Gesandtschaft.
Tientsin, 8. Juni. Aus amtlicher chinesischer Quelle verlautet, daß 4000 Boxers zwischen Jongtsun und Lofa gestern Nacht 1500 Mann chinesische Truppen eingeschlossen. Den letzten Nachrichten zufolge dauere der Kampf heute noch an. Wie von Beamten verlautet, find 500 Boxers gefallen. Ueber den Verlust der chinesischen Truppen verlautet nichts.
Maseru, 13. Juni. Die Buren im Südosten des Oranjeflusses in der Colonie Oranjefreistaat haben sehr ausgedehnte Stellungen inne, find aber durch die über 35000 Mann und 50 Geschütze verfügenden Generale Methuen, Rundle und Brabant vollständig umzingelt.
Vermischtes
— Bescheidene Leute wohnen am Mettenberg zu Biberach. Der „Anz. v- Oberland" schreibt: Wohl noch selten gab sich bei Aufstellung einer Straßenlaterne (!) eine solche Freude kund, als gestern bei derjenigen, welche auf Eingabe der um den Mettenbergweg wohnenden Nachbarschaft in unserer Vorstadt Birkendorf erstellt wurde. Kaum errichtet, wurde die Laterne samt Träger mit Guirlanden bekränzt, beim Anzünden am Abend sammelte sich eine über hundert Teil- nehmer zählende Menge. Musik ertönte, Feuerwerk wurde abgebrannt und schnell herbeigeschaffter Gerstensaft kreiste in der Runde. In einer Ansprache wurde dem Dank an die bürgerlichen Kollegien durch ein begeistert aufgenommenes Hoch Ausdruck verliehen, während durch das Immergrün und die Blumen erstmals das Licht erstrahlte. Einmütig begrüßte man an dieser Straße mit ihrem starken Gefälle die Errichtung der Beleuchtung.
(Seltsam.) A.: „Warum macht denn der Dichter Wildbach heut' so ein finsteres