Die Tschechen gegen die nationale Freiheit ,

der Deutsch-Böhmen.

Prag» 19. Dez. Die Gauvettretung des Deutschen Vöhmerwaldbundes entsandte eine Abordnung zur Prager Regierung, um die Zurückziehung der Besatzungstruppen und die Freilassung der Verhafteten zu erwirken, sowie die Schaffung eines Zustandes vorzuschlagen, der Ruhe und Ordnung wie auch die bestehende Verwaltung ver­bürgen würde, ohne daß der endgültigen Regelung der Frage der politischen Zuteilung des Böhmerwaldgaues durch die Friedenskonferenz vorgeqriffen würde. Beim Empfang der Abordnung erklärte Ministerpräsident Kra­marsch, daß die tschecho-slovakische Republik innerhalb der Grenzen des ehemaligen Königreiches Böhmen kein Gebiet als streitig anerkennen könne, zumal nach den mit der Entente geschlossenen Verträgen das ganze Land dem tschecho-slovakischen Staat zuerkannt worden sei. Das Selbstbestimmungsrecht sei eine Art idealer Znkunftsge- danke, der auf Böhmen keine Anwendung finden werde. Die Deutschen könnten aber versichert sein, daß ihre kul­turelle und nationale Entwicklung unangetastet bleibe. Auch der Ministerpräsident wünsche die baldige Zurück­ziehung der Besatzungstruppen und werde, sobald Ruhe und Ordnung gewährleistet erschienen, diese fordern, sowie die Frage der Freilassung der Verhafteten und Inter­nierten dem Ministerrat vorlegen und dort befürworten. Also 3 Millionen Deutsche in Böhmen sollen nicht das Recht des nationalen Eigenlebens haben. Das heißt man in Ententekreisen Selbstbestimmungsrecht, denn es ist anzunehmen, daß Kramarsch, der schon vor dem Krieg mit den Ententeländern zusammenarbeitete, darüber wohl unterrichtet ist, was diese für eine Anschauung über die sog. Nationalitätengrundsätze haben. Die Schriftl.

Französische Auffassung über die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht.

Berlin, 19. Dez.Action Francaise" vom 15. Dezember fordert die Abschaffung der allgemeinen Wehr­pflicht, doch müsse zu diesem Zweck vorher die deutsche Einheit und die deutsche Armee zerstört werden, weil anderenfalls der Völkerbund eine Chimäre bleibe, da ihn Deutschland zu seinem Vorteil ausnützen könnte. Natürlich muß Frankreich zuerst sein Schäfchen im Trockenen haben.

Die belgische Heeresstärke.

Rotterdam, 19. Dez. DerNieuwe Rotterdam- sche Courant" meldet aus Brüssel, daß die Kammer eine Vorlage angenommen habe, die die Armeestärke für 1919 auf höchstens 350000 Mann Kriegsstärke und 100000 Mann Friedensstärke festsetzt. Zu was braucht Belgien 100 OM Mann im Frieden?

Amerikanischer Eiertanz.

Annapolis, 20. Dez. (Reuter.) Marinesekretär Daniels sagte in einer Rede, die amerikanische Flotte müsse größer und stärker werden, damit die Vereinigten Staaten in der Lage seien, einen ebenso großen Anteil an der internationalen Polizeiflotte beizutragen, als ir­gend eine andere Nation. Daniels fügte hinzu, er hoffe jedoch, daß die Friedenskonferenz mit dem Wettbau von Kriegsschiffen ein Ende machen werde. Die Ameri­kaner sollen doch nicht soviel Mätzchen machen, und es rund heraussagen, sie wollen sich die Oberherrschaft zur See zusammen mit den Engländern erhalten. Aoer es ist eine bekannte Eigenschaft- der Angelsachsen, daß sie di rch den nächstfolgenden Satz ihre vorhergehenden Er­klärungen zu verschleiern oder aber ganz aufzuheben ver­mögen. Die Schriftl.

Vermischte Nachrichten.

Heeresstärken im Kriege.

