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den Gemeinde-Verband verdienten Ministerialrat von Mosthaf, Hr. Oberatntmann Ritter zollte in vortrefflichen Worten dem Erbauer des Werkes Hrn. Oberbanrat Ehmann nnd seinen Mitarbeitern die volle Anerkennung, Hr. Verwaltungsaktuar Müller rühmte die selbstlose und energievolle Mitwirkung des Hrn. Ober- amtmaun Voelter bei Gründung des Gemeinde-Verbands und während der Ausführung des Werks, der Hr. Ortsgeistliche von Simmersfeld feierte Hrn. Oberamtmann Ritter als eifrigen Mitarbeiter an der Sache. Um 7 Uhr brachen die hohen Gäste auf, um über Calw nach Stuttgart zurückzukehren. In allen Orten, durch die die Rundfahrt ging, waren die Bewohner festlich geschmückt und in gehobener Stimmung über das überaus gelungene Werk. Ter Minister war hoch erfreut über den festlichen Willkomm, über das herzliche Entgegenkommen, das ihm überall dargebracht wurde und er schied mit den besten Eindrücken von den biederen Schwarzwaldbewohnern. Er betonte, baß der Empfang den er gefunden, so recht von Herzen gekommen und gedrungen sei und er werde diese Rundfahrt, bei der er so tiefen Einblick in den dankbaren und aufrichtigen Sinn des Schwarzwaldvolkes gewonnen habe, nie vergessen.
Lörrach, 9. Oktober. „Auf nach Transvaal!" Das war die Parole einiger kampseslustigen jungen Burschen in der Nähe Berlins. Sie beschlossen, dem bedrängten Burenvolke zu Hilfe zu eilen. Um die zur Ausrüstung und Reise nötigen Mittel zu erlangen, verabredeten sie, daß der, dessen Vater am reichsten sei, das Geld zu beschaffen habe. Der Betreffende erklärte sich gleich bereit, der Kasse seines Vaters einen Besuch abznstatten. Die Ausführung gelang und die gestohlene Summe wurde unter sich, gleichmäßig verteilt. Nun wurden Waffen angeschafft — die Pferde wollten die jungen Leute von den Buren kaufen — und heimlich verließ man seine Vaterstadt. Die Reise ging direkt nach Basel und weiter in die schöne Schweiz, wo noch ein guter Freund aufgemuntert und mitgenommen werden sollte. Dieser aber wurde zum Verräter, denn er benachrichtigte den bestohlenen Vater, der alsdann andern Tags eiutraf und die ganze Gesellschaft, die gerade weiter reisen wollte, anhielt. Seinen vielversprechenden Sohn nahm er sofort mit in die Heimat, während er die übrigen Burschen der Polizei übergab, die für die Rückreise derselben in ihre Heimat Sorge tragen wird. Hinter Schloß und Riegel können die vielversprechenden Jünglinge dann weitere Reisepläne machen.
— Ein einträgliches Amt ist in Elsaß- Lothringen das Notariat. Wie aus eirier in diesen Tagen veröffentlichten amtlichen Tabelle hervorgeht, betrug nach Ausweis der Jahre 1896, 1897 und 1898 der durchschnittliche Verdienst eines Notars in Kolmar 34 008 Mk., sein Höchsteinkommen 47 052 Mk. Für Metz ergeben sich folgende Zahlen: 56255 Mk. als höchster, 21965 Mk. als niedrigster und 36 979 als durchschnittlicher JahreSver- dienst. In Straßburg nahmen die Notare 52 054, beziehungsweise 19 547, beziehungsweise 36025 Mk. im Jahre ein. Ein wahres Notariats-Paradies ist aber das iudustriereiche Mühlhausen; dort stellt sich nämlich der Durchschnitt auf 56 824, das Hüchsleiukommeu auf I0I 652 Mk.
Auch in kleineren Orten betragen die Durch- schnittseinnahmeu der reichsländischen Notare immer noch 18 000, die Höchsteinnahmen häufig über 40 000 Mk.
London. Ein bedauerlicher Unglücksfall, der lebhaft an den Todesstnrz des Erfinders der Flugmaschine nach dem System des Vogelflugs, des Berliner Ingenieurs Lilieuthal, erinnert, hat sich, der Magdb. Ztg. zufolge, dieser Tage in der Nähe von Rugby errechnet. Mr. Percy S. Pilcher, ein in der wissenschaftlichen Welt Englands wohlbekannter junger Offizier, beschäftigte sich seit Jahren mit dem Problem des lenkbaren Luftschiffes. Er war mit Lilienthal, der die bekannten Flugversuche in der Nähe von Berlin mit einem großen Flügelapparat unternahm, befreundet nnd hatte seine Flugmaschine in den meisten Punkten nach dein Prinzips Lilienthals eingerichtet. Er wollte nun einem Publikum von Freunden und Interessenten seine Flugmaschiue vorführen, und unternahm, obwohl das Wetter entschieden ungünstig war, einen Aufstieg. Ein heftiger stoßweiser Wind und fortwährende Regenschauer machten ihm den Aufstieg zuerst unmöglich, und seine Freunde baten ihn, den gefährlichen Versuch auf ein anderes Mal zu verschieben, er ließ sich indessen nicht von seinem Vorhaben abbriugen, da er nach seinen früheren glänzenden Erfolgen mit derselben Maschine nicht an ein Mißlingen glaubte. Es gelang ihm auch thatsächlich, trotz des ungünstigen Wetters aufzusteigeu und in einer Höhe von 10—15 m dann einen halben km in beliebiger Richtung zu schweben, aber plötzlich, als er im Begriff war niederzugehen, überschlug sich die Flugmaschine und stürzte schwer zn Boden, den tollkühnen Luftschiffer unter ihrer Last begrabend. Wie sich später herausstellte, war bei dem Kampf gegen den Wind eines der Seile gerissen, und damit verlor die Maschine ihren Halt. Pilcher erlitt bei dem furchtbaren Sturz einen Bruch beider Beine, sowie des Rückgrats, nnd liegt nun im Haus seines Gönners, Lord Braye, hoffnungslos darnieder.
