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chwaderS wahrscheinlich zu Anfang Jnni n Havre eintreffen und sich von dort nach Paris begeben.

Paris, 4. Jan. Der Staatsgerichts­hof verurteilte den Sekretär des Herzogs von Orleans, Buffet, mit 115 gegen 58 Stimmen zu 10 Jahren Verbannung, Dsroulbde mit 1l5 gegen 21 Stimmen ebenfalls zu 10 Jahren Verbannung. Guörin zu 10 Jahren Festungshaft und den Baron de Lur-Saluces in aontuma- eiam ebenfalls zu 10 Jahren Verbannnng.

Brüssel, 5. Jan. DieIndepen­dente beige" meldet, daß England den Zwischenfall mit dem deutschen Postdampfer Bundesrath" nur provozirte, um einen Anlaß zur Besetzung der Delagoabai zu haben. Die hiesige Gesandtschaft Trans­vaals teilt diesen Standtpunkt und glaubt man müsse sich auf einen Gewaltakt Eng- lands auf die Delagoabai gefaßt machen.

Lokales.

Wildbad, 7. Jan. Gestern fand die Weihnachts-Feier des Turn -V er e ins im Gasthof z.Eisenbahn" statt? deren zahlreicher Besuch wieder auf's Neue Zeugnis ablegte von der großen Beliebt­heit, welcher sich die Aufführungen dieses Vereins stets zu erfreuen haben. Das Programm bot Musik-, Gesangs-, und komische Vorträge in bunter Abwechslung, welche durchweg in schönster Weise aus­geführt wurden. Großen Beifall ernteten die H.H. K. Eitel, W. Schmid, Schwein- fnrth und Agner für die wohlgelung- enen komischen Vorträge:Ein armer Teufel,"Im Jahre 1900"Musikanten- streich" undDer einzige ledige Bursch." Auch der gediegene Klavier- n. Violin-Vor- trag der H.H. Dahl und Zinser wurde lebhaft applaudiert. Die aufgeführten Pyramiden wurden auf ein Glockenzeichen mit erstaunlicher Präzision vorgeführt und boten ein schönes Bild turnerischer Kraft und Gewandtheit dar, deren Ein­übung dem rührigen Turnwart Kall faß alle Ehre macht. Tadellos schön waren auch die lebenden Bilder: Abschied der Krieger, im Gefecht und Heimkehr, deren effektvolle Wirkung noch durch ent­sprechende Beleuchtung erhöht wurde. Die Christbaumverlosung, welcher noch ein von der tanzlustigen Jugend sehnlichst erwartetes kleines Tanzvergnügen folgte, beschloß die schöne, gemütliche Feier. Allen mitwirkenden Kräften, sowie auch Hrn. Dahl für die treffliche Einstudierung der Vorträge^bührt^iefüraufn

Unterhaltendes.

Der alte Postkimiehiilkr.

Eine Erzählung von M. Ling.

(Fortsetz.1 (Nachdruck verboten.)

Der Freund sah den Gelähmten be­sorgt an.

Es ist nichts besonderes," beruhigte dieser,ich muß ihn nur zuweilen nach meinen Füßen sehen lassen, die noch immer nicht ganz zur Ruhe kommen. Der Doktor also erzählte mir, ein Bruder seiner Frau sei in einem Pariser Geschäft angestellt, das in großartigem Maßstab mit Korbwaren handle. Sie verwenden nicht blos Weiden, sondern auch Rohr, Bast, Palmblätter und anderes, und fer- tigen die niedlichsten Arbeiten, welche be­sonders auch in Deutschland eingeführt werden. Müssen wir das Geld für solche

Dinge nach Frankreich schicken? Könnten unsere Leute es nicht ebensogut verdienen? Wir brauchen dann allerdings auch die feine französische Flechtweide. Da sieh hinab, im Thal ist Platz dazu. Du lässest es entwässern, denn im Sumpf gedeiht die feine Weide nicht. So hast du zwei­fach Arbeit für deine Leute. Bis wir Pflanzungen angelegt haben, lernen wir das Flechten an den geringeren Sorten und kaufen später bessere. Wir lassen einen Flrchtlehrer kommen oder einen tüchtigenMannvon hier dazu ansbilden."

Und wer tritt für die Kosten ein?"

Ich und Du zunächst für einen Teil. Baron Weidingk giebt auch einen Beitrag, dessen bin ich sicher."

Und wer, meinst Du, wird das Flechten lernen?"

Die Kinder zuerst, für welche wir eine Arbeitsschule einrichten. Du wirst sehen, die Alten folgen nach."

-Den ersten Korb brachte der

Bürgermeister inmitten der Kleinen fertig, den zweiten sein lahmer Freund, der Posteinnehmer, und den Erlös dafür schenkten sie dem Büblein, das den dritten lieferte. Nach zehn oder mehreren Jahren und nach viel Mühe und Kampf war in Weidingeu in jedem zweiten Haus eine Flechtwerkstätte zu finden, in welcher jung und alt arbeitete, und das Dorf kannte man nicht mehr, so völlig hatte es sich znm bessern verändert. Uin diese Zeit hebt unsere Geschichte an, nämlich im Jahr 1857.

