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hiec vorgekommen sein. AlZ die zur Beerdigung festgesetzte Stunde geschlagen, die Leidtragenden versammelt waren, wartete man vergebens auf den Schreiner mit dem Sarg. Als derselbe trotz des schon einige Zeit dauernden Trauerge­läutes immer nicht erschien und man nun nach seinem Fernbleiben sich schnellstens erkundigte, hatte derselbe (oder die Lcichen- sagerin) die Anfertigung resp. Bestellung des Sarges vergessen, und nun mußte, da ein Sarg nicht zu beschaffen war, die Beerdigung auf heute verlegt werden.

Bietigheim, 7. Okt. Gegenwär­tig wird von der Aktiengesellschaft Stutt­garter Linoleumfabriken ein Areal dicht am Bahnhof in einer Ausdehnung von über 40 Hektar mit Fabrikanlagen und den entsprechenden Arbeiterwohnhänsern bebaut.

MGöppingen,7. Okt. Gärtner Maisch von hier hatte sich vor stark 4 Wochen nach Oesterreich begeben um Obst einzu­kaufen. Nachdem einige Tage Nachrichten von ihm ausgeblieben waren, traf ein Telegramm ein des Inhalts:Liebes Weib, warte nur". Seither war nichts mehr von ihm zu hören, und die Ange­hörigen schwebten in tödlichen Aengsten. Jetzt ist das Dunkel auf schauerliche Weise gelüftet. Die Leiche wurde vorgestern in Friedbergerau bei Augsburg im Lech ge­funden. Die Hirnschale war eingeschlagen, das Gesicht war durch viele Stiche ent­stellt, die Haare waren ausgerauft, Schuhe und Strümpfe waren ausgezogen, Geld und Uhr fehlten. Es handelt sich also um einen Raubmord, und das erwähnte Telegramm dürfte von dem Raubmörder herrühren, der damit wohl Zeit gewinnen und Nachforschungen hintanhalten wollte. Bei der Leiche wurde eine Rückfahrkarte Rosenheim-Ulm vorgefunden. Daß M. aber in oder in der Nähe von Augsburg Geschäfte zu besorgen gehabt hätte, davon ist bis jetzt nichts bekannt, deshalb auch noch unaufgeklärt, wie er nach Fried­bergerau kam. Ein Raubmord scheint sicher zu sein, denn die Leiche weist unge­fähr 12 Messerstiche im Gesicht und in der Halsgegend und andere Verletzungen auf.

In der Lustballonhalle in Manzell ^ wird zur Zeit mit Anspannung aller Kräfte . gearbeitet. Es soll nämlich, wie verlautet,

. " der erste Aufstieg des Ballons noch Ende Oktober ermöglicht werden, was mit dem Jagdaufenthalt in Zusammenhang gebracht ^ wird, den der König vom 23. bis 27. Okt.

hier zu nehmen beabsichtigen soll.

" Pforzheim, 6. Okt. Die Typhus­epidemie grassirt leider immer noch in der Stadt. Vom 19. bis 30. September kamen aus der Stadt 34, aus dem Land­bezirk 8 Neuerkrankungen zur Anzeige. Im städtischen Krankenhaus befinden sich zurzeit noch 139 Typhuskranke.

Baden, 6. Okt. Ein Insasse des hiesigen Armenhauses feuerte heute aus Gehässigkeit einen Revolverschuß auf die Oberin des Hauses nnd verletzte diese am Hals. Der Attentäter wurde sofort verhaftet; er war seit einigen Jahren Pflegling des -Hauses und hatte einen unverträglichen Karakter. Heute ist die hiesige Fremdenliste auf die Gesamlziffer von 70137 gestiegen, eine Zahl, die bis jetzt noch nie erreicht worden ist.

Triberg, 6. Oktober. Ein hiesiger Bürger wurde dieser Tage von seiner Ehefrau mit dem 17. Kinderfreut."

Potsdam, 8. Okt. In Gegenwart des Kaisers und der Kaiserin, der Köni­ginnen der Niederlande, des Königs­paares von Württemberg, sowie des Herzogpaares Albrecht von Württemberg fand heute mittag die Taufe des ersten Sohnes des Erbprinzenpaares zu Wied statt. Den Taufakt vollzog Pfarrer Loh- mann-Neuwied unter Assistenz des Hof­predigers Keßler. Während des Tauf­aktes hielt die Königin Wilhelmine den Täufling, welcher die Namen Hermann Wilhelm Friedrich erhielt. Nach dem Taufakt fand Gratulation statt, worauf das Kaiserpaar nach dem Neuen Palais znrückkehrte. Königin Wilhelmine ver­ließ als letzie der Gäste die Villa Wied undfftattete dann dem Herzogspaar Albrecht von Württemberg einen Besuch ab, worauf sie ebenfalls nach dem Neuen Palais zurückkehrte.

In der Strafanstalt Plötzensee bei Berlin sitzt der Laufbursche Willy Lange- Er unterschug einer Verlagsbuchhandlung 40000 ^ nnd versteckte das Geld. Der größte Teil ist im Grunewald, in Selters­flaschen vergraben, anfgesnnden worden, es fehlen aber noch 16 000 ^!, und ihren Versteck will Lange nicht verraten. Er sagt, daß er für die fünfjährige Strafe, die er zu verbüßen hat, wenigstens etwas haben wolle.

Unterhaltendes.

Hammers Sanatorium.

Von Alwin Römer.

(Schluß) lNachdruck verboten.)

Ja,sehen Sie! ZweiJhrerVorgänger- innen haben nämlich von den heranfge- schickten Kranken schon Männer ergattert! Daher ist der Kommerzienrat nach dieser Seite besonders mißtrauisch!"

Ein Packet für Fräulein Lenore Martin! Bitte um 15 Pfennig!" unter­brach ihn der Postbote, die Thür zum Speisezimmer öffnend.Und hier ein Brief für Herrn Lenhardt!"

Äh," sagte das Fräulein.Jetzt werde ich sehen, wer recht hat!"

Und hastig schnitt sie den Bindfaden vom Packet und schälte das Bild ans den Papier- nnd Papphüllen, während ihr Pflegling am Fenster stand und seinen Brief studirte.

Äber nur einen einzigen Blick warf sie auf den stattlichen Kopf mit den ener­gischen Zügen und dem Zug von Güte um die Mundwinkel. Dann wurde sie blaß und stieß einen leisen Schrei aus.

Jener sprang vom Fenster herzu und sing die Taumelnde auf.

Sehen Sie," sagte er lächelnd,wie gräßlich er aussieht! Sie fallen davor in Ohnmacht!"

O, Herr Kommerzienrat!" stammelte sie nur noch. Dann senkte es sich wie Nebel auf ihre Sinne. Und nur aus den Lippen spürte sie es einmalheiß und

innig wie ungestüm Liebe küßt.

* *

-K

Heiter und frisch, wie er jahrelang nicht ausgesehen, war der Kommerzien­rat endlich zurückgekehrt. Ec summte vor sick hin trotz der schlechten augenblicklichen Geschäftslage. Er bewilligte Zulagen, zu denen der alte Lorenz den Kopf schüttelte und sah über Versehen hinweg, die auf keinen Fall ungeahndet bleiben dursten.

Es mußte ihm wirklich ausgezeichnet in Fichtenstein gefallen haben. Aber bis

jetzt hatte er noch kein Wort davon ver­lauten lassen und Lorenz war viel zu bescheiden, als daß er so ohne weiteres danach gefragt hätte. Wenn nachher der Doktor kam, würde so wie so davon die Rede sein. Und solange konnte er schon warten trotz seiner Wißbegierde. Gegen eis Uhr erschien denn auch der Jünger Aeskulaps. Erfreut schüttelte er dem Heim­gekehrten die Hand.

Sie sehen brillant aus, Herr Kom­merzienrat!" Man erkennt Siekaum wieder! Mindestens zehn Jahre jünger sind Sie geworden in Fichtenstein!"

Finden Sie wirklich, Doktor?"

Thatsächlich! Ohne Schmeichelei! Wo haben Sie gewohnt?"

Das wissen Sie doch!"

Und wie sind Sie zufrieden?"

Ausgezeichnet!"

So kocht sie gut?"

Ich habe nirgends besser gegessen!"

Das ist ja vortrefflich!Hoffentlich hält sie auch ans!"

Daran glauben Sie nur nicht, Doktor!"

Nicht?" fragte erstaunt Papa Lorenz.

Sie ist viel zu hübsch für den Posten!"

Ah!" meinte der Doktor.Sie meinen, die schnappt uns wieder einer weg?"

Hat schon geschnappt!" beschied ihn der Kommerzienrat.Sie hat oben einen kennen gelernt. Ter will sie von der Stelle weg heiraten!"

O!" sagte Papa Lorenz bedauernd.

So'n Pech!" eceiferte sich der Doktor.

Sie würden's ihm kaum verdacht haben!" bemerkte Hammer, fein lächelnd.

Wann geht sie denn?" fragte Lorenz.

Sowie Ersatz da ist! Lassen Sie nur gleich heute wieder annonciren!"

Sofort, Herr Kommerzienrat!"

Aber zuverlässig ist sie doch, bis sie geht?" erkundigte sich der Doktor.

Sie können sich, glaub ich, auf sic verlassen!" beschied ihn Hammer. Dann ging der Doktor

Papa Lorenz hat indes die Annonce aufgesetzt.

Ich habe diesmal geschrieben, nicht unter vierzig", damit uns das Unglück nichtnoch einmalpassirt!" sagte ermürrisch.

Es ist ja kein Unglück, Lorenz! Gönnen Sie ihr doch das bißchen Freude, das ihr blüht!"

Ich kenne sie ja gar nicht! Außer­dem: wer weiß, was auf sie wartet in der Ehe!"

Na, na, Lorenz! "

Ach was, ich bin ärgerlich! Ich könnte den Kerl vergiften, der uns das wieder eingebrockt hat! Konnte sie denn nicht nein" sagen?"

Das hätte mich sehr unglücklich ge­macht, lieber Lorenz!" sagte lächelnd Hammer.

Der Alte sah ihm einen Moment lang zweifelud in die Augen. Dann sprang er plötzlich auf und faßte nach der Hand des Fabrikanten.

Ich blinder Hesse!" sagte er gerührt. Meine innigsten Wünsche, lieber Herr Hammer! Nein, wie mich das freut!"

»Ja, ja, es ist ein sonderbares Haus, unser Sanatorium! Die nächste holen Sie sich, Lorenz!"

Ich werde liebernicht unter fünf- zig" schreiben!" brummte der Alte.

Vermischtes.

(Ein origineller Trick.) Ein Eng­länder, der etwa ein Jahrzent in Paris