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Verschönerungen gethan, wird darum sehr bedauert.

Wildberg, 2. Juni. Drei Söhne des Pflugwirts Schmid in Effringen waren auf dem Futterboden in ihrer Scheuer mit Fntterschneiden beschäftigt. Nach Beendi­gung dieser Arbeit verließ der jüngere zuerst den Platz und begab sich während eines Gewitters nach unten in die Scheune, wo er sich an einem Eckpfosten anlehnte. In diesem Augenblick schlug der Blitz in die Scheune und traf den daselbst stehen­den 14jährigen Paul, welcher zu Boden stürzte. Sofort angewandte Wiederbe- bungsversuche blieben erfolglos. Auf der rechten Seite wurden dem so jäh ums Leben gekommenen jungen Manne sämtliche Kleidungsstücke sowie der rechte Stiefel vollständig aufgerifsen. Auch waren des­sen Haare am Hinterkopfe versenkt. Am Kör­per finden sich nur einige leichte Wundmale.

Nagold, 5. Juni. Das Turnfest des Nagold-Gaues soll nicht, wie seither bestimmt, am 12. Juli d. I. inCalw'son- dern erst am 26. Juli stattfinden.

Nagold, 5. Juni. Gestern abend 7 Uhr brach in der zum Gasthaus z.Schiff" gehö­rigen Schmer Feuer aus. Trotzdem die Feuer­wehr sofort am Platze war, und eine uner­müdliche, energische Thätigkeit entwickelte, konnte sie den Flammen nicht mehr Einhalt thun, so daß das Gebäude gegen 8 Uhr vollständig ausgebrannt war, und krachend in sich zusam­men stürzte. Die Nachbargebäude konnten ge­rettet werden. Der Besitzerin, welche vor kaum 14 Tagen nach nur kurzer Ehe ihren Mann durch den Tod verlor, wird allgemeine Teilnahme entgegengebracht.

Rottweil, 6. Juni. Gestern kam ein interessanter Transport mit der Bahn hier an. Es sind dies 150 kalifornische Silberlachse, die in ihrem Geburtsland bis zu 100 Pfund schwer werden. Der Transport kam aus der bekannten Fisch­züchterei Jaffee in Standtfort bei Osna­brück und ist für die hiesige Fischzucht­anstalt bestimmt.

Frommer n, 5. Juni. Heute nachmittag fand die Enthüllung des Denkmals statt, wel­ches den beim vorjährigen Hochwasser in den Wellen Umgekommenen gewidmet ist. Bei diesem Anlasse wurde den Herren Präsident v. Leibbrand-Stuttgart und Oberamtmann Filser-Balmgen das Ehrenbürgerrecht der Ge­meinde Fcommern verstehen. Der Enthüllung war ein Trauergottesdicnst in der Ortskirche und an den Gräbern der Opfer der Hochflut vorausgegangen. ,

Leutkirch, 4. Juni. Die hiesige Apo­theke, welche vor 2 Jahren um die Summe von 220,000 Mark in den Besitz des I)r. Springer überging, wurde heute von Apothe­ker vr. Lauterwein aus Ulm um 230,000 Mark käuflich erworben.

Waldthann, 6. Juni. Gestern mittag verunglückte beim Holzfällen im Walde zwi­schen Waldthann und MariäKappel (O.A. Crailsheim) der in den fünfziger Jahren steh­ende Holzmacher Treu von MariäKappel. Eine zu Fall kommende Tanne streifte die Äste einer Eiche und wurde Treu von einem Aste mit Wucht bei Seite geschleudert, kam mit dem Kopfe auf die Kante eines Steines zu Fall, wobei im die rechte Schläfe eingedrückt wurde. Der Bedauernswerte war augenblicklich tot. Er hinterläßt eine Witwe mit 6 noch unver- sorgten Kindern'

Rundschau.