— Wer hinter den Kriegstreibereien Englands wirklich steht, sieht man aus folgender Nachricht: „Auf den Börsen in London, Hüll und anderen englischen Städten fanden Freudenkundgebnngen statt beim Ablauf des Ultimatums. Sämtliche Makler schwenkten die Hüte und stimmten patriotische Lieder an." — Also den Börsenjobbern zu lieb soll ein freiheitsliebendes Volk abgeschlachtet werden!
London, 14. Okt. lieber den von den Buren gegen den gepanzerten Eisenbahnzug zwischen Vryburg und Mafeking gemeldeten Angriff wird dem Reuterschen Bureau aus Vryburg vom 12. ds. gemeldet: Der gepanzerte Zug, welcher von hier mit 15 Mann, 2 Nordenfeldgeschützen und einer technischen Abteilung fuhr, ist seit heute mittag im Kampfe. Bis 3 Uhr war es der britischen Abteilung noch nicht gelungen, die aufgerissenen Schienen wieder auszubessern und die Verbindung mit Mafeking wieder herzustellen. Das Feuer war auf beiden Seiten sehr kräftig. Ein großer Zug, welcher mit dem Lancashire- regiment in Vryburg angekommen ist, kehrte unbeschädigt nach Kimberley zurück.
London, 14. Okt. Mehrere Abendblätter veröffentlichen eine Depesche vom Kriegsschauplatz, woselbst es heißt, die Buren begannen unter Befehl Croujes am
Donnerstag gegen Mitternacht den Angriff ans Mafeking. Das Ergebnis des Kampfes ist noch nicht bekannt. Es wird mit Sorgen erwartet, da die Artillerie der Buren stärker ist als die des englischen Befehlshabers.
— Vom Operationsfeld im Süden, an der Grenze gegen Natal, wo es ebenfalls zu Zusammenstößen gekommen ist, wird und zwar aus Lady Smith nach London gemeldet: Truppen des Oranje- freistaates rücken in einer Entfernung von 80 Meilen über den Tiutwapaß vor. 70 berittene Jäger wurden zur Verstärkung der Kavallerievorposten abgesandt; ferner erhielt die „Times" eine Meldung aus Ladysmith vom 12. d., wonach die vom OraujeFreistaat in Natal einrückenden Buren etwa 12 000 Mann zählen. — Der „Daily Telegraph" veröffentlicht ein Telegramm, wonach der Kampf zwischen den vom Vanreeuer Paß nach Natal dringenden Buren und den bei Laingsnek stehenden Streitkrüften des Generals While bereits begonnen hat. Die Buren haben 11 Geschütze, General White 12. Der General rechnet mit Sicherheit auf Erfolg.
London, 17. Okt. „Die Central News" melden: Die letzten Nachrichten aus Mafeking über Kimberley, ehe der Draht zerschnitten wurde, lauten: Die Stadt wird von den Buren unaufhörlich mit Bomben beworfen. Es geht kms Gerücht von der Kapitulation, doch ist nichts Sicheres bekannt.
London, 17. Okt. Nach hier eiuge- troffenen Privatmeldnugeu aus Holland sollen die Buren bereits Mafeking eingenommen haben. Es heißt, daß sie in der dortigen Kirche einen Dankgottesdienst abhielten. Die Besatzung von Mafeking unter Oberst Baden-Powel soll nur 600 Mann stark gewesen sein. Ob die Besatzung capitulirt hat oder gerettet ist, ist nicht bekannt.
London,17. Okt. Die „Times"veröffentlichen in ihrer gestrigen Agend-Aus- gabe ein Telegramm aus Kapstadt, wonach die Afrikander in der Kap-Kolonie beschlossen haben, mit den Buren gemeinsame Sache zu machen. Diese Meldung wird in den LondonerTrausvaalkreisen bestätigt.
Kapstadt, 17. Okt. Um 10 Uhr Abends traf gestern die Meldung ein, es hätte hier ein schwerer Kampf zwischen den Truppen des Oranje-Freistaates und den Engländern bei Kimberley stattge- fnnden. Die Meldung ist von Eingeborenen hierher gebracht worden.
K o n st a n t i n o p e l, 13. Okt. Das Mitglied des Staatsrats, Dschawid Bey, ein Sohn des Großveziers, ist von einem Albanesen erschossen worden. Der Mörder ist verhaftet worden.
Weinsberg, 15. Okt. Heute sind einige Käufe weiß Gewächs zu 150 Mk. pro 3 bl abgeschlossen worden.
Vermischtes.
(Bitte nmFeuer.) Ein hübsches Taschenspielerstückchen aus eigener Erfahrung erzählt der österreichische Untersuchungsrichter Dr. Haus Groß in der kürzlich erschienenen dritten vermehrten Auflage seines „Handbuches für Untersuchungsrichter". Er schreibt: Ein mir befreundeter Polizeikon'missar ließ mir einst sagen, er habe etwas „Interessantes". Ich fand mich bei ihm ein und erfuhr, daß er einen internationalen Taschendieb, der eine Kerkerstrafe abgebüßt hatte, in