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Etat figuriere und daß bei der bevorstehenden Steuerreform in erster Linie darauf Bedacht genommen werde, die schreiende Ungerechtigkeit des nur in Württemberg bestehenden Umgeldes zu beseitigen." Der vor einiger Zeit schon an den Landtag eingereichten Eingabe betr( Abschaffung des Umgeldes" sind bis heute 7760 Unterschriften württ. Wirte beigegeben.

Göppingen, 6. Juli. Gestern abend 8 Uhr wurde der Direktor Weißhaupt von der Göppinger Singspielhalle durch einen Landjäger wegen Verdachts der Majestätsbeb idigung ver­haftet und im geschloffenen Wagen an das hiesige Amtsgericht eingeliefert. Wie man hört, soll die Verhaftung auf Denunziation einer Person erfolgt sein, rmt welcher er kurz vorher Streit gehabt hatte.

Rundschau

Karlsruhe, 6. Juli. Die General- direktiou der Eisenbahnen gewährte für die Teilnehmer am Landeskriegerfest, wenn die­selben durch Verbandszeichen sich ausweisen, den einfachen Militärfahrschein als Rückfahrt bei 5 Tagen Gültigkeitsdauer. Als Fest- theilnekiner werden über 20000 Personen erwartet.

Karlsruhe, 3. Juli. Die Polizei hat gestern einen interessanten Fang gemacht, in­dem sie einen internationalen Ladendieb zur Haft brachte, der in einem Laden zwei goldene Zwickergestelle gestohlen hatte und verschiedene Goldwaren zu verkaufen suchte. Er war im Besitz von goldenen Uhrketten, Kreuzen, Broschen, Eheringen, Meeerschaumspitzen, die zusammen einen Wert von etwa 700 Mk. repräsentier». Des Weiteren fand man einen goldenen Ring mit Smaragden und Brillanten, der in Hanau kürzlich gestohlen war. Der Verhaftete ist ohne Ausweispapiere und verweigert die Auskunft über seine Person und über die bei ihm ge­fundenen Gegenstände.

St. Blasien, 4. Juli. Der Groß­herzog und die Großherzogin von Baden sind soeben wieder unter brausendem Jubel hier angekommen und haben, wie voriges Jahr, im Hotel und Kurhaus St. Blasien Wohnung genommen.

Aachen, 2. Juli. In verflossener Nacht kam es in der Alexanderstraße we­gen Verhaftung von zwei Männern, die einen Dritten durch Messerstiche lebens­gefährlich verletzt hatten, zu einem Zu­sammenstoß zwischen 16 Schutzleuten unter Leitung des Polizeikommissars Pflanz mit einer Volksmenge. Die Schutzleute wur­den verhöhnt und mit Pflastersteinen ge­worfen, auch zerriß man ihnen die Klei­der. Es wurden 18 Verhaftungen vor­genommen.

Mainz, 5. Juli. Der vor wenigen Wochen in hohem Alter vorstorbene prak­tische Arzt Klober hat die Stadt Kastel (gegenüber von Mainz) zur Universalerbin seines Vermögens eingesetzt. Weiter er­halten sämtliche Kasteler Vereine, die er alle mitbegründet hat, ansehnliche Legate. Klober hat in Kastel über 40 Jahre prak­tiziert und war namentlich ein Freund der Armen.

Der längste Mensch , der gegen­wärtig auf Gottes Erdboden wandelt, ist der Araber Hassan Ali der sich zur Zeit in Leipzig sehen läßt. Er ist erst 17 Jahre alt, aber 240 Centimeter lang.

Dessau, 4. Juli. Wie derAnhaltische Staatsanzeiger" meldet, ereignete sich nachts in Oranienbaum ein größeres Brandunglück. Schs B esitzungen wurden vollständig vernichtet. De Schaden beträgt über ^/s Million Mark. Der Urheber des Unglücks ist ein neunjähriger

Knabe aus Dessau, der während der Ferien Verwandte in Oranienbaum besuchte.

Berlin, 3. Juli. Der Lokalanzeiger meldet aus Dresden: 4 Arbeiter der Sicmens'- schen Glasfabrik wurden durch sogenannte magenstärkende Tropfen, die sie sich von dem Pförtner der Fabrik geben ließen, vergiftet. Zwei derselben sind bereits gestorben. Die beiden Andern liegen schwerkrank im Kranken­hause. D>r Pförtner und der Droguist, bei dem er die Tropfen geholt hatte, sind verhaftet worden.

Berlin, 5. Juli. Mit dem inzwi­schen erfreulicherweise wieder gehobenen Unwohlsein des Fürsten Bismarck treiben, wie der Voss. Ztg. aus Paris berichtet wird, einige Lärmblätter häßlichen Un­fug; eines davon erfreute seine Leser gestern Abend bereits mit.der Nachricht vom Hinscheiden desLlonsisur äs Lwmarele."

Berlin, 5. Juli. Bezüglich des At­tentatsversuches gegen den Polizeioberst Krause steht derNationalzeitung" zufolge nunmehr fest, daß die Höllenmaschine von einer Frauensperson in Männerkleidern in Fürstenwalde auf der Post aufgegeben wurde. Die Person war den Bahnbeam­ten bei der Rückkehr ausgefallen, bei der Ankunft in Berlin aber plötzlich ver­schwunden.

