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Krrurat-Anzeiger für WilSbad und Umgebung.
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Nr. 23
Aisnstag, 20. März 1900
36. Icrhvgcrng
Rundschau. I
— Infolge der mit 178 Schulaspi-I rauten abgehaltenen Vorprüfung wurden u. A. nachstehende Schüler zur Vorbereitung für den V oIks s ch u IIeh re rb e- ruf mit Aussicht auf Staatsnnterstütz- ung ermächtigt und dieselben der Präpa- randenanstalt in Nagold zugeteilt. W. König von Herrenalb, Karl Pfau von Wildbad, Th. Sieb von Bermbach.
Stuttgart. Am letzten Donnerstag ist der Termin für die Einreichung der Handwerkerlisten seitens der Gewerbevereinc, der Innungen und anderer Handwerker- bernfsorganisationen abgelanfen. Diese Listen mußten eingereicht werden, damit die Regierung die nötigen Vorarbeiten bezüglich der Verteilung der Wahlstimmen zu den wahrscheinlich im Juni stattsinden- den Wahlen zu den vier Handwerkskammern ausarbeiten kann. Hier in Stuttgart gehen die Jnnnngen mit den Fachgenossenschaften und dem Handwerkerlandesverband zusammen und zählen miteinander weit über 1000 zur Handwerkskammerwahl berechtigte Mitglieder. Von dem Stuttgarter Gewerbeverein sind nur solche selbständige Handwerker wahlberechtigt, welche einer anderen beruflichen Handwerkerorganisation nicht angchören, diejenigen Handwerker aber, welche gleichzeitig beim Gewerbevereiu Mitglieder sind und bei einer anderen beruflichen Organisation, wählen bei der letzteren. Unter diesen Umständen schrumpft die Zahl der namens des Stuttgarter Gewerbevereins wahlberechtigten Handwerker ans 200 - 250 zusammen, und alle seitens des Stuttgarter Gewerbevereins aufgewendete Mühe, bei der bevorstehenden Handmerkskammerwahl über eine erdrückende Mehrheit gegenüber allen Handwerkern zu verfügen, ist in ihr direktes Gegenteil umgeschlagen.
Stuttgart, 17. März. DieSteuer- kommission des Landtages hat den Antrag zu Gunsten einer Umsatzsteuer der Warenhäuser abgelehnt. Der Minister des Innern Pischek und der Finanzminister Zeyer hoben ihre lebhaften Bedenken hervor und empfahlen die preußischen Erfahrungen abzuwarten.
Stuttgart, 15. März. In der Möbelfabrik Kohnle in der Silberbnrg- straße brach heute früh gegen 4 Uhr Feuer aus, wobei trotz der angestrengten Thätigkeit der Feuerwehr 3 Stockwerke ansbrannten. Ein Feuerwehrmann hat
bei den Rettungsarbeiten den Arm gebrochen.
— In dem Inseratenteil eines Pforzheim er Blattes erschienen mehrfache heftige Angriffe auf württembergische Justizbeamte. Das württembergische Justizministerium hat sich nun veranlaßt gesehen, Klage gegen den verantwortlichen Redakteur des Blattes zu erheben und zwar bei dem Pforzheimer Gericht.
Calw, 14. März. Der heutige Viehmarkt war trotz des schlechten Wetters ziemlich gut befahren. Die Preise blieben gleichhaltend; der Umsatz in Zug- und Milchvieh war unbedeutend, dagegen fand fette Ware raschen Absatz; im allgemeinen war der Handel gut. Die Zufuhr betrug 470 Stück. Ans dem Schweinemarkt waren 158 Läufer und 31 Körbe Milchschweine ausgestellt. Der Preis für letztere war ziemlich nieder, nur 15—24 Mark per Paar. Pferde waren 54 Angebracht und war der Handel darin gering.
