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söhnung mit den staatsrechtlichen Verhältnissen.
Berlin, 20. März. Auf dein jüngst hier abgehaltenen deutschen Kellnerkongreß wurde ein Beschluß gefaßt in dem gegen das Trinkgeld als ein für den Kellnerstand entwürdigendes Almosen Stellung genommen wird. Der Beschluß hat, wie die „Kreuzztg." schreibt, bereits eine Folge gehabt. Ein Gastwirt in der Jnvalidenstraße, in dessen Wirschaft 6 Kellner beschäftigt sind, hat Plakate mit folgender Aufschrift anbringen lassen: „An meine verehr!. Gäste! Das Abgeben von sogenannten Trinkgeldern an meine Kellner wird sowohl von ihnen als auch von mir als Ehrenkränkung ausgefaßt. Die eventuellen Nickel bitte daher am Eingänge in die Sammelbüchse für die Armen der Stadt zu legen."
Vom Kriegsschauplatz in Südafrika.
London, 23. März. Lassan's Bureau veröffentlicht folgendes Telegramm aus Kapstadt vom 21. d. M.: Hier herrscht große Aufregung. Es wird berichtet, daß General Gatacre mit seinem ganzen Stab bei Bethulie gefangen genommen sei. Es wird behauptet, daß er von dem Gros seiner Truppen abgeschnitten wurde und von dem Burenkommandant Olivier, welcher augenblicklich am Oranjefluß operirt, gefangen genommen worden ist. Es geht ferner das Gerücht, daß die Engländer 11 Geschütze verloren haben.
L o n d o n, 24.^März. Amtlich werden die Gerüchte von der Niederlage des Generals Gatacre dementirt. Dagegen soll der Oberst Plumer von einer Burenabtheilung unter dem Befehl des Kommandanten Eloff bei Gaberones eingeschlossen sein.
— Es bestätigt sich, daß der von Rhodesia her zum Entsatz der Stadt anrückende Oberst Plumer nördlich von Mafeking eine Schlappe erlitten hat, derart, daß er sich bis Krokodilpool hat zurückziehen müssen. Der Bureukomman- dant Snyman hat mit richtigem militärischen Blick nicht abgewartet, bis ihn Plumer direkt vor Mafeking angriff, sondern ist ihm entgegengezogen und hat ihn zurückgeworfen. Die Entsetzung der belagerten Stadt ist also so bald, wie man in London annahm, nicht zu erwarten.
London, 23. März. „Times" veröffentlicht folgendes Telegramm aus Lou- reuzo Marques vom 22. ds.: Den Bureu- blättern zufolge bessert sich die militärische Lage Transvaals mit jedem Tage, weil die Burghers des Freistaates sich den Transvaalburen zahlreich anschließen. Täglich kommen neue Truppen in Transvaal an.
— Die „Daily Mail" erklärt, es sei unmöglich, daß jetzt schon mit Krüger ernstlich unterhandelt werden könne. Während der gegenwärtigen Pause würde in der Nähe von Vryburg eine große Truppe angesammelt werden, welche die Flanke der Stellungen der Bnren am Vaal umgehen solle, sobald das Gros der Engländer im Freistaate sein Vorrücken beginne. In Bloemfontein werden inzwischen auch Vorräte aufgehänst und General Frenchs abgemattete Kavallerie wird neue Pferde bekommen. Dann werde mit 160000 Mann und 400 Kanonen der Angriff auf Transvaal beginnen.
— Der „New-Aork Herald" veröffentlicht folgende Depesche aus Prätoria:
Präsident Krüger sagte in einem Inter- view am 10. März: „Nachdem die Buren zum Kriege gezwungen sind, werden sie siegen oder sterben. Ich erwarte keine Hilfe von anderen Nationen, aber ich bin erfreut über die uns gewordenen Beweise von Sympathie und Freundschaft. Transvaal ist jederzeit bereit, Frieden zu schließen, es will aber keine Konventionen mehr. Die einzige Möglichkeit ist die absolute Unabhängigkeit. Wir wollen nicht mehr Gebiet; wir sind zufrieden, wenn wir in Frieden leben können. Transvaal wird beim Friedensschluß ausbedingen, daß die mit den Buren kämpfenden Afrikander aus Natal und der Kapkolonie als krieg- führende Partei angesehen werden und keinen Eigenthnmsverlust erleiden. Als die Regierung erfuhr, daß einige dieser Afrikander in Kapstadt unter der Anklage des Hochverrats abgeurteilt würden, tele- graphirte ich an Lord Salisbury, daß, wenn jene nicht als Kriegsgefangene behandelt würden, wir es an den britischen Gefangenen vergelten würden. Lord Salisbury entgegnete, wenn wir einen einzigen britischen Gefangenen verletzen, würde er mich persönlich dafür verantwortlich machen. Ich glaube, er meinte, die Engländer würden mich aufhängen. Selbst solche verächtlichen Drohungen halten mich nicht von der Erfüllung meiner Pflicht ab. Transvaal erwiderte ihm heute, unsere Regierung verachte seine Drohungen. Das Gerede von einer Verschwörung der Holländer Südafrikas ist unwahr. Der Oranje-Freistaat war vertragsmäßig zum Beistand verpflichtet. Die Buren stehen in Gottes Hand, er wird uns nicht untergehen lassen. Unsere ganze Kriegsstärke beträgt nur 40000 Mann, sie können aber mit Gottes Hilfe obsiegen. Unsere Losung ist Freiheit oder Tod. Ich habe das britische Eigentum in Transvaal geschützt und werde darin fortfahren. Nach unserem Gefühl müßte Amerika in diesem Kampfe mit uns sein.
