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Halsseite, so daß sie plötzlich zu Boden fiel und alsbald eine Leiche war. Der Mörder ergriff, ohne die Gilbert zu berauben, die Flucht, wurde aber von den in der Nä he beschäftigten Leuten verfolgt und alsbald unter großer Aufregung fest- genommen und nach Großgartach in Drtsarrest verbracht, wo auch sofort das Gericht von Heilbronn eintraf. Der Mörder ist der 43 Jahre alte, herumziehende, von seiner Ehefrau getrennt lebende Franz Xaver Vogl von Habelsbach (Niederbayern) ist jener That geständig, bereut sie nicht, sondern zeigt einen frechen, räuberischen Blick und äußerte, wenn man ihm den Kopf abmache, dann brauche er keinen Hut mehr. Er hatte es auf einen Raubmord abgesehen; der Mörder äußerte sich, er habe nur einige Mark und die Uhr haben wollen. Berauben konnte er die Gilbert, welche 67 Mk. bei sich trug, wegen der hinzugekommenen Leute nicht mehr. Diese That erregt in Schlüchtern und Großgartach allgemein großes Aufsehen. Die Bauersleute hätten ihn zu todt geprügelt, wenn sie nicht abgehalten worden wären.
Freudenstadt, 29. Mai. Die Jahrhundertfeier Freudenstadts findet, nach vorläufiger Bestimmung vom 18.—20. Scpt. statt, und zwar soll der historische Festzug, dem voraussichtlich auch das Königspaar anwohnen wird, am 19. Sept. stattfinden. Der 1. Tag ist zur kirchlichen Feier bestimmt, mit einem am Abend stattfindenden Festbankett in der Turnhalle; am 3. Tag soll der Herzog Friedrichstnrm eingeweiht und einMnderfest abgehalten werden.
Pforzheim, 29. Mai. In Nagold wird die hiesige Fabrik von Speidel eine Kcttenfabrik errichten, die auf einen Betrieb von 250 Personen eingerichtet ist. Grund und Boden ist bereits angekauft.
Konstanz, 30. Mai. Am gestrigen 4. Verhandlungstag erfolgte der Schluß der Beweisaufnahme in dem Prozesse gegen den Betrüger Ern, der noch zuletzt vergeblich versucht hatte, den Hauptzeugen, Direktor Reuschel aus London, zu diskreditiren. Das Plaidoyer des Staatsanwalts, der eindringlich das verbrecherische Treibev des Angeklagten schilderte, dauerte zwei Stunden. Für ca. 60000^L Betrügereien sind zur Kenntnis der Gerichte gekommen, jedenfalls aber ist dies kaum der 10. Teil der Summe, um die Ern deutsche Geschäftsleute geschädigt hat. Das Urteil, welches gegen halb 9 Uhr verkündet wurde, lautete aus 5 Jahre Zuchthaus, 8 Jahre Ehrverlust, 3150.//. Geldstrafe, ev. 41 Tage weitere Zuchthausstrafe.
Kassel, 27. Mai. (Gesangwettstreit.) Die Preisrichter entschieden heute vormittag, daß folgende Vereine nachmittags in engeren Wettbewerb um den Kaiserpreis und die übrigen gestifteten sieben Preise singen: Männergesangverein Köln a. Rh., Concordia Essen, Concordia Aachen, Hannoverscher Männergesangverein, „Lie- dertafel" Karlsruhe, Essener Männergesangverein. Der Wettgesang, dem das Kaiserpaar beiwohnte, dauerte von 9 bis 11 Uhr. Der Kaiser wartete bis zur Entscheidung des Preisrichterkollegiums, die um 12 Uhr verkündet wurde, und fuhr dann ins Schloß zurück. Nach dem engeren Wettgesang („Der Reiter und seine Braut" vou Hoffmann v. Fallers
leben, Komposition von Edwin Schultze) fand die Preisverteilung in feierlicher Weise statt. Die Festhalle war ausver- kaust und die Zuhörerschaft in höchster Erwartung. Die Vorträge des Gesamtchors wurden begeistert ausgenommen. Fanfaren leiteten die Preisverteilung ein. Herolde in mittelalterlicher Tracht verkündeten den Sieger im Kaiserpreise: den Kölner Männergesangverein. Die Kaiserin hing die Ehrenkette dem Vorstand des Vereins um, an welchen dann der Kaiser huldvolle Worte richtete. Die übrigen sieben Preise wurden folgenden Vereinen zuerkannt: Lehrergesangverein Bremen, Üehrergesangverein Berlin, Concordia- Aachen, Concordia-Essen, Münnergesang- verein Hannover, Verein Liederhalle in Karlsruhe und Männergesangverein-Effen. Die Verkündigung rief lauten Beifall hervor. Die Nationalhymne wurde stehend gesungen, begeisterte Hochrufe erbrausten, worauf der Kaiser und die Kaiserin 'reundlich grüßend die Festhalle verließen.
Paris, 27. Mai. Dem „Temps" zufolge lauten die Schlußanträge des Generalstaatsanwalts Manau gleich denen des Berichterstatters Ballot-Beauprs und des Verteidigers Monard auf Revision des Dreyfus-Prozeffes mit Verweisung der Sache vor ein neues Kriegsgericht.
Charkow, 29. Mai. In dem Kohlenbergwerk Petrowskaja hat eine Explosion Wagender Wetter stattgefunden. 22 Leichen wurden bereits zu Tage gefördert, während 35 Bergarbeiter noch vermißt werden, die gleichfalls für verloren gelten.
China. Die Diamantgruben im Bezirk von Jtschou, welche bisher in chinesischem Eigentum waren, wurden von einer deutschen Firma gekauft. Die Gruben sind insofern von Wichtigkeit, als sie Diamanten für die Glaser und Schleifer in ganz China liefern.
Zlntei-Hcrlterröes.
Entlarvt.
Kriminalroman von Friedrich Halt.
(Fortsetzung.) (Nachdr- verboten.)
„Sie haben meine sFrage nicht ganz richtig aufgefaßt, lieber Doktor", erwiderte der Rat, „ich habe nicht gefragt, ist der Baron durch die Hand eines Meuchelmörders gefallen, ich habe gefragt, halten Sie es für denkbar, daß auf den Baron aus so unmittelbarer Nähe der tödliche Schuß abgegeben worden ist?
„Ich halte dies für absolut unmöglich", sagte der Doktor, nachdem er lange sinnend vor sich hingesehen hatte, „für ganz undenkbar", setzte er dann noch ganz bestimmter hinzu. „. „Die Leiche lag parallel mit der Mauer der alten Ruine, zwischen dem Körper des Barons und der Mauer war ein Raum von zwei Fuß, hier hätte also der Mörder stehen müssen, da die Kugel von dort in den Schädel ein- gedrungeu ist, ein Raum der kaum ausreicht, den eigenen Arm, in der Hand ein Pistol haltend, frei hoch zu bringen. Nehmen wir nun aber das fast Unglaubliche an, der Baron hätte mit dem Rücken, oder umgekehrt, mit dem Gesichte nach der Ruine gestände», der Mörder sich ihm zur linken Seite befunden und als das tödtliche Blei den Kopf traf, hätte der Baron noch im Augenblick des Todes eine solche Wendung gemacht, daß der Körper dadurch in die Richtung zu der
Mauer gekommen wäre, wie wir denselben gefunden haben, so wäre diese Annahme noch vielleicht zu verteidigen, wenn nicht die Waffe bei der Leiche gefunden, wenu also in erster Linie die Frage zu erörtern war: wo ist die Waffe, aus er die Kugel abgeschoffen wurde? Der Baron ist ermordet worden! So aber liegt ein Pistol neben ihm und dies wird als das Eigentum des Toden erkannt. Aber, Herr Rat, ich will noch weiter gehen, ich will an- nehmeu, daß der Mörder das eigene Pistol des Barons in der Hand gehabt, mit welchem er demselben den Tod gab, er Hütte es in schlau berechneter Weise neben die Leiche gelegt, können Sie sich denken, daß der Mörder die Mordwaffe so hoch, dem Kopfe des Barons so nahe bringen konnte, wie es gewesen sein müßte, ohne daß der Baron es nicht bemerkt und die Flucht oder Gegenwehr ergriffen hätte? Das ist alles unglaublich, undenkbar, der Tod ist nicht durch Meuchelmord, sondern durch Selbstmord herbeigeführt".
„Ganz meine Ansicht", gab der Rat zustimmend zur Antwort, auch Neitsch nickte dein Kreisphysikus bestätigend zu.
„Aber, Herr Rat, wie kommen Sie zu diesen Fragen, haben Sie etwas gefunden, ist Ihnen Etwas ausgefallen, was Sie hierzu veranlaßte?" fragte der Doktor plötzlich sehr lebhaft.
Der Rat gab dem Kreisphysikus den Brief hin, der alte Herr sagte kein Wort als er ihn durchgelesen, er legte ihn neben dem Aktuar auf den Tisch und ging in schwerem Sinnen einige Male im Zimmer auf und ab.
„Herr Rat, wie ist der Brief in Ihre Hände gelangt?"
Der Doktor fragte in einem Tone, als sei er Inquirent und der Richter der Angeschuldigte.
„Es ist festgestellt worden", sagte dieser lächelnd, „daß der Baron jene Zeilen kurz zuvor, ehe er in den Park ging, empfangen hat, dies ist unzweifelhaft festgestellt", und sehr ernst fuhr nun der Rat fort, „geht nun aus den angestellten Ermittelungen hervor, daß der Baron kurz vor seinem Tode den Brief erhalten hat, so ist kaum anzuzweifeln"— er unterbrach sich — „lassen wir das hier, ich theile Ihnen Alles auf der Rückfahrt zur Stadt mit", setzte er hastig hinzu, denn Herr v. Z)oskor trat jetzt ein, das Protokoll wurde geschlossen und eine Viertelstunde später
fuhren die Herren nach H. zurück.
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Am kommenden Tage saß schon um sieben Uhr Morgens, im Zimmer des Patrimonialrichters Willmann, dieser und der Besitzer des Gutes Steinhagen, v. Falk, im lebhaften Gespräch beisammen.
Der Herr v. Falk hatte gewiß schon das fünfundfünfzigste Lebensjahr überschritten, aber das volle braune, leicht gekräuselte Haar und Bart, das frische, wettergebräunte Gesicht, die lebhaften blauen Augen, die lebendigen Gestikulationen, mit denen er seine Reden begleitete, ließen ihn bedeutend jünger erscheinen, als er wirklich war.
„Es ist genau so, Herr v. Falk, wie Sie sagen", bemerkte der Justizrat, „obgleich mir nicht klar ist, wer Ihnen diese Mittheilungen alle gemacht haben kann, da doch gewiß nicht Dieustgeheimnisse von meinem Sekretär oder dem Kreisphysikus ausgeplaudert werden; die Möglich-