Walldürn, 5. Juni. Ein schweres Gewitter, begleitet von einem fürchter­

lichen, wolkenbruchartigen Unwetter und starkem Hagelschlag im Gefolge brach heute während der Mittagsstunde über die hie­sige Gegend herein, wie es schlimmer hier wohl kaum je wahrgenommen wurde. Von der Heftigkeit kann man sich einen Be­griff machen, wenn man erwähnt, daß trotz der abschüssigen Lage die Straßen in kurzer Zeit unter Wasser gesetzt waren; einem Bache gleich wälzten sich durch die Stadtstraße die schmutzigen Fluten.

Lörrach, 27. Mai. Der Bäcker Ernst Brunner von Schopfheim, welcher anläß­lich seiner Hochzeit in Lörrach verschiedene Leute, so den Wirt, der das Essen zur Hochzeit stellte, und der Schneider, der de» Hochzeitsanzug lieferte, um ansehn­liche Beträge betrog, wurde nach dem M. T " zu 3 Monaten und 20 Tagen Gefängnis und zur Tragung der Kosten verurteilt. Von der Strafe gehen 30 Tage als durch Untersuchungshaft verbüßt ab.

Karlsruhe, 4. Juni. An der heu­tigen Frohleichnamsprozession, die hier zum ersten Male einen öffentlichen Cha­rakter hatte und durch eine größere Anzahl von Straßen der Stadt ging, beteiligten sich ein paar tausend Personen, darunter eine Anzahl Schulen und Soldaten, und die hier anwesenden Mitglieder der Cen- trumspartei. Der Umzug dauerte über zwei Stunden.

Kronberg i. Taunus, 5. Juni. Die Kaiserin Friedrich trifft am nächsten Frei­tag den 12. d. M. mit der griechischen Kronprinzen-Familie zum Sommeraufent­halt: hier ein.

Elberfeld. 4. Juni. Hier ereignete sich eine seltsame Zwillingsgeburt. Der seit 1882 verheiratete Fabrikarbeiter Al­bert Thill, dessen Ehe bisher mit sieben Kindern gesegnet war, meldete aus dem Standesamt die am 15. Mai erfolgte Ge­burt eines Knaben an und erschien dem­nächst wiederum an derselben Stelle, um die am 25. Mai, also nach zehn Tagen, erfolgte Ankunft eines weiteren Spröß- lings anzuzeigen.

Berlin, 6- Juni. Der Gerichts­physiker Professor Dr. Straßmann und Sanitätsrat Dr. Mittenzweig erstatteten ihr Gutachten über den Todesfall des Knaben Langerhans dahin, es liege keinerlei strafbares Versehen, sondern vielmehr ein unglücklicher, nicht voraussehbarer Zufall vor, wahrscheinlich sei eine plötzliche Er­stickung.

Berlin, 4. Juni. Der Kaiser tele­graphierte dem Grafen Wilhelm Bismarck, daß er bei dessen Sohn Pathenstelle über­nehmen werde.

Berlin, 4. Juni. DerNat.-Ztg." wird berichtet: Bei einer Lustparthie vor­gestern, die von Schülern (in Begleitung der Lehrer und des Pfarrers) aus Nassen­heide, Germendorf und Freienhagen auf dem Cremmener See unternommen wurde, erklärte der Heizer, als das Dampfboot mitten auf dem See angelangt war, er fahre nicht weiter. Wie sich herausstellte, hatte er die Rohre und Hähne abgeschraubt, mit Petroleum getränkt und beabsichtigt, den Dampfer in die Luft zu sprengen, wie er angab, aus Rache gegen seinen Brodherrn, der ihm gekündigt hat. Durch einen königl. Förster, der die Partie mit­machte, wurde ihm ein Strick um den Hals geworfen, und er darauf geknebelt. Da der Steuernrann erklärte, er könne nicht weiterfahren, da die Gefahr einer

Explosion bestehe, mußte ein Boot ans Land gelassen und der Dampfer dann mit Stricken gezogen werden. Die ersten Kinder kamen gestern früh zu Fuß nach Hause. Ob es sich hier um einen Anfall von Irrsinn handelt, muß abgewartet werden. Auf dem Dampfer sollen sich schauerliche Szenen abgespielt haben, da ein Teil der 250 mitfahrenden Kinder sich ins Wasser stürzen wollte, woran sie nur durch den Prediger und die Lehrer verhindert wurden.