Spandau, 4. Juli. Elf Landwehr­männer und Reservisten, meist verheiratete Männer, wurden heute durch ein starkes Kommando des brandenburgischen Füsi­lier-Regiments Nr. 35 in das hiesige Fest­ungsgefängnis transportiert. Die Leute hatten am Tage der letzten Kontrollver- sammlung in Boitzenburg in angeheitertem Zustande sich schwerer Vergehen schuldig gemacht. Sie lärmten auf der Straße, schlugen den Gendarm, der sie zur Ruhe verwies, zu Boden, stießen Majestätsbe­leidigungen aus und wurden schließlich nach heftigem Widerstande mit Waffenge­walt festgenommen. Vom Divisionsgericht der 6. Division sind sie jetzt abgeurteilt und zur Verbüßung der ihnen zuerkann­ten Strafen hier eingeliefert worden. Das Strafmaß w rd den Unglücklichen erst im Gefängnis mitgeteilt.

(Vom Fürsten Bismark.) Ein Be­richterstatter des Pariser Figaro, der dieser Tage Gelegenheit hatte, den Altreichskanzler in Friedrichsruhzu sehen, beschreibt dessen Aeußeres wie folgt:Der Fürst erschien mit kleinen, festen Schritten an dem Thore, nahm seinen Hut ab, grüßte und sah dann langsam über die Wartenden hinweg, als wollte er die Ge­danken eines jeden Einzelnen davon erforschen. Trotz seiner 80 Jahre beherrschte er die Menge durch seine Gestalt und seine Augen, die, weit geöffnet, ins Unendliche zu dringen schienen. Das ist kein Greis, das ist eine gewvltige Natnr. Groß, voll, aufgerichtet, bis oben zugeknöpft, macht er den Eindruck eines Mannes, der über Alter und Krankheit steht. Der Fürst unter­hält sich ein paar Augenblicke mit einem General, der unter der Menge steht, die das Erscheinen des berühmten Staatsmannes er­wartet, dann grüßt er abermals und geht stramm mit festem Schritt, ruhig und sicher in sein Haus zurück, von den begeisterten Zurufen der Menge verfolgt."

Durch einen furchtbaren Wirbel­sturm, verbunden mit schwerem Hagelschlag ist über die Stadt Mehlsack in Ost­preußen ein großes Unglück hereingebrochen. Wallnußgroße Schloffen zerschlugen die Fensterscheiben aller Häuser auf der Nord- und Westseile. Alle Gemüsegärten und

Felder der Umgegend wurden verwüstet. Zwei Kinder sind in den zum Strome angeschwollenen Straßenrinnen ertrunken,

5 werden vermißt. Mehrere Menschen sind durch fallende Ziegel und Mauerwerk verletzt worden.

Trier, 4. Juli. Der Stellmacher Meurer aus Stipshausen wurde vom Schwurgericht wegen Giftmordes an dem Zimmermann Schneider zum Tode ver­urteilt. Das im vorigen Jahre gefällte gleiche Urteil war vom Reichsgericht auf­gehoben worden.

Neapel, 6. Jul. Der Vfluw ist in voller Thätigkeit; 2 neue Oefsnungen haben sich gebildet, reichliche Lavamaffe strömt rapide die Fahrstraße der über Resina führenden Drahtseilbahn herab.

Paris, 5. Juli. Ein Telegramm aus Majunka (Madagaskar) vom 1. ds. giebt neue Einzelheiten über die Kämpfe bei T'arascatra und Beritsoka. Bei dem An­griffe auf die Stellung am ersteren Orte hatten die Hovas 31 Tode; zahlreiche Ver­wundete wurden von ihnen fortgenominen. Auf französischer Seite fiel ein Lieutenant n»o ein Korporal; 5 Mann wurden ver­wundet. In dem Kampfe bei BeriOoka verloren die Hovas 200 Tote. E>»e große Zchl ihrer Off nere wurde» gefangen ge- nommen. Ans französii'cher Seite fiel ein Lieutenant und wurden 7 Mann verwundet. General Metzinger setzt die Verfolgung fort.

London, 4. Juli. Verläßliche Nach­richten aus Armenien besagen, daß die von den Sassvoner Gräuelthaten noch Ueberlebenden ihr Dasein in den Ber­gen durch Nahrung aus Kräutern und Blättern bestehend, fristeten. 46 der Un­glücklichen starben am Hungertode. Die ganze Gegend ist eine Beute der entsetz­lichsten Not. Starke Rotten von Kurden rauben, morden und verkaufen armenische Mädchen in die Sklaver.i, schänden die Kirchen und verüben ungestraft alle Gräuel­thaten.

London, 5. Juli. Die Times meldet aus Hongkong: Die Ausländer in Taiwan auf Formosa flohen nach Takao unter Preisgabe ihres Besitzes. Es geht das Gerücht, daß die Japaner 40 Meilen nörd­lich von Taiwan Truppen gelandet haben.

Lowestoft, 5. Juli. Der Mannschaft des Fischerboots Wildflower wurden ge­stern Abend die vom Kaiser Wilhelm ge­stifteten goldenen und silbernen Uhren und Geldgeschenke für die Aufnahme der überlebenden Passagiere der Elbe über­reicht.

New York, 6. Juli. Nach einem Te­legramm aus Havana fand zwischen 80 Freiwilligen unter Hauptmann Löias und 400 berittenen Aufständischen ein Gefecht bei Salmasalta statt. 17 Freiwillige wurden getötet, 19 verwundet; auf Seite der Auf­ständischen wurden Guerra, 1 Officier und 60 Mann getötet.

Bristol (Indiana), 5. Juli. Eine Brücke ist eingestürzt, wodurch 600 Per­sonen, welche einer Bootsregatta zusahen, aus einer Höhe von 40 Fuß ins Wasser sielen. 60 Personen wurden verletzt, meh­rere schwer.

Lokales.

Wildbad, 8. Juli. Bei dem kürzlich zu Ehren des neuernaunten Herrn Schult­heißen Bätzner in Pleidelsheim anläßlich der Amtseinsetzung desselben stattgehabtcn Festessen brachte einer der an demselben