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amerikanisches Fleisch in gesalzenem Zu­stand, das in der eigenen Räucherei kon­sumfähig gemacht wird. Es liegt nun der Verdacht gegen die Firma vor, ver­dorbenes man' spricht auch von trichi­nösem Fleisch an Unterhändler ver­kauft und um das Fleisch verkäuflich zu machen, es mit uachgemachten tierärztlichen Kontrollplomben versehen zu haben. Es sollen zwei Plombenzangen in den Ge- fchäftsräumen aufgefunden worden sein.

Berlin, 10. März. Trotz der großen Stellenlosigkeit im kaufmännischen Ge­werbe, die durch statistische Feststellungen der Berliner Arbeitsnachweise immer wie- der erhärtet wird, wächst die Zahl der Ueberläuser aus anderen Berufen. Es wird dazu von fachmännischer Seite ge- schrieben: Die Zahl der Ueberläuser aus anderen Berufen in den Kaufmannsstand wächst in einem Maße, als ob es gar keine stellenlose Handlnngsgehilfen gäbe. Und was sind das fürKräfte", die dem Handelsstande zugeführt werden? In einer Berliner Zeitung sucht ein junger Mann, der dasDachdeckergeschäft" praktischer­lernt hat und kaufmännisch gebildet ist, passende Stellung als Stadtreisender oder Geschäftsführer. In einem anderen In- serat bietet sich ein gelernterMaurer", der mit allen Bauarbeiten vollkommen vertraut ist und der einfachen Buchführ­ung mächtig sein will, als Kontorist an. Gleichfalls sucht in einer Fachzeitung ein jungerZigarrenarbeiter" mit guter Hand­schrift Stellung in einem Kontor. Ju kaufmännischen Kreisen ist man, durch diese Ueberläuser ^veranlaßt, dem Plane näher getreten, statistische Angaben über die rapid zunehmende Stellenlosigkeit zur Kenntnis des Publikums zu bringen, um dem Elend unter den Handelsangestellten nach Möglichkeit vorzubeugen.

Berlin, 9. März. (Wie es gemacht wird.) Seit einiger Zeit erhalten Gast­wirte an ihrem Geburtstage ein Los zu­gesandt mit der Bitte, davon Gebrauch zu machen. Die Lossendung trifft stets abends ein, wenn die Stimmung recht animirt ist. In der Regel halten die Adressaten das Eintreffen des Loses an ihrem Geburtstage für ein glückliches Omen und kaufen das Los. Ein Gastivirtsverein hat festgestellt, daß in den letzten vierzehn Tagen 42 Gastwirte an ihren Geburts­tagen Lossendungeu erhielten und annah- men. Der geschäftskundige Lotteriekollekteur geht also systematisch vor und zwar nach dem allgemeinen Gastwirtskalender, in welchem die Geburtsdaten der Gastwirte angegeben sind.

Berlin, 8. März. (Reichstag) Zum Etats des Jnvalidensonds beantragt die Kommission zwei Resolutionen. Die erstere wünscht einen Nachtragsetat, um die Bei­hilfe an alle nach dem Gesetz von 1895 berechtigten Veteranen auf die Höhe (von 120 zu bringen. Die zweite strebt einen Gesetzentwurf an, durch welche unter Be­rücksichtigung der gesteigerten Kosten der Lebenshaltung den berechtigten Wünschen der Militär-Invaliden Rechnung getragen werde, und zwar insbesondere auch in Bezug auf Relikten-Versorgung, Entschä­digung für Nichtbenützung des Civil-Ver- sorgungsrechts und Belassung der Militär- Pension neben dem Civildienst-Einkommen. Abg. Graf Oriola (natl.) tritt warm für die Resolution ein, speziell für diejenige zu Gunsten der Veteranen. Staatssekretär

Tielemann führt aus, es sei ein Gesetz in Vorbereitung behufs Verwendung der Ueberschüsse aus dem Jnvalidensonds, näheres darüber könne er aber noch nicht mitteilen. Jedoch wolle er so viel sagen, daß in diesem Gesetz auch Fürsorge ge­troffen werde für die Kriegs-Relikten. Es sei behauptet worden, daß es sich bei den Veteranen um insgesamt 26000 handle, von denen 20000 versorgt seien, so daß nur noch 6000 zu versorgen wären, was 720000 Mk. erfordere. Das sei doch nicht richtig. Im Dezember 1896 habe es sich vielmehr um 26145 gehandelt, Ende 1898 schon um 35268, sv daß schon jetzt nicht 720000 sondern 1800000 Mk. elfforder­lich sein würden. Für die nächsten zehn Jahre sei ein weiterer Zuwachs nach Ab­zug aller Abgänge zu erwarten von all­jährlich mehreren Tausend. Bei den Veteranen komme nicht Militär- oder Kriegs-Invalidität in Betracht, vielmehr nur eine allgemeine menschliche Fürsorge. Er, der Minister, könne nicht sagen, ob der Bundesrat geneigt sein würde, diesen Weg zu beschreiten, aber das wisse er, daß bei der preußischen Regierung eine solche Ge­neigtheit nicht bestehe. Abg. von Kardorff (Reichsp.) tritt für beide Resolutionen ein. Nötigenfalls müsse zu Gunsten der Vete­ranen eine Anleihe gemacht (werden, um den Jnvalidensonds zu erhöhen. Abg. Graf Roon (cons.) wünscht gleichfalls An­nahme der Resolution. Daß die Zahl der Veteranen so stark weiter wachsen sollte, wie der Herr Staatssekretär annehme, sei doch wohl nicht zu befürchten. Des Wei­teren stimmen die Abgg. Werner (Antisem.), Schädler (Ctr.), Staudy (cons.), Singer (Soz.) und Stockmann (Reichsp.) den Re­solutionen zu. Abg. Schrempf (cons.) bemerkt, die Erklärung des Staatssekretärs habe ihn ungemein peinlich berührt. Die Regierung solle sich in Bezug auf die Veteranen nicht immer schieben lassen. Daß sie dies thue, müsse man ihr zum Vorwurf machen. Hätte der Reichstag das im Jahre 1871 auch nur ahnen können, dann hätte er damals sicherlich in seinem Enthusiasmus statt 87 Millionen Thaler deren 100 oder 150 bewilligt für den Jnvalidensonds. Beide Resolutionen wer­den einstimmig angenommen.

Eupen, 9. März. Aufsehen erregte bei der gegenwärtigen Musterung ein Ge­stellungspflichtiger, der auf dem Arm seiner Mutter vor der Ersatzkommission erschien. Derjunge Mann" wird im Mai 20 Jahre alt, hat aber nur die Größe eines einjährigen Kindes und wiegt 14 Pfund. Er hört, kann aber nicht sprechen, und ist dazu gelähmt. Da er wie ein Säug­ling gefüttert werden muß, erheischt seine Pflege die größte Sorgfalt. Nach der Vorstellung wurde dem Kleinen von seinen Angehörigen ein Strauß an das Käpp­chen gesteckt!, den er lachenden Gesichts im Spiegel bewunderte. Der in der Ent­wicklung zurückgebliebene Jüngling ent­stammt l. Kln. Ztg., einer hiesigen Arbei­terfamilie, die von 14 Kindern noch 8 am Leben hat. Seine Geschwister sind sämtlich kräftige Leute und mehrere seiner Brüder haben ihrer Dienstpflicht schon genügt.

Nizza, 10. März. Zur Zeit findet hier eine reich beschickte Ausstellung von Ansichtskarten statt. Es sind Preise aus­gesetzt für Künstler, aber auch für Samm­ler, die den Besitz von mindestens 1000

Karten durch Eid und Siegel des Bürger­meisteramts ausweisen. Wie derFrkf. Ztg. mitgeteilt wird, hat hier in dieser Beziehung bis jetzt alle Sammler geschlagen ein Schulknabe Namens Louis Mertz aus Markirch im Elsaß. Sein beglaubigtes Verzeichnis weist 10500 Karten auf!

London, 8. März. I. M. Cook, der Chef der bekannten Reisefirma ist vor einigen Tagen gestorben. Der Begründer des erstenReisebureaus" war Thomas Cook. Die Entstehung des Reisebureau» ist merkwürdig genug. Thomas Cook (ge­storben 1892 wur zuerst Gärtner, dann Tischler, dann Mäßigkeitsvereinsapostel, als der er seit 1841 gemeinsame billige Eisenbahnvergnügungsfahrten für die Be- reinsmitglieder veranstaltete. Daraus ent­wickelte sich das Reisegeschäft Thomas Cook u. Sohn, das unter Leitung des Sohnes John Mason Cook (seit 1878, seine Thätigkeit über die ganze Erde aus­gebreitet hat. (1890 hatte es 84 Filialen, 85 Agenturen, 2692 Beamte und veraus­gabte 3>/« Millionen Billete. Seit etwa 20 Jahren veranstaltete I. M. Cook be­sonders Reisen um die Erde, wobei zuerst das Prinzip der zusammenstellbaren Fahr­kartenpraktisch erprobt wurde. Das Burean beförderte 1884 die Gordon'schen Truppen bis zum zweiten Nilkatarakt, orgarnsirte die Pilgerzüge nach Mekka, leitete einen Teil der Orientreise des deutschen Kaiser­paares u. s. w.

Die Pest wütet gegenwärtig in der Stadt Bombay mit noch nicht dagewese­ner Heftigkeit. Schon seit mehreren Wochen ist die Sterblichkeit fortwährend gestiegen. Jetzt ist sie so groß, wie noch in keiner Pest-Epidemie. Letzte Woche sind im Ganzen in Bombay 2309 Personen ge­storben, davon 972 nach amtlicher Angabe an der Pest. Zu kontroliren ist diese Statistik nicht, da keine strenge Eintrag, ung der Todesfälle besteht und Hunderte von Pestfällen verheimlicht werden. Wenn man die Zahl der gewöhnlichen Todes­fälle auf 600 veranschlagt, so bleiben 1700 als solche an der Pest übrig.

Aus Stadt und Umgebung.

Wildbad, 13. März. Die diesjähr. Generalversammlung der hies. Sp ar - und Vorschuß-Ba n k fand gestern nachm, im Gasth. z.gold. Stern" statt. Nachdem der Direktor Hr. Kanfm. Treiber die Versammlung eröffnet hatte,gab Hr. Kassier Bätzner einen Rückblick über das ver­flossene Geschäftsjahr. Hiebei erwähnte derselbe auch die im vor. Spätjahr herr­schende allgemeine Geldknappheit während welcher die Großbanken für aus kurze Frist aufgenommene Gelder bis zu7°/o berechne, ten. Trotzdem konnte es aber die hies. Bank durch ihre eigenen beträchtlichen Mittel ermöglichen, den Mitgliedern bas Geld zu dem bisherigen Zinsfuß von 4'/s°/o zu belassen. Aus dem vorgetragenen Rechenschaftsbericht ist zu entnehmen, daß der Umsatz im verflossenen Jahr 15574232 Mark betrug, gegen Mk. 12 504267 im Vorjahre. Von dem, incl. 3600 Mark Gewinnvortrag, 18 424 Mk. betragenden Reingewinn wurden wieder 6°/o Divi­dende verteilt und 6000 Mark dem Re­servefonds zugewiesen, welch letzterer nun. mehr(die Höhe von 106430 Mark er­reicht hat. Die Spareinlagen bezifferten sich im verflossenen Jahre auf 1144 659 Mk. Die Mitgliederzahl ist auf 578 ge-