Nach dem LondonerDaily Expreß" brachten cs die verschiedenen Nationen im Kriege auf folgende Heeresstärken: England 8 OM OM Mann, Frankreich 6500000 Mann, Deutschland 12 MO OM Mann, Oester­reich 6000000 Mann, Amerika 2 MO 000 Mann, Ruß­land 10000000 Mann, Italien 3 500000 Mann, Türkei 10M OM Mann, Serbien 5M OM Mann, Bel­gien 5M0M Mann, Rurnänien 500000 Mann, Griechen­land 300000 Mann.

Polnische Gewalttätigkeiten gegen deutsche Soldaten in der Ukraine.

Berlin, 20. Nov. Auch in der Ukraine fangen polnische radikale Elemente jetzt an, die Deutschen als vogelfrei zu betrachten. Wie aus Kiew gemeldet wird, rotteten sich in Odessa Polen zusammen und versuchten, deutsche Militärautomobile zu rauben. Die Deutschen setzten sich zur Wehr und es gelang ihnen einen Teil der Räuber festzunehmen, der dem ukrainischen 3. Armee­korps übergeben wurde. Deutscherseits sind 1 Leutnant, I Vizefeldwebel und 1 Oberjäger dieser verbrecherischen Anfälle^ zu beklagen. Auf Seiten der polnischen Räuber sind auch einige Tote zu verzeichnen.

Die Schweiz und die Not in Wien.

lWTB.) Bern, 19. Dez. (Schweiz. Dep.-Ag.) In der gest­rigen Nachmittagssitzung des Nationalrats begründete Jäger

Amtliche Bekanntmachungen.

Fleischzulage für die Weihnachtswoche.

Infolge des gegenwärtigen starken Angebots von Schlachtvieh gewährt die Fleischoersorgungsstelle für Würt­temberg und Hohenzollern für die Weihnachtswoche eine Fleischzulage in Höhe der Wochenratton. Der Gewichts­wett der Fleischmarken für die Woche vom 23. bis 29. Dezember 1918 (Nr. 4) ist daher mit Zustimmung des Ernährungsministeriums auf 3M Gramm erhöht worden.

Die Stadt-(Schultheißen-)Aemter werden ersucht, hie- nach das Weitere einzuletten, insbesondere die Bersor- gungsberechtigten in ortsüblicher Weise zu verständigen und für die richtige Verrechnung der in der Weihnachts­woche abgegebenen Fleischmarken, die gesondert von den Marken der übrigen Wochen abgeliefett werden müssen, Sorge zu tragen.

Calw, 19. Dez. 1918. Oberamtmann Gös.

Bekanntmachung.

Infolge der fortschreitenden Demobilisation ,,k eine große Anzahl Pferde zur Versteigerung gelangt. Wie wir hören, sind bei diesen Versteigerungen an verschiedenen Orten Pfer­de von Landwirten und anderen Personen erworben worden, für welche das Halten von Pferden ein Luxus ist, bezw. welche die Pferde nur des niedrigen Preises wegen zu dem Zwecks gekauft haben, um beim Wiederverkauf ein Gewinn zu erzielen. Soweit Personen, für welche das Halten von Pferden als Luxus bezeichnet werden muß, solche Pferde er­worben haben, werden vom Kommunalverband für solche Pferde Hafer und andere Futtermittel nicht zugewiesen. Die einkommenden Gesuche werden einer eingehenden Prüfung unterzogen werden, ob tatsächlich ein Bedürfnis zur Haltung der Pferde vorliegt. Ungenügend begründete Gesuche, fer­ner solche für kleine Pferde, die bei den hiesigen Boden- und Gländeverhültnissen für die Landwirtschaft fast wertlos sind, und als unnütze Fresser bezeichnet werden müssen, werden mit Rücksicht auf die ungeügende Haferernte abgelehnt.

Jedes Gesuch um Zuweisung von Hafer usw. ist künftig mit einem gemeinderätlichen Zeugnis zu belegen:

1. daß der Antragsteller schon vor dem Kriege Pferde ein­gestellt hat:

2. daß das Halten der Pferde für ihn einem tatsächlichen Bedürfnis entspricht, und

3. daß es sich nicht um Pferdchen des oben erwähnten leichten Schlages handelt.

Ealw, den 18. Dez. 1918. Oberamtmann Gös.