Das Thal, an dessen südlichem Gehäng Weidingen in halber Höhe des Gebirges liegt, ist offenbar in uralten Zeiten ein See gewesen. Denn an seinem oberen und untereu Ende verengert es sich so, daß die Straße neben dem Bach beinahe nicht Raum findet, und die Böschungen der Thalwände zeigen die weichen, ge­rundeten Formen ehemaliger Seeufer.

Dem Bach, der durch die weite Thal­mulde sich hinschlängelt, sieht man es nicht an, daß es sonst ein fleißiges Wasser ist. Der vorher und nachher so muntere Geselle geht hier bequemlichst von einer Thalwand zur andern hinüber und her­über, als hätte er ganz vergessen, was er im Gebirge oben, von dem er lärmend herabkommt, für ein toller Bursche war, der über Stock und Stein hüpfte. Und kaum ist er über den alten Seegrund Hinweg, so treibt ers wieder ebenso, bis hinab in die.Ebene. Darum geschieht ihm gariz recht, daß ihn die Menschen an mühselige Arbeit gebunden haben, damit er seine Kräfte nicht in Uebermut ver­schwende. Wenige Schritte von seinem Ursprung aus dem Fels muß er ein Mühlrad treiben und später noch manch eines. Aber er macht sich nichts daraus. Ueber die Mühlwehre, die sie ihm in den Weg legen, springt er munter hinab und schäumt vor Lust. Nur im Weid- inger Thal ruht er, wie gesagt, eine Weile aus. Gemächlich fließt er zwischen den Weiden hin, welche seine Ufer einfassen, und erzählt, während er sich murmelnd durch ihre Wurzeln drängt, den Vögeln, die sich auf den Zweigen schaukeln, von der dunklen Heimat in der Erde Schoß, aus der er komme, und von seinem Ziel, dem ewigen Weltmeer, dem er entgegen­eile. Oben zwischen den Bergen, im Schat­ten der Buchen, sind es Forellen, die in seinem klaren Wasser spielen, und weiter

unten die Kinder von sWeidingen, die ihre nackten Füße darin baden oder Schiff­lein schwimmen lassen.

Das thun zwar andere Kinder an anderen Bächen auch. Aber seit etlichen Jahren that es die Weidinger Jugend mit besonderer Lust und daran war der alte Märte Schuld.

Der Märte war als ein junger Bursche in die Welt gegangen. Man hatte ihn in Weidingen fast vergessen, als er eines schönen Tages plötzlich wieder erschien mit einer kleinen Tasche, welche seine Hab­seligkeiten und sehr wenig Geld enthielt, dafür aber mit einem großen Sack voll der merkwürdigsten Erzählungen und mit viel Reißen in den alt gewordenen Glie­dern. Er war als Matrose auf der See gefahren, und, wie er versicherte, überall herumgekommen, war in Ost- und West­indien, in China und Australien gewesen, und man mußte es ihm lassen: zu er­zählen wußte er nicht schlecht. Darum sammelte er in der ersten Zeit nach seiner Heimkehr einen großen Kreis von Zuhör­ern um sich, die er mit seinen Schilder­ungen von Stürmen und Schiffbrüchen, von schwarzen und braunen Völkern, von Wal- und Haifischen halbe Nächte hindurch in Spannung erhielt, sodaßsich die Wirte anfänglich um ihn rissen und ihm gerne den Wein, den er trank, umsonst gaben. Noch lieber war ihm Branntwein, gegen das Gliederreißen, sagte er. Er rieb ihn aber nur innerlich ein, am liebsten wenn er nach Matrosenweise mit heißem Wasser und Zucker gemischt war. Allmählich nahm das Interesse an seinen Erzählungen ab, wenigstens bei den Alten, besonders als sie merkten, daß er seine Erlebnisse durch Ausschneiden im Wert zu erhalten suchte. So wechselte er seine Zuhörerschaft, und die jnngen Burschen kamen daran, bei denen es aber nur Bier gab. Als auch sie genug wußten, wurden die Kinder mit ihm befreundet. Noch mehr als durch seine Schilderungen zog er sie an durch die kunstvollen Schiffchen, die er zu schnitzen verstand, auch Bogen und Pfeile waren bei ihm zu Haben, ganz nach Art der Wilden in Afrika gefertigt. (Forts, folgt.)

Vermischtes.

(Diemagere Mode".) Die Jahrhundert-Nummer der Münchener Ju­gend bringt nicht blos literarische und künstlerische Ausblicke in den neuen Zeit­abschnitt, sondern richtet ihr Augenmerk auch auf Erscheinungen der Gegenwart, von denen zu besorgen ist, daß sie in das neue Säculum mit hinüberwandern. Zu diesen Erscheinungen gehört diemagere Mode"'und an sie richtet oer Barde der Jugend" folgenden ergreifenden Appel: Hochverehrte Redaktion! Schleudern sie doch Spott und Hohn, Selbstverständ­lich mit Humor, heut Gütigst auf die große Thorheit, Welche unfern schönen Damen In der hohen Mode Namen

Sinnlos, blind und unbedacht Mager­keit zur Pflicht gemacht! - Bufenlos und ohne Hüften Wandeln Frau und Fräu­lein jetzt, Soll das nicht den Menschen giften, Der das Schöne liebt und schätzt?

War es nicht des Schöpfers Wille, Daß in angenehmer Fülle, Die ein Zeichen von Gesundheit, Sich des Wei- bes milde Rundheit Von dem Manne unterscheide, Dem sie dient zur Augen­weide? Schön geschwungene Conturen