Ceeil Rhodos
Im Jahre 1871 schiffte sich zu Durban (Südafrika) ein junger Mensch von 18 Jahren aus, bleich, arm und lungenleidend; die Aerzte hatten ihn fast aufgegeben, aber doch nach Natal, wo sein Bruder einen Meierhof besaß, gesandt, in der Hoffnung, daß vielleicht das südafrikanische Klima an ihm ein Wunder wirken würde. Dieser jugendliche Todeskandidat war Ceeil Rhodes. Der arme kränkliche Jüngling von 1871 kommt später reich und vierschrötig nach Europa zurück, verkehrt mit Monarchen auf gleichem Fuße, gilt für einen Midas, der alles, was er anfaßt, in Gold verwandelt. Woher diese Umwandlung, dieser Reichtum? Man höre.
Kurz nach seiner Ankunft in Südafrika verbreiteten sich geheimnisvolle Gerüchte von Diamantfunden im Oranjefluß und anderen Orten, von denen einer hinterher den Namen Kimberley erhielt. Sofort machten sich die beiden Rhodes dahin auf; mit dem Erlös 'aus dem Verkauf des Meierhofs erwarben sie eine Konzession, die sie gemeinschaftlich ausbeuteten, bis der ältere Bruder auf Abenteuer nach Norden auszog und dabei ums Leben kann Und so blieb denn Ceeil als Minenbesitzer allein übrig. Als solcher saß er an einem Tisch unter einem Zelte vor
einem Schacht, in dessen Tiefe ein Dutzend Neger den Boden umgruben. Viel warf das Geschäft nicht ab, aber doch so viel, daß der junge Rhodes in zwei Jahren wohlhabend und dazu an seiner Gesundheit völlig wiederhergestellt war. Der erste Gebrauch, den er von seinem Gelbe machte, bestand in der Ausfüllung der Lücken in seiner Bildung. Fünf Jahre hindurch fuhr er jedes Jahr nach England, um in Oxford einige Monate zu verweilen. Im allgemeinen mürrisch und in sich gekehrt, belebte er sich nur, wenn seine fixe Idee ins Spiel kam. Diese fixe Idee war der britische Imperialismus. Die angelsächsische Rasse — so sagte er sich — besitzt schon drei Kontinente; sie ist die reichste, mächtigste und glücklichste Rasse; wo sie waltet, herrscht auch die Freiheit; nirgendwo anders fühlt sich der Mensch mehr als Mensch. Als auserwählte Rasse ist sie daher dazu bestimmt, den ganzen Erdball zu beherrschen; von vornherein gehört ihr also alles, was noch herrenlos ist. Daß der junge Rhodes diesen Träumen schon damals nachhing, bezeugen seine Studiengenossen aus dieser Zeit, die wie Sir Alfred Milner und Sir Rennel Rodd zwar ebenfalls in Afrika Fuß gefaßt haben, aber zu keiner Zeit ein so fest gegliedertes Programm vor sich hatten und ausführten. Das Programm also bestand in der Eroberung Südafrikas für die angelsächsische Rasse. Um diese Eroberung einzuleiten, bedurfte es zunächst großer Geldmittel; er erlangte sie durch die Gründung der De Beers- Diamanten - Gesellschaft, welche die vielen hundert Kouzessiousbesitzer auskaufte und ein Diamautminen- Monopol herbeiführte. Der Satzung dieser Gesellschaft fügte er einen Paragraphen an, der einen gewissen Teil des Geschäftsgewinnes für imperialistische Gebietsausdehnungen beiseite stellte. Mit diesem Gewinnste organisierte er die Griqualandpolizei, unterstützte er die Eroberung von Betschuanaland, zu der er die englische Regierung mittelbar zwang, veranlaßte er die Beschlagnahme des Landes im Norden von Transvaal, in das die Buren soeben einrücken wollten. Kurzum, gegen 1895 war es ihm mittelst obiger Geldmittel gelungen, die Burenrepubliken, die allein der angelsächsischen Vorherrschaft im Wege standen, von allen Seiten zu umgeben und gleichsam zu ersticken. Wie der von ihm ausgerüstete Ranbzug Jamesons mißglückte, ist bekannt; wie es scheint, ist der gegenwärtige Feldzug eine Frucht seiner Bemühungen, um dielen Mißerfolg wettzumachen. Allerdings hätte es ihm bei dieser seiner jüngsten Heldenthat schlecht ergehen können; wäre Kimberley gefallen, so würden die Buren ihn wohl auf sehr lange unschädlich gemacht haben. In Kimberley belustigte er sich in seiner Weise, sandte den Buren als Neujahrsgeschenke kleine Kugeln mit der Inschrift: „With Cecil Rhodes' best complimeuts!" zu und ließ die gefangenen Buren auf seine Kosten sich bezechen.
Aeußerlich verrät Cecil Rhodes in keiner Weise den großen Conquistador oder gar den Milliardär; er erscheint nur in einem alten weichen Hute und einem Sackrock; auch hat er, der Millionen in der Bank hat, nie auch nur einen roten Heller in der Tasche. Ebenso wenig gleicht der Kap-Napoleon, wie man ihn nennt, äußerlich dem Beherrscher der Franzosen, er Hütte bei einer Größe von