Amtsblatt für die Staöt Witöbaö.

General-Anzeiger füD Kildbod und Umgebung.

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Nr. SS.

Rundschau.

- Gestorben: 1. April zu Stutt­gart Präsident a. D. Or. Gustav v. Bocks­hammer, 85 I. alt.

Stuttgart, 1. April. Kultusminister Or. Otto v. Sarwey, ist heute Vor­mittag 11 Uhr nach kurzem Unwohlsein einem Herzschlag erlegen, v. Sarwey ist seit 1885 Staatsminister des Kirchen-u. Schulwesens; er erreichte ein Alter von 7 5 I.

Stuttgart, 31. März. Der König stattete gestern Freitag vormittag dem er­krankten Ministerpräsidenten Dr. Freih. v. Mittnacht einen längeren Besuch ab.

Stuttgart, 29. März. Gestern mittag 1 Uhr trafen Mr. Georg O'Malley und Helene O'Malley, welche am 20. Oktober v. I. infolge einer Wette in der Höhe von 75000 Lollars in San Fran< zisko eine Fußreise um die Erde ange­treten haben, hier ein, und sind im Hotel Marquardt abgestiegen. Das interessante Paar, welches ein Packpferd mit sich führt, und in den Straßen berechtigtes Auf­sehen erregte, wird heute Donnerstag und morgen Freitag im Apollo-Theater einen Vortrag über diese interessante Reise halten.

Tübingen, 30. März. (Schwurgericht.) Es standen zunächst 2 Angeklagte, die 55 Jahre alte Thorwächterswitnie Elisabethe Rösch aus Reutlingen wegen eines Ver­brechens des Meineids und die Wein­gärtnersehefrau Wilhelmine Metzger, 64 Jahre alt von da, wegen Anstiftung zu diesem Verbrechen, vor den Geschworenen. Erstere war beschuldigt, sie habe am 26. März den von ihr geleisteten Eid wissent­lich durch ein falsches Zeugnis verletzt, indem sie in der Privatklagsache des Schuhmachers Hermann Rösch in Reut­lingen gegen die heutige Angeklagte Mez- ger wegen Beleidigung nach Leistung des Zeugeneides wahrheitswidrig aussagte: Die Wilhelmiue Mezger habe nicht zu ihr gesagt:Der Schuhmacher Jakob Mink solle ihr nur den Hermann Rösch nicht mehr ins Haus bringen, der könnte ihr das Hans anbrennen, vor dem sei man des Lebens nicht sicher/' Die Be­schuldigung der Mezger ging dahin, sie habe vom Februar bis April 1896 in zahlreichen Handlungen die Rösch durch Ueberredung und Drohungen vorsätzlich zu dem von dieser geleisteten Meineid bestimmt. Anklagebehörde war Staatsan­walt Hezel, Verteidiger waren für die Angeklagte Rösch Rechtsanwalt Bohnen­berger, für die Angeklagte Mezger Rechts­anwalt Liesching. Nachdem die Geschwore­

Dienstag, 3. Aprik 1900

neu unter ihrem Obmann Holzhändler Schöninger-Calmbach bezüglich beider Angeklagten die an sie gestellten Fragen verneint hatten, erfolgte die Freisprech­ung und Haftentlassung beider Ange­klagten. Den Gegenstand des 2. Falles der gestern verhandelt wurde, bildeten betrügerische Manipulationen ,mit einer Eisenbahnfahrkarte. Der verheiratete Fabrikarbeiter Johannes Alt von Erken­brechtsweiler O.A.Nürtingen stand unter der Anklage, er habe am 31. Januar d. I. in rechtswidriger, auf Erlangung eines Vermögensvorteils gerichteter Absicht, eine inländische öffentliche Urkunde ver­fälscht und von derselben zum Zweck einer Täuschung Gebrauch gemacht und in der­selben Handlung, in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu ver­schaffen, das Vermögen eines andern durch Jrrtumserregung mittels Unterdrückung wahrer Thatsachen beschädigt, indem er auf einer am 24. Jan. 1900 bei der Stationskasse Kirchheim u. T. gelösten, auf 6 Wochentage für täglich einmalige Fahrt von Kirchheim nach Dettingen bis einschließlich 30. Jan. giltigen Arbeiter­wochenkarte, um dieselbe noch weiter be­nützen zu können, die Zahl24" in dem eingedruckten Tagesstempel des Ausgabe­tags24. Jan. 1900" unkenntlich machte und am 31. Jan. die so verfälschte Fahr­karte auf der Eisenbahnfahrt Kirchheim- Dettingen dem Bahnschaffner als echt und giltig vorzeigte. Der Angeklagte, ein armer Mann, ist geständig und bringt vor, er habe aus reiuer Not gehandelt; denn er habe keinen Pfennig mehr be­sessen, habe auch kein Vermögen und verdiene im Tag 2 Mk.; damit habe er alle Tage 5 Personen zu unterhalten. Staatsanwalt Frank vertrat die Anklage, Rechtsanwalt Göhrnm war Verteidiger. Die Geschworenen bejahten von den an sie gestellten Fragen nur die Frage auf versuchten Betrug, worauf der Angeklagte zu der Gefängnisstrafe von 2 Tagen ver­urteilt wurde. Obmann der Geschworenen war Schöninger-Calmbach.