(Basel) seinen von 10 Mitgliedern des Rats unterstützten Antrag, den Bundesrat aufzufordern, Vorkehrungen zu tref­fen, um dem Hungerelend in Wien Einhalt zu tun. Nachdem verschiedene Redner für den Antrag eingetreten waren, erklärte Bundespräsident Calonder, daß die Schil­derung der Notlage in Wien leider den Tatsachen entspreche. Seit langem befasse sich der Bundesrat mit den dortigen Zu­ständen, aber es sei klar, daß die Schweiz die Versorgung Wiens nicht allein übernehmen könne. Einzig die Entente im Bunde mit Amerika könne dieses Problem lösen. Die Schweiz könne keinen Druck ausüöen auf die andern Länder des früheren Kaiserreiches, die Stadt Wien zu versorgen, wohl aber könne dies die Entente und es sei nicht zu be­zweifeln, daß sie das auch tun werde. Was den Antrag an­belange, so sei eine große Hilfsaktion in Vorbereitung und der Bundesrat sei bereit, im Einvernehmen mit der Entente das Möglichste zur Hilfeleistung tun. Es heiße, daß die Kohlenlieferung vorläufig wenigstens gesichert sei. Konden­sierte Milch soll geliefert werden, wenn wir sie auch am Munde absparen müssen. Aber auch andere Waren sollten wir liefern können.

Deutschland.

Di« Berliner Aerzte über den Einfluß der Ernährungs- Verhältnisse auf die Volksgesundheit.

(WTB.) Berlin, 18. Dez. In der gestrigen Versamm­lung der mehr als 3000 Mitglieder umfassenden ärztlichen Vereine Groß-Berlins wurde eine Erklärung angenommen, in der es heißt, daß die Ausführungen erster Kapazitäten die Erfahrungen der praktischen Aerzte über die zunehmende Verschlechterung in den Ernährungsverhältnissen bestätigen mit dem Hinweis, daß unsere Nahrungsmittelvorräte bin­nen kurzem erschöpft sein werden, daß die Volksgesundheit während der viereinhalbjährigen Blockade Deutschlands schwer beeinträchtigt worden ist und daß die Sterblichkeit um ein Drittel, bei Kindern zwischen 1 und 15 Jahren um die Hälfte, und bei Tuberkulösen in den Städten sogar um das Doppelte zugenommen haben, daß ferner die mit der Er­füllung der Waffenstillstandsbedingungen weiter bevor­stehende Einbuße unserer Ernährung eine allgemeine Hun­gersnot in kurzer Zeit heraufbeschwören werde. Daher wird an die Regieung die dringende Forderung gerichtet, mit allen Mitteln die ordnungsmäßige Erfassung und Verteilung der in Deutschland vorhandenen Lebensmittel durchzuführen, und die Hoffnung ausgesprochen, daß die feindlichen Regierungen den in letzter Stunde bekundeten Willen betr. Zufuhr von

fsekensinslkek näH Deutschland' rechtzeitig and reichlich eck« füllen werden. (Von Rechtswegen müßte England für diese ungeheuren Schäden am deutschen Volkstum Schaden­ersatz leisten, weil die Hungerblockade das völkerrechts­widrigste in diesem Kriege war.)

Frankfurt a. M. als Sitz der Reichsverfammli^vg vorgeschlagen.

Berlin, 20. Dez. Der Oberbürgermeister von Frankfurt a. M. hat lautVössischer Zeitung" den zu­ständigen Reichsstellen anheimgegeben, die deutsche Nationalversammlung nach Frankfurt a. M. einzu­berufen. Das rväre schon recht, wenn Frankfurt nicht zu nahe am besetzten Gebiet wäre.

Für die Kolonialdeutschen.

(WTB.) Hamburg, 19. Dez. Etwa 200 in der Hambur­ger Börse versammelte, den verschiedensten Jnteressentsn- gruppen angehörende Kolonialdeutsche haben, einem Aufruf der Hamburger Vereinigung der deutschen Ueberseeintcres« senten folgend, am Mittwoch «inen Ausschuß gegründet, der einen Zusammenschluß aller Kolonialdeutschen und Kolonial­organisationen zu einem Reichsausschuß der Kolonialdeut- schen anstrebt. Der Ausschuß hat folgendes Programm aus­gestellt: Eintreten für Kolonialbesitz, besonders auf der Friedenskonferenz: Neuaufbau der Kolonien auf freiheit­licher Grundlage im Sinne der Selbstverwaltung: ferner Fürsorge für hilfsbedürftige Kolonialdeutsche und ihre An­gehörigen und Hinterbliebenen, insbesondere Kriegsgefan­gene und die aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrenden Kolonialdeutschen: Gründung einer Darlehnskasse und Er­stattung der Schadenersatzforderungen an die Kolonialdeut­schen für den ihnen im Kriege entstandenen Schaden.

