Amtsblatt für öie Stadt Wit'dbad.

zentral-Anzeiger für WilÄbad und Umgebung.

Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Samstag.

Der Abonnements'Preis beträgt incl. dem jeden Samstag beigegebenen Jllnstr. Sonntagsblatt für Wildbad vierteljährlich 1 10 monatlich

4V Pfg; durch die Post bezogen im Oberarms- Bezirk 1 30 auswärts 1 45 Be­

stellungen nehmen alle Postämter entgegen.

Der Annoncenvreis beträgt für die einspaltige Zeile oder deren Raum 10 Pfg-, Reklamezeile 15 Pfennig. Anzeigen müssen spätestens den Tag zuvor morgeus 9 Uhr aufgegeben werden. Bei Wiederholungen entsprechendcpNabatt. Stehende Anzeigen nach Uebereiukunft. Anonyme Ein­sendungen werden nicht berücksichtigt.

Nr. 120.

Donnerstag, 12. Oktober 1899.

35. Jahrgang-

Rundschau.

Stuttgart, 4. Okt. Am Montag war der Landesausschuß des Verbands der Wirte Württembergs im Stadtgarten­saal zn einer Beratung über das neue Umgeldsgesetz versammelt. Man beschloß, in die Beratung des neuen Umgeldsge­setzentwurfs einzutreten und denselben nicht völlig abznlehnen. Tie vom ge- schüftsführenden Ausschuß resp. einer Kommission ausgearbeitetenVerbessernngs- vorschläge, welche in allen Einzelheiten einstimmige Annahme fanden, sollen in Form einer Denkschrift der Staatsregier­ung und den Landständen übermittelt werden. Die Bezirksvereine sollen durch besondere Kommissioneil die Denkschrift den einzelnen Abgeordneten noch persön­lich überreichen lassen. Bei der Beratung wurde insbesondere dem Bedauern darüber Ausdruck gegeben, daß in dem neuen Ent­wurf keine Verringerung des Prozentsatzes des Umgeldes vorgesehen sei; die billigen Weine könnten heutzutage bei den immer steigenden Preisen keine 11 Prozent Um­geld mehr ertragen.

Bei den 3 hier garnisonierenden Regimentern sind am 1. Oktober insge­samt 220 Einjahrig-Freiwillige eingetreten.

Neuenbürg, 9. Okt. In einer gestern Abend im Lokal von Karl Pfrom- mer gehaltenen Versammlung erstattete der konserv. Reichstagsabg. Schrempf Bericht über die Verhandlungen im Reichs­tag, nachdem er gestern nachmittag das Gleiche in Calmbach gethan hatte. In 2'/üstünd. Vortrag berichtete der Abge­ordnete zunächst über den Reichshaus­haltsetat und über die damit in Zusam­menhang stehenden Fragen der Matrikn- tarbeiträge, Ausgaben für Heer u. Marine u. s. w. Des Weiteren besprach er die Militärvorlage, das Bankgesetz, die Ar­beiterversicherungsgesetze, die Dänenaus- Weisungen, die Reichsmilitärgerichtsbarkeit, die Verhandlungen über die Fleischnot und die Fleischbeschau, die Vorlage betr. den Schutz der Arbeitswilligen und die Invaliden - und Veteranenversorgung. Eine Anfrage über die Flottenfrage wurde befriedigend beantwortet.

Calmbach, 6. Okt. Gestern Abend vereinigte sich Hierim Gasthof zurSonne" eine Anzahl von Familien von hier und Höfen zn einer Abschiedsfeier für den Oberförster Holland, der zunächst nach 14jähr. Thätigkeit von hier fortgehen wird, um das Revieramt in Blaubeuren zu übernehmen. Durch mancherlei Reden!

wurde dem Gefühl der Freundschaft und Dankbarkeit für den Scheidenden und seine Familie Ausdruck gegeben, die der­selbe bewegten Herzens erwiderte.

Bern eck, 8. Oktbr. Unsere Kirche wurde in den letzten Tagen durch einen würdigen Schmuck verschönert. Zu Ehren des Andenkens ihres verst. Gemahls stiftete die Witwe des Landger.-Direktors Frhr. v. G ültlingen ein Kirchenfenster, ans dem in Glasmalerei der Kampf Jesu in Gethsemane zur bildlichen Darstellung gebracht ist.

Tübingen, 6. Okt. Schwurgericht. Bei verschlossenen Thüren wurde gestern vormittag gegen den Steinhauer Gotthilf Becher von Weiler Bez.-Amt Pforzheim, sowie Wilh. Rau und Andr. Becker wegen von ihnen verübter schamloser Handlungen verhandelt. Des ihnen zur Last gelegten Sittlichkeitsverbrechens für schuldig befun­den, wurde gegen Gotthilf Becker auf eine Gefängnisstrafe von 7 Monaten, auf welche die verbüßte Untersuchungshaft mit zwei Monaten angerechnet wurde, gegen die Genossen desselben unter Anrechnung von je 1>/r Monaten der Untersuchungshaft auf 5 bezw. 4 Monate Gefängnis erkannt. Der letzte in der diesmaligen Schwur­gerichtssession zur Aburteilung gelangende Fall richtete sich gegen den etwa 30 Jahre alten, noch nicht vorbestraften verh. Buch­halter Hugo Schmidt, zuletzt in Rottenburg wohnhaft, wegen versuchten Totschlags und Bedrohung. Der gänzlich mittellos in Rottenburg angekommene Angeklagte hatte im Oktober 1898 bei der inzwischen in Konkurs geratenen Firma Fuchs und Göbel, Mechanische Strickwarenfabrik, dringend um Beschäftigung gebeten und solche mit einem monatlichen Anfangsge­halt von 75 das dann auf 90E und 120 ^ erhöht wurde, auch erhalten. Er war tüchtig im Geschäft und hat niemals Anlaß zu Klagen gegeben. Unter den immer schwieriger werdenden Verhältnissen im Geschäft selbst und unter der Uneinig­keit der beiden Firweninhaber hatte der Angeklagte auch zu leiden. Die Stim­mung des wie sämtliche Zeugen bekundeten, bescheidenen und nüchternen Mannes wurde immer gereizter, vor allem durch eine Aenßeruug Göbels dem Fuchs gegenüber, daßdie Buchhalter so wie so stehlen". Am Tag darauf, den 9. Sept. d. I. kaufte Angeklagter sich einen Revolver und nach­dem er sich ungewohnter Weise während des ganzen Tages in einer Reihe von Wirt­schaften Herumgetrieben hatft, begab er

sich nachmittags in die Fabrik und begann laut auf Göbel in schwer beleidigenden Ausdrücken- zu schimpfen. Göbel trat ihm entgegen; sie wurden handgemein und von der Straße aus gab dann der Angekagte 2 Schüsse auf Göbel ab, welche beide die Thür trafen. Des versuchten Totschlags, sowie der fortgesetzten Bedrohung für schuldig befunden, erkannte das Gericht gegen Schmidt auf 4 Monate Gefängnis. Mit diesem noch nachträglich auf die Tagesordnung gesetzten Fall waren die Verhandlungen der Schwurgerichtssession des 3. Quartals erledigt und mit einem Dank an die Geschworenen wurde dieselbe alsdann durch den Präsidenten Herrn Landgerichtsrat Kapff geschlossen.

Cannstatt, 8. Okt. Das vorjähr. Volksfest ergab für unsere Stadt einen Einnahmeüberschuß von 30 000 Mark, während das diesjährige Fest wohl kaum 13 000 Mark zn Gunsten der Stadtkafse abwerfen wird.

Ulm, 8. Okt. Ein Veteran von Leonberg, der im 3. Jägerbataillon 1870/71 tapfer mitkämpfte, hat sich vor­gestern abend mit seinem Weib von zu Hause aufgemacht, um die 100jährige Jubiläumsfeier seines Regiments in Ulm mitzufeiern. Doch verpaßten sie leider gestern morgen den ersten Zug nach Ulm. Tief betrübt standen sie auf dem Stutt­garter Bahnhof, immer wieder fragend, ob denn kein Zug mehr nach Ulm gehe, daß sie zur Parade und zum Veteran­essen noch recht kämen. Da fuhr der Sonderzug für den König in die Halle ein. Das Weib faßte sich ein Herz und wandte sich an einen herantretenden Offi­zier:O Herr, mein Mann ist Veteran, da gucket Se, da hätt' er sein Medaillon! Könne Se uns denn net mit nach Ulm nehme s" Der Adjutant hieß die Frau warten, und als der König kam, trug er ihm das Anliegen der 2 ver­späteten Festgäste vor. Der König lachte und gab die Erlaubnis, daß sie im Dienerschaftswagen mitfahreu könnten. So gelangte das Veteranenehepaar in rascher Fahrt noch rechtzeitig nach Ulm, und die überglückliche Frau er­zählte gestern nachmittag in der ganzen Stadt, wie sie habe im königlichen Extra­zug fahren dürfen und daß sie das dein Herrn König ihr Lebtag nicht vergessen wolle.

Balingen, 5. Okt. Ein wohl sel­tenes Hindernis bei einem Todesfall resp. Beerdigung eines Kindes dürfte gestern