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Ursache, sondern der Vorwand des Krieges. Wer an die Diamantfelder und die Be­setzung Kimberley's denkt, wird schwerlich Lord Salisbury's Versicherung:Wir suchen kein Territorium, wir wollen keine Goldfelder" ernst nehmen. Jamesons Raubzug wird heute allgemein verurteilt, aber wollen Sie behaupten, daß nicht wenigstens ein Teil Ihrer Regierung an diesem skandalösen Verbrechen beteiligt gewesen ist? Wollen Sie behaupten, es wäre, wie es sich gebührt hätte, vom Parlament und von Rechts wegen bestraft worden? Sie möchten England von Cecil RhodeZ und seiner Bande trennen, aber vergeblich. Hatte England nach jenen Vorgängen und nach der Art, wie sie offiziell behandelt wurden, irgend welchen Anspruch auf Glauben an seine guten Ab­sichten? Glauben Sie allen Ernstes, ein Volk wie die Buren habe einen Erober­ungskrieg gegen das britische Reich führen wollen. Sie dachten an ein Jahrhundert von Unrecht und Missethaten und ver­suchten Notwehr, leider vergebens. Fortan werden die Holländer am Kap ein zweites Irland bilden und der Rächer wird früher oder später kommen. Glauben Sie mir, jeder Freund Englands trauert über solche Siege.

Pchris, 28. März. Der ehemalige französische Botschafter in Berlin, Graf Benedetti, ist sam letzten Mittwoch ge­storben. Vincent Graf Benedetti war der verhängnisvolle Mann, welcher vor AuSbruch des Krieges 1870 71 die diplomatischen Verhandlungen in Berlin und Ems mit Bismarck zu führen hatte. Man weiß, daß Benedetti die für Preußen unannehmbaren Forderungen des Kaisers Napoleon III. zum Teil unmittelbar an den König von Preußen richtete, sodaß dieser am 13. Juli die Verhandlungen abbrach. Das Volkslied hat sich dieses Vorkommnisses bemächtigt und den Be­nedetti verewigt. Der Graf war geboren am 29. April 1817 zu Bastia. Bot­schafter in Berlin war er von 1864 bis 1870. Nach Sturz des Napoleonischen Kaiserreiches hat er sich nicht mehr am Staatsdienst beteiligt. Im Jahre 1871 schrieb er seine Erinnerungen:Ma Mission en Prusse." Der Graf war seit 14 Tagen in der Wohnung der Prin­zessin Mathilde Bonaparte zu Paris, Rue de Berri 20, an einer Erkältung erkrankt.

Paris, 28. März. Ein Mitglied desA8ro-Club", das nicht genannt sein will, hat einen Preis von 100 000 Frcs. für die Erfindung eines Luftschiffes aus­gesetzt, das wenigstens soweit lenkbar wäre, daß es vor dem Ballonpark des Clubs oder den Hügeln von Longchamp aus um den Eiffelturm herumsegeln und zurückkehren könnte, ohne bei dieser Fahrt von elf Kilometern den Boden zu berühren. Der Wettbewerb ist inter­national. Wenn innerhalb 5 Jahren vom 15. April d. I. ab gerechnet, derASro- Club" diesen Preis Niemanden znerkennen kann, fällt derselbe an feinen Stifter zurück.

Die Juwelier-Abteilung auf der Pariser Weltausstellung wird besonders glänzend" ausfallen. Die Besucher wer­den u. a. einen großen Rubin bewundern, der einen Wert von '/« Mill. besitzt. Der Eiffelturm wird sich ihnen von Diaman­ten erbaut zeigen. Eine russische Firma stellt eine Landkarte von Frankreich ans, die aus lauter Edelsteinen angefertigt ist

und jedenfalls die allgemeine Aufmerk­samkeit erregen wird. Man sieht darauf 80 Departements in Jaspis-Steinen von verschiedenen Nuancen. 2 Departements und von rotem, 2 von weißem Quarz, 2 von rothem Nephrit. Die Flüsse be­stehen aus Platin-Faden, das Meer aus Lapis-Lazuli. 106 Städte sind durch ver­schiedene wertvolle murkirt, 21

durch Amethyste, 25 Bergkrystalle,

35 durch Turmaline. Paris ist dargestellt durch einen 5karätigen Hyazinth, Lyon durch einen sibirischen Topas, Lille durch einen Rubin, Reims durch einen Granat, Havre durch einen Smaragd, Rouen durch einen Saphir. Die Karte steht auf einer Tafel von Marmor mit Silberbeschlag. Der Aussichtsdienst der Juwelier-Abtei­lung ist, wie man sich denken kann, be­sonders scharf. Außer den gewöhnlichen Aufsehern wurden eine ganze Anzahl De- tektivs dorthin beordert, denn nirgends ist das alte Sprichwort von der Vorsicht besser angebracht, als hier, erinnert man sich doch, daß vor einigen Jahren bei einer Weltausstellung eine Diebesbande einen unterirdischen Gang bis nach der Juwelier-Abteilung gegraben hatte, und daß derselbe nur durch einen Zufall ent­deckt wurde.

Wien, 30. März. Seit 36 Stunden wüthet hier und in der Umgegend ein furchtbarer Schneesturm, der großen Schaden anrichtet. Der Schnee ist an manchen Stellen meter hoch. Pferdebahn und Stadtbahn mußten den Verkehr ein­stellen und die Eisenbahnzüge treffen mit großen Verspätungen ein. Auf der Franz- Josef-Bahn und der Ostbahn sind mehrere Eisenbahnzüge im Schnee stecken geblieben. Zwei Eisenbahnzüge sind entgleist. Auf mehreren Lokaleisenbahnen ist der Verkehr gehemmt.

Brüssel, 28. März. HerrDr.Leyds hat einem Mitarbeiter derEssener Volks- Zeitung" mitgeteilt, daß in Deutschland annähernd 400 000 Mk. für Transvaal gesammelt worden seien, in Frankreich nicht einmal die Hälfte dieser Summe.

London, 28. März. In der City geht das Gerücht, daß die britische Re­gierung alle durch das Berner Schieds­gericht festgestellten Ansprüche an Portu- gal auszahlen und dagegen die Delagoa- bai als Sicherheit übernehmen will, bis das Darlehen zurückgezahlt ist. Obwohl dieses Gerücht bisher nicht offiziell be­stätigt ist, erhält es sich dennoch in Kreisen, die meist gut unterrichtet sind.

Vam Kriegsschauplatz in Südafrika.

DemManchester Guardian" zu­folge ließ die Königin Viktoria Lord Roberts telegraphisch ersuchen, er möge Frau Joubert das Beileid der Königin ausdrücken und ihr Mitteilen, das englische Volk habe ihren Gatten als tapfer» Soldaten und ehrenhaften Feind betrachtet. Auch Sir Evelin Wood habe Lord Roberts ersucht, der Witwe seines alten Gegners seine Teilnahme auszudrücken.

Nach einer weiteren Meldung aus Pretoria bestand Jouberts Krankheit in einer akuten Nierenentzündung. Die Krank­heit war sehr kurz. Joubert besuchte am Sonntag noch die Kirche.

London, 29. März. DieTimes" melden aus Lourenzo-Marquez vom 28. ds., den letzten Nachrichten aus Prätoria zufolge bestätigt sich das Gerücht, daß Beamte von Transvaal beauftragt worden

sind, alles vorzubereiten, um die Haupt- Goldgruben und die Maschinen in den­selben ini Notfälle in die Luft zu sprengen. In mehrere Gruben sind eigens zu die­sem Zweck hergestellte Explosivstoffe ge­schafft worben. Man versichert, daß diese Maaßregeln auf Anregung der Präsiden­ten Krüger und Steijn getroffen worden sind.

Maseru, 29. März. (Reutermel- dung.) Nachdem die englischen Truppen unter Oberst Pilcher sich zurückgezogen, besetzte eine starke Burenstreitmacht, ver­mutlich unter Olivier, Ladybrand und nahm starke Stellungen um Plaatberg und Modderpoort ein. (Die Meldung zeigt, daß Olivier mit seinem Zug schon so weit an der Basutogrenze nach Norden vorrückte, daß er sich bereits in gerader Luftlinie mit Rloemfontein befindet.)

London, 30. März. Es zeigt sich jetzt, daß der Verlust eines Teiles des Lord Noberts'schen Trains am Rietflusse ein ernsterer Vorfall war, als anfangs zu­gegeben wurde, und in einem Leitartikel derDaily Mail" wird angedentet, daß in Folge jenerKatastrophe eine Reorganisirung des Trains nötig geworden ist, und daß sich daraus der lange Aufenthalt des Lord Roberts in Bloemfontein erklärt. DerGlobe" veröffentlicht heute einen vom Lager am Modderfluß, 3. März datirten Privatbrief, welcher folgende Einzelheiten über den Vorfall enthält: Wir überschritten den Waterfall Drift um 1 Uhr 30 Minuten Morgens. So- bald der Tag anbrach, wurde unser Train von 1600 Buren angegriffen. 10str Stunden lang verteidigten wir unser Lager tapfer, während die Buren uns beständig mit schwerer Artillerie und Ge­wehrfeuer angriffen. Sieben unserer Leute wurden vermißt, mein Pferd wurde erschossen, zwei Ochsen wurden getötet, 50 schwarze Fuhrleute wurden getötet, 35 Mann verwundet und zwei getötet. Wir erhielten von Lord Roberts den Befehl, den Train im Stich zu lassen. Wir thaten dies unter dem Schutze der Nacht und ließen den Buren 40000 Rationen, 3000 Ochsen , 200 Wagen eine Anzahl Pferde und unsere ganze persönliche Ausrüstung zurück. Wir müssen nun auf dem offenen Felde da­liegen und haben keine andere Bedeckung als unsere dünne Jacke von Khaki. Wir können unsere Kleidungsstücke nicht wech­seln, ehe wir nicht einige Vorräte be­kommen und der Himmel weiß, wann das Fall sein wird."

Kapstadt, 31. März. (Telegr.) Aus Buschmannskop (an der Basutogrenze) wird gemeldet: Die in Tabanhn garni- sonierende englische Truppe,' bestehend aus berittener Infanterie, Artillerie und Caval- lerie mußte vor einer heranziehenden großen Burenstreitmacht z u r ü ckweichen und geriet in einen Hinterhalt. Das ganze Detachement mit 6 Geschützen wurde von den Buren gefangen.

Pretoria, 28. März. Eine am 25. von der Front in Natal eingegangene Depesche meldet, daß die Zerstörung der Kohlenbergwerke, die den Engländern von Nutzen sein könnten, fortdauert. Sämt­liche 3 Schächte der Dundeegruben seien gesprengt und die Maschinen vernichtet. Die Vorbereitungen zur Zerstörung der übrigen Kohlenbergwerke seien beendet.