Unsere Politik vor dem Kriege.

Berlin, 17. Dez. Eine neue sehr bedeutsame Ver­öffentlichung des früheren Geheimrats im Auswärtigen Amt Hamann steht, wie derSchm.äb. Merkur" erführt, unmittelbar bevor. Sein Buch heißt:Zur Vorgeschichte des Weltkriegs" und behandelt die deutsche Politik von Kiautschou bis Algeciras. Man erfährt näheres über die Tatsache, daß der Fürst von Monaco eine Begeg­nung zwischen Kaiser Wilhelin mit dem früheren Präsi­denten der französischen Republik Loubet in den italieni­schen Gewässern angeregt hat, ferner über den Geheim­vertrag zwischen Kaiser Wilhelm und dem Zaren in Björkö, der kein Staatsvertrag war. Das Hauptstück bilden die Verhandlungen über eine deutsch-englische Alli­ance 1901. Wir erfahren, daß von deutscher Seite.guf ein damals angebotenes Sonderabkommen über Marokko, das die französisch-englische Entente unmöglich gemacht hätte, nicht eingegangen wurde. Die namentlich dem früheren Geheimrat im Auswärtigen Anit Hollstein zur Last gelegten rauhen Methoden der deutschen Diplomatie, wie die Tangerreise, führten zu dem unbefriedigten Ver­lauf der ersten Marokkokrisis.

Aus Stadt und Land.

Calw» den 20. Dezember 1918, Kirchenkonzert.

Der Kirchengesangverein gibt am Sonntag abend 5 Uhr in der Stadtkirche unter der frdl. Mitwirkung eigener soli- stischer Kräfte eine Abendmusik. Sie ist als Willkomm« grüß unserer heimgekehrten Krieger gedacht und will als bescheidenes Zeichen des Dankes gelten dafür, daß sie uns in über vier Jahren unvergleichlichen Heldentums beschützt und uns die Pflege eines unserer wichtigsten Kulturgüter, der geistlichen Musik, ermöglicht haben. Der Kern der ab­wechslungsreichen Vortragsfolge bilden von Chor. Orchester und Orgel vorgetragene Ehoräle aus einer Bachsche« Kantate und dem Weihnachtsoratorium. Es ist etwas Eigenes, um diese beinahe allen Kreisen des Volkes evange­lischen und katholischen Bekenntnisses liebgewordene Schöp­fung des Meisters. Ein Kenner sagt von ihnen:Die Bach­choräle genießen seit langem einen außerordentlichen Ruf. Ihre Melodien stammen nicht von Vach selbst; ihm ver­danken wir aber die drei unteren Stimmen. In ihnen nun offenbart sich eine solche Energie des harmonischen und melo­dischen Geschehens, daß seine Wucht die dünne Hülle der Ehoralmelodie, die das Ganze zu einem musikalischen Ein­zelwesen rundet, öfters zu zersprengen droht. Häufiger noch scheint ein Choral in Bachs Bearbeitung wie ein Einzel­dasein, das in günstigere Wachstumsbedingungen gestellt ist und nun unerwarteterweise Blüte und Farbe, ja beinahe so etwas wie Süßigkeit hervorbringt." In diesen Rahmen sind noch eingefügt zwei liebe Weihnachtslieder eines alten Meisters und Werke für Streichorchester, Streichquartett und Orgel, unter denen zwei Sätze des glanzvollen Konzerts in 8-Zur von Händel hervorgehoben seien. Der Eintritt ist frei. Die Kirche wird geheizt. Möge ein zahlreicher Be­such aus Stadt und. Land die Müh« und gute Absicht des Kirchengesangvereins lohnen!

Teuerungszulagen für die Gemeindebeamten.

Wie demStaatsanzgr." mitgeteilt wird, hat das Ministerium des Innern durch Runderlaß die Aufsichts-