Calw, 30. März. In gestriger Sitz­ung der bürgerlichen Kollegien wurde der Gehalt des Ortsvorstandes von 3000 auf 4000 Mk. erhöht. Dabei wurde dem Wunsche Ausdruck gegeben, der Stadt­schultheiß solle feruerhiu kein Mandat für den Landtag annehmen, sondern seine Kraft seinem Hauptamte widmen.

Freudenstadt, 28. März. In der heutigen gemeinschaftlichen Sitzung der

36. Acrhvgang.

bürgerlichen Kollegien wurde der Bürger­nutzen auch für dieses Jahr auf 35 Mk. belassen. Die Furcht, die Jubiläums­kosten könnten demBurger" sein Holz- geld bedeutend schmälern, wäre also gänzlich unbegründet. Dieser Tage wurde hier auch ein Schützen-Verein gegründet. Dem Verein wird von der Stadt gegen eine Ver­gütung ein Schießplatz am Finkenberg (in der Richtung zum Kniebis) überlassen.

Oberndorf, 29. März. Spanische Schatzgräber überschwemmen seit einiger Zeit Deutschland mit schwindelhaften Offerten. Während früher ein gefangener Bankier Adressaten anbot, gegen Einsend­ung eines Vorschusses, vergrabene Depots zu teilen, bietet sich jetzt ein angeblich kubanischer Kriegsgefangener an, zur Hebung von 90000 Frcs. behilflich zu sein. Trotz aller Warnungen fallen dieser Gaunerbande, die von Barcelona und Madrid aus operirt, immer wieder Leicht­gläubige zum Opfer. Eine Dame aus Frankfurt a. M. sandte 5000 Mk. Vor­schuß ein und begab sich selbst nach Madrid, wo durch die Behörden über den Be­trug aufgeklärt wurde. Ein Bremer Bürger hatte dasselbe Schicksal. Jeder Pfennig, der an die Sache gewendet wird, ist verloren, da die Betrüger von dem Augenblicke an, wo sie die genannten Vorschüsse in Händen haben, nichts mehr von sich hören lassen. (Schw. B.)

Bad Krumb ach (Wangen), 30. März. Das Mineralbad Krumbach soll in nächster Zeit einer bedeutenden Renovation unter­worfen werden, sodann durch Errichtung von Anlagen rc. als Kurort nach moderner Art erstellt werden.

Der berühmte Berliner Professor Mommsen hat das Ersuchen des Pro­fessors Sonnenschein in Birmingham um Motivierung seiner in einem Artikel der North American Review" gegen die englische Südafrikapolitik erhobenen An­schuldigungen durch folgenden Brief be­antwortet: Geehrter Herr! Besten Dank für Ihren langen Brief. Gestatten Sie mir nur eine kurze Antwort. Außerhalb Englands ist nicht eine einzige Stimme zur Verteidigung Ihres südafrikanischen Krieges laut geworden. Es ist der Fall Dreyfus, gegen England gerichtet. Glauben Sie, daß diese allgemeine Entrüstung un­begründet ist? Viele Ihrer besten Lands­leute teilen die Ansicht des Kontinents, aber der Kriegszustand läßt sie schweigen. Die Burenregierung mag Anlaß zu Klagen gegeben haben, allein diese sind nicht die