Königsberg, 5. Juni. Die Krank­heit des Grafen Wilhelm v. Bismark ist zwar nicht lebensgefährlich, aber schmerzhaft. Seine Krankheit begann mit Gallenstein, wozu sich ein G>chtansall gesellte.

Wien 5. Juni. Vor dem Wiener Schwurgericht ist gestern ein interessanter Pro­zeß zu Ende geführt worden, der einerseits oarthar, was für Geschäftsmachinationen in gennsstn Börsenkomptoirs anzutreffen sind und andererseits zeigte, wie die Spielwut in al­len Kreisen grassiert. Als Angeklagter erschien derBankier" Leopold Niedling wegen Be­trugs und Veruntreuung. Niedling eiferte durch marktschreierische Reklame zum Börsen­spiel an. Die zumeist geschäftsunkundigen Partei.n beutete er aus, so daß die eigenen Beamten Riedlmgs sagten, das Geschäft Nied­lings sei eine Räuberhöhle, in der die Kom­mittentenabgekragelt" werde». Geschäfte, die Niedling für sich mache, überwälzte er, wenn sie sich verlustbringend gestalteten, auf seine Kunden. Gewann eine Partei, so brachte Niedling einen Teil des Gewinns oder auch den ganzen nicht selten in der Weise in seine Tasche, daß er das Datum des Kaufes ober des Verkaufes änderte. Mit welchen Riesen- summen Niedling für seine Kunden spekul-erte, zeigen die Fälle Slowaczek nnd Hobersdorfer. Frau Slowakei war eiiimal mit 600 000 Mark engagiert uud der Postamtsdiener Ho- bersdorfer, der R'edliug seine gesamten Er­sparnisse anvertraute und sich überreden ließ, eine allg. Vollmacht auszustellen, verlor bei einem Engagement von 620000 fl. den letzten Pfennig. Das Bild, das die neuntägige Ver­handlung von den Geschäftspraktiken des ge­riebenen Niedling sowohl, wie von der Spiellust und Gewinnsucht seiner Opfer, die sich aus allen Gesellschaftsschichten zusammensetzten und von denen viele wohlhabend waren, aber schnell und mühelos noch reicher werden wollten, ent­rollte, war nach beiden Richtungen hin ein abstoßendes. Ried sing wurde zu zwei Jahren schweren Kerkers verurteilt.

Wien, 3. Juni. In einem Hotel erschoß sich gestern früh em 20jähriger Bauzeichner mit seiner Geliebten, einer Fabrikarbeiterin.

Rom, 5. Juni. Der berühmte ital­ienische Schauspieler Ernesto Rosst ist gestern abend in Peseara infolge eines Schlaganfalls gestorben. Rosst ist 1829 in Livorno geboren, er war vorzüglich in realistischer Darstellung tragischer Helden­rollen (Othello, Hamlet, Kean u. s. w.)

Smyrna, 5. Juni. Am Hellen Tage wurde auf offener Straße die Tochter eines hiesigen amerikanischen Kaufmanns von Räubern angefallen, geknebelt und entführt. Die Räuber verlangten ein hohes Lösegeld. Die Polizei befreite das Mäd­chen nach heftigem Kampfe. Beiderseits gab es Tote und Verwundete.

Moskau, 5. Juni. Das Kaiserpaar besuchte gestern Nachmittag in Begleitung der fremden Fürstlichkeiten, der Mitglieder des Kaiser!. Hauses und hohen Würden­träger das Rathaus. Vor dem Gebäude waren gegen 14000 festlich gekleidete

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