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Trinkgeldern lediglich in dein freien Er­messen des Gastes liege, und der betr. Hausknecht mit seiner Klage abzuweisen sei. In der Begründung heißt es, der Logirgast schließe auch ohne ausdrückliche Vereinbarung mit dem Wirte einen Ver­trag ab, dessen Gegenstand die Beherberg­ung des Elfteren sei. Zu dieser gehörten aber unzweifelhaft auch die Dienstleist­ungen, die zur Befriedigung der Bedürf­nisse und der Bequemlichkeit des Gastes unumgänglich notwendig seien. Lasse der Wirt sich hierin vertreten, so bleibe er doch allein für die Vertragserfüllung haftbar, ebenso wie er, nicht der Haus­diener, für verloren gegangenes Reisege­päck aufzukommen habe. Ein Vermerk auf der Rechnung, daß das Entgeld für die Dienste des Hausknechts nicht nutz in Rechnung gestellt sei, involvire keine Ab­lehnung der Vertragshaftung des Wirtes noch einen Verzicht auf das Entgeld für jene Leistungen, noch eine Abtretung der Forderung an den Hausdiener, sondern der Wirt überlasse es nur dem Gaste, nach eigenem billigem Ermessen das Ent- gelö zu bestimmen und es dem Hausdiener direkt zu verabreichen. Wenn der Gast dem Hausknecht nichts oder zu wenig gebe, so behalte der Wirt seinen Rechts­anspruch auf eine angemessene Entlohnung jener Dienste. Auch wenn der Gast von dem Hausdiener über das liebliche hin­ausgehende Dienste verlange, habe grund­sätzlich nur der Wirt Anspruch auf Er­höhtes Entgelt. Nur ganz außerordentliche Dienste, zu denen aber Stiefelputzen, Kleiderreinigen re. keinesfalls zu rechnen seien, könnten eine Ausnahme machen.

Berlin, 21. Mai. DerKöln. Ztg." wird von hier gemeldet: Das Ueberein- kommen der Parteien in der Isx Heinze ist fertig. Es ist Friede geschlossen: Das Centrum hat völlig nachgcgeben. Das Gesetz ist als ein neuer ^Initiativantrag eingebracht. Dieses Uebereinkommen, an dessen Zustandekommen Präsident Graf Ballestrem einen ganz besonders hervor­ragenden Anteil hat, enthält das Gesetz bis zum Z 184 einschließlich. Ter The­aterparagraph, sowie die Schaufenster- und Kunstparagraphen fallen weg, mit Aus- nähme der einzigen Strafbestimmung des Anbietens oder Verkaufs unzüchtiger Dar­stellungen u. s. weiter an jugendl. Personen unter 16 Jahren. Die Einwilligung des Centrums ist nur nach schweren, stunden­langen Kämpfen zu erreichen gewesen.

London, 19. Mai. In hiesigen politischen Kreisen wird Rußlands Er­werbung von Masampo als ein Schlag ins Gesicht für Japan und Großbritanien betrachtet. Man hält einen Krieg zwischen Japan und Rußland für unvermeidlich.

New-Zork, 19. Mai. Der Dampfer Larinthia" von New - Orleans mit 1450 Maulthieren für die britische Armee ist an der Südküste von Haiti aufgelaufen. Die Besatzung beträgt 150 M ann.

Vom Kriegsschauplatz m Südafrika.

Berlin, 22. Mai. Der Voss. Ztg. wird aus London gemeldet: Eine Kap- städter Drahtung besagt, unter den fort­schrittlichen Holländern in Transvaal sei eine Bewegung im Gang, Krüger!abzu° setzen und alsdann dem Lord Roberts die Unterwerfung anzubieten. Dem Berl. Tagebl. wird aus London gemeldet: Auch in Transvaal scheint die Ueberzeugung

immer mehr durchzndringen, daß jeder Widerstand vergeblich sei. Präsident Krüger wünscht aber, daß der Krieg nicht un­würdig auslanfe und verlangt, daß die Truppen noch einmal Stand halten. Viele Buren wollen aber jedes weitere unnütze Blutvergießen vermeiden. Ob Pretoria verteidigt werden soll, wissen selbst die Burgher daselbst nicht.

London, 22. Mai. Daily-Expreß meldet aus Lourenco Marquez vom 20.: Die Buren fangen an, Pretoria zu ver­lassen. Frauen und Kinder werden mit der Eisenbahn nach Machaldsdorp gesandt, das auf dem Wege nach Lydenburg ge­legen ist, wo die Buren ein Lager aufzu­schlagen gedenken.

London, 21. Mai. Daily News meldet aus Lourenco Marquez vom 20. ds.: Die ganze Streitmacht der Buren um Mafeking samt den Geschützen wurde am 17. d. von den Engländern gefangen genommen. Die Engländer besetzten Klerksdorp ohne Kampf. (Klerksdorp ist aufTransvaalgebiet, auf dem Weg zwischen Kimberley und Johannesburg.

