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gänglich sind, ausstellt oder anschlägt oder sonst verbreitet, sie zum Zwecke der Ver­breitung herstellt oder zu demselben Zwecke vorrätig hält, ankündigt oder anpreist; 2) unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen einer Person unter sechs­zehn Jahren gegen Entgelt überläßt oder anbietet; 3) Gegenstände, die zu unzüch­tigem Gebrauche bestimmt sind, an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder solche Gegenstände dem Publikum ankündigt oder anpreist; 4) öffentliche Ankündigungen erläßt, welche dazu bestimmt sind, unzüchtigen Verkehr herbeizuführen. Neben der Gefängnis­strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden." § 184 u lautet:Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis sechs­hundert Mk. wird bestraft, wer Schriften, Abbildungen oder Darstellungen, welche, ohne unzüchtig zu sein, das Scham­gefühl gröblich verletzen, 1) zu ge­schäftlichen Zwecken an öffentlichen Straßen, Plätzen oder an anderen Orten, die dem öffentlichen Verkehr dienen, in Aergernis erregender Weise ausstellt oder anschlägt, 2) einer Person unter 16 Jahren gegen Entgelt überläßt oder anbietet." tz 184d lautet:Wer in öffentlichen Vorträgen von Gesangs- oder sonstigen Unterhalt­ungsstücken oder innerhalb öffentlicher Schaustellungen oder Aufführungen öffent­lich ein Aergernis gibt durch eine Hand­lung, welche, ohne unzüchtig zu sein, dasSchamgefühl gröblich verletzt, wird mit Gefängnisstrafe bis zu Einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark bestraft. Die verbündeten Re­gierungen werden sich nun darüber zu entscheiden haben, ob obige Bestimmungen Gesetzeskraft erhalten werden.

Im Jahre 1898 wurde für 44,830,000 Mk. ausländisches Fleisch in Deutschland eingeführt.

Berlin, 17. März. Die Antwort der deutschen Regierung auf das von deu Regierungen der südafrikanischen Repu­bliken ausgesprochene Ersuchen um freund­schaftliche Vermittelung zur Herstellung des Friedens hat folgenden Wortlaut: Die Regierung des deutschen Kaisers wird gerne bereit sein, bei einer freund­schaftlichen Vermittelung mitzuwirken, so­bald die Grundlage einer solchen vorhan­den ist, d. h. so bald festgestellt ist, daß beide Gegner dieselbe wünschen. Darüber ob englischerseits dieser Wunsch gegen­wärtig vorhanden ist, werden die beiden südafrikanischen Regierungen entweder di­rekt in London oder durch die guten Dienste einer dritten Regierung sich Aus­kunft verschaffen können, welche keine engeren wichtigen Interessen in Südafrika wahrzunehmen hat. Letztere Voraussetzung trifft bei einer Anzahl von Staaten in Europa und außerhalb Europas zu, je­doch nicht bei Deutschland. Jeder derartige Schritt der demfchen Regierung würde daher den Verdacht erwecken, daß wir andere als humanitäre Interessen ver­folgen. Das dadurch erweckte Mißtrauen würde der Sache des Friedens nicht för­derlich sein. Dem Wunsche der südafri­kanischen Regierung, ihre Bitte um Ver­mittelung auch an die österreichisch-ungari- sche und schweizerische Regierung, deren Interessen durch das deutsche Konsulat in Prätoria wahrgenommen werden, Mit­

teilen zu lassen, ist selbstredend sofort entsprochen worden."

Die ganze Frage von der Mög­lichkeit einer Intervention tritt nach der Kreuzz." doch in eine merkwürdige Be­leuchtung, da wie wir authentisch feststellen, gleich zn Beginn des Burenkrieges Kaiser Nikolaus II. der englischen Regierung das förmliche Versprechen gegeben hat, unter keinen Umständen die Schwierigkeiten Englands zu seinem Vorteil auszuuützen. Es lag in der Natur der Dinge, daß eine solche Haltung Rußlands, die den übrigen Mächten nicht verborgen bleiben konnte, einer entschiedenen Partei­nahme gegen die Buren gleichkam, da England nunmehr handeln konnte, als sei der politische Vorteil Rußlands über­haupt nicht vorhanden. Man wird zu­geben, daß dadurch Alles, was geschehen und nicht geschehen ist, eine merkwürdige Erklärung findet."

Wien, 16. März. Von Dr. Hericourt, dem Chef des Laboratoriums des Pro­fessors Richet, erhielten die Pariser Korrespondenten desNeuen Wiener- Journals" interessante Details über sein Tuberkuloseserum.Wir begannen," sagte Dr. Hericourt,unsere Versuche vor zehn Jahren mit tuberkulösen Hunden und Affen, denen wir ein aus Rindermuskel- fleiich gepreßtes Plasma eingaben. Dieses hat mit dem zwischen den Muskelfasern cirkulirenden Blute nichts gemein. Vor sechs Monaten begannen unsere Versuche an Menschen. Zehn Tuberkulose zweiten Grades nahmen au Körpergewicht zu und fühlten sich wohler. Die Kranken erhielten täglich 600 Kubikcentimeter Plasma in 3 Rationen als kalte Bouillon." Hericourt sprach die zuversichtliche Hoffnung ans, daß hier ein Heilmittel gegen die Schwind­sucht vorliege, und erwartet, daß Versuche damit in allen Großstädten angestellt würden.

