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St.-G.-B. Der Angeklagte, aus Meßkirch gebürtig, 42 Jahre alt, altkatholisch, verheiratet, besuchte das Lyceum bis Ober- Ouarta, war dann Volontär in einem Bankhaus und besuchte später die Vorbereitungsschule für das Einjährigen-Examen in Bruchsal. Nach seiner Militärzeit war er kurze Zeit beschäftigt bei der Rheinischen Kreditbank in Konstanz und bei der Dentschen Bank in Berlin und gründete alsdann mit einem Bekannten ein Nähmaschinengeschäft. Das Geschäft mußte nach zwei Jahren liquidiren, wobei 15000 Mk. verloren ginge». Als 1883 der frühere Bankdirektor, sein Vater, einen Schlaganfall bekam, besorgte Hegele jun.provisorisch das Geschäft seines Vaters. Im August 1884 starb der alte Hegele und der Sohn wurde definitiv angestellt. Die Kaution betrug Mk. 30 000 und! wurde als solche von seinem Vater auf j seinen Namen überschrieben. Als Weh alt waren ihm Mk. 3000 garantirt; kam aus! den Geschäftszinsen diese Summe nichts heraus, so mußte die Reichsbank den fehlenden Teil zuschießen. Nur einmal betrug die Tantieme Mk. 3200. Von dieser Summe mußte Hegele Mk. 35 monatlich für den Kafsadiener, Mk. 300 jährlich für den Bureauraum und außerdem noch Beleuchtung und Heizung bezahlen, sodaß ihm ein Reineinkommen von nur Mark 1700 blieb. Hiezu kommen die Zinsen aus seinem Privatvermögen. Sein Vater ! hatte schon unglücklich spekulirt und Mk.! 53000 Schulden hinterlassen. Um dieselben zu begleichen, machte der Sohn! die ersten Eingriffe in die Kaffe und zwar nahm er zuerst Mk. 60000 im Jahre 1885. Dann wurde es mehr und mehr bis zur Höhe von Mk. 600000. Hegele kaufte gewöhnlich 3—4000 österreichische Kreditakticu auf Vorprämien und zwar regelmäßig auf Ratschläge vou dem Bankhaus Schnemann und Düring in Berlin, mit dem er befreundet war. Er arbeitete außerdem noch mit der Darmstädter Bank Im Jahre 1892 hatte er sechs Millionen Mark Umsatz mit einem Verlust von Mk. 60 000. 1893 gewann er Mk. 118000,
welche jedoch in dem folgenden Jahre wieder verloren gingen. Der Gesamtverlust betrug Mk. 325000. Die Darmstädter Bank hat gewußt, daß Hegele Reichsbankagent war, weil sie davon Kennt- niß hatte, daß er die Stelle seines Vaters übernommen hatte und weil sie ihn: persönliche Ueberweisungen auf sein Girokonto machte. Die Verhandlungen währten den ganzen Tag.
Konstanz, 1. Febr. Der Reichsbank-Agent Hegele wurde wegen Unterschlagung und Betrug zu 7 Jahren Zuchthaus und lOjährigem Ehrverlust verurteilt.
Aus Hessen. Wir lesen in der „N. Bad. Ldsztg.": „Im Abonnement krank werden" kann man in Offenheim. Dort erließ nämlich ein Arzt ein Zirkular, wonach er sich anheischig macht, alle sich durch Unterschrift beteiligenden Einwohner im Abonnement zu 5 jährlich im Krankheitsfalle zu behandeln. Wie man sagt, sollen die Unterschriften sehr zahlreich erfolgt sein. Billiger kann man doch auch keine „Gesundheits-Police" erwerben.
Metz, 1. Februar. Wie die „Metzer Zeitung" meldet, ist Graf Georg v. Hä- seler, Bruder des kommandierenden Ge nerals des 16. Armeecorps, am vergan
genen Donnerstag in Milwaakee in Nordamerika im Unionsstaat Wisconsin gestorben.
— Auf der gegenwärtig in Berlin stattfindenden Deutschen Geweihausstellung ziehen die von Seiner Majestät dem König von Württemberg ausgestellten prächtigen Kollektionen von Roth- hirsch-Geweihen, Damschanflern und Rehgehörnen die allgemeine Aufmerksamkeit aus sich.
— Mit dem früheren Minister von Köller wird wegen Uebernahme des Oberpräsidiums der Provinz Schleswig- Holstein verhandelt.
Berlin, 2. Febr. Das „ Berl. Tagbl." meldet aus Rotterdam: Auf dem Dampfer „Teutonia" brach Fener aus. 3 Matrosen verbrannten, 2 andere wurden schwer verletzt.
Berlin, 30. Jan. (Reichstag.) 2. Beratung des Postetats, Titel „Staatssekretär". Bumiller (Zentr.) wünscht die Sonntagsruhe in den hohenzollernschen Landen auch für die gebotenen katholischen Feiertage. Staatssekr. Dr. v. Stephan erwiedert, die Postoerwaltung könne hierbei nicht allein Vorgehen, sondern müsse im Einverständnis mit der Eisenbahnverwaltung handeln. — Hitze (Zentr.) tadelt die rigorose Telegrammzensur und beklagt, daß die Postverwaltung ihre Verpflichtung, die Unfallrente vorschußweise zu zahlen, nicht in einer dem Sinne des Gesetzes entsprechenden Weise erfülle. — Geheimrat Sydon gibt zu, daß letzteren- salls die Post seit einiger Zeit insofern strenger verfahren, als sie wegen zunehmender Arbeitslast sich schärfer an den Standpunkt halte, den sie für gesetzlich ansehen müsse. Die Postverwaltung bemühe sich im Gegenteil, die Arbeiter so wenig wie möglich warten zu lassen. — Singer (Soz.): In einem englischen oder französischen Parlament würde der Re- gicrungsvertreter, der antworten wollte wie Unterstaatssekretär Fischer, diese Antwort mit seiner Stellung bezahlen müssen. Redner fordert den Staatssekretär nochmals aus, sich über den vertraulichen Erlaß zu rechtfertigen. Ferner verliest der Abgeordnete, einen Erlaß eines Postamtsvorstehers, in dem die Worte „Ochse", „Lümmelei" und „Rindvieh" Vorkommen. — Geheimrat Wittke verspricht Untersuchung des Falles. — Liebermann von Sonnenberg (Antis.) bemerkt, aus dem Stundenpläne eines Berliner Postamtes gehe hervor, daß dort die Beamten nur jeden neunten Sonntag vollständig frei hätte. — Ferner wünscht Redner, daß die Landbriefträgec endlich mit leichterer Sommerkleidung auszustatten, damit sie bei Ausübung des Dienstes nicht allzusehr unter der Hitze des Tages zu leiden haben und zitiert dabei folgende Strophe: O, liefest Du, mein Stephan feste, Trepp' ab, Trepp' auf, Tag ein, Tag aus, Du zögst Dir sicher Rock und Weste und weiß der Himmel noch was aus!" (Große Heiterkeit.) Direktor im Reichspostamt Fritsch will nach Einsicht des stenographischen Berichtes eine Untersuchung anordnen. Nach weiterer Debatte wird der Titel Staatssekretär, ebenso die Resolution betreffend Sonntagsruhe imPacketverkehr, ferner eine Reihe weiterer Titel angenommen. Zu Titel 18 „Bureau der Rechnungbeamten 2. Kl," bemerkte Müller-Sagan (fr. Vp.) daß die Bureaubeamten 2. Kl. bei der Besoldnngserhöhung nicht berück
sichtigt worden seien. — Präsident Frhr. v. Buol bittet, sich streng an den zur Beratung stehenden Titel zu halten. — Staatssekretär Dr. v. Stephan kann über die Besoldungserhöhungen keinerlei Auskunft geben, bevor die Frage im preußischen Landtag abgeschlossen ist. Nach kurzer Geschäftsdebatte werden alle Anträge auf Gehaltsaufbesserungen an die Budgetkommission verwiesen. Die fortdauernden Ausgaben werden bewilligt ebenso die ordentlichen einmaligen Ausgaben. Die Petitionen betreffend Ermäßigung der Fernsprechgebühren werden der Regierung zur Erwägung überwiesen. — Zu den Einnahmen befürwortet Schneider (fr. Vp.) einen Antrag, wonach die den regierenden Fürsten, deren Gemahlinen und Müttern verbliebene Befreiung von den Portogebühren aus deren Person beschränkt werden soll. — Unterstaatssekretär Fischer bittet um Ablehnung des Antrages. — Bebel (Soz.) hält die augenblickliche Handhabung des Gesetzes in diesem Punkte für einen groben Unfug. — Der Antrag Schneider wird abgelehnt. Damit ist der Postetat erledigt. — Es folgt die Debatte der Beratung der Reichsdruckerei, der ohne Debatte genehmigt wird.
— In Frauenfeld (Schweiz) ist am 29. Jan. der bekannte Ingenieur u. Erfinder F. v. Martini gestorben. Bünden zahlreichen Erfindungen, die diesem ausgezeichneten Fachmann zu danken sind, hat keine seinen Namen so berühmt gemacht, als das nach ihn: benannte Martini-Gewehr, das, mit einer leichten Abänderung schon im Jahre 1871 als Mar- tini-Henry-Gewehr in der engl. Armee eingeführt worden ist, sich seither glänzend bewährt hat und das heute noch bei den schweizerischen Schützen die beliebteste, weil gefälligste und sicherste Waffe für das Präzisionsschießen ist. Martini hat auch eine Falzmaschine, Fädelmaschine, Buchbindermaschine, Verbesserungen an der Stickmaschine und zahlreiche andere wertvolle Neuerungen konstruiert.
— In Frankreich ist man entzückt von einer pädagogischen Neuheit, die ein Professor am Gymnasium zu Dra- guignan zu erfinden das Glück gehabt hat. Mit Hilfe guter Verbindungen, die er mit England hatte, hat er einen brieflichen Verkehr zwischen seinen Schülern und gleichaltrigen englischen Gymnasiasten eingeführt. Die jungen Leutchen wechseln monatlich zwei Briefe. Der französische Gymnasiast schreibt den ersten Brief französisch, den zweiten englisch; sein Korrespondent jenseits des Kanals macht es umgekehrt. So können sie sich wechselseitig korrigieren, was ihnen viel Vergnügen macht. Die Gegenstände, die in den Briefen behandelt werden, können sie beliebig wählen, doch behält sich der Lehrer ein Aufsichtsrecht vor. Von Zeit zu Zeit werden die Briefe vorgelesen. Die Stunde so versichert der Professor, verläuft alsdann sehr vergnügt und anregend. Die Knaben erfahren dabei eine Menge Dinge, von denen sie keine Ahnung hatten. Auch dient der Briefwechsel angeblich dazu, nicht nur die Sprache, sondern auch den Einfluß Frankreichs in England zu verbreiten und Vorurteile zu zerstreuen, die man gegen Frankreich hegt. Die Unter- richtsminifter in Frankreich und England haben dem Verfahren vollen Beifall gezollt.