London, 21. Mai. Der Standard meldet aus Kroonstad vom 19. Mai, Kommandant Dewet wollen sich mit 1000 Mann ergeben unter der Bedingung, daß die Leute sich auf ihre Farmen begeben könnten. Lord Roberts entgegnete, die Kapitulation müsse bedingungslos sein. Times meldet ans Kroonstad vom 18. Mai: Der schnelle Vormarsch des Lord Roberts von Bloemsontein dorthin hat die Buren bei ihren Vorbereitungen znm Widerstand vollkommen demoralisirt. Sei es der einzige Weg, durch große Eil­märsche vorzudringen, so sei es anderer­seits notwendig, die Flanken zu sichern und für genügende Vorräte zu sorgen. Roberts warte daher das Eintreffen von Vorräten ab. Darnach werde er im Stande sein, schnell auf das Gewählte Ziel vorzustoßen. Daily Expreß meldet, in den letzten 24 Stunden sei im answ. Amt ein an Salisbury persönlich ge­richtetes Telegramm des Präsidenten Krüger mit Friedensvorschlägen einge­gangen.

Unter-Haltenöes.

Die Mütze des Herrn Oberst von Meijenfels.

(Nachdruck verboten.)

Eine lustige Geschichte von Alwin Römer.

Man hätte es ihr nicht zugetraut, der sauberen Alten des Herrn Obersten von Meisenfels. Sie sah so gerade und ge­wissenhaft aus, kokettirte nichtnach rechts oder links, wie ihre Schwestern bei den Lieutenants oder Fähnrichs, und äugelte auch nicht so verliebt, wie das der junge Nachwuchs zu thun pflegt, mit dem Schirm. Und doch war sie von dem Pfade strammer Pflichterfüllung, der al­lein einer königlich preußischen Dienst­mütze geziemt, abgcwichen und hatte Mo­nate lang neben ihrer Obliegenheit als Kopfbedeckung ihres strengblickenden Eigen­tümers ein strafwürdiges Nebengeschäft betrieben. Sie war Briefschalter, Post­beutel und Ausgabe-Schalter in einer Person gewesen und hätte eigentlich da­für ihres Amtes enthoben werden müs­sen. Gewinnsucht war ihr dabei aller­dings nicht vorzuwerfen. Sie hatte Al­

les gratis besorgt, und so waren ihr mildernde Umstände nicht abzusprechen. Vielleicht bekommt sie späterhin lebens­längliches Kriegsmuscum. Vorläufig ist sie merkwürdigerweise noch im Dienst! Aber in die Militärgerichte hat man ja nichts hineinzureden!

Ihr Verführer war natürlich ein Hnsarenlieutenant. Er hieß Leonhard von Borna und hatte die staatswidrige Ein­richtung benutzt, dem liebreizenden Töch­terlein des schrullig und bärbeißig ange­legten Obersten das dunkelblonde Köpf­chen ganz und gar zu verdrehen. Wie ein echter Husar hatte sich Borna das prächtige Menschenkind im Sturm er­obert, nachdem er sich seiner unbezwing- lichen Neigung zu ihr bewußt geworden war. Der erste, bekanntlich wnndcrbar süße Kuß war ihr, noch ehe sie recht er­kannt hatte, daß er cs war, auf den herzigen Kirschenmnnd geflogen, und dann hatte sie ein paar Minuten in Leonhards Armen gelegen und Himmel und Erde und Papa dabei vergessen. Plötzlich aber war ihr Nummero drei wieder eingefal­len und dazu sein strenger Befehl, sich bei Leibe nicht vor dem zwanzigsten Jahre zu verlieben, da er nicht gesonnen und auch nicht in der Lage sei, in den näch­sten zwei Jahren schon wieder ein Weibs­bild auszustatten. Ihre Schwestern seieu auch so alt und noch älter gewesen. Und für Ausnahmen sei er nicht!

Als ob sich Herzen kommandieren ließen wie grüne Husaren! Wenn Au- relie und Juliane bis an dieZwanzig" gewartet hatten, so waren daran doch nur die beiden Assessoren schuld, die nun ihre Schwager hießen. Daß Borna als Husar weniger langweilig gewesen war, durfte billiger Weise Niemanden wun­dern und sie selbst hatte es ihm am Allerwenigsten übel genommen! Aber heikel blieb die Geschichte darum doch, und einen Sturm würde es sicher erst geben. Daher waren beide nach ein­gehenden Ueberlegungen zu dem nicht gerade nicht unvernünftigen Resultate ge­kommen, ihr köstliches Geheimnis zunächst an Niemanden auszuplauschen und den Papa Eisenfresser bei günstiger Gelegen­heit zu überrumpeln.

Da nun an Rendezvous in dem klei­nen Ermsburg nur sehr selten zu denken war und schön Lisbeth sich auf postlagerude Briefe durchaus nicht einlassen wollte, so war denn endlich der schneidige Borna auf den Gedanken gekommen, Papas Mütze mit ins Komplott zu ziehen und die gegenseitigen Brieflein hinter dem Schweißleder der Pflichtvergessenen zu verbergen. So kam es, daß der alte Oberst zum Postillon d'amour seiner eige­nen Tochter wurde und fast täglich einen Sendboten in das Kasino und einen an­deren von dort wieder nach Haus be­förderte . . .

Aber der Krug geht so lange zum Was­ser, bis er bricht! . . .

Der Rittmeister Paul von Kaufungen ging eines schönen Abends die Treppe vom Kasino hinab, um seine junge an- gebetete Frau nicht allein zu Abend speisen zu lassen, als ihn ein beengendes Gefühl in seiner Mütze veranlaßte, diese nochmals abzunehmen und das Schweiß­leder glatt zu streichen. Dabei machte er die Entdeckung, daß sich hinter dem­selben etwas Weißes befinde. Zunächst