Fruchthandel an, geriet aber, des Ge­schäftes total unkundig, in immer größere Schulden und mußte schließlich den Kon­kurs anmelden. Der älteste Sohn des Ioh. Georg Pfeiffer, Christian Pfeiffer, welcher nach kurzem Aufenthalt in Ame­rika die kaufmännischen Geschäfte des Vaters führte, hatte nach eingetretener Zahlungsunfähigkeit, aber noch vor Anmel­dung derselben, ans dem Nagolder Markte sämtliches Vieh, Pferde, Wagen und Ge­schirr, sowie die noch wenig vorhandene Frucht für insgesamt 1621 Mk. verkauft und ist am nächsten Tage nach Pforzheim gefahren, um bei einer dortigen Firma einen fälligen Wechsel über 1439 Mark nebst Kosten zu decken. Das Geld 1700 Mark in Hundertmarkscheinen will er in einer Banknotentasche in der linken Seitentasche seiner Joppe bei sich getragen haben, ist aber mit der Nach­richt heimgekommen, er habe das Geld verloren/' Er erzählt heute dem Ge­richt ein Märchen, wie und wo er glaubt, das Geld verloren zu haben. Schon vorher hatte Christian Pfeiffer sein mög­lichstes gethan, die Gläubiger zu betrügen. Er hat in 4 Kistensendungen allerlei Hausrat an seinen Bruder Paul Pfeiffer und den Bauern Ioh. Georg Müller ge­sandt, die nun wegen Beihilfe angeklagt sind. Am Nachmittag des 2. Verhand­lungstags begannen die Plaidoyers des Vertreters der Staatsanwaltschaft, sowie der 4 Verteidiger der Angeklagten. Der Spruch der Geschworenen lautet bei Ioh. Pfeiffer auf einfachen Bankerott, bei Chr. Pfeiffer auf Verheimlichung und Beseiti­gung von Vermügensstücken, während bezügl. Paul Pfeiffer und Ioh. Müllers sämtliche Schuldfragen verneint wurden. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte sodann gegen Ioh. Pfeiffer eine Gefängnisstrafe von 5 Monaten, gegen Chr. Pfeiffer eine Zuchthausstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten. Das am Abend verkündete Urteil lautete gegen Ioh. Pfeiffer auf 4 Monate Gefängnis, welche durch die Untersuchungshaft als verbüßt angesehen wurden, gegen Chr. Pfeiffer, unter Aberkennung der bürgerl. Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren auf 1 Jahr 6 Monate Zuchthaus, auf welche Strafe 3 Monate der erlittenen Untersuchungshaft angerechnet wurden, während bezügl. der beiden Angeklagten Paul Pfeiffer und Ioh. Müller Frei­sprechung erfolgte.

Heilbronn, 30. Sept. Vor dem Schwurgericht begann heute Vormittag unter starkem Andrang der Prozeß gegen den Raubmörder Franz Vogl von Habels­bach Niederbayern, ein gelernter Metzger und Bierbrauer, der Ende Mai die 23 Jahre alte Lehrerin Gretha Gilbert von Schlüchtern, eine Lehrerstochter, zwischen den eine Viertelstunde von einander ent­fernten Ortschaften Großgartach und Schlüchtern auf einer stark fcequentirten Landstraße am Hellen Tage<tn der Absicht, sie zu berauben, durch einen Schnitt in den Hals getödtet hat. Der heutige Ver- handlnngstag war mit der Vernehmung des Angeklagten ausgefüllt. Befragt, wie er dazu komme, ein wehrloses Mädchen dahinzumorden, räumt er ohne Rückhalt ein, daß er die That vollbracht habe, um in den Besitz ihrer Wertsachen und ihrer Uhrkette zu kommen, die verführerisch in der Sonne geglitzert habe. Ohne die ge­ringste Spur von Reue gibt er dann eine

Darstellung über die Ausführung der That in allen ihren Einzelheiten. Nachdem er die Dame, die nach Heilbronn wollte, um Einkäufe zu machen, durch einen Zuruf Halt" gestellt hatte, habe diese die Flucht ergreifen wollen. Im Nn sei sie jedoch wieder in seinen Krallen gewesen, er habe sie zu Boden geworfen, sich auf sie ge­kniet und den tödtlichen Schnitt gemacht, gerade wie man ein Schwein absticht". Es find über 70 Zeugen, darunter einige Sachverständige zu vernehmen.

Pforzheim, 1. Okt. Bei der ge­stern vor der Karlsruher Strafkammer stattgehabten Verhandlung gegen nach­stehende Personen, welche teils wegen Gold- und Edelsteindiebstahls, teils wegen Heh­lerei angeklagt waren, sind folgende Urteile gefällt worden: Fässer Andreas Rein er­hielt 10 Monate, Fässer Johann Decker 10 Monate, Fässer August Panitz 6 Mon. Fässer Friedr. Vetter 5 Mon., Ausläufer Georg Fneß 5 Monate, Kfm. Rothfuß 10 Monate, Goldarb. W. Rnpp 3 Monate, Geflügelhändler Gropp 5 Monate (je) Gefängnis, diese sämtliche überdies noch 3jährigen Ehrverlust, ferner Bijouterie­fabrikant Ernst Hermann Blind und Goldarbeiter Adolf Hintermann zu je 2 Jahre Zuchthaus und 5 Jahre Ehr­verlust.

Konstanz, 27. Sept. Eine hervor­ragende Leistung auf dem Zweirad voll­führte, wie dieKonst. Zlg." meldet, die bekannte Tourenfahrerin Frau Ingenieur Seifert, Mitglied des Veloklubs Konstanz. Sie verließ Konstanz früh 4 Uhr und fuhr über Radolfzell, Stockach, Ueberlingen, Meersbnrg, Friedrichshafen, Lindau, Bre­genz, Rheineck, Rorschach, Romanshorn, Konstanz, Ermatingen, Stein, Wangen, Moos, Radolfzell wieder nach Konstanz zurück, woselbst sie abends 8,55 ankam; sie fuhr also um den ganzen Bodensee, d. h. 259,3 Kilometer, an einem Tage.

Konstantinopel, 28. Sept. Infolge eines Erdbebens im Vila;et Aidin sind mehrere 100 Menschen umgekommen; Tausende sind obdachlos. Der Schaden wird auf 2 Millionen Pfund geschätzt. Behufs Einleitung von Sammlungen ha­ben sich Hilfskomites gebildet. Es werden fortwährend noch Erdstöße im Zentrum des betr. Gebietes, in Serakoi, wahrgenommen.

Kapstadt, 2. Okt. (Reutermeldung) In Volksrust stehen 4000 Buren, in New-Castle werden zum Schutze der Stadt Soldaten erwartet. Es wird gemeldet; Die Buren in Volksrust beobachten wahr­scheinlich strikte Defensive. Die Truppen- konzentrirungen schreiten sehr schnell fort. Es erhält sich das Gerücht, daß diese Nacht eine bedeutende Vorwärtsbewegung der Truppen erfolgen soll. Die Natal- Artillerie ist in der vergangenen Nacht von Durban nach Lady-Smith abgegangen. Das deutsche Korps von Johannesburg, 200 Mann stark, unter dem Befehl des Grafen v. Zeppelin (wie dieStr. P." berichtet, ist derselbe ein Neffe des be­rühmten Erkundungsreiters von 1870, jetzigen Generalleutnants z. D. Grafen Zeppelin), erhielt Befehl, nach der Grenze abzurücken.

LokaLes.

Wildbad, 3. Okt. Gestern Abend hielt Herr Westmarkim Hotel Schmid einen Vortrag über Jnnerafrika. Die Be­teiligung war zahlreich und atemlos wurde den interessanten Ausführungen des Red­

ners gelauscht, der in fließendem, fesseln­dem Vortrag, wenn auch mit fremdlän­discher Betonung und Aussprache, Land und Leute im Kongostaat schilderte. Poetisch schön waren seine farbenprächtigen Natnr- schildernngen und man sah die Gegend um den Stanley-Pool wie ein wunder­bares Märchenbild vor sich anfsteigen, so warm und naturgetreu wußte er die feen­hafte Pracht der Tropen zu beschreiben. Herr Westmark ist ein feiner Beobachter und trefflicher Erzähler, erfüllt von dem erhabenen Gedanken der Ausbreitung der Civilisation und der Segnungen des Evan­geliums in dem dunkeln Continent, des­halb mußte er das Gebühren von For­schern vom Schlag Stanleys brandmarken, die nicht Wissensdurst und höhere civili- satorische Ziele sondern Egoismus und Ehrsucht hinaustreibt in die Wildnis. Westmark that dies scharf aber richtig durch die Erzählung einiger selbsterlebten Züge aus Stanleys Leben. Fast 1'/- Stunden hatte der Redner gesprochen und doch schien die Zeit so kurz, das man verwundert auf die Uhr schaute. Stür­mischer Beifall war der verdiente Lohn den ihm das dankbare Publikum reichlich spendete._

WnterHcrltenöes.

Hammers Sanatorium.

Von Alwin Römer.

(Nachdruck verboten.)

Hm" schmunzelte der Kommerzien- rath, angesteckt durch die lustige Art des Doktors,das wäre gar nicht so übel! Nur dürfte sie mich nicht kennen! Bis jetzt hat sie mich ja noch nicht gesehen und die Fichtensteiner werden mich auch schwerlich im Gedächtnis haben! Wissen Sie was, Doktor? Sie schreiben mir einen Einlaßschein, Lorenz unterstempelt ihn und ich lebe einmal drei Tage als Werk­meister Schmid oder Lehmann im Fichten­steiner Sanatorium! Eine bessere Orien- tirung gibt's nicht, was?"

Das ist ein Opfer, was Sie da bringen wollen, Herr Kommerzienrat!" meinte der alte Lorenz.

Ach, Unsinn! Entweder hat's man gut dort Dann ist's kein Opfer! Im Gegen­teil! Oder man hat's schlecht! Na und dann ist's eine Wohlthat für die anderen, die nach mir kommen und wirklich ge­pflegt werden müssen!"

Natürlich! sagte der Doktor.Die Hauptsache bleibt aber, daß Sie dem armen Wurm alle etwa vorhandenen Hei­ratsraupen aus dem Kopfe treiben. Ich darf sonst Junggesellen und Wittwer nicht eher wieder hinaufschicken, bis eine würdige Urgroßmutter, die mit dem Leben abge­schlossen hat, die Wirtschaft leitet!"

O, ich werde ihr schon auf den Zahn fühlen! Und der Teufel soll sie holen, wenn sie Absichten hat!"

Sie wollen ihr doch nicht selber den Hof machen, Herr Kommerzienrat?"

Wer weiß!" lachte der und griff dann nach Hut und Stock.Ich muß fort, Doktor! Es ist die höchste Zeit. Ordnen Sie nur alles mit Lorenz und vergessen Sie meinen Schein nicht, damit ich auch

angenommen werde in Fichtenstein."

* *

Zwei Tage später zog an dem schmucken Berghause in Fichtenstein ein älterer Mann in solidem dunklen Stoffanzug die Klingel.