Die kriegerischen Vorgänge in Süd­afrika nehmen die Aufmerksamkeit der­maßen in Anspruch, daß darüber das furchtbare, aller Beschreibung spottende Drama, das sich in Indien abspielt, ganz in den Hintergrund tritt. Nimmt man jetzt eine englische Zeitung zur Hand, so findet man spalten- und seitenlange Be­schreibungen über den Krieg, über Indien kein Sterbenswort. Nach einer Zuschrift einer vornehmen englischen Dame, die wir in einer Provinzzeitung finden, wird nach einer mäßigen Schätzung die Zahl der Bedürftigen auf 4142 Will, geschätzt, von denen ein Viertel thatsäch- lich dem langsamen Hungertode entgegen­geht. Viele Hunderttausende sind demselben bereits erlegen, man wird darüber nie etwas Näheres erfahren. Was bis jetzt in England gesammelt wurde, ist ein Tropfen auf den heißen Stein; es kommen noch nicht einmal 5 Pfg. auf den Kopf! Für die 7000 meist leicht Verwundeten in Afrika sind dagegen nahezu 16 Will. Mark beisammen und die Kriegsanleihe ist zwölffach überzeichnet worden.

Vom Kriegsschauplatz in Südafrika.

London, 14. März. DieTimes" meldet aus Lourenzo Marques vom 12: Eine Friedensgesandtschaft der Buren, be­stehend aus Fischer, Wolmarans und Wessels, reist morgen nach Europa ab.

London, 16. März.Daily Mail" meldet aus Prätoria von, 13. ds.: Staats­

sekretär Reitz hat heute eine Proklamation erlassen, in welcher er Lord Salisburys Behauptungen widerlegt. Es heißt in der Proklamation, die Republiken haben an die englische Regierung seiner Zeit die Aufforderung gerichtet, die englischen Truppen zurückzuziehen, sonst würde deren Anwesenheit als Kriegserklärung aufge­faßt werden. Hierin brauche man noch keine Kriegserklärung von seiten der Buren zu sehen, weil beides, die Rüstungen und das Ultimatum Schutzmaßregeln gewesen seien, die aus dem Zuge Jamesons folgten, und aus der durch chiffrirte Telegramme sich ergebenden Entdeckung, daß englische Kabinetsminister in den Versuch verwickelt waren, den Republiken ihre Unabhängigkeit zu stehlen. Jetzt seien durch Salisburys Telegramm alle Zweifel beseitigt und die Burghers müßten für ihre nationale Existenz kämpfen im Vertrauen, daß Gott das Recht schützen werde.

London, 16. März. Von hier wird demLokal-Anz." gemeldet, die Anzeichen dafür mehren sich, daß die Buren in ihrem Verzweislungskampf entschlossen sind, die Golüstadt Johannesburg lieber vom Erdboden verschwinden zu lassen, als sie dem Feinde preiszugeben.

London, 16. März. Die Beding­ungen Salisburys haben in Pretoria all­gemein empört. In einer Volksversamm­lung wurde beschlossen, deu Kampf bis aufs Aeußerste fortzusetzen und dabei alle bisher unterlassenen Mittel anzuwenden.

Bloemfontein, 17. März. In Er­widerung auf die Proklamation des Lord Roberts haben sich 400 Freistaatburen ergeben. Der Gouverneur Pretymann erließ eine Proklamation, worin er die Farmer auffordert, ihre Produkte auf den Markt zu bringen, um sie der Heeres­verwaltung anzubieten. Außerdem ist Vorsorge getroffen, daß der bürgerliche Markt nach wie vor abgehalten wird. Die größte Mehrheit der Freistaatburen ist in ihre Wohnungen zurückgekehct.

Bethulie, 17. März. Reutermel­dung vom 15.: Am 13. März erklärte Präsident Krüger den Oranjefreistaat als zur südafrikanischen Republik gehörig.

New-Aork, 15. März. In einer Zuschrift, die der frühere Transvaaler Generalkonsul in London, Montague White, an die New-Iorker World richtet, führt derselbe aus, aus strategischen Grün­den seien die Buren genötigt, Johannes­burg zu zerstören, was einen Verlust von wenigstens 150 Mill. ausmachen würde. Er hoffe, daß etwas für beide kriegführ­ende Teile Annehmbares gethan werde, bevor eine solche Katastrofe eintrete; aber wenn sie dazu gezwungen wären, würden die Buren Johannesburg opsern und dann bis zum letzten Blutstropfen um den Besitz von Pretoria kämpfen.

Bloem fontein, 15. März. General Pretyman hatals Gouverneur von Bloem- fontein eine Proklamation erlassen, worin alle Bürger innerhalb eines Umkreises von 10 Meilen aufgefordert werden, bei Strafe der Beschlagnahme ihres Eigen­tums die Waffen abzuliefern. Unter der holländischen Bevölkerung hier herrscht große Unruhe.

Lo batst, 12. März. (Telegramm Reuter vom 17. März.) Eisenbahn und Telegraph sind bis Pitsani, 25 Meilen nördlich von Mafeking, wieder offen. Die