Schwäb. - Hal l,, 14. März. In Hall haben sich, wie das „Deutsche Volksbl." berichtet, jüngst zwei Gymnasiasten von 18 Jahren duelliert. Der eine hatte dem anderen eine Ohrfeige gegeben. Deswegen kam es zu einer Pistolenforderung mit 15 Schritten Entfernung und zweimaligem Kngelwechsel. Beini zweiten Gange wurde der Beleidigte in die Brust geschossen und liegt jetzt im Haller Tiakonisfeuhause. Die Kugel konnte noch nicht entfernt werden.
— Einige Bewohner von Unte r s chüpf bei Tauberbischofsheim haben eine reiche amerikanische Erbschaft gemacht. In voriger Woche wurde ein Teil der Erbschaft im Betrage von rund 500,000 Mk. ausbezahlt. Die Erbschaft ist noch nicht abgeschlossen, da noch einige Farmen des Verstorbenen zu verkaufen sind. An den Bürger Karl Beckstein fielen 65 000 Mk., an dessen Onkek 20000 Mk. und der Rest kam nach Oberschüpf, Hirschlanden, Hohenstadt und Frankfurt a. M.
K arls r nhe, 15. März. Eine von mehr als 1000 Personen besuchte Protestversammlung gegen die lax Heinze nahm einstimmig eine Resolution an, welche den Reichstag und den Bundesrat ersucht, dem Gesetze die Zustimmung zu versagen.
Bruchsal, 15. Mürz. Ein wertvoller Fund ist im Hause des Herrn Schwarz zum „Badischen Hof" von einem Maurer gemacht worden Derselbe entdeckte in der Küche des dritten Stocks, welche mit neuem Plattbelag versehen werden sollte, unter der Thürschwelle
verborgen eine große Menge Goldmünzen, 75 an der Zahl, kleine und große, einige sogar von der Größe eines Zweimarkstücks, und zwar meist österreichische und französische Münzen aus dem vorigen Jahrhundert mit den Bildnissen von Kaiser Josef II., Franz II., und Ludwig XVI., eine auch mit dem Bilde .Kaiser Leopold's aus dem Jahre 1694. Der Wert des Fundes ist noch nicht genau sestgestellt, dürfte sich aber sicher — ganz abgesehen vom Affektionswert für Sammler - - auf mehr als 1000 Mark belaufen.
Elberfeld, 15. März. Der Militärbefreiungsprozeß begann heute Vormittag vor der Strafkammer unter großem Andrange des Publikums. Sämmtliche Augeklagte bestreiten ihre Schuld, i Dieser Militärbefreiungsprozeß wurde im Volksmunde mit dem Namen „Pillenaffaire" belegt, weil die betr. Militärpflichtigen von dem inzwischen im Gefängnis verstorbenen Agenten Otto Strucksberg und dein Arzt Dr. Ziel aus Köln Pillen verordnet bekamen, welche vermöge eines starken Herzgiftes dem untersuchenden Militärarzt ein chronisches Herzleiden Vortäuschen sollten. Auf ähnliche Weise wurde auch vorübergehende Gelbsucht hervorge- rusen. Da die Militärbefreiung mit 1000—5000 Mk. bezahlt wurde, so richtet sich die Anklage meist gegen Angehörige wohlhabender Kreise, im ganzen 25 Personen.
Berlin, 16. März. (Reichstag.) Bei der heute fortgesetzten 3. Beratung der lax Heinze wurde tz 180 in der Fassung zweiter Lesung genehmigt, tz 181 (Kuppelei) und ß 181 u (Zuhälter) in der Kommisstousfasinng angenommen; die tztz 181b) (Vermieter-Paragraph) und 182 (Hcraufsetznng des Schutzalters für Mädchen von 16 auf 18 Jahre) und 182 u (Arbeitgeber-Paragraph) gestrichen. - Am Freitag wurden tz 184 nach der Regierungs-Vorlage angenommen, ferner wurde tz 184 u, der sog. Kunftpära- graph und tz 184 b, der sog. Theaterparagraph je nach dem Kompromißantrag angenommen. § 184o betr. Bestrafung ärgerniserregeudcr Mitteilungen aus Gerichtsverhandlungen wird hierauf ebenfalls angenommen, ß 184 lautet: Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1) unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen freihält, verkauft, verteilt, an Orten, welche